Es ist ja kein Geheimniss, das mein absoluter Lieblingsautor
Andreas Franz ist. Als ich schon in jungen Jahren ein Buch von ihm gelesen
hatte, war es um mich geschehen. Obwohl es unter seinen Werken ganz schwer
verdauliche Lesekost gibt. Aber so ist bzw. war er nun mal. Nannte die
Grausamkeiten beim Wort und wenn ich ehrlich bin, schaffen es nur er und
Fitzek, mir regelmässige Gänsehautschauer über den Körper zu jagen. Andere Krimi-,
Dramen- und Thrillerautoren sind natürlich auch gut und ich bin schon von
vielen eher unbekannten Autoren überrascht worden. Aber ich bin und bleibe ein
grosser Fan von Andreas Franz.
Dementsprechend warte ich jedes Jahr sehnsüchtig auf eine
neue Buchveröffentlichung. Franz ist im März 2011 überraschend verstorben. Man
munkelt bis heute, dass es damit zu tun hat, dass er in seinen Büchern kein
Blatt vor den Mund genommen hat. Ich selbst habe mir auch schon überlegt, ob es
daran liegen könnte. Er hatte Kontakte bei der Polizei und seine Geschichten
hatte er nicht nur rein aus seiner Fantasie. Es gibt Bücher mit Durant, die
wirklich sehr happig sind. Und wenn man diese gelesen hat, merkt man schon, wie
die Brutalität und Grausamkeit (vor allem im Bereich Bandenkriminalität in
Sachen Zwangsprostitution (auch vieler Minderjährigen) mit dem Ostblock) in
seinen Büchern mit der Zeit nachgelassen hat. Und ich kenne ja all seine Werke.
In den ersten Bändern von Durant hat es mir regelmässig den Atem verschlagen. Okay,
vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich langsam an seinen Schreibstil
gewöhnt hatte ;-). Nach wie vor schätze ich es, dass man auf frühere Werke
nicht sonderlich eingeht und damit Geschichten verrät. Wobei doch immer wieder
Charaktere vorkommen, die mein Gehirn natürlich sofort fast detailgetreu der
(Kennenlern-)Geschichte zuweisen kann. Es sind halt Namen, die einem beim Lesen
früherer Werke sofort das gewisse Licht aufgehen lassen. Aber es sind wenige.
Und das schätze ich sehr, dass weiterhin daran festgehalten wird.
Fakt ist: Daniel Holbe hat dann seine begonnenen Werke
weitergeschrieben. Wie viele Zeilen dabei schon von Franz bestanden haben oder
ob mittlerweile Holbe alle selbst aufgesetzt hat, ich weiss es nicht.
Zum Klappentext:
In einem Waldstück bei
Frankfurt wird die grausam verstümmelte Leiche eines Mannes gefunden, der seit
Jahren verschwunden war. Die Ermittlungen ergeben, dass er zwar mehrfach wegen
Sexualdelikten angezeigt, doch nie verurteilt wurde. Selbstjustiz?
Julia Durants 16. Fall
führt die Frankfurter Kommissarin an ihre Grenzen, denn sie stösst in den
eigenen Reihen auf ein geheimes Netzwerk, das anscheinend bis in Kreise von
Politik und Justiz reicht.
Meine Meinung:
Es ist jedes Mal so, dass ich hier die Brutalität anspreche.
Ich möchte nicht masochistisch erscheinen, aber von Franz bin ich mir da doch
einiges gewöhnt. Und auch dieses Buch kam nicht an diese Messlatte heran.
Was meiner Begeisterung keinen Zacken von der Krone nimmt.
Das Buch ist flüssig geschrieben, die Charaktere sind, wie man sie kennt und
doch sind die Autoren auch schon intensiver in die Privatsphäre der Kommissare
eingedrungen, haben mehr darüber berichtet.
Es gab mir teilweise schon fast zu viele Geschichten, welche
parallel liefen. Vor allem viele Charaktere und Namen. Da musste man teilweise
ganz genau und konzentriert lesen. Oft hatte ich den Eindruck, als würde Holbe
alles sehr oberflächlich halten, um ja bei niemanden anzuecken. Und bei einem
Charakter ging er ganz hart ran, fast über ¾ des Buches lang – um dann einfach
kurz vor knapp damit aufzuhören. Da hatte ich mir schon Sorgen gemacht, ich
rechnete eigentlich mit einem Weggang oder Tod eines langjährigen Teammitglieds
von Durants Einsatzkommando.
Das Ende hat mich dann doch sehr enttäuscht, entspricht aber
wahrscheinlich der Realität der Korruption. Die Politiker waren fein raus, ein
Sündenbock war schnell gefunden. Der Leser ahnt zwar die Wahrheit und für das
Weiterschreiben der Bücher benötigte Holbe den eigentlichen Täter noch. Dies
ging aus den letzten Seiten heraus.
Dieses Buch bringt einen zum Grübeln. Es ging auch um das
Verarbeiten von Traumas, um die Dynamik einer Gruppenfunktion, um das
Verschweigen, Korruption, Hinterschlagen und vor allem um das Schicksal viele
Osteuropäerinnen. Und ich glaube, genau dies macht es für den Leser schwierig.
Denn es passiert wirklich da draussen auf der Welt. Nur bekommen wir es nicht
mit bzw. nicht jeder hat die gleich hohen Berührungspunkte damit.
Wie soll ich es sagen… ich werde dieses Buch weiterhin behalten
und zu meiner Sammlung legen. Ich werde alle weiteren Bücher, welche unter dem
Namen Andreas Franz veröffentlicht werden, kaufen und behalten. Und doch war
auch hier wieder dieses Gefühl, die Kommissarin und die Personen drum herum
nicht wirklich greifen zu können. Vieles schien mir eher oberflächlich und
nicht wirklich tiefgründig. Es gab ein paar Passagen, welche dies schafften,
und doch war es mir einfach sehr oberflächlich gehalten. Es liefen so viele
Geschichten parallel nebeneinander her in diesem Werk, dass man eine
„Intimität“, also Tiefgründigkeit , nicht wirklich innerhalbt der knapp 430
Seiten erwarten kann.
Die Geschichte an sich ist gut. Und doch fehlte mir das
gewisse Etwas. Die Auflösung an sich fand ich dann gut – abgesehen von der
Korruptheit und der Inhaftierung des falschen Mannes – vor allem gefiel mir der
Gedanke daran, dass der Haupttäter noch frei war und sich auf sein nächstes
Opfer konzentrierte. Wobei es hier Franz/Holbe sehr gut geschafft hat, ein
gewisses Mass an Verständnis, Mitgefühl und Anteilnahme dem eigentlichen,
wahren und ungefassten Täter gegenüber aufzubringen. Sexualstraftäter (egal ob
selbst als Täter, Pädophiler, Zuhälter, Schleuser oder weiss ich was noch
alles…) werden meiner Meinung nach viel zu milde bestraft. Ich kann da nur sehr
gut nachvollziehen, dass gewisse Menschen an Selbstjustiz denken. Und wäre ich
selbst davon betroffen, wäre ich ebenfalls eine, welche mit diesem Gedanken
nicht nur einmal spielen würde – es vielleicht sogar in die Tat umsetzen würde.
Denn es gibt leider immer noch Grausamkeiten, die viel zu milde bestraft
werden. Ich bin nicht Befürworterin der Todesstrafe. Aber foltern sollte man
gewisse Täter schon.
Eben, das Buch ist an sich wirklich ganz gut geschrieben.
Die Dialoge sind gut und schlüssig, ein Film lief während dem Lesen in meinem
Kopf ab und das deute ich immer als gutes Zeichen. Nicht das stärkste Werk von
Holbe und Franz, aber auch nicht das schwächste. Es war halt wirklich eher ein
Kriminalroman. Einzig was mich gestört hat, waren die vielen verschiedenen
Geschichten, welche nebeneinander liefen und dementsprechend viele Personen und
Charaktere mit sich brachten. Obwohl die Fälle irgendwie zueinanderfanden.
Es ist nun mal so, dass Franz in der Zwischenzeit viele
Kriminalkommissare mit eigenem Gebiet erschaffen hat. Aus dem hohen Norden
(kann mich nicht mehr an deren Namen erinnern), Durant in Frankfurt mit ihrem
Team und Brandt in Offenbach, ebenfalls mit einem Team. Natürlich ist mir klar,
dass sich da alles mehr auf deren Terrain und Privatsphäre konzentriert, wenn
explizit nur in deren Gebiet ermittelt wird. Und vielleicht ist genau das, was
mir fehlt. Für einige Fans war es natürlich super, dass die Wege von Durant und
Brandt zueinanderfinden und sie bis dato nicht nur einen Fall miteinander
gelöst haben.
Ich aber wäre eine der wenigen, welche einen einzelnen Fall
für den Norden, für Durant und für Brandt wieder befürworten würde. Mit mehr an
Privaten vielleicht ;-). Wobei mir klar ist, dass da sich vieles natürlich auch
irgendwie festgefroren hat und Kinder, Partner/innen etc. sich alle
dementsprechend weiterentwickelt haben und es nicht mehr das gleiche wäre.
So, das Buch behalte ich und empfehle es für
Kriminalbucheinsteiger wärmstens!
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