Sonntag, 4. Oktober 2015

anziehungskraft & shoppingprobe

Ich finde es schön, wenn man auf Arbeit nette Menschen kennen lernt. Daraus entstehen meistens gute Bekannte und wenn man Glück hat Freundschaften.

Ich habe meine Zeit gebraucht, um meinen Platz in meinem Geschäft zu finden. Ich war zu Beginn sehr vorsichtig und lernte eigentlich doch schnell, dass die Menschen, welche ich auf den ersten Blick sympathisch gefunden hatte, eher "Eintagsfliegen" blieben. Es gibt da ganz klar Ausnahmen, aber die meisten lernt man besser kennen und ich musste bei vielen einsehen, dass eine "kollegiale Bekanntschaft bei Arbeit" der richtige Weg ist und eine private Freundschaft eher weggelassen werden sollte.

Auf der anderen Seite habe ich tolle Frauen kennen gelernt. In jeder Altersklasse. Ich würde schon sagen, dass mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen die Zahl auf gute Bekannte bis Freundinnen zwischen 8 und 10 Frauen liegt.

Mit einer Dame (sie wird 55 und mittlerweile sehe ich sie als Arbeitsmutti) verstehe ich mich seit bald einem Jahr so richtig gut. Sie kam an einem Morgen zu mir und meinte zu mir, ob ich ihr aus dem Weg gehen würde. Ich hätte mich extrem verändert. Ich will hier nicht näher auf die Umstände eingehen. Ich war einfach kurz vor der Kündigung und es war nach der Rücken-OP. Der ganze Stress mit meiner Chefin, der psychische Druck von ihr und diese Spielchen. Die Vorwürfe und Anschuldigungen und die Tatsache, dass ich ihr wahres Gesicht gerade kennen gelernt hatte. Die Mitarbeiterin wusste von dem alles nicht. Ich fühlte mich mit den Anschuldigungen allein gelassen, welche teilweise mit einer Gruppenreise mit anderen Mitarbeiterinnen zusammenhingen - darunter auch besagte Mitarbeiterin.

Ich erschrak ab ihrer direkten Frage. Damit hatte ich nicht gerechnet. In einer ruhigen Minute suchte ich das Gespräch mit ihr und da sprudelte alles aus mir heraus. Und seitdem haben wir immer mehr Vertrauen ineinander gefunden und ich bin extrem froh über diese zusätzliche Stütze. Und ja, wir waren zwischenzeitlich auch oft unterwegs. Mir macht der Altersunterschied von 27 Jahren nichts aus. Ich verstehe mich blendend mit ihr und allgemein sind die Frauen über 50 extrem jung geblieben, finde ich. Sie ist ein toller Halt für mich. Vor allem hat sie wieder kopfschüttelnd die ganzen Geschichten mitangehört, welche meine jetzige Vorgesetzte (eben ehemalige Chefin) mit mir seit meiner Rückkehr (und das sind nicht einmal drei Wochen Arbeit) so betreibt. Ich möchte darauf nicht weiter eingehen. Weil ich nicht darüber nachdenke. Weil ich nicht möchte, dass ich sie hier auch noch erwähnen muss. Weil es für mich abgeschlossene Geschichten sind. Weil die Frau ein Problem mit sich hat und ich sie nicht zu meinen machen möchte. Sie gehören nicht hier hin. Zumindest vieles davon nicht mehr. Etwas werde ich hier noch verarbeiten und nächste Woche habe ich noch mein Mitarbeitergespräch. Ich werde kein Blatt vor den Mund nehmen und sie direkt darauf ansprechen, was ihr persönliches Problem mit mir ist. Und dann zu meinem neuen Chef gehen, wenn gar nichts mehr geht. Den Rest lasse ich schon gar nicht mehr an mich heran. Weil ich es einfach nur noch Kindergarten finde teilweise. Ich hoffe, dass ich bald etwas Neues finde. Meine Augen sind weit offen, so meine Ohren auch. Es wird schade um die tollen Bekanntschaften - aber auch da habe ich viel von Amerika mitgenommen. Wer sich wirklich für mich interessiert, wird auch die Nähe und den Kontakt zu mir suchen. Ich habe da vieles mitnehmen können. Habe eingesehen, dass ich meine Kräfte nicht für andere Menschen hergeben muss. Dass ich auch mal gesucht werden muss. Und vielleicht auch mal mehr nehmen wie geben sollte. Weil es eh kaum ein Mensch schätzt. Familie mal ausgenommen. Also meine persönliche Familie wie Papi, Mutti, Schwester, Bruder und Grosi. Meine engsten Bezugspersonen. Und eine Laura und eine Pupa zum Beispiel. Obwohl es da auch mal mehr und mal weniger ist. Aber vor allem im breiteren Umfeld muss ich einfach aufpassen, dass ich nicht "zu" verfügbar bin. Weil schlussendlich nur ich mich dann letztendlich unsichtbar fühle, wenn ich wieder das Empfinden habe, von allen "vergessen" worden zu sein. Weil nun mal nicht alle Menschen so ein Sensibelchen wie ich sind.

Nun zur besagten Mitarbeiterin. Wir waren am Freitag spontan unterwegs. Ich war mit ihr am Freitagabend Pizzaessen. Bei meinem Lieblingspizzaiolo, welchen ich durch Pupa kennen gelernt habe. Der machte wirklich die besten Pizzen in der Region. Viele Menschen kommen sogar über 70 Kilometer angebraust, um diese zu essen. Dort arbeitet auch "M.", welcher mir seit ein paar Monaten angedichtet wird.

Danach ging es ab ins Kino. Wir haben uns "man lernt nie aus" mit Robert De Niro angeschaut. Ich finde ihn einfach super. Ich mag den Schauspieler. Bis jetzt hat er mir in den meisten Rollen gefallen. Eigentlich wollte ich den Film nicht schauen gehen. Ich finde sie jetzt nicht so eine wahnsinnig tolle Schauspielerin. Aber im Film haben sie perfekt harmoniert und schlussendlich fand ich den Film doch ganz toll. Hat mir echt gut gefallen. War mal wieder ein Movie, bei dem man nicht allzu viel mitdenken musste, wo man lachen konnte und wo es dann doch wieder tränenreiche Szenen gab.

Danach gingen wir noch in eine Bar in der näheren Region und sie brachte mich nach Hause. Per Zufall kamen wir aufs Tivoli und dass ich Ende Oktober nach drei - sogar fast vier!!! - Monaten mir einen Shoppingtag dort gönnen werde. Sie murmelte nur, dass sie schon seit bestimmt sechs Jahren nicht mehr dort gewesen wäre und es vielleicht am Samstag machen würde (also gestern). Ich lachte nur auf und sie fügte hinzu, ob ich Lust hätte, mitzukommen?

Sie weiss mittlerweile von meiner Diagnose und meinen Kaufeskapaden in den letzten Monaten. Mit ihr gehe ich auch in regelmässigen Abständen nach Stuttgart. So Ende Oktober wieder, YES! Ich stimmte zu und sagte aber auch ganz ehrlich, dass ich nichts kaufen dürfe. Dass ich dies lernen müsse und das eine gute Übung sei als eine Art Beraterin. Ich mache das halt schon gerne Outfits aussuchen und mitexperimentieren und Sachen zusammenstellen. Das ist schon irgendwie meine Welt. So machten wir für den nächsten Tag ab.

Klar hatte ich ein wenig Angst vor dem Tag. Ich schätze sie so ein, dass sie mir angeboten hätte, mir ein paar Dinge vorzuschiessen. Das Geld hätte sie morgen erhalten. Aber ich hätte es abgelehnt. Ich muss das lernen. Ich muss mir immer wieder sagen, dass es eine Sucht ist. Es war ein wunderschöner Tag und obwohl es Samstag war, waren wir früh dran und somit war die Menschenmasse noch gar nicht so schlimm. Es war ein wunderschöner Tag. Wir hatten gute Gespräche, viel zu lachen und sie hat ein paar tolle Teile gefunden. Ich habe mich in einen babyblauen Mantel verliebt, welcher mir in der 48 geht. Auch sonst konnte ich auf die 48 zurückgreifen und es zeigte mir einfach, dass ich doch viel abgenommen habe. Vor Amerika war es oft etwas zwischen 50 und 52. Ein tolles Gefühl. Und der Mantel passt zu meinem Haar in Mahagonirot und meiner Brille in dunkelblau. So habe ich auch eine Lederjacke in Rostrot probiert. Beides habe ich zurücklegen können und ich werde es mir dann in Stutti leisten, wenn ich es sehe. Oder Ende Oktober im Tivoli, wenn es dies noch gibt. Ich hatte Angst, dass mir vieles Nachlaufen würde und ich Online bestellen würde - aber nein. Ich habe zwar schon ein wenig den Drang, aber ich werde es nicht tun. Weil ich es schaffen möchte und weil ich in drei Wochen nach Stutti gehen darf. Weil ich stark bleiben werde. Weil ich stolz auf mich bin. Und nach meinem Countdown her "schon wieder" seit 28 Tagen shoppingfrei bin. Keine unnötigen Einkäufe. Für eine Sucht eine starke Leistung. Und ja, es war eine spannende Erfahrung für mich. Einerseits, wie viele Dinge noch dort hingen, die ich vor meiner Abreise bereits gesehen hatte und gleichzeitig doch die krasse Tatsache, wie wöchentlich neue Dinge reingehängt werden, eben damit immer wieder wöchentlich kurz in den Laden nachgeschaut wird. Es ist nun mal so, dass die Mode schnelllebiger ist und man wirklich spätestens alle zwei Wochen wieder ganz neue Teile in den Läden findet. Und wenn ich nichts verpassen möchte, ist der Drang umso grösser, jede Woche mal bei C&A oder H&M vorbeizuschauen.

Aber wie gesagt: es geht mir eigentlich seit dem Shoppingtag sehr gut mit dem "Glüsteln". Ich bin ruhig und kann getrost drei Wochen auf meinen Einkauf warten. In Gedanken bin ich oft in Onlineshops unterwegs, aber getan habe ich bis dato nichts in dieser Art. Ich habe mir dafür gestern zwei Nagellacke in Zartrosa und einen Lipgloss gegönnt. Damit mir die Männerwelt auf die Lippen starren kann :-p. Denn die finde ich beinahe perfekt. Ich liebe meine vollen Lippen. Da habe ich echt Glück gehabt.

Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie gefährlich mein Essverhalten wieder ist. Ich stand in der Kabine und freute mich wie ein Honigkuchenpferd darüber, wie alles einfach doch irgendwie besser aussah. Ich weiss, eine 48 scheint für viele noch extrem viel und doch darf man nicht vergessen, dass ich nie schlank war und bereits mit sechzehn eine 42 oder 44 trug. Ich bin sehr gross und meine Beine und Arme sind eher schlank im Vergleich dazu. Meine Schultern sind etwas breiter und von hinten und vorne sehe ich auch nicht so wuchtig aus. Bei mir ist halt wirklich eher der Bauch das Problem. Aber auch jetzt werde ich wieder auf eine Kleidergrösse von 44 geschätzt. Ich denke, das liegt zum Glück wirklich an meiner Grösse. Und ich blicke in den Spiegel und fühle mich wohl. Ich liebe meine Kurven und ohne die kann ich mich gar nicht vorstellen. Ich weiss einfach, dass ich nie schlank sein werde. Und es hat sich toll angefühlt, eine Nummer kleiner greifen zu können.

Gleichzeitig merkte ich die Gefahr. Mein Magen knurrte vor Hunger und ich genoss es. Und es sind Alarmglocken, die ganz klar in meinem Kopf schrillen und doch ziehe ich es weiterhin durch. Seit dem Grillieren gestern Abend habe ich lediglich zwei Stück Zopf mit Butter und Honig gegessen sowie einen Kaffee getrunken. Zum Abendessen gab es einen Apfel und eine Banane. Mein Magen krampft sich zusammen und doch fühlt sich die Macht darüber herrlich an. Ich habe doppelt Angst. Angst, dass ich es so weiter durchziehe oder ins andere Extrem falle und Hungerattacken über mich kommen werden. Aber kann man es mir verübeln? Es ist einfach wieder so viel um mich herum. Innerlich denke ich oft an meine Auszeit und lasse alles nicht an mich heran. Habe das Kaufen und Ritzen im Griff.

Dafür bin ich wieder mit meine Essverhalten konfrontiert. Ich schaue dem ganzen noch ein wenig zu. Sage es vielleicht der Therapeutin noch einmal und was dann...? Es ist schwierig, etwas aufzugeben, welches einem das Gefühl von Kontrolle und Macht vermittelt. Obwohl es total absurd ist. Das ist mir bewusst. Wenn ich es schreibe und denke. Es ist mir ganz klar bewusst. Es klingt absurd und grotesk. Aber so ist es nun mal. Ich fühle mich so, wie ich mein Leben aktuell führe (von den Umständen bei der Arbeit mal abgesehen -.-), wohl. Und das ist meine persönliche Hauptsache. Man muss nicht verstehen, dass ich hungere, weil ich mich vor mir selbst ekle und mit meinem Schicksal im Allgemeinen tagein, tagaus mal mehr mal weniger hadere. Und das ich mich anders halt nicht kenne. Ich habe immer mit einem dysfunktionalem Verhalten zu kämpfen. Vor Amerika war es Fressen. Nun ist es halt Hungern. Und ja, es erschreckt mich schon, fühlt es sich für mich "geil" an, wenn der Magen schreit und knurrt.

Aber so ist es nun mal. Auch dieser Ekel mit Männern ist wieder eher aktuell. Den hatte ich die letzten Monate nicht. Es ist eher wieder so, seit ich zurück bin. Ich distanziere mich enorm von ihnen und halte auch kaum Blickkontakt. Eigentlich das genaue Gegenteil, wie ich eigentlich nach meiner direkten Rückkehr von Amerika gefühlt hatte. Dort hatte ich eher gemerkt, dass ich Männern gegenüber offen war. Nun ist es wieder das andere Extrem. Am Besten gar keinen Gedanken daran verschwenden. Auch da habe ich meine Schlüsse gezogen und werde mich daran halten. Vor allem im Bezug auf einen aktuell bestimmten Mann. Ich muss vielleicht zu meinem eigenen Schutz auf Distanz gehen. Grenzen aufzeigen. Und damit leben, dass ich halt gedanklich weiterhin nach Körperkontakt lechze, der mir aber nicht gut tut. Weil nur ich weiss, mit welchen Grübeleien ich zurückbleibe. Grml, eigentlich wollte ich über diesen Typen nicht mehr nachdenken. Und bestimmt nicht in diesem Post erwähnen, hach.

Gleichzeitig ist mir etwas Interessantes widerfahren. Ich war im H&M mit besagter Mitarbeiterin und ein Typ begleitete seine Freundin. Ich meine, gucken darf man ja immer. Egal, ob der Typ vergeben ist oder nicht. Ich möchte ja schlussendlich nichts von dem Typen und gehe ja eh davon aus, dass mich keiner interessant und attraktiv findet. Sozusagen bin ich gar keine Gefahr. Der lief so extrem nahe an mir vorbei und per Zufall scannte ich seinen Körper einfach mal genauer. Er roch zudem noch extrem gut. Sofort kribbelte es in meinem ganzen Körper und ich musste einfach aufseufzen. Und ja, es war für mich auch eine neue Erfahrung. Dass ich einfach einen Mann attraktiv finden kann. Diese kurze Sekunde hat meinen Tag versüsst. Es war okay so. Und es war ein hübscher Mann. Punkt. War schon spannend, zu merken, dass man einfach jemand wildfremden so anziehend finden kann. War wirklich eine Schokolade von Mann. Mmhhhh.... der Gedanke an die Situation hat nun auch meinen Abend versüsst :-). Gibt bestimmt einen schönen Traum heute, hihi.

Die Mitarbeiterin kam noch einen Kaffee zu mir trinken und danach gingen wir noch lecker zusammen Abendessen. Es war einfach ein wunderschöner Tag und ich habe ihn genossen. Mit guten Gedanken bis gar keine störenden Gedanken. Mit einem durchwegs positiven Gefühl und mit der Hoffnung, dass nun einfach alles so kommt, wie es kommen sollte und wie ich es nun langsam echt mal verdient hätte.

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