Donnerstag, 27. Juli 2017

einen beängstigenden gegner geknackt...

Gestern habe ich mich ordentlich herausgefordert. Okay, im Nachhinein wusste ich ganz tief irgendwo in meinem Innern, dass ich diese Hürde bewältigen würde - schon nur meine letzten Routen haben mir bewiesen, dass ich zwar nicht weiss ich wie ausdauernd trainiert und fit bin - aber doch einige Routen schaffe, welche ich mir nie zugetraut hätte.
 
Gestern wollte ich den Ricken bei uns in der Region "knacken". Okay, ich bin über die "leichtere" Route hoch, wie über den direkten Weg von uns aus. Da habe ich doch eher noch ordentlichen Respekt vor. Aber dafür bin ich darüber runter :-p. Und doch - ich verharmlose wieder eine Strecke, welche doch sehr anspruchsvoll ist.
 
Es war schon eher etwas spät, als ich losradelte, davor hatte ich noch Therapie. Die Strecke wurde mir mit 25 Kilometer und einem Höhenmeteranstieg sowie -abstieg von 439 Meter angezeigt. Da musste ich schon mal trocken schlucken. Die einte Etappe kenne ich ja vom Plauschvolleyball her, da finde ich es teilweise schon mit dem Auto eine Hürde :-). Zeitlich wurde mir 1 Stunde und 50 Minuten angegeben. Ich schaffte es von 18.20 Uhr bis 19.45/19.50 Uhr. Also habe ich dies doch ordentlich bewerkstelligt.
 
Alles der Reihe nach. Die erste Hürde ist in unserem Dorf selbst. Als Kind vermied ich diesen Anstieg schon und eigentlich wäre es auch der direkte Weg zu meinem früheren Geschäft - ich fahre dann aber eher dem See entlang. Gestern musste ich feststellen, dass ich diese Hürde mit meinem drei Gängen im zweiten Gang auf der leichtesten Stufe gut geschafft habe. Und mir fällt dies in letzter Zeit noch oft auf: die Hügel sehen sehr anspruchsvoll und jedes Mal denke ich mir: ohoh, das wird eine Knacknuss. Und dann strampel und strampel und strampel ich und plötzlich ist es doch nicht so streng und ich stehe oben. Joa - und dann kam der stetige Aufstieg, mal intensiver, mal schön monoton und gleichmässig. Eine ebene Strecke gab es kaum. Aber es war nicht schlimm. Meine Beine waren in Bewegung, ich spürte die Muskeln leicht, aber ich war nie wirklich so aus der Puste, dass ich das Gefühl hatte, es nicht zu schaffen.
 
Ich spürte, wie mir während des Radelns die Gedanken entglitten  und ich alles zu bagatellisieren begann. Es ist wirklich keine einfache Route und ich muss mir einfach eingestehen, dass dies in meinem Umfeld kaum jemand macht. Aber ich strample dann und ich weiss nicht, warum ich erwarte, dass mein Körper vor Schmerzen und Erschöpfung brüllen und brennen muss. Ich vermute einfach, dass es mit der Sehnsucht danach zu tun hat, sich lebendig zu fühlen. Dass man sich spürt, den Körper und immerhin etwas wahrnehmen kann. Und meist war dies ja nur der Fall, wenn ich mich selbst verletzt habe. Darum machen "wir" das ja. Aber mir bringt dies nichts mehr und zu Beginn meines intensiven Sports war es nun mal so, dass ich eben dieses Brennen wahrgenommen habe. Nun halt immer weniger.
 
Als ich beim Ort des Plauschvolleyballs ankam, hatte ich gute 25/30 Minuten hinter mir und mir kam der Gedanke, dass ich das in Zukunft ja auch mit dem Bike anstatt mit dem Auto bewerkstelligen könnte. Es war schon ein ordentlicher Anstieg, aber eben machbar. Und ich wäre schon aufgewärmt :-).
 
Dann ging es stetig in meinem Tempo weiter. Und plötzlich stand ich bei meinem persönlichen "Ziel-Schild". Und irgendwie wurde mir dann klar, dass ich freiwillig eine Route ausgesucht hatte, bei der es stetig aufwärts geht. Früher hätte man mich damit jagen können, ja nicht zu viele Aufstiege. Natürlich genoss ich dann umso mehr die wohlverdiente Runterfahrt. Die steile Runterfahrt, bei der ich mit dem Aufstieg wohl noch ein wenig warten werde, bis ich mich dieser wirklich gewachsen fühle. Wobei irgendwo tief hinten in mir drin eine leise Stimme ruft, dass ich dies schon schaffen würde/könnte.
 
Ich machte mich auf den weiteren Weg Richtung Abfahrt und konnte da noch die Aussicht auf den Züri-Obersee werfen. Und da überkamen mich einfach meine Gefühle. Es waren nicht bewusste Gefühle, welche ich wahrgenommen habe. Aber irgendwie kamen die Tränen und meine Brust zog sich einfach schmerzhaft zusammen. Ich habe ein paar intensive Tage hinter mir. Eigentlich positive, verbunden mit einem sehr guten privaten und einem Therapiegespräch. Aber es hat viel Kraft gekostet und viel ausgelöst. Und mir auch vor Augen geführt, was ich wo vielleicht ändern und wo ich mich öffnen und von meiner Vergangenheit berichten muss. Und da schwingen so viele Ängste und Kraftsammlungen mit... Ich stand da und war einfach nur traurig. Obwohl ich wirklich gute Gespräche hatte. Aber trotzdem war da diese Traurigkeit und einfach einmal mehr mein Kampf mit meiner Vergangenheit und was ich alles so miterleben musste. Der einte Teil, welcher weiter kämpfen möchte und der andere, müde, frustrierte und einfach erschöpfte Teil. Der sich fragt, wie lange ich dies noch so machen möchte und das die Kraft einfach nicht mehr für Jahre ausreicht. Dieses ständige Auf und Ab, dieses Gefühl, nirgends dazu zu gehören und einfach dieses Wissen, nie wirklich alt zu werden... Meine Therapeutin hat mir etwas mit auf den Weg gegeben, welches vielleicht einiges leichter machen wird. Dass meine Glaubenssätze nun noch stärker aktiv sind, weil sie merken, dass ich immer mehr Bestätigungen von aussen erhalte und erlebe, dass sie falsch sind. Wie ein Kind, welches sich noch stärker wehrt und "täubelet". Und es hilft mir schon auf eine Art und Weise... und trotzdem ist da einfach die Frage, warum genau ich diese Lebensaufgabe erhalten habe und was eigentlich meine wirkliche Lebensaufgabe ist. Es hat vieles aufgerüttelt und irgendwo hat nichts wirklich festen Fuss und Stand. Im Moment ist es einfach alles sehr schwammig und wirr und die Kräfte halt wirklich aufgebraucht. Es ist ein intensives Jahr, das ist mir bewusst. Es waren zwei intensive Gespräche, welche mir gut getan und mich doch sehr an meine Grenzen gebracht haben. Ich werde darüber noch berichten, aber nicht mehr heute.
 
Das intensive Sportlern... das Hungern. Das sind alles Dinge, welche mir das Gefühl von "Kontrolle" vermitteln. Wenn schon alles eher wirr ist und schwummrig... habe ich immerhin das im Griff - gefühlt. Es ist ungewohnt für mich, mich so zu öffnen und daher ist mir auch bewusst, haben mich gestern all diese Gefühle übermannt, weil ich mich am Dienstag beim Privatgespräch für meine Verhältnisse sehr verletzlich gezeigt habe. Wobei das ja lange irgendwie ein geheimer Wunsch von mir war bzw. ein Bedürfnis, mich endlich jemandem anvertrauen zu können. Aber es ist dann doch eine sehr schwere Hürde, wenn man es sonst nicht so von sich kennt. Ich weiss, dass die wirklich guten Menschen mit auch mit meiner Vergangenheit gerne haben und so nehmen werden. Aber für meine harte Seite ist es einfach eine Schwäche, wenn ich dies kommuniziere. Die möchte, dass ich einfach weiterhin stark bleibe und mir nichts anmerken lasse. Und das ist einfach ein sehr kräftezehrender und anstrengender Kampf.
 
Ich kam dann gestern irgendwann zu Hause an, ass etwas und ging nur noch unter die Dusche, nahm noch präventiv eine Fiebertablette (am Dienstag habe ich lange in der Kälte draussen gesessen und gestern war es auf dem Velo auch eher frisch...) und verschwand unter die Bettdecke. Ich konnte fast 8 Stunden durchschlafen und stand heute auf. Habe etwas Muskelkater und mein Gemütszustand ist auch eher schlecht wie recht... aber eben... ich muss mich wahrscheinlich einfach endlich meiner Vergangenheit stellen, um diese akzeptieren und die Glaubenssätze endlich ankämpfen zu können. Und ich weiss, was ich machen müsste. Und ich weiss, was ich für eine Angst bewältigen muss. Ach, im Moment ist es einfach nur seeeehr kräftezehrend.
 
Aber auch da sehe ich das Positive: mein Körper scheint die nötige Energie zu haben, welche ich von ihm abverlange. Und ja, ich bin nicht immer gleich stolz auf meine sportliche Leistung und gestern bin ich zugegebenermassen doch sehr erschrocken, als die Tränen kamen (und nicht vor Freude und Stolz)... und doch versuche ich mir jetzt einfach bewusst zu machen, dass ich wirklich sehr gute Leistungen auf meinem Bike vollbringe, welche einfach nicht jeder in seinem Alltag leistet.
 
So, nun lasse ich noch ein paar Bilder sprechen. Morgen ist eine Tour von 70.3 Kilometer geplant. Ich fahre ein wenig im Zürcher Oberland herum, mal bergauf und dann wieder bergab. Vor allem möchte ich die Route über den Hügel zu meinem früheren Geschäft machen. Und den einten Anstieg, vor dem ich lange Respekt hatte, habe ich gestern ja super geknackt.









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