Montag, 30. November 2015

brunchen & träume

Gestern war ich mit drei Mitarbeiterinnen brunchen. Ich kenne das eher weniger, hat mir aber Spass gemacht. Eine der drei Frauen ist am Freitag 50 geworden und die anderen zwei sind 55. Also im Alter von meinem Muddi, aber sie sind echt ein wichtiger Halt für mich im Geschäft.

Und mit meinen 28 nehmen sie mich so, wie ich bin. Und diese Frauen sind einfach einzigartig. Wir haben so viel gelacht. So viele Witze gemacht. Die Sprüche waren unglaublich und doch können wir uns auch immer mal wieder ernsthaft unterhalten. Im Frühjahr 2016 geht es nach Amsterdam und ich freue mich jetzt schon wie ein Bisiwetter darauf.

Wir waren gute vier, fünf Stunden unterwegs, das Buffet hat sich wirklich gelohnt und die eine der Mitarbeiterinnen kristallisiert sich als mein Arbeitsmuddi heraus. Sie war es, welche zu mir gekommen ist und wo ich meinen ganzen Stress mit meiner Vorgesetzten vor knapp zwei Jahren loswerden konnte. Sie hat mir echt oft geholfen und auch sonst sind wir viel unterwegs, tun uns gegenseitig gut. Wenn ich etwas Positives von dieser Arbeitsstelle mit nehme, dann Begegnungen mit Menschen wie diesen.

Ich erlebe bewusst den Moment. Ich weiss nicht, wie es sein wird, wenn ich mal gehen werde. Es gibt nämlich eine aktuelle Stelle, welche mich sehr interessiert. Und ich werde mich darauf bewerben. Mir ist letzte Woche einfach einmal mehr bewusst geworden, dass mich immer weniger dort hält. Und das Menschen auch mal um mich kämpfen sollen. Jene, welche mit mir Kontakt halten wollen, werden sich melden. Andere nicht. Ich muss aufhören, mich so für Menschen aufzureiben, für die ich doch nicht genau so viel bedeute, wie sie angeblich mir. Ich muss da leider durch. Ich vermisse eine wirkliche Seelenverwandte und ein Mensch, der sich für mich genau so aufreibt, wie ich mich für ihn. Aber tja, so ist das Leben. Wenn man jung ist, denkt man, man macht alles anders. Aber da braucht man auch das Gegenstück. Ich möchte es da nicht wie Muddi machen, welche sich nur noch für die Familie aufreibt und ihre Freundinnen alle zwei Wochen zum Kaffee trifft. Da ist Pupa halt anders. Und dieses Arbeitsmutti auch. Da treffe ich die teilweise mehrmals die Woche. Und ich bin halt so ein Mensch, der das von Freunden auch verlangt. Laura sehe ich immer zum Volleyball und mittlerweile auch regelmässig ein weiteres Mal in der Woche. Zwei Wochen ohne treffen am Wochenende sind eher die Ausnahme. Und es zeigt mir, dass es geht. Ich meine, sie hat auch viel anderes um die Ohren.

Aktuell halte ich meine Ohren auch offen, für einen weiteren Abend an Plauschvolleyball. Ich habe echte Freude daran. Und das das alles ohne Schmerzmittel geht. Wuhuuuu! Jaja, wird auch seine anderen Gründe haben, aber darauf gehe ich (noch nicht) ein ;-p.

Das Brunchen hat mir wirklich gut getan. Ich konnte einfach mal vergessen. Ich habe mich für ein Kleid in Tannengrün entschieden. Dazu schwarze, einfache Strumpfhosen und Overknees. Mir hat mein Outfit gefallen, ich habe mich wohl gefühlt. Und es ist eine Farbe, welche mir sehr gut steht - hätte ich vor ein paar Jahren auch nicht geglaubt. So auch mit Babyblau, diese habe ich erst vor einem Jahr entdeckt. Davor war mir klar, dass mir Rosa und Lachs sehr gut steht. Aber in diesem Jahr habe ich mich in Bordeaux verliebt. Auch eine Farbe, die mir und meinem Teint sowie meinen Augen schmeichelt. Und in einer Woche habe ich wieder knallrote Haare, welche perfekt zu Grün, Babyblau, Rosa und Bordeaux passen werden. Knallrot ist übertrieben. Ich möchte Mahagonirot, wobei das rot gerne etwas tiefer sein darf. Fertig mit anständig. Das zweite Tattoo ist ebenfalls in Planung, vielleicht werden auch zwei daraus. Hinter dem Ohr etwas schön Geschwungenes mit "italia" integriert, und im Nacken etwas kleines, ebenfalls zierlich Geschwungenes. Das erste muss ich mir sowieso ein wenig nachstechen gehen lassen. Schon cool, wie ich mich daran gewöhnt habe. Mir persönlich fällt es kaum mehr auf und ja, ich habe mich in das Tattoo verliebt. Komplett. In die Zahl und meinen Stern auch.

Es ging mir mehr oder weniger gut. Bis ich dann wieder allein im Auto sass und den Samstagabend Revue passieren liess und auch sonst dem Gefühl hingab, welches mich halt doch sehr begleitet aktuell. Diese Leere, diese Routine, dieses "was ist eigentlich mein Sinn hier auf dieser Welt?". Mein Alltag halt eben. Und diese Adventszeit fördert es nicht wirklich. Ich mag Weihnachten und Neujahr nicht. Es ist eine grauenhafte Zeit für mich. Allgemein für Menschen mit meiner Vergangenheit und meiner Diagnose.

Kein Wunder träume ich da von einer starken Männerschulter. Ich fand mich auf einer Strasse wieder, wo ich mit zwei Männern umherlief. Der einte hatte stechend grüne Augen und schien mich von meiner Jugendzeit her zu kennen. Der andere konnte ich nicht richtig erkennen bzw. lediglich seine Tattoos an seinem Oberkörper waren für mich sichtbar. Vom Hals an war er nicht erkennbar für mich. Sein Gesicht konnte ich in diesem Traum nie ausmachen. Aber er war stark tätowiert. Sein Brustbereich und seine Arme waren voll. Genau so, wie ich es mag. In diesem Traum zog er mich einfach zu sich und ich lief links von ihm, schmiegte mich in die Nähe seiner Achsel, er drückte mich an sich, indem er seine Hand um meine linke Hüfte schlang. So liefen wir, ich spürte seinen Oberkörper an meiner rechten Wange. Fühlte mich geborgen, sicher und irgendwie auch verstanden. Und gleichzeitig war da dieser grosse Fluchtimpuls. Und dann doch wieder diese Wärme und dieses Gefühl des Verständnisses. Und ja, ich weiss, was es für mich zu bedeuten hat. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mir aktuell einfach eine starke Schulter zum Ausheulen wünsche. Angeblich. Kein Mensch weiss, wie verschissen es wirklich in mir aussieht. Sie sehen nur die starke Maske, die ich aufgesetzt habe. Und das eigentlich schon wieder längere Zeit. Vor wie jetzt nach Amerika.

Ich wünsche mir einen Fels in der Brandung, ja. Aber das muss kein Mensch sein. Es muss eine Veränderung her. Das ist alles. Egal wie, ich muss raus aus diesem Trott. Drückt mir die Daumen für meine Bewerbung. Das wäre bestimmt ein Schritt in die richtige Richtung!

Sonntag, 29. November 2015

plötzlich entblösst

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich solche Situationen aktuell eher anziehe. Wir alle sind schon einmal in etwas reingeraten, wo wir im Nachhinein gerne so reagiert hätten, wie wir es eigentlich im ersten Impuls wollten. Doch aus irgendwelchen Umständen reagieren wir anders.

Aus Anstand. Oder wir sind so erzogen worden. Aus Scham. Aus Verunsicherung.

Oder aus Fassungslosigkeit.

Jetzt kann ich irgendwie darüber lachen. Vor allem, als ich es Muddi erzählt habe. Und ja, es ist ja auch nicht wirklich etwas schlimmes, aber gestern konnte ich einfach nur den Kopf schütteln, weil ich mit so etwas nicht gerechnet hatte. Ich war wirklich überrumpelt und habe mich einer solchen Situation noch nie gegenüber stehen sehen...

Ich hatte am Freitag für den Nachmittag spontan frei genommen. Einerseits habe ich viele Überstunden (fast zwei Wochen bei meinem Pensum) und andererseits habe ich aktuell keinen Bock auf dieses Haus und gewisse Menschen dort. Ich war schon ein wenig entrüstet, als mich mein neuer Chef fragte, ob ich auch genug Überstunden zum Beziehen hätte. In einem etwas ernsteren Ton erwähnte ich meine Überstunden und die vielen Kurse, welche ich in letzter Zeit an meinem eigentlich offiziellen freien Tag besucht hatte. Er ruderte sofort zurück. Ich meine, er macht die Schlusskontrolle bei meinen Arbeitsstunden seit gut drei, vier Monaten. Der weiss, wann ich im Büro sitze und wie ich arbeite. Ich hasse Minusstunden. Lieber etwas mehr, wobei es in letzter Zeit durch Kurse einfach Übermass angenommen hat.

Ich ging kurz zu einem Markt in regionsnähe meines Arbeitsplatzes und danach nach Hause. Dort überkam mich der Putzwahn - ich brauchte Ablenkung. Zimmer und Dusche geschrubbt sowie neue Handtücher bereitgestellt, Zimmer abgestaubt und Bett frisch bezogen. Danach für Muddi noch die Wohnung abgestaubt und gesaugt und dann mit Schila los. Zwischendurch bei der Wäsche mitgeholfen.

Als ich mit Schila unterwegs war, genoss ich die kühle Luft im Gesicht. Von weitem sah ich einen Mann bei einem Baum und einer Bank stehen. Es sah so aus, als würde er in die Natur rausblicken. Ich musste kurz vor seiner Gestalt links abbiegen, um das volle Hundesäckli von Schila zu entsorgen und neue zu ergattern, als ich den Mann - gut erzogen wie ich bin - grüssen wollte. Ich blickte also zu ihm hin, hatte meinen Mund bereits geöffnet und sah, wie er sich den Reissverschluss an der Hose gerade hochzog! Er hatte den Rücken zu mir gewandt und doch erkannte ich ganz genau, dass er mit der einen Hand seine Hose festhielt und mit der anderen den Reissverschluss hochzog.

Sofort wandte ich meinen Blick ab und konzentrierte mich nur noch auf den Robydog. Ich hörte, wie er mit Schila begann zu sprechen. Ich musste wieder an ihm vorbei, um nach Hause zu kommen, straffte meine Schulter, atmete tief durch und lief wieder in seine Richtung. Er meinte noch, was ich für einen süssen Hund hatte und grüsste freundlich. Ich lächelte nett und grüsste ebenso, lief aber ganz schnell weiter.

Ich wusste nicht, ob den Kopf schütteln oder loslachen. Es war einerseits so eine peinliche Situation und dann wieder kann ich es einfach nicht verstehen. Es ist ein Naturweg, wo sich auch viele Schüler herumtreiben. Pinkeln in der Öffentlichkeit finde ich persönlich nicht gut. Ich vermeide es, seit ich ein junges Mädchen bin. Ich habe selbst in Amerika nicht irgendwo in einem tiefen Wald meine Blase geleert. Ich verurteile niemand, der dringend muss und in der Reisegruppe ist es auch schon vorgekommen, dass eine Dame kurz tiefer in den Wald musste. Kann ich alles nachvollziehen, finde ich trotzdem nicht gut. Aber so in der Öffentlichkeit, wo ein Weg verläuft und immer wieder ein Velo vorbeifährt oder sich Kinder herumtreiben? No way.

Und doch: irgendwie musste ich ja auch lachen.

Samstag, 28. November 2015

oeschinensee

Hoppla, ich habe im Nachhinein gemerkt, dass das Video von Kandersteg aus Versehen beim Eintrag über den Cauma- und Crestasee gelandet ist ;-). Nun hole ich es hier nach. Eigentlich wollte ich Fotos machen und irgendwie habe ich gleichzeitig gefilmt. Ist noch irgendwie eindrücklich, finde ich. Vor allem diese Ruhe und gleichzeitig hört man das Leben nebenbei weiterlaufen. Die Geräusche und Gespräche, die Stimmen und doch diese Ruhe.

Die Fahrt zum Oeschinensee war schon traumhaft genug. Zuerst über den Hirzel und dann noch über den Brünigpass. Es war eine traumhafte Fahrt, die Strecke so schön geschwungen, das Tempo einfach perfekt passend. Die Natur und die Aussichten. Die Landschaft und die Tierwelt. Die aufgehende Sonne und das tolle Wetter, obwohl es Ende Oktober war. Die Farbenpracht dieses Herbstes, das raschelnde Laub und die vielen bunten Blätter. Der Schnee auf den Bergspitzen. Hach. Einfach wunderschön. Ich freue mich schon auf meine weiteren Abenteuer auf Schweizer Strassen und Wanderwegen im Frühjahr 2016. Schon krass, dass zuerst meine Auszeit in Amerika kommen musste, dass ich das Wandern für mich mit 28 Jahren entdecke. Naja, ich stehe immer noch nicht auf allzu heftige Kletterpartien und mein Rücken und mein Knie machen nicht alles mit. Aber wenn ich mir Zeit lasse und mir meine Kräfte und Grenzen einteile, klappt das ganz gut. Ich meine, in Amerika und Hawaii gab es auch ein paar harte Brocken an Aussichtspunkten.

Kandersteg selbst lag im Schatten und ich fand es jetzt nicht so atemberaubend. Und auch den Tag über schaffte es die Sonne nicht wirklich so hoch, dass sie dieses Dorf beleuchtete. So hatte ich auch Glück mit dem Oeschinensee. Ich musste mich ein wenig gedulden, bis die Sonne es über die Bergspitzen schaffte und das klare Blau des Sees zur Geltung kam. Wie sich die Bergspitzen darin gespiegelt haben, einfach der helle Wahnsinn! Man kann dies gut in ein paar Bildern sehen (jene ganz nahe bei einem Stein im Wasser...) Ich merkte dann schnell, dass es die Sonne nicht noch höher schaffen würde und gab Gas beim Erkunden des Sees und der Umgebung, weil ich auch noch den Blausee besuchen wollte. Diesen zeige ich dann im nächsten Eintrag.

Es war ein perfekter Tag - eigentlich hätte ich Schila mitnehmen können. Die Fahrt mit der Gondel hoch zum Oeschinensee fand ich persönlich sehr teuer, aber ich vergass den Preis schnell. Ich war so fasziniert von der Natur und der Umgebung, welche mir da geboten wurde. Ich kam vom Staunen nicht mehr weg.

Zurück wollte ich ebenso wieder über den Brünigpass, aber mein Handy hatte ja am Tag zuvor beim Cauma- und Crestasee seinen Geist aufgegeben. Und so musste ich über die langweilige Autobahn nach Hause zurück. Aber eben, es war eine traumhafte Fahrt hin, welche mir geschenkt worden war. Und wenn ich ehrlich bin, hatte ich bis jetzt kaum Berührungspunkte mit der Innerschweiz. Klar, meine Familie stammt aus Luzern und Schwyz - aber Nidwalden und Obwalden sowie Bern habe ich jetzt kaum bis nie erkunden dürfen. Und ich nehme mir wirklich vor, die Schweiz noch besser kennen zu lernen. Auch das Jura zieht mich magisch an. Sowie die tolle Westschweiz natürlich :-).