Montag, 9. Juli 2012

mein weekend mit grosi

Kurz bevor ich von zu Hause losfuhr, klingelte ich bei Grosi durch. Einerseits, dass sie ihre Zeit einberechnen konnte und natürlich auch als kleine Nebenkontrolle für mich selbst, sollte etwas passieren.

Um ins Seetal zu gelangen, müssen wir seit eh und je den Hirzel bewältigen. Ich mache die Strecke sehr gerne, arbeite nur mit dem Gang, der Kupplung und dem Gas. Sei es nach Sihlbrugg oder zurück.

Teilweise zum Kopfschütteln, wie andere Fahrer einfach nur auf der Bremse stehen, anstelle den Gang zu wechseln. Kann nämlich genau so gefährlich sein, wie Raser.

Aber eben, wie schon oft betont: ich fahre zügig und bin fix unterwegs, schätze jedoch jegliche Situationen ab und halte immer Abstand. Sicherheit geht vor!

Ich mag die Strecke einfach. Herrlich! Und ich hatte Glück. Sei es auf der Hin- wie auch auf der Rückfahrt, hehe.

So kurz vor 17 Uhr kam ich dann auch bei Grosi an. An diesem Abend liessen wir es locker angehen. Wir assen leckeren und gesunden Salat mit Fleischplatte, guckten TV, quatschten ein wenig und sie zeigte mir dann ein paar Fotos.

Ich liess mich dann irgendwann müde ins Bett fallen. Sie hat ein Bettsofa, mein Rücken jedoch hätte das kaum länger mitgemacht.

Am Samstagmorgen wachte ich um 9 Uhr auf, Grosi machte bereits das Frühstück. Es gab lecker Brot mit Butter, Marmelade und Käse. Kindheitserinnerungen waren wach, als ich meine warme Ovi serviert bekam. Mein Grossvater hat anscheinend auch so gerne Milch getrunken (ich liebe jetzt noch ein Glas vor dem Zubettgehen…) und während meinen Ferien als kleines Mädchen bei meinen Grosseltern gab es zum Zmorgen auch immer so viel warme Milch…. Mmmmmhhhh!

Ich wollte an diesem Wochenende oft Grosi unterstützen, sie jedoch weiss, was sie will. Und sie wollte, dass ich einfach alles genoss und mir keine Umstände machte.

Ja, da kam natürlich das kleine Mädchen zum Vorschein :-). Ich kenne Grosi und weiss, dass man einfach das tun sollte, was sie für richtig hält. Wenn sie mich so umsorgen will, soll sie. Sie kommt dann schon, wenn sie Hilfe braucht.

Sie sprang unter die Dusche, ich begann mit meinen Notizen. Ich wollte einfach Gedanken und Stichpunkte für diesen Blog festhalten.

Es ging dann auch schon los. Sie hatte bei einem Wettbewerb einen Gutschein für ein Restaurant gewonnen. Es war sehr lecker und wir genossen die tolle Sonne. Danach gingen wir knapp über die Grenze von Luzern und dem Aargau und genossen die tolle Aussicht auf das Seetal und Umgebung. Es war herrliches Wetter und nach einem Glacé machten wir dann auch einen kurzen Spaziergang.

Am frühen Abend besuchten wir noch die Messe und dann noch Grossdäddis Grab auf den Friedhof. Sie hat den Stein, den ich ihm am Montag zurück gelassen hatte, gesehen und sich darüber gefreut.

Der Abend war eher wieder gemütlich. Nachtessen und danach kamen dann die Fotos meiner Grosseltern in jungen Jahren zum Vorschein.

Mei, war mein Grosi eine heisse Braut! Sie hat früh schon Krampfadern an den Beinen gehabt und schämt sich solange ich mich an etwas erinnern kann, aber ich finde es überhaupt nicht schlimm. Sie hat eine Ausstrahlung und sieht für ihre 74 Jahre noch sehr jung aus. Ihre Haut ist glatt und meiner Mutter gibt man ihr Alter auch nicht. Somit hoffe ich natürlich, dass es auch für mich mal gut sein wird ;-).

Auf manchen Fotos staunte ich nicht schlecht. Das war Ausstrahlung pur und meine Oma hatte sogar etwas von Marylin Monroe. Einfach eine tolle Frau! Bei einem Foto lachten wir beide los. Meine Oma stand nur mit Badehose neben dem Bett. Über ihrem Gesicht und ihrer Oberweite lauter Quark verteilt. Sie hatte einen gröberen Sonnenbrand. Nach dem ersten Shock lachten wir einfach nur noch Tränen :-).

Ich fragte sie vorsichtshalber noch, ob ich ohne Angst weiter machen könne oder ob mich noch mehr erwarten würde.

Fakt ist:

- meine Oma war eine hübsche Frau.

- meine Grosseltern konnten ihr Leben in vollen Zügen geniessen, auf vielen Fotos sehen sie mehr als glücklich aus. Sie waren gerne unterwegs und unter Leuten. Schön, wenn liebe Menschen aus der Familie trotz allem Schmerz und Problemen so ein erfülltes Leben erfahren durften / immer noch dürfen.

- mein Grossvater flirtete gerne *g*. Auf vielen Fotos umarmt er andere Frauen und gibt ihnen Küsschen auf die Wange. Ich selbst finde es nicht schlimm, irgendwie sieht das alles charmant und witzig aus. Mein Grosi meinte noch, dass er zwar ein Charmeur sein konnte, die Grenzen jedoch gekannt hätte und sich über die Konsequenzen bewusst war. Natürlich wollte ich wissen, ob sie nie eifersüchtig gewesen war, sie verneinte. Sie hätte stets Vertrauen in ihn gehabt, wie er auch auf sie zählen konnte. Lange hatten sie eine eigene Käserei (mmmmmh, ich erinnere mich an das Schoggijoghurt…) und konnten jahrelang nicht gleichzeitig Ferien machen. Da muss man einander einfach vertrauen, wenn man unterschiedlich unterwegs war.

- mein Grossdäddi hatte einen Zwilling! Lange wusste ich nichts davon. Ich meinte nur trocken, dass ich mein Kindheitswunsch nun endgültig begraben würde. Grosi lachte nur und meinte, dass wir bestimmt noch nicht an der Reihe wären. Ich entgegnete nur unsicher, dass wir wohl doch die Generation wären (mein Bruder, meine Schwester und ich). Denn meine Mutter hätte eigentlich auch einen Zwilling haben sollen, der jedoch irgendwie bei ihr mitgewachsen und sich nie vollständig mitentwickelt hat.

- Ich kicherte erneut los, als ich meinen Grossvater beim Abwasch auf einem Foto erblickte. Er hatte zwar ein Oberteil und eine Schürze an…. Trug jedoch nur Unterhosen. Beim zweiten Bild hatte er sich zu ihr gedreht und wedelte mit der Schürze herum. Mei, war das ein Gaudi! Ich konnte mich nicht mehr einkriegen und war einfach so was von Leben erfüllt. Ich fühlte mich so gut, wie schon lange nicht mehr. Uch weiss nun, woher ich vieles an meinem Charakter und meinen Eigenschaften habe. Auch ich mag nichts lieber, als mit einem Shirt und „Beinfreiheit“ herumlaufen. Herrlich, einfach nur herrlich. Hach…

Es tat gut, diese Fotos zu sehen. Man lernt seine Wurzeln kennen und weiss einfach, warum man so ist, wie man eben ist und vergleicht sich mit anderen Familienmitgliedern. Ich fühle mich nun meinem Grossvater noch näher und das ist sehr wichtig, wenn man sich meine Lebensgeschichte anschaut. Er starb, als ich neun war und bereits mit elf hatte ich meine ersten Suizidgedanken. Ich wollte einfach bei ihm sein und die einzige Lösung erschien mir dazumals nur im Tod möglich.

Auf etlichen Fotos sieht man, wie nahe ich ihm stand. Ich war mehr oder weniger immer in seiner Nähe. Ich täusche mich also nicht in meinem Gefühl.

Und meine Sehnsucht hatte lange einen Grund.

Es ist sehr hilfreich, habe ich diese Fotos gesehen. Ich kann immer mehr mit diesem für mich plötzlichen und sinnlosen Tod umgehen. Der Abschied ist erfolgt, leider fast zu spät. Aber lieber dreizehn Jahre zu spät, als gar nie.

Auch an diesem Abend bzw. Morgen gingen wir spät / früh ins Bett.

Der Sonntag war dann wieder gemütlich. Nach dem Morgenessen sprang ich unter die Dusche und Grosi werkelte etwas herum. Sie suchte angestrengt ein gutes Restaurant für uns und plötzlich kam uns die Idee, die neu eröffnete Badi zu besuchen.

Es gab bei mir Frühlingsrollen mit gemischtem Salat, bei ihr Riesencrevetten mit ebenfalls gemischtem Salat. Mmmmh, es war lecker und die Stimmung ausgelassen. Danach liessen wir die Seele baumeln, dösten vor uns hin oder liessen unsere Blicke schweifen. Ich weiss nicht, aber ich fühle mich Richtung St. Gallen (Will) und Luzern einfach viel wohler, als hier Richtung Zürich. Wir leben ja eigentlich in der Mitte, haben es gleich weit nach St. Gallen, Schwyz, Zürich, Frauenfeld, Luzern und weiteren eher grösseren Städten. Nicht mitten Ostschweiz und doch nicht im Züribiet.

Mir erscheinen die Menschen im Seetal einfach viel offener und toleranter. In der Badi liefen Omas mit Bikinis herum, Menschen begannen mit einem zu quatschen und es ist einfach alles freundlicher und ungetrübter. Man hatte nicht das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich zum Beispiel hatte einen Exlibris entdeckt und guckte mit die Mängelexemplare an. Da stellte sich ein Päärchen daneben und fragte frei von der Lippe, was ich ihnen empfehlen könnte.

Ich bin mir das überhaupt nicht gewohnt. Mein Grosi ist auch eine sehr kommunikative Person, jedoch nicht mit aufmüpfig oder klammerhaft zu verwechseln. Sie drängt sich niemandem auf.

Ich war erstaunt, wie positiv Menschen das um einen aufnehmen.

So offen und tolerant. Respektvoll und mit Anstand.

Hach, ich glaube, ich suche mir einen Luzerner ;-D!

Aber hier kommt es mir nicht so vor.

Keine Ahnung, wie andere dies sehen und erfahren…?

Schlussendlich ging es dann am Abend noch zu meiner Tante zum Nachtessen. Ich blieb nicht lange, hatte noch mit Pupa abgemacht.

Es war ein sehr schönes Weekend, es tat mir einfach gut. Distanz zu all dem hier, Erholung pur und einfach Wärme erleben. Nähe zulassen können und bemuttert werden. Teilweise tut mir das halt schon sehr gut. Umsorgt und glücklich habe ich mich gefühlt. Konnte loslassen und meine Vergangenheit wie auch meine Wurzeln neu entdecken.

Natürlich bekommt sie ein Dankesgeschenk. Die Mohrenköpfe sind bereits verpackt, das Kärtchen bereits geschrieben.

Und doch: das ganze Weekend über hat mich eine unstillbare Sehnsucht verfolgt. Wie kann es auch anders sein.

Regelmässige Verfolger wissen, dass es sich wieder nur um ein Thema handeln kann:

Uomini, uomini, uomini.

Mei, war das schon fast anstrengend mit Pupa an dem Abend. Nicht wegen ihr, eher wegen all den hübschen Boys rund um uns herum.

Und die Gewissheit, dass ich wohl noch lange brauchen werde, um jemanden zu finden und mich darauf einlassen zu können. Es wird für mich nicht leichter werden, eher schwieriger.

Grauenhaft.

Soll jetzt jedoch nicht das Thema sein.

Fakt ist: ich habe viel Kraft für die nächste Zeit getankt.

Mein Grosi soll ja noch lange leben.

Ich will mehr solche Weekends mit ihr verbringen.

DANKE DIR FÜR ALLES, GROSI!

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