Donnerstag, 26. April 2012

unangenehme begegnung

Es ist vielleicht nicht so schlimm, wie es mir im ersten Moment scheint bzw. erschienen ist. Und doch gibt es immer wieder Begegnungen mit Menschen, die nicht sein sollten. Es wird immer wieder vorkommen, ist mir alles bewusst.

Schlussendlich liegt es nicht an den Personen und Menschen, denen man in die Arme zu laufen scheint. Zumindest nicht immer :-). Es geht einfach um die Gedanken, Gefühle und Erinnerungen, welche mit diesem Zusammenstoss auftreten können.

Muddi wollte schon immer in das Naturschutzgebiet in der Nähe. Sie hatte heute frei und nach einem leckeren Mittagessen und einer Siesta schnappten wir uns Schila und liefen dort ein wenig umher. Ist schon toll, wenn man die Natur erkunden kann, kein Motorengeräusche vernimmt, auf Aussichtstürme klettern kann und die Frösche quaken sowie die Vögel zwitschern hört.

Wir wohnen eigentlich an einem schönen Ort. Zugverbindung ist die Beste in der Region, Industrie ist top (man findet alles von Migros über Aldi...) und die Natur doch vor der Nasenspitze. Alles, was das Herz begehrt. Zürich, Frauenfeld, St. Gallen und Luzern sowie Schwyz scheinen alle gleich weit entfernt zu sein.

Meine Mutter wollte unbedingt auf den höchsten Aussichtsturm. Ich schmunzelte bereits, als wir davor standen. Natürlich wollte sie wissen, warum, ich jedoch behielt es für mich und wartete mit Schila unten bei der Treppe.

Umso höher meine Mutter die Treppen erklimm, umso langsamer wurde sie. In der Mitte lachte ich los und nannte ihr meinen Gedanken, der sich nun zu erfüllen schien. Zum Glück habe ich nicht noch ihre Probleme was die Höhe und das Tauchen betrifft. Ansosnten wäre ja Meer und Europapark so gar nicht das Richtige :-).

Ich schrie also hoch, dass ich schon geahnt hätte, wie schummrig es ihr werden würde und sie streckte daraufhin nur die Zunge heraus.

Plötzlich hörte ich ein: "He, zambrottagirlie (mein Spitznamen, da ich meinen richtigen Vornamen in der Schule schon gehasst habe)!" Ich starrte hoch und wäre am liebsten weggerannt.

Ich hatte den jungen Herrn schon davor gesehen. Er hat mit seiner weiblichen Begleitung unseren Weg gekreuzt. Nur hatte ich ihn zu spät erkannt, da er erstens: hinter seiner Dame lief (und die war so grell und grausam dunkel im Gesicht geschminkt, dass mir schier die Luft wegblieb) und zweitens: so ganz anders aussah. Ich erschrak da im ersten Moment eher und hoffte, dass man sich nicht noch einmal begegnen würde. Tja, Gebete wurden nicht erhört (wie immer *schnarch*....).

Ich war eher wortkarg und hoffte, dass meine Mutter schnell wieder runter kommen würde. Haha, die zahlte mir meinen Spruch heim und genoss die Aussicht. Es kam, wie es kommen musste: der junge Herr kam mit seiner Begleitung die Treppe herunter.

Er ist eigentlich gar kein schlimmer Mensch und ich hatte nie Streit mit ihm. Ich habe mit ihm die Oberstufe (erste bis dritte Sekundarschule) besucht und er war dazumals ein sehr guter Kumpel von Giovanni. Wie es da jetzt bei denen aussieht, kann ich nicht sagen. Er war immer nett, freundlich und unkompliziert. Aber in diesem Alter hatten wir Mädels Typen von der höheren Klasse im Kopf. Er war zwar zwei bis drei Jahre älter als wir, aber so klein und frech, dass man dies nicht wirklich wahrnahm :-). Er ist ebenfalls Tschinggeli und daher gab es erst recht keine Probleme (gehörte irgendwie zum Ehrenkodex, hehe).

Er war ein grosses Fussballtalent. Er hatte Probleme mit seinem Knie, ansonsten wäre er nach der Oberstufe in die Fussballschule gegangen. Er war begnadet und hätte bei seinem Lieblignsverein trainieren und Sportler werden können. Hach.... er könnte mir jetzt ein Autogramm und Treffen mit Zambrotta organisieren, wäre ihm die Verletzung nicht in die Quere gekommen :-).

Er fragte mich, wie es mir gehen würde. Ich meinte nur: "Ganz okay." Er fragte ebenfalls nach der Arbeit und ob ich gerade Ferien oder frei hätte und ich antwortete darauf auch ganz ehrlich (war sogar verblüfft!): "Unfreiwillig überschüssige Zeit." Er reagierte recht cool und ich verstummte trotzdem. Ich zwang mich doch zur Frage, wie es ihm gehen würde und er meinte daraufhin locker, dass er nach längerer Zeit in einer grossen Stadt in der Schweiz wieder zu uns in die Nähe gezogen wäre. Danach fragte er noch, ob jemals ein Klassentreffen der Oberstufe stattgefunden hätte und ich verneinte, fügte noch hinzu, dass ich es bestimmt auch nicht organisieren würde, es jedoch sicher interessant wäre, zu wissen, wie sich alle gemacht haben, da man auf der Strasse kaum jemanden mehr sieht oder über den Weg läuft. Er meinte daraufhin auch nur lachend, dass er die Organisation bestimmt auch nicht übernehmen würde und auch nicht wirklich Lust auf die meisten Leute hätte. Kann ihm nachfühlen.

Wir waren eigentlich eine gute Klasse. Es gab nur fünf Jungs und irgendwie sechzehn Mädels. Die Jungs verstanden sich gut und ich war bei den "normalen" Gilrls, die sich kaum schminkten und mit den Buben gut klar kamen. Dann hatten wir drei bis vier Frühraucherinnen und Kifferinnen (Alkohol war auch ein Thema (Kopfschüttel)) und die frühreifen Früchtchen, die etwas eher figurbetonte Kleidung trugen und Make-Up verwendeten, aber auch ganz okay waren.

Ich hatte eine schöne Kindheit und meine Schulzeit war ebenfalls nicht ohne. Ich war stets eine der besten in der Klasse. Zwar nie mollig, aber doch etwas fester als die anderen Mädchen. Ich hatte etwa zehn Kilo mehr an Gewicht als an Grösse, was ich überhaupt nicht schlimm finde. Ich fühlte mich stets akzeptiert und war beliebt. Ich musste nie Mobbing mitmachen und wurde sogar für die letzten zwei Jahre an der Oberstufe zur Klassensprecherin gewählt.

Ich war nicht arrogant oder überheblich. Eher schütern und vorsichtig. Die Hausaufgaben fielen mir immer leicht von der Hand, ich schrieb beste Noten.

Bis ich in die Berufsschule kam und mein Leben mir irgendwie ausser Kontrolle geraten ist. Ich erwähne dies alles, um meine Gefühle über dieses Zusammentreffen besser ausdrücken zu können. Der Typ ist nicht unangenehm, die Umstände haben mich einfach wieder ganz tief nach unten gebracht. Und ich habe Angst, dass man mir das ansieht.

Es war heute kein Wohlfühltag und ich muss mich da anscheinend besonders hübsch machen. Denn genau dann gibt es solche Begegnungen. Meine Haare wollten heute nicht wirklich und ich lief ganz ungeschminkt, mit leerem Blick, dunkeln Augenringen, zu weiter Kleidung und meiner so ungeliebten und total verhassten Brille auf der Nase herum. Ausserdem war ich unvorsichtig und trug keinen Armverband. Ich weiss nicht, ob sie etwas davon mitbekommen haben. Bei Muddi bin ich mir auch unsicher, ob sie es nicht schon gesehen, sich aber nicht getraut hat, zu fragen. Obwohl ich glaube, dass sie dies schon tun würde.

Ich war so gut. So beliebt. So anständig. So glücklich. Mit mir im Reinen und es war ganz okay, am Leben zu sein, trotz grosser und schmerzhafter Sehnsucht nach Grossdäddi.

Und nun sitze ich hier: ein seelisches Wrack und kriege nichts zu Stande oder gebacken. Ekliges Gefühl.

Ein Häufchen Elend ohne Job. Ausgesteuert und doch kein Einkommen.

Kann man mich nun besser verstehen?

Ich finde schon.

Und vielleicht merkt man jetzt auch, warum ich mir so sehr meine Jugend zurück wünsche. Ich war so etwas von losgelöst. Klar, in der Oberstufe haben meine Selbstverletzungen angefangen, was sich jedoch noch nicht in Ritzen durch die Schere geäussert hat. Ich habe mir "lediglich" die Oberarme wundgekratzt, was jedoch vielleicht vier Mal in zwei Jahren vorgekommen ist.

Ich fühle mich echt mies :-(.

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