Donnerstag, 3. August 2017

sorgenkind grosi

Letzten Samstag habe ich mit Mutti einen wunderschönen Tag mit Grosi verbracht. Naja, ich selbst war nicht wirklich auf meiner Höhe (körperlich schon, aber stimmungstechnisch ist es in letzter Zeit wieder unterirdisch schlecht...), freute mich aber umso mehr auf mein Grosi.
 
Wie schon mehrmals hier kurz erwähnt, bin ich nun mal ein totales Grosikind (und war als kleines Mädchen auch ein totales Grossdäddikind, solange mein Grossdädi hier auf der Erde war). Meine ganze Vergangenheit ist ja durch seinen frühen Tod ausgelöst worden.
 
Ich liebe mein Grosi und sie war schon immer eigen. Nicht kompliziert, aber sie hat doch "en stuure Grind". Wenn sie etwas sagt, ist es so und meist bestellt sie dann für mich mit zum Beispiel. Es zeigt sich einfach bei Kleinigkeiten. Ich bewundere die Jugend meines Grosis. Sie hat mir Bilder gezeigt, wo sie keine fünfzig Jahre alt ist und ich hätte sie glatte zwanzig Jahre jünger geschätzt. Auf einem Bild mit mir als Kleinkind hat sie vielleicht knappe 52 Jahre - und keine einzige Falte im Gesicht. Und auch jetzt, mit knapp 80 Jahren, schätzen sie viele auf 68 Jahre. Es ist unglaublich. Mein Mami sieht auch viel jünger aus und ich hoffe natürlich, dass ich immerhin dieses gute Gen geerbt habe, wobei ich doch mit Ängsten und Befürchtungen zu kämpfen habe, dass ich einmal verbittert und alt aussehen werde (durch das Durchlebte halt).
 
Ich liebe mein Grosi über alles und meine Kindheit habe ich sehr gerne bei ihnen in den Ferien verbracht. Mein Grosi hat keine leichte Zeit hinter sich und ich verstehe es, dass sie einfach keine Lust mehr hat. Sie hatte vor gut einem Jahr eine Knieoperation und wollte das zweite eigentlich auch operieren lassen. Aber das erst operierte Knie will und will nicht richtig heilen. Anfangs hatte sie noch etwas Geduld. Dann kam ein Rückschlag nach dem anderen. Im März bekam sie ja mitten in der Nacht keine Luft mehr und ich war sofort zur Stelle, weil meine Eltern in den Ferien waren. Ich hatte wirklich grosse Angst um mein Grosi und bibberte mit. Und ja, das Knie will und will nicht besser werden, zusätzlich noch ein Atemgerät für die Nacht, etwas, was man am Herzen operieren musste und die Füsse schmerzen auch von der Gicht.
 
Am Samstag sah ich mein Grosi das erste Mal mit anderen Augen. Nicht verbittert, aber abgekämpft und lustlos. Und ich kann sie verstehen, zerrt das alles an ihren Kräften. Ich kann ihr so gut nachfühlen und doch... tut es mir einfach leid für sie. Es kamen ein paar sarkastische Sprüche, welche bei mir alle Alarmglocken zum schrillen brachten - weil ich sie von mir selbst kenne. Wenn ich sie auch nie ausspreche und sie mir "nur" innerlich selbst sage.
 
Ich habe den Tag mit ihr genossen, wusste aber nicht wirklich, wie damit umgehen. Ich bin aktuell auch eher selbst mit mir beschäftigt und habe selbst nicht mehr wirklich Lust auf diesen Lebenskampf. Im Moment ist der Kritiker sehr aktiv und verflucht mich dafür, dass ich "Schwäche" gezeigt habe. Laura habe ich geschrieben, dass ich ihr etwas erklären muss, um weiter zu kommen, aber zu einem Gespräch habe ich es bis heute nicht geschafft. Und ich weiss nicht, ob ich dieses vor den Ferien noch haben möchte. Eigentlich möchte ich mich einfach distanziert halten, diesen Monat hinter mich bringen und dann einfach in die Ferien und vergessen. Ich möchte alles von mir fern halten und dann einfach einen Monat weg. Weit weg. Nach Italien. Und dort einfach abschalten. Aber ich befürchte, dass es mich dann einholt. Aber es wird es mich auch, wenn ich es jetzt loswerde. Mir war das die letzten Tage einfach zu viel zu ungewohnte Nähe und ich habe mich für mein Befinden und meine Ansicht oft verletzlich gezeigt, was ungewohnt ist. Das passt dem starken Ich natürlich überhaupt nicht und dieses kämpft nun verbittert, um diese Mauer wieder aufzubauen. Es ist ein sehr kräftezehrender, innerlicher Kampf und ich glaube, meine "null Bock" und "lustlos" Haltung kommt vor allem davon, weil ich einfach mal wieder das Gefühl habe, abnormal zu sein. Warum muss ich dies alles erleben etc. pipapo.
 
Es wühlt vieles auf. Viele Gedankenstrudel und natürlich auch diese Hoffnungslosigkeit und nicht komplette Aufgabe von mir selbst... aber irgendwie doch Zweifel und irgendwie halt auch eine Hoffnungslosigkeit. Ich weiss, irgendwie werde ich stark bleiben und weiterkämpfen...
 
.,.. aber eben... es ist einfach scheisse, wenn es sich immer wie ein Überlebenskampf anfühlt und nicht wie ein Leben. Und ich mache das nun doch ein paar Monate mit. Diese Unsicherheit, diese Gefühle, Gedanken, dieses immer wieder näher kommende schwarze Loch, diese Kraft, welche einfach immer mehr schwindet, meine Zukunft, die ich nicht wirklich selbst für mich sehe... bäh.
 
Und ja... ich persönlich sehe mich die nächsten Jahre so. Obwohl ich am Samstag einfach einmal mehr die Aufgabe gefasst habe, auch für Grosi stark zu bleiben. Ich habe mit ihr ein Foto gemacht und werde es ihr nun per Postcard zukommen lassen. Mit einem schönen Spruch. Und von nun an werde ich ihr jede Woche eine Karte zukommen lassen. Vielleicht muntert dies sie ja ein wenig auf.
 
Warum kann ich stark für andere und gut zu anderen sein? Aber nicht bei mir selbst? Weil ich mich dann nicht um mich, aber um andere kümmern muss. Und vor allem nicht mit mir, sondern mit anderen, befasse.
 
Willkommen in meinem (Über)Leben.

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