Mittwoch, 8. Oktober 2014

augen auf bei der berufswahl -.-

Ich weiss, ich darf nicht zu kritisch sein. Vor allem, weil ich weiss, wie hart ein solcher Job ist. Meine Schwester hat sich zur Detailhandelsfachfrau ausbilden lassen und arbeitet seit bald 12 Jahren in diesem Beruf. Von dem her weiss ich bzw. habe ich viele Dinge erfahren. Vor allem, was ein Mitarbeiter im Verkauf da so mitmachen und mit sich machen lassen muss.
 
Ich bin daher sehr respektvoll (was eigentlich selbstverständlich sein müsste in Sachen Erziehung!). Ich achte darauf, ob mir etwas runterfällt und hänge es wieder auf dem Bügel auf und auf die Stange bzw. versorge die Dose oder die Verpackung. Und auch sonst bin ich eher geduldiger mit den Fachfrauen bzw. „behellige“ sie nicht mit Fragen. Ich meine, heutzutage weiss man, dass alle vorhandenen Artikel im Laden hängen und nicht noch als Reserve im Lager verstaut sind. Von dem her gehe ich schon nicht mal eine Verkäuferin fragen. Ich gehe nicht einmal nachfragen, ob der Artikel auch in einer anderen Filiale vorhanden ist. Es ist für alle einfach nur unnötiger Aufwand, wobei man sich in diesem Fall streiten könnte, ob es nicht noch unter Kundendienst geht.
 
Gestern sind wir mal wieder Sachen aufgefallen - einfach unglaublich! Ich verstehe den Druck der Verkäuferinnen, aber so einen Satz hätte meiner Schwester erst einmal eine saftige Abmahnung eingebrockt. Ich stand im einen Kleiderladen und stellte mich an die Kasse. Eine wurde bedient und ich sowie eine andere Frau standen an, wobei ich die Letzte in der Reihe war. Ich war erstaunt und erfreut zugleich, als sofort eine Verkäuferin die zweite Kasse aufmachte, ist ja sonst eher weniger der Fall. Sie meinte zu uns zwei hinteren Frauen: „Kasse ist offen, Sie können gerne zu mir kommen!“ Die Dame vor mir zögerte, ich blieb artig auf meiner Position (wer zuerst da war, hat Vortritt!). Diese jedoch war wohl einen Augenblick lang irritiert und die Verkäuferin wiederholte: „Kasse ist offen!“ Pause. Gefolgt kam ein Schulterzucken und gleichgültiges „Oder ich kann die Kasse halt auch wieder zumachen, wenn niemand kommt“. Solche Dinge - finde ich - kann man sich denken. Oder anders formulieren. Es kam wirklich sehr plump rüber und das geht einfach nicht.
 
Dafür konnte ich abends das Gegenteil beobachten. Man kennt ja irgendwie auch die Gefahr von Stosszeiten an der Kasse. Und in diesem Laden rückt eigentlich noch rasch Hilfe an, wenn eine Kassiererin den Gong schlägt. Naja, ich stand also an dieser Kasse an und bekam irgendwie nicht mit, wie die Schlange länger wurde. Die Kassiererin hatte ich noch nie gesehen, was also eher neu. Plötzlich hörte ich hinter mir „Könnte man eine zweite Kasse aufmachen?!“. Ich blickte zurück und sah einen Mann Mitte fünfzig mitten in der Schlange stehen. Die Dame läutete sofort und nach ein paar  Sekunden erschien eine weitere Mitarbeiterin. Der Mann liess es sich natürlich nicht nehmen und sah sich als Erster in der neuen Reihe - er hatte ja auch dafür gesorgt, dass endlich eine weitere  Kasse aufgeht! Bis dahin fand ich es noch einigermassen okay, es kann teilweise schon sehr unangenehm werden in einer langen Schlange. Aber da hörte ich den Mann schon auf die neue Kassiererin einreden: „Sollte dies eigentlich nicht schon fast automatisch gehen? Warum müssen wir so lange warten?“ Die Kassiererin erwiderte freundlich, dass die Mitarbeiterin vielleicht gerade sehr  konzentriert gearbeitet hat und es ihr aus Versehen nicht aufgefallen ist. Da meinte der Typ weiter: „Aber die sollte eigentlich nicht sein, da müsste man schneller schalten, finden Sie nicht auch?“ Und da entfuhr mir ein tiefer Seufzer, ich schüttelte den Kopf und ein „Brummen“ stolperte über meine Lippen. Gesagt habe ich natürlich nicht. Aber in Gedanken  „finden Sie nicht auch?!“ zig mal nachgeäfft. Was soll die Mitarbeiterin darauf antworten? Loyal dem Kunden gegenüber sein (Kunde ist König) oder zu ihrer Meinung und Mitarbeiterin stehen? Wir vergessen einfach viel zu oft, dass Verkäuferinnen nicht Roboter sind. Klar, Kundenkontakt ist anstrengend und ein grosser Teil ihrer Arbeit. Man muss damit umgehen können und ich finde mürrische und übel gelaunte Verkäuferinnen auch nicht gerade der Hit. Auch ich versuche mich an schlechteren Tagen zusammenzureissen und jeden gleich zu behandeln, auch ich habe Kundenkontakt.
 
Und doch darf man sich doch äussern, wenn eine Grenze überschritten wird. Und der Beruf Verkäuferin und der  Status „Kunde ist König“ erlauben noch lange nicht, dass man alles mit sich machen lassen muss!

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