Sonntag, 6. Mai 2012

sorgenkind

Ich weiss, für eine Frau ist es vielleicht unüblich und ein weiss ich wie getuntes Ding ist es auch nicht. Ich kann mit Autos nicht viel anfangen, aber vielleicht ergeht es jedem bei seinem ersten Wagen so, wie mir.

Ich habe diesen Ford Ka das erste Mal im Sommer 2006 gesehen und mich sofort in ihn verliebt. Es war einfach das perfekte Auto für mich. Es war ein Traum, wie es mir mit seinen "Segelöhrli" bereits zugewedelt hat. Ich finde, die Aussenspiegel sehen schon danach aus :-).

Ein kleines, flitziges und wendiges Auto. Bietet für vier Personen Platz und hat ansonsten genügend Platz, um alles verstauen können. Ich habe ca. 20 Paar Schuhe aus Italien damit importiert :-).

Baby Jane war für mich da, als ich die LAP nicht bestanden hatte beim ersten Anlauf. Es war eigentlich als Zweitwagen für meine Eltern gedacht, aber schnell war es in meinem Besitz. Ich kann nun nicht alle Kosten übernehmen, aber ich habe immer das Benzin übernommen und die Versicherungssteuer sowie die kantonalen Kosten auch getragen, solange ich verdient habe.

Ich war mit ihr in Italien, (von hier nach Otranto sind es gute 1365 Kilometer (ein Weg!)) bin durch Wüsten und Wälder gedüst, holprige Strassen waren kein Problem. Sie war bereits 3 Jahre alt, als wir sie uns geleistet haben.

Nun ist sie 9 und hat bestimmt bald 150'000 Kilometer auf dem Tacho. Ja, sie ist mir ans Herz gewachsen und es tut weh, wenn ich daran denke, wie es langsam dem Ende zugeht.

Für mich hat sich dieses Auto gut gehalten. Es war nie ein weiss ich wie robustes Ding und kommt nie an einen Fiat Punto heran. Seit Jahren wächst der Rost am unteren Bereich und doch hat sie mich noch immer monatelang herum chauffiert. Seit bald zwei Jahren tuckert sie wie ein Traktor und der Rost hat sich weiter ausgebreitet.

Letztens hat sich der Schaltknüpfelkopf gelöst. Der ist angeleimt.

Sie quitscht beim parkieren und sobald ich rückwärts fahre.

Sie hat jahrelang viel Wasser verloren.

Und heute hat es das erste Mal unter der Motorhaube geraucht. Nun ja, für eine Strecke von knapp 4 Kilometer hat sie fast den halben Behälter an Wasser verloren.

Morgen ist Reifenwechsel angesagt. Ich hoffe, sie überlebt immerhin noch ein paar Monate. So hart es klingen mag, sie ist mir wirklich sehr wichtig. Es verbindet mich eine Liebe mit diesem Ding und ich habe es ja verziert mit Plüschtieren und Bildern von Zambrotta an den hinteren Scheiben. Es war und ist irgendwie meine eigene Sache, es spiegelt dieses introvertiere-extrovertierte wieder. Kindisch hin oder her, es war einfach immer MEIN DING mit Baby Jane.

Eine Prüfung würde sie nie bestehen. Aber immerhin könnte sie mir noch ein paar Monate erhalten bleiben. Seit ca. drei Wochen quitscht sie enorm, wenn ich den Motor nach einer etwas längeren Strecke ausschalte. Danach hört man im innern, als würde ein Rad aufhören zu drehen (bis es zum Stillstand kommt) und danach folgt ein Blubbern, so als würde man Pasta kochen.

Es geht irgendwie auch um mehr. Sie war einfach in den letzten sechs Jahren für mich da, als es nie wirklich wollte. Zuerst die LAP, nie eine Festanstellung und nur kurze Einsätze und nun die Bewahrung vor dem sozialen Abstieg.

Ich weiss und mir ist es bewusst, dass viele andere auch kein Auto besitzen. Vielleich kann man meine Gedanken nachvollziehen, wenn ich sie erkläre. Es klingt für mich nichts als logisch, wenn ich damit meinen gesamten Verlust bezeichne.

Zuerst die Arbeit, danach der Selbstwert, die Selbstachtung und jetzt auch noch das Auto. Ich habe das Gefühl, als würde ich immer mehr vom Leben verlieren.

Das Auto war alles, was ich noch hatte. Kein Einkommen, keinen Job und immer weniger Menschen um mich herum, die mich verstehen. Man fühlt sich immer minderwertiger.

Baby Jane ist einfach nur noch das, was ich habe. Was immer Richtig war und immer an meiner Seite stand. Es soll nicht jetzt und noch nicht so enden. Mein einziger Luxus, den ich mir noch leiste.

Es ist und bleibt unfair.



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