Freitag, 10. Februar 2012

einfach nicht mein tag

Heute ist eigentlich Babbos Geburtstag. Ich bin ihm gegenüber eher noch vorsichtig und meine Annäherung wird doch mehr Zeit benötigen, als uns allen in der Familie bewusst ist. Und doch setzte ich mich ab und zu an den Mittagstisch und esse mit meiner Familie. Trotzdem esse ich im Moment sehr unregelmässig, teilweise tagelang kaum etwas, um danach wieder einen Frustfresstag einzusetzen. Ich weiss, dass dies nicht gut ist und warum mein Körper so reagiert, wie er reagiert. Aber es gehört im Moment zu meiner verzweifelten Situation.

Er hat sich nie explizit für seinen Spruch entschuldigt, mich jedoch trotzdem umarmt und gemeint, dass wir endlich wieder Frieden schliessen sollen. Dass ist jetzt vielleicht gut zweieinhalb Wochen her. Und doch ist es so für mich noch nicht ganz getan. Anscheinend wusste er schon, was er falsch gemacht hatte. Meine Mutter hatte es ihm unter die Nase gerieben und meine Schwester meinte einmal auch frech zu ihm, dass er sich nach einem solchen Spruch nicht über mein Verhalten wundern soll, als er einmal gespielt fröhlich in mein Zimmer gefragt hatte, ob ich immer noch hässig mit ihm wäre.

Da ist und bleibt meine Schwester mit ihren direkten Art halt doch gut.

Soll aber nicht das Thema meines Eintrages sein. Es war einfach ein echt blöder Tag heute. Obwohl er gut gestartet hatte. Aus Jux bin ich mein Horoskop lesen gegangen. Darin stand:

(Quelle: Blick vom 10.02.2012)


Ich dachte mir, dass es also vielleicht mal wieder ein richtig guter Tag werden könnte und war dementsprechend motiviert. Naja... bei den Vorbereitungen gingen die guten Vorsätze flöten. Ich weiss nicht, warum, aber kennt ihr dieses Gefühl auch? Jahrelang gelingt einem etwas und plötzlich will es nicht mehr! Vielleicht klingt das jetzt kindisch, aber bei mir ist das mit dem Lidstrich so. Ich habe ihn immer locker aus der Hand hinter mich gebracht. Ansetzen, durchziehen und fertig ist der perfekte Strich! Aber seit ein paar Wochen will es einfach nicht mehr... Er scheint mir zu ungleich, zu fett, zu dünn, zu schmierig, zu farblos... Ich weiss auch nicht.

Heute musste ich mich sage und schreibe 4 (!!!) mal abschminken, weil es einfach nicht wollte. Ich war immer genervter und zum Schluss schmiss ich den flüssigen Eyeliner zurück hinter den Schminkschrank und benutzte danach einfach schwarze Farbe mit einem Pinsel. Als ich dann die Grundierung auftragen wollte, sah ich wie ein Gespenst aus und durfte auch da von vorne beginnen. Vom ganzen Abschminken schmerzte und brannte meine Haut mit der Zeit und ich war auf 180zig.

Ich schaffte es immerhin auf den Zug und machte es mir bequem. Es ging nicht lange und ich hatte meine Ruhe nicht mehr. Es setzten sich zwei Frauen in das Abteil neben dem meinen und begannen los zu plappern. Es gibt Tage, an denen kann ich es echt nicht haben und heute ist so einer gewesen. Eigentlich reicht es dann, wenn ich einfach nur Musik höre, aber die haben SO laut gesprochen, dass ich die Musik einfach nicht mehr vernehmen konnte! Ich bin eigentlich nicht so und hasse es, wenn man die Musik aus den Stöpseln hören kann, aber heute war mir eh schon alles egal. Ich drehte voll auf und nahm nach ein paar Minuten zufrieden zur Kenntnis, dass sie ihre Lautstärke gedämpft hatten. So macht man das!

Der Kurs war solala. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell Menschen da über ihr Privatleben plaudern. Sie fragen einen direkt aus, was man hat und warum man hier ist (ich habe da nur etwas genuschelt, keine Sau weiss, was bei mir los ist) und dann plappern sie einfach munter weiter. Ich weiss nicht, warum Menschen da keine Hemmschwelle haben! Ich bin da eher vorsichtig und ehrlich gesagt schreckt es mich ab, wenn dann sogar Männer in meinem Alter ankommen und einfach alles frei von der Seele sprechen. Klar, wir sind alle bei der gleichen Institution, aber doch finde ich, sollte man mit so richtigen Privatgesprächen eher warten...

Nicht falsch verstehen: ich habe nichts gegen gute Gespräche und man fühlt sich irgendwie auch geehrt, wenn man so einen vertrauensvollen Eindruck erweckt. Aber wenn mir eine Teilnehmerin dann gleich ihre ganze Leidensgeschichte und dann noch die Stories ihrer Kinder erzählt, wird es mir dann doch zu viel (da muss man doch auch an die Privatsphäre der Kinder bzw. Drittpersonen denken!).

Ich konnte mich spätestens nach der Erkenntnis, dass das Profil eines Typen vom Kurs im gleichen Alter wie ich dem vom Giovanni verdammt ähnlich sieht (zumindest mal Haaransatz, Stirn, Augen und erster Teil der Nase), nicht mehr konzentrieren. Einmal mehr fluchte ich an diesem Tag auf und hätte mir am liebsten die Haare vom Kopf gerissen. Da läuft mir dieser Nachbar in Gedanken nach, obwohl NIE mehr zwischen uns gelaufen ist und dass auch nur, weil ich ihn durch einen blöden Moment zur falschen Zeit angeschaut habe. Ich könnte mir echt selbst den Hals....!!!

Aber wie im letzten Eintrag betreffend nicht gerade gewünschter Begegnungen mit Nachbarn schon geschrieben, wird mich das vielleicht noch zwei Tage beschäftigen und danach habe ich wieder meine Ruhe. Das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass ich eine sensible Frau bin, die teilweise einfach zu gerne und leider auch zu schnell wieder in Grübeleien versinkt.

Heute ist mir mal wieder bewusst geworden, wie toll es sich anfühlt, wenn man einfach wie ein Roboter funktioniert. Nicht falsch verstehen: mir ist bewusst, warum wir Menschen Emotionen empfinden und wofür die gut sind (das wurde mir in der Selbsthilfegruppe und wird mir auch noch von der Therapeutin regelmässig eingetrichtert). Aber wenn es mir dann so verschissen geht, wie heute, dann ist es mir einfach lieber, wenn ich gar nichts empfinde und keine üblen Gedanken und Gefühle habe, die mich einfach nur ausbremsen und mich schlechter fühlen lassen. Gegen gute Emotionen habe ich nichts einzuwenden, nur soviel, dass sie leider nicht lange anhalten. Darum hoffe ich, dass ich bald wieder "roboterartig" handeln und mein Leben bewältigen kann. Einfach nur funktionieren und gut ist.

Und doch steht man da und würde am liebsten einfach jeden anschreien, wie blind und egoistisch man eigentlich sein kann! Warum merkt niemand, wie verschissen es mir geht? Wie anders ich bin? Und wenn etwas kommt, klingt es vorwurfsvoll.

Ja, ich erzähle im Moment nichts über das, was bei mir passiert. Und trotzdem finde ich es nicht gerechtfertigt, dass ich so unsichtbar bin und wie Luft behandelt werde.

Wie blind muss man sein? Wie egoistisch kann man sein? Egal, ob es kindisch empfunden wird oder weiss ich was, aber ich tue es genau gleich. Ich nehme die wichtigsten Informationen auf und ansonsten bin ich gleichgültig. Wenn mir etwas erzählt wird, bitteschön. Aber man soll ja nicht zu viel an Hilfe und Ratschläge von mir erwarten. Ich reisse mir einfach den Arsch für niemanden mehr auf. Nicht, wenn ich so behandelt werde. Dafür ist mir meine Kraft einfach zu wichtig im Moment. Mein Nervenkostüm ist unheimlich dünn und ich will nicht toal den Verstand verlieren. Denn dann bin ich bereit für eine Einlieferung.

Ein paar Wochen schon lebe ich einfach so in den Tag hinein. Ich erledige alles, was ich machen muss, erwarte aber nicht mehr viel vom Leben. Frage mich einfach öfters, warum ich hier bin, wenn ich doch nichts dazu beitragen kann und so übersehen werde. Welche Aufgabe ich hier habe und vor allem wünsche und sehne ich mir den Tag herbei, an dem ich einfach endlich gehen kann.

Es ist schwer nachvollziehbar, ich weiss. Und doch fühlt es sich für mich genau so an. Mir ist mein Leben so gleichgültig geworden, dass ich jeden Tag mit dem Ende rechne. Es fühlt sich auch so an, dass ich nicht mehr viel zu erwarten habe bzw. erwarten soll von diesem Leben.

Und doch sind da immer wieder diese Sehnsüchte nach einer einfachen, innigen Umarmung, welche eine enorme Auswirkung haben würde. Aber auch damit finde ich mich ab. Eine starke (und ja, Schande über mich!) männliche Schulter werde ich auch in den nächsten Tagen nicht auftreiben können.

Ich fühle mich minderwertig, unsichtbar und unscheinbar.

Ich sollte aufhören, gleich bekomme ich Besuch. Ich erlöse euch nun für heute. Es waren gerade ein paar Einträge auf einmal. Hat sich alles irgendwie angestaut, obwohl ich mir vorgenommen habe, kürzer zu treten.

Aber das Schreiben tut mir halt gut.

Immerhin etwas.

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