Montag, 29. Oktober 2012

gedanken bei grossdäddi & nonno

Heute hat sich das Todesdatum meines Grossvaters und meines Nonnos mal wieder gejährt. Da ich meinen freien Tag hatte, wollte ich natürlich das Grab besuchen. Ausserdem war das offizielle Andenken bereits am 7. Oktober 2012 und mir persönlich einfach zu früh.
 
Es war eigentlich der 1. November ausgemacht, aber ich arbeite im Kanton Zürich und daher sitze ich an diesem Tag im Büro.
 
Es war ein schöner Tag. Grossdäddis Jahrestag jährt sich zum 16ten Mal. Nonnos 7 Jahre auf den Tag genau später zum 9ten Mal. Das Wetter war einfach traumhaft, im Schatten zwar ein wenig zu kühl, aber an der Sonne einfach Energie und Kraft pur. Hat tolle Fotos gegeben, werden hier demnächst mal veröffentlicht.
 
Grossdäddi hat immer eine grosse Rolle in meinem Leben gespielt. Und tut es immer noch. Mein Borderline hat mit Sehnsüchten nach Nähe zu ihm begonnen und ich habe lange gebraucht, um ihn ziehen lassen zu können. Auch jetzt noch habe ich ab und zu das Gefühl, ihn zu schnell losgelassen zu haben und verbinde es mit Schuldgefühlen. Wobei mir natürlich klar ist, dass Grossdäddi der Letzte ist, der will, dass ich mich mit solchen Gedanken herumplage und sofort sagen würde, dass ich einfach mal mein Leben genissen soll.
 
Mit Nonno hatte ich weniger intensiven Kontakt. Ich habe ihn einmal im Jahr gesehen und das für drei Wochen. 1365 Kilometer kann man nicht alle paar Monate bewältigen. Und das ist lediglich ein Weg.
 
Ich schätze mich glücklich, so viele Erinnerungen an beide haben zu können. Und doch: ich wäre froh, wenn ich beide noch ein wenig länger an meiner Seite haben hätte können. Ich bin ein enormes Grosikind und Nonna bekommt es auch regelmässig zu spüren. Es gab für mich früher nichts schöneres, als meine Ferien bei Grosi und Grosdäddi verbringen zu können.
 
Heute habe ich nach dem Grabbesuch auch noch das Grosi kurz besucht. Es war ein schöner Nachmittag und irgendwie kann ich das Grab von Grossdäddi mit weniger Last auf den Schultern besuchen. Es nimmt mir nicht die Luft und ich verspüre nicht diesen Krampf um den Brustkorb. Es fühlt sich befreiter an. Einzig die Distanz hindert mich an einem regelmässigen Besuch. Ärgert mich teilweise schon.
 
Beide sind zu früh gegangen. Und beide fehlen mir sehr.
 
Es ist gegen meiner Natur. Ich veröffentliche hier viel und auch sehr Privates. Aber nenne keine Namen und seien wir mal ehrlich: wer verfolgt schon diesen Blog? Bestimmt keine Hand voll Leute und von dem her wird hier mal ein Bild veröffentlicht.
 
Auf dem ersten sieht man meinen Grossvater aus der Schweiz bei meiner Taufe. Ich erinnere mich an dieses Gesicht, als wäre es erst gestern gewesen. Wie wir gemeinsam unser Händespiel gespielt haben (die unterste Hand auf die oberste legen und so weiter (Sandwich)), die vielen Autofahrten (meine Grosseltern haben Schulkinder chauffiert, danach gab es meist eine warme Ovi in einem Restaurant), das regelmässige Zudecken am Morgen (und wie er galant mein Augenzwinkern übersehen hat), das Waschen selbst hinter den Ohren, die verstopfte Toilette und sein Gebrummel, die vielen Sendungen Glücksrad auf dem Sofa dicht an seinem Bauch und der Geruch nach Stumpen... Ich weiss, nicht für jeden das Seine, aber mich erinnert es an meinen Grossdäddi.
 
Auf dem zweiten Bild ist Nonno. Meine Eltern haben sich 1984 zivil getraut und 1986 kirchlich. Zur letzteren Zeremonie haben sie alle aus Italien eingeladen, da war Nonno zum ersten Mal in der Schweiz. Er meinte zu meinen Eltern noch, dass er erst wieder in die Schweiz kommen würde, wenn Nachwus auf der Welt wäre. Gott hab ihn selig, wusste er da nicht, dass meine Mutter bei der Hochzeit bereits im 3ten Monat mit mir war.
 
Nonno habe ich wie Babbo in Erinnerung: ein wenig brummig, liebenswert und eher wortkarg. Aber immer zur Stelle, wenn etwas ist. Mir fehlt ein Ort, um für ihn trauern zu können. Als ich ihn das erste Mal am Grab in Italien besucht hatte, liefen mir nur noch die Tränen. Ich hatte nie die Möglichkeit gehabt, mich richtig von ihm zu verabschieden. Er war lange krank, hatte ein steifes Bein. Ich erinnere mit an Runden auf seinem alten Töffli mit Matteo... Unglaublich... Dann kam der Rollstuhl und von einem Jahr zum anderen lag er einfach nur noch im Bett und man hörte ihn regelmässig vor Schmerzen aufwimmern und -weinen.
 
Mir ist bewusst, schlussendlich ist es für beide gut gewesen, mussten sie nicht lange leiden. Grossdäddi hatte Krebs, das weiss ich. Und doch ist es für ein neunjähriges Mädchen einfach nicht logisch, wenn er vor drei Monaten noch im Bett herumgesprungen ist und dann plötzlich nach den Sommerferien einfach so schlecht aussieht. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er frohen Mutes und war im Bett herum getollt. Und keine zehn Tage später war alles vorbei.
 
Bei Nonno weiss ich nicht mehr über den Verlauf seines Leidens.  Ich weiss nur, dass ich mich auch von ihm nie wirklich verabschieden konnte. Aber so hart es klingt: die Bindung war da, aber niemals so eng. Ich konnte mit seinem Tod besser umgehen, wobei mich natürlich auch immer noch ein beklemmendes Gefühl begleitet, wenn ich ihn in Italien am Grab besuche.
 
Mir graut es davor, wenn ich kein Grab mehr besuchen kann. In Italien eher unüblich, aber in der Schweiz gibt es da Richtlinien.
 
Aber ich brauche einen solchen Ort.
 
Soll heute aber nicht das Thema sein. Ich weiss, dass beide zu mir stehen und so sehr ich mich dagegen wehre, sie sind stolz auf mich. Es hilft mir in schwierigen Zeiten, zu wissen, dass sie immer an meiner Seite sind und mich begleiten.
 
Die Zeit des Wiedersehens wird kommen, ganz bestimmt.
 
Aber noch nicht jetzt.


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