Mittwoch, 22. Februar 2012

das schicksal mit borderline & enttäuscht

Immer wieder durchsuche ich das Internet nach neuen Blogs von Mitbetroffenen. Dabei überlese ich bewusst unnötige und gemeine Kommentare. Viele gehen nämlich immer noch davon aus, dass alle Borderliner ihre Gefühle nicht im Griff hätten und sich stundenlang und täglich ritzen. Anscheinend empfinden diese das Leben mit einem Borderliner als anstrengend und kaum möglich zu bewältigen. Ein totaler Schrott, wie ich finde.

Dem ist nicht so. Ich bin das beste Beispiel dafür. Ich ritze mich nicht regelmässig (das letzte Mal ist jetzt auch bald zwei Jahre her) und mit meinen Gefühlen habe ich mich mehr oder weniger im Griff. Klar, vieles veröffentliche ich hier, es bleibt jedoch bei meinen Gedanken. Ich bin gegen aussen ein "ganz normaler" Mensch, ruhig und anständig. Ich passe mich an und falle nicht unangenehm auf. Klar, auch ich habe meine Krisen, sehe dann alles schwarz und lasse dann alles schleifen, was das Zwischenmenschliche betrifft (habe dann zusätzlich mit meinem Selbstbewusstsein, meiner Selbstsicherheit und meinem Selbsthass zu kämpfen, aber das ist auch "erst" seit knapp achtzehn Monaten so und ich mache es mündlich ebenfalls kaum publik), jedoch erledige ich immer meine Alltagsaufgaben und besuche pflichtbewusst einen Kurs nach dem anderen bzw. nehme meine Termine wahr.

Zurück zum eigentlichen Eintrag. Ich habe einen neuen Blog entdeckt, in dem die Symptome erläutert werden. Es ist eine gute Seite, jedoch wird nur das negative Auftreten der Symptome benannt, was ich als grossen Wehrmutstropfen empfinde. Aussenstehende bzw. Unberührte mit dem Thema Borderline kommen so schnell auf den Gedanken, dass alle gleich sind und könnten unter Umständen abgeschreckt werden.

Was viele nicht wissen: viele Borderliner sind sehr intelligent und eigentlich erfolgreich, was das Private und Berufliche betrifft. In der Selbsthilfegruppe hatten wir Studentinnen, Ergotherapeutinnen und sogar einen Herrn, der im Sozialbereich tätig ist.

Auch ich war während der Sekundarschulzeit eine der besten Schülerinnen. Vieles fiel mir leicht und ich bemerkte kaum etwas von meiner Krankheit. Zumindest nicht bewusst. Bis alles zusammen fiel und ich mich ergeben musste. Ist aber eine andere Geschichte.

Mir geht es nur darum, dass ich beim Lesen dieses Blogs gestutzt habe. Es stimmt, dass viele Borderliner klug sind. Und doch empfinde ich mich nicht mehr als intelligent. Vor sechs, sieben Jahren hätte ich dem zugestimmt, aber ich selbst finde, dass ich in Sachen Intelligenz total nachgelassen habe (begonnen hat es in der Berufsschule). Ob es mit meinem Selbstwert zu tun hat, lasse ich mal dahin gestellt.

Es gibt viele Stars, denen das Borderline-Persönlichkeits-Syndrom nachgesagt wird. Marylin Monroe, Prinzessin Diana und sogar Lindsay Lohan sollen davon betroffen sein. Wobei da natürlich Vorsicht geboten ist. Bei diesem Hollywood-Wahn kann man nie wissen, was zuerst war.

Ausserdem bin ich von meinem Umfeld enttäuscht. Wie viele merken, dass es mir nicht wirklich gut geht. Alles, was mir dazu gesagt wird, ist: "Dir geht es wohl nicht so gut, oder?" Danach folgt nichts mehr. Mir wird angeboten, dass ich kommen kann, wenn ich sprechen möchte. Danach hört man wieder tagelang (gefühlt jedoch wochenlang) nichts.

Ich kann nicht bewusst einen Vorwurf daraus machen. Aber ich finde es nicht wirklich das richtige Verhalten. Ich renne in diesen Situationen immer und habe Pupa schon oft zu Unternehmungen gezwungen, obwohl ihr nicht wirklich danach war. Ich meinte einfach immer nur, dass sie nicht mit mir über Dinge sprechen müsse, für die sie sich noch nicht bereit fühlen würde. Es geht einfach um die Ablenkung, dass man aus dem Haus kommt und einfach mal Gedanken Gedanken sein lassen kann. Einfach mal etwas anders durch den Kopf gehen lassen. Sie muss dabei nicht einmal die "alles-ist-toll"-Maske aufsetzen. Sie muss nicht meinetwegen lachen und Fun an der Aktion haben. Sie muss einfach mitleben können. Es hat sich für mich heraus gestellt, dass ich in einer Krise einfach froh bin, wenn ich mich "gebraucht" fühle, egal, wie ich mich verhalte. Obwohl es mir schlecht geht, verbringt jemand Zeit mit mir. Es ist dabei total egal, wenn es oberflächliche und einfache Unternehmungen bleiben.

Und das vermisse ich irgendwie. Man meldet sich nicht bei mir und ist dann fast beleidigt, weil ich nichts von mir erzähle. Warum auch? Man ist ja auch nicht da für mich. Ich weiss, ich bin anstrengend, was das Ansprechen von Problemen betrifft. Ich behalte vieles lange für mich und komme nicht damit heraus. Aber wie es sich heraus stellt, würde sich ja eh nichts ändern. Hat ja sowieso niemand ein Auge dafür.

Und ja, es nervt und tut weh. Man bemerkt, dass sich jemand verändert und tut doch nichts dagegen. Man gibt unbewusst (oder doch bewusst? Für mich fühlt es sich zumindest so an) doch mir die Schuld, weil ich ja nicht von mir aus komme. Wer meine Einträge so kennt, weiss, dass es sich für mich nicht zum ersten Mal so anfühlt. Fast jedes Mal in einer Krise fühle ich mich allein gelassen. Fast so, als wäre das Mitgefühl lediglich geheuchelt.

Mir ist klar, fühlen sich vielleicht viele hilflos. Und doch finde ich das auch keine Entschuldigung, weil ich durch mein Schweigen nicht wirklich zur Last falle. Sollte es so sein, kann man mir ehrlich sagen, dass man sich hilflos fühlt und nicht weiss, was man machen soll.

So musste ich es lernen und auch anwenden. Es ist nichts Schlimmes dabei. Aber eben, die Falsche bin und bleibe ja ich. Sei es mit meiner Einstellung, Ansicht und Meinung. Borderliner liegen immer falsch. Sogar die, die gar nicht so schlimm sind. Aber anscheinend empfinde lediglich nur ich mich als "angenehmen Borderliner".

2 Kommentare:

  1. Hallo Zambrottagirlie,

    das hier hast Du sehr schön geschrieben und ich kann Dir nur beipflichten, denn auch der "angenehme" Borderliner hat es schwer, verdammt schwer gegen die im Übermass bestehenden Vorurteile seiner auch so lieb meinenden Mitmenschen zu kämpfen.
    Leider ist es so, das gerade Krisenzeiten einem schnell vor Augen führen, was man für "wahre" Freunde hat und fast immer ist man allein.
    Dennoch gib nicht auf, gib Dich nicht auf, kämpfe für Dich.
    Ich wünsche Dir Kraft und Durchhaltevermögen.
    Ich bin leider selbst betroffen, Auslöser MB in meiner frühesten Kindheit, ich habe über 36 Jahre verdrängt und geschwiegen, ich weiß also wie Du Dich fühlen magst.

    Liebe Grüße und Du bist nicht allein.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Anonym

      Vielen lieben Dank für den lieben Kommentar. Es tut immer wieder gut, zu wissen, dass man nicht alleine ist und sich nicht alleine fühlen muss.

      Und vor allem erfüllt es mich mit Stolz und Wärme zu wissen, dass meine Einträge die richtigen Personen ansprechen und hilfreich sein können.

      Und das ich weiterhin auf diesem Weg bleiben kann. Denn dieser Blog soll auch uns Borderlinern helfen.

      Und im besten Fall auch Augen öffnen. Mitbetroffenen, Angehörigen, Mitmenschen...

      Ich wünsche dir ebenfalls weiterhin ganz viel Kraft und Motivation.

      Herzlichen Dank und liebe Grüsse
      zambrottagirlie

      Löschen