Dienstag, 10. Dezember 2013

das miese gefühl "einsamkeit"

Das Gefühl begleitet mich seit knapp zwei Wochen. Und daher möchte ich mich hier einmal damit auseinandersetzen. Denn es ist eines von den fiesesten Gefühlen, welches existiert.

Wichtig ist dabei, dass ich gelernt habe, dass Einsamkeit nicht Alleinsein bedeutet. Alleinsein kann teilweise gut sein. Einsamkeit fühlt sich so viel schlimmer an. Alleinsein kann gut tun, Einsamkeit tut ständig weh. Alleinsein hat andere "Folgegefühle" wie Einsamkeit.

Ich werde hier über Theorie und mein Erleben berichten.

Wie erlebe ich Einsamkeit? Teilweise wird es gefühlt plötzlich ausgelöst. Dann wiederum entsteht dieses Gefühl, wenn ich mit Situationen mit Männern konfrontiert werde, teilweise auch dann, wenn ich Paare sehe. Meist kommt dann das Gefühl, dass mich bis jetzt eh keiner wollte und das also sowieso etwas nicht mit mir stimmen kann. Alle haben jemanden, nur ich nicht. Was ist bloss an mir verkehrt, dass ich so wenig liebenswert bin?

Oft habe ich auch das Gefühl, Menschen nicht richtig zu kennen, obwohl ich schon Jahre mit ihnen gemeinsam durchs Leben gehe. Trotzdem fühle ich mich dann allein und unverstanden. Teilweise ist mir bewusst und klar, dass es sich um tief verankerte Glaubenssätze handelt und es auch der böse innere Kritiker sein kann. Aber meist bin ich schwach und schwimme auf dieser dysfunktionalen Welle mit.

Meist sehne ich mir dann einen Mann herbei. Ich in männlicher Form. Mein Teil. Wir verstehen uns unausgesprochen. Meist fahre ich dann in der Region umher und stelle mir einfach vor, neben mir sitzt mein Partner und wir verstehen uns wortlos. Daher auch mal mein Erwähnen hier, was für mich Romantik bedeutet. Romantik ist für mich, wenn ich drei Uhr nachts mit dem Mann durch Zürich düse und dabei das Fenster leicht geöffnet ist, Musik läuft und wir die laue Sommernacht im Auto einfach so geniessen.

Meist kommt dann aber schnell die harte Realität. Ich verabscheue mich nur noch mehr und frage mich selbst, wer schon mit mir zusammen sein möchte. Ich mache mich selbst klein und bin überzeugt davon, dass es schon seinen Grund haben wird, warum ich alleine bin. Kein Mensch bzw. Mann gibt sich freiwillig mit mir ab. Ich werde es eh nie zulassen können und schon nur Vertrauen aufbauen und über mein Leben erzählen (ich finde schon, dass ich meine Diagnose erwähnen muss, spätestens, wenn es um Familienplanung geht) scheint mir eine riesen Hürde.

Einsamkeit macht mich echt fertig. Ich zweifle einfach alles an. Vor allem das Leben, welches ich führen muss, um das ich nie gebeten habe. Für meine Eltern mag ich ein grosses Glück sein und ich bin ihnen nicht böse. Aber wenn ich entscheiden könnte, würde ich schon längstens die Zeit zurück drehen und mich gegen das Leben entscheiden. Und warum bleibe ich trotzdem hier und tue es mir alles an? Ich weiss es nicht. Weil ich feige bin. Weil ich Angst habe, dass es schief geht und ich hier bleiben muss. Mich dann mit der Situation auseinandersetzen. Und vor allem: wie begeht man einen "sicheren" Suizid, ohne jemandem damit zu schaden? Daher verstehe ich die Menschen nicht, welche sich vor einen Zug werfen. Das käme nie in Frage für mich. Ich verabscheue solche Suizidgänger.

Einsamkeitsgefühle können auftreten, obwohl man zum Beispiel vergeben ist, einen Beruf hat, von anderen gemocht wird, jung ist, Kinder hat und man sich in der Gesellschaft befindet.

Ich persönlich blende dann alles aus. Es ist alles schlecht. Vor allem ich bin nicht liebenswert und daher ein böser Mensch. Ich habe es verdient, allein zu sein. Und alle um mich herum sind lediglich nett und verbringen nur deswegen Zeit mit mir.

Darum halte ich mich auch bewusst von Facebook und anderen sozialen Netzwerken fern. Lange hatte ich kein Smartphone und WhatsApp wollte ich auch lange nicht. Es führt nur dazu, dass ich mich dann noch einsamer fühle. Überall läuft etwas, tolle Bilder werden hochgeladen und alle scheinen Kontakt untereinander zu haben - nur nicht zu mir. Und wenn ich mich nicht melde, kommt auch nichts zurück. Wer hat wie viele Freunde und so weiter. Grauenhaft. Facebook wird daher Tabu für mich bleiben. So auch andere Netzwerke.

Warum entsteht in der Gruppe das Gefühl der Einsamkeit? Möchte ich auch mal wissen. Passiert mir nämlich sehr häufig...

Gedanken wie "ich bin mit anderen nicht verbunden", "ich bin anders als die anderen", "ich gehöre nicht dazu", gehen diesem Gefühl meist voraus. Es sind also sehr stark kognitive Faktoren.

Stimmt, diese Gedanken kenne ich nur zu gut. Kommen fast immer vor. Und ich bin ja eine Borderlinerin, welche eher auf kognitiver Ebene "arbeitet". Bei mir hilft kaum etwas anderes. Auch sonst Grüble ich ja ständig und viel zu oft.

Weitere Auslöser und Interpretationen sind bei mir zum Beispiel: "ich bin anders als alle anderen", "ich gehöre nirgendwo hin", "ich bin ausgeschlossen".

Mir ist dabei bewusst bzw. wichtig zu erwähnen, dass die Menschen in meinem Umfeld nicht für diese Gedanken können. Nicht sie sind der Auslöser (also, kaum bis nie...).

Die Wahrnehmung im Bezug auf andere ist häufig verzerrt. Man nimmt andere als fröhliche, zusammenwirkende Gruppe wahr, man übersieht Beziehungsangebote. Man wünscht sich, Kontakt aufzunehmen. In der Realität oder in der Phantasie.

Stimmt, die anderen scheinen immer als intakte Gruppe. Kontaktaufnahme bzw. die Sehnsucht danach besteht auch oft. Und doch muss dann oft ich mich melden, weil ansonsten nichts kommt. Und das tut einfach nur noch mehr weh, weil es das Gefühl des "ich interessiere ja eh niemanden" verstärkt.

Was ich auch noch gemerkt habe: mir ist dann teilweise richtig schlecht bzw. "flau im Magen". Und in einem Forum habe ich darüber gelesen, dass es auch zu den Symptomen der Einsamkeit gehört.

Bisweilen unternimmt man dysfunktionale Versuche, um die Einsamkeit zu überwinden. Viele Borderline-Patienten berichten, dass auch Selbstverletzungen, suizidale Kommunikation oder andere Drohungen kurzfristig soziale Kontakte ermöglichen.

So ein Verhalten verabscheue ich. Was andere zu heftig machen, mache ich wahrscheinlich zu wenig. Ich ziehe mich zurück und kommuniziere kaum bis gar nicht. Ich drohe nicht und spreche nicht darüber. Ich übe "lediglich" SVV (Ritzen, Essen, Kaufen) aus.

Häufige Folgegefühle von Einsamkeit: Selbsthass, Scham, Trauer, Suizidalität.

Selbsthass und Trauer sind stark vertreten. Suizidalität nicht mehr so intensiv, wie auch schon. Ich verabscheue zwar mein Leben, aber konkrete Pläne bzw. Bilder für einen Suizidversuch hatte ich zum Glück schon lange nicht mehr. Ich bin einfach enorm angespannt und verhalte mich dann durch das Ritzen dysfunktional. Aber lieber das, als diese düsteren Gedanken. Davon hatte ich echt genug und ich wünsche es niemandem. Allgemein wünsche ich dieses Leben nicht einmal meinem ärgsten Feind.

Was ich hier nicht weiter erläutere, ist, was man gegen das Gefühl tun kann. Denn da hilft nur die Kontaktaufnahme zu anderen. Und wann Einsamkeit gerechtfertigt ist. Ich finde es ein so verschissenen Gefühl, dass ich es nie gerechtfertigt finde - ausser es verstirbt eine enge, vertraute Person. Und Kontaktaufnahme... pffff.... wenn es mir verschissen geht, dann geht es mir verschissen. Und ja, ich kommuniziere nicht und erwarte doch von anderen, dass sie es merken. Ich weiss, ein Widerspruch in sich. Aber so bin ich nun mal.

Im Moment geht es mir nicht gut und ich selbst weiss, dass ich zu viel Fresse, zu viel Einkaufe und mich leider auch wieder regelmässig selbst verletze. Und es scheint mir egal zu sein. Ich finde, ich habe es irgendwie nicht anders verdient. Ich habe eh nichts unter Kontrolle und so toll es sich mal angefühlt hat, wieder ins Leben zurück zu kehren, so anstrengend finde ich diese sozialen Kontakte. Ich bin oft unterwegs und lache mit, aber sobald ich alleine bin, bricht alles in sich zusammen. Ich habe einfach niemanden, der mich so kennt, wie ich bin. Daher habe ich auch einen "virtuellen" Freund erschaffen, der mich bestimmt schon vier Jahre begleitet. Ich weiss, klingt irgendwie krank, aber der ist einfach immer da, sobald ich ihn mir vorstellen möchte. Es hat nichts Sexuelles an sich. Es ist ein rein platonischer Fantasie-Freund, welcher mich bekräftigt, dass eine Selbstverletzung gerechtfertigt ist / war (ich weiss, sollte es nie, aber so bin ich nun mal) und welcher einfach nur in meiner Vorstellung neben mir liegt, bevor ich einschlafe. So fühle ich mich nicht so allein. Der wirft mit fiesen Sprüchen um sich und zeigt mir damit, dass es richtig ist, wenn ich schlecht über mich denke und er nimmt es aber auch mal hin, wenn ich einfach nichts von ihm wissen möchte. Er kritisiert nicht ständig, er kann auch mal ruhig sein. Aber er bestärkt mich darin, mir bewusst zu werden, wie scheisse ich doch bin. Es sei dahingestellt, ob es gut für mich ist, oder nicht. Aber er ist auch da, wenn ich nicht einschlafen kann und mir jemanden an meiner Seite wünsche. Er ist da, wenn ich eigentlich heulen möchte, es aber nicht kann. Dann hält er seine Klappe.

So besonders ich mich mal gefunden habe: mit der Zeit wird man erwachsen. Und mich kackt es richtig an, noch weitere 50 Jahre so leben zu müssen. Klar, oft bin ich optimistisch und geniesse das Leben doch irgendwie. Aber mindestens einmal in der Woche muss ich mich mit dieser Scheissfrage auseinandersetzen. Und mich kotzt es einfach immer mehr an. Ich weiss ja, dass ich nicht alt werde und auf ein Leben ganz alleine habe ich erst recht keinen Bock mehr. Aber wie einen Partner finden, wenn ich da schon die nächste Hürde sehe? Versteht mich nun jemand? Man fragt sich einfach ständig, was man falsch gemacht hat, um diesen Scheiss erleben zu müssen. Ein Schlag ins Gesicht nach dem anderen. Klar, es gibt schlimmeres, aber anscheinend muss ich in meinem früheren Leben ein ganz schlechter Mensch gewesen sein.

Und ja, lange fand ich den Gedanken abwegig, aber immer mehr ist es mir egal, wenn ich körperliche Nähe nur für kurze Zeit erleben darf. So lange der Mann lieb ist und mich einfach im Arm hält. Ich selbst werde mir irgendwie immer mehr wie gleichgültig. Und wer mir kennt, weiss, dass ich eigentlich überhaupt nicht so bin.

Aber nicht einmal als "leichte Beute" lässt sich etwas finden. So vielen Menschen geht es schlecht und genau dann lernen sie jemanden kennen. Und wo bleibe ich? Mir geht es seit über zwölf Jahren so! Wenn nicht schon vierzehn. Und Sprüche à la "wenn du nicht suchst, kommt der richtige schon" bringen mich erst recht zum Grunzen. So ein Stuss, ehrlich. Überall scheinen sich die Menschen zu finden, man schaue sich teilweise - entschuldigt den Ausdruck - die Schabracken bei Britt an. Es hinterlässt kein gutes Gefühl. Es zeigt mir persönlich einfach einmal mehr, dass etwas doch falsch mit mir ist. Und daher bin ich dann wieder so krass und blocke jegliche Gedanken mit Männern von mir ab. Ich kann es mir einfach immer weniger vorstellen. Der körperliche und seelische Verfall, immer mehr läuft schief und auch sonst... ich habe das Gefühl, auf meine Grenzen getestet zu werden. Und ich warte wirklich nur darauf, bis meine Stricke reissen.

Und ich finde es einen schrecklichen Gedanken, zu wissen, dass ich in zehn Jahren Abend für Abend alleine in die Wohnung zurück kehre. Und ich bin wirklich davon überzeugt, dass ich irgendwann alleine irgendwo zurückgezogen leben werde. Vielleicht in Italien.

Solche Gedanken behalte ich für mich. Weil es niemand versteht. Abgesehen von eben diesem Fantasiefreund. Dem muss ich nichts erklären.

Pupa hat da keine Probleme. Und ich verstehe die Welt noch weniger. Und mit solchen Gedanken schlage ich mich Tag für Tag durch. Kann man mir da verübeln, dass ich versuche, das Leben irgendwie zu geniessen, mir jedoch einfach nicht mehr zu viel erhoffe oder erwarte? Mir wird das immer wieder vor Augen geführt. Immer wieder werde ich gebremst. Und natürlich erwarte ich da einfach nicht mehr allzu viel. Ich tue das nötigste, um zu "Überleben". Aber erwarte einfach wirklich nicht mehr viel.

Klar, ich schätze mich glücklich über meine Familie und ich glaube, das ist unter anderem ein Grund, dass ich den definitiven Schritt zum Suizid noch nicht gewagt habe. Das werde ich vielleicht nie mehr bekommen in einem anderen Leben. Schweiz-Italienische Wurzeln und verdammt tolle Eltern. Die besten, die ich mir wünschen kann. Tolle Familie und Geschwister.

Dann die momentane Arbeitsstelle, obwohl es unter Umständen sehr schwierig und anstrengend sein kann. Vor allem, was das Soziale angeht. Aber eben, ich habe lange dafür gekämpft und möchte es eigentlich geniessen.

Na, wer möchte tauschen?

Würg.

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