Samstag, 9. Mai 2015

wichtige nachträge

Ich habe ein paar Dinge, welche ich doch noch nachträglich hier frei von der Leber erzählen möchte. Einerseits ein Feedback sowie eine Situation mit dem gewissen Mitarbeiter, welche mir noch auf dem Herzen liegt.

Einerseits habe ich einen wirklich tollen Kommentar erhalten - vielen Dank dafür...! Oft denke ich nicht daran, alles in einem Eintrag zu erwähnen bzw. oft wiederhole ich mich und ich denke mir dann, dass mich viele regelmässige Leser mittlerweile kennen und wissen, was ich wie und wo meine.

Klar, im Moment ist es schwierig und da sieht man schnell nicht mehr all das Positive und das, was man in den letzten Jahren mit harter Arbeit geschafft hat. Ich sehe teilweise nicht mehr, wie viel Kraft ich in meine Genesung investiert habe, um jetzt lebendig hier zu sitzen. Klar, in schwierigen Momenten denkt man schnell, dass man sich nie Hilfe hätte holen sollen und das es doch irgendwie gegangen wäre - aber wenn man dann ganz ehrlich noch einmal einen Blick darauf wirft, weiss man, dass es nicht mehr lange gut gegangen wäre.

Ja, man ist sensibel und ja, es ist teilweise eine sehr schwierige Gabe. Und ja, eigentlich weiss ich, dass ein Leben ein Hoch und Ein Tief ist und das diese Momente oft nur kurz anhalten bzw. ich selbst weiss tief in mir drin, dass kein Gefühl ewig anhalten kann. Akzeptanz ist bei Borderlinern und depressiven Menschen (und ich denke auch oft bei Suchtkranken) ein sehr wichtiger Schritt. Ich akzeptiere, dass ich mit der Diagnose lebe, aber sie nicht bin. Es gibt Fakten, welche bei mir mitspielen, aber ich erfülle nicht alle zu hundert Prozent. Und viele bin ich angegangen und viele zeigen sich immer mal wieder. Aber wenn ich mich jetzt mit der früheren Person vergleiche, bin ich einfach so viel weiter, mein Umgang ist so viel besser und meine Rückschläge nie so heftig, wie vor ein paar Jahren. Weil ich vieles gelernt habe. Unter anderem Frühwarnzeichen zu sehen, richtig zu reagieren und bei einem Rückschlag nicht von vorne beginnen zu müssen.

Mir ist wichtig, dass es mir zwar vielleicht im Moment eher etwas schlechter geht und mir vieles streng erscheint - aber im Grunde, ganz tief in mir drin, weiss ich, was mir hilft. Und das dieser Zustand nicht ewig anhalten wird. Und das ich stark bin, weil mir nicht alles in den Schoss fällt und ich weiss, wofür ich alles kämpfe bzw. gekämpft habe. Wie gesagt: jeder Tag ist anders, es gibt gute und schlechte. Und bei mir ist es halt noch ausgeprägter - egal, ob es positive oder negative Gefühle sind. Nicht umsonst heisst es "Borderline - ein Leben an der Grenze".

Dieser Kommentar hat mir enorm viel Kraft gegeben. Mir sind die Augen schlagartig geöffnet worden und meine Lebensgeister sind ein wenig lauter, wie davor. Mir ist wieder vieles bewusst geworden. Vor allem, dass es mein Leben ist, welches ich auf meine Art interpretiere und erfühle. Dass kein Mensch beurteilen kann, was ich alles durchmachen musste und noch muss und nicht einschätzen kann, wie viel Kraft es kostet. Niemand kann in mich hineinsehen und keiner kann sich vorstellen, das jeder Tag mal bewusster, mal unbewusster ein Kampf ist.

Ich weiss, dass ich mir immer viele schlimme Szenarien vorstelle, nicht selbst an mich glaube und Angst habe, die Kontrolle zu verlieren. Immer mehr Menschen verlangen von mir "ein normales" Verhalten und blenden aus, was ich alles auf dem Buckel habe. Das Zwischenmenschliches schwierig für mich ist, mich zu öffnen echt anstrengend ist und ein solcher Selbsthass nicht förderlich ist für ein Leben. Klar, vielleicht ist es in zehn Jahren anders, aber ich kann es nicht wissen: ich habe keine Lust und kann mir nicht vorstellen, noch Jahre so leben zu müssen. Es geht an die Substanz. Ich fühle mich bestraft und es ist nun mal Fakt, dass man sich viele (vor allem lebenswichtige) Fragen stellt und noch bestrafter fühlt. Ich bin nicht so egoistisch und stelle Kinder in die Welt - weil ich weiss, was ein Kind unter Umständen alleine alles mit sich selbst ausmachen und durchmachen muss. Weil ich weiss, wie schnell eine Seele zerbricht und nein, ich finde es nicht normal, mit neun schon einen Grossvater zu verlieren und mit zwölf schon an Suizid zu denken und sich die Arme schon wund zu kratzen. Ich möchte mich meinen Kindern nicht zumuten wollen, weil ich nicht weiss, ob ich es schaffe. Und es schmerzt, wenn Menschen um mich herum immer wieder betonen, was für eine coole Frau ich bin und bestimmt ein tolles, junges, hippes Mami wäre. Sie können es nicht wissen, aber innerlich heule ich auf, weil ich nicht einfach nur an mich denken und Kinder in die Welt setzten kann. Weil ich Angst habe. Angst vor mir. Angst vor der Aufgabe. Angst um ein unschuldiges Wesen, welches sich wirklich nicht selbst aussucht, auf der Welt zu sein. Ich entscheide für etwas und unter Umständen kann ich ein Leben zerstören. Und ich möchte nicht Schuld daran sein. Klar, es muss alles nicht so sein, aber kann man meine Ängste nicht verstehen? So auch diese Sache mit Männer. Überall muss man sich für Menschen um sich herum mitfreuen, wenn sich diese verloben, heiraten, zusammen kommen und weiss was ich. Klar, ich freue mich auch irgendwie für Mitmenschen, hoffe, dass sie zusammen kommen, bange und fiebere bei einer Schwangerschaft mit und freue mich auch, wenn sich neue Menschen treffen und Familien entstehen. Aber mehr geht dann nicht. Wie soll ich es sagen... es gibt Menschen, die sind einfach nur Bekannte und es geht. Aber bei engeren Freundinnen wird es mir einfach zu viel. Und auch da herrscht nur Unverständnis. Ich selbst habe es mir nicht ausgesucht, dass ich damit nicht umgehen kann. Irgendwoher kommt das und ja, viele vergessen, dass ich mich selbst auch dafür hasse, dass ich es nicht kann. Und mein Alleinsein seit ich denken kann, macht es nicht leichter. Umso älter man wird, umso mehr Mauern baut man um sich herum. Und man möchte dann keine Tipps à la "sobald du nicht mehr suchst, kommt er schon!" Oder "dieses und dieses Ritual hilft". Es ist vielleicht gut gemeint - aber mich schmerzt es in diesem Moment. Es versetzt mir Stiche ins Herz. Ich kenne mich - weiss immer mehr, was ich möchte, was nicht. Und vor allem kann ich es mir immer weniger vorstellen. Man wird älter und überall bilden sich Päärchen. Und viele vergessen, dass ein Selbsthass und Selbstzweifel nur noch mehr wachsen und ja, ich habe noch damit zu kämpfen, dass ich einfach davon überzeugt bin, keine Beziehung eingehen zu können. In meinen Vorstellungen geht das nicht. Ich möchte mich niemandem zumuten und ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Da ist so eine Abneigung - da müsste wirklich ein enorm starker Charakter und hartnäckiger Typ um die Ecke kommen... Viele Menschen fühlen sich dann so angegriffen, wenn man nicht an ihrem Liebesleben teilhaben möchte. Aber vergisst man da nicht diesen Schmerz meinerseits? Es tut weh. Und ich kann das Geturtel dann kaum ertragen. Und schnell fühle ich mich als "Seelentröster", wenn es mal wieder nicht so klappt. Wo ich mir denke, ob es kein anderes Thema mehr gibt. Und ja, viele Menschen vergessen, dass Liebe nicht überall gerecht verteilt wird und Paare vergessen schnell, wie es sich anfühlt, alleine zu sein.

Jede Kleinigkeit wird einem vorgehalten. Jahrelang habe ich alles runtergeschluckt und irgendwie auch total unter den Teppich gekehrt. Ich habe meine Diagnose immer verharmlost und kaum preis gegeben. Geschwiegen und funktioniert. Ich war nicht ich. Nicht spürbar. Musste mich früh meinem Leben und Dämonen stellen.

Ui, jetzt ist der Gaul wieder mit mir durch :-). Was ich sagen wollte, war eigentlich Danke. Danke für die Erinnerung an die Wellen des Alltags, die kommen und gehen. An das, was ich geschafft habe. An das, was ich schaffen werde. Und den Glauben daran, dass sich irgendwann einmal all das Leiden lohnen und zum positiven wenden wird. Ich bin überzeugt davon, dass dies alles seinen Grund haben wird. Aber man sollte auch meine Einstellung zum Leben nachvollziehen und verstehen können. Es zumindest versuchen. Vor allem meine Grenzen. Wie ich es auch bei anderen tue. Und ich bin nun mal so und habe es mir auch nicht selbst ausgesucht. Und wenn man mich nicht in meinem Tempo versucht daran arbeiten zu lassen, sondern nur noch mit Vorwürfen um die Ecke kommt, wird es nur noch schlimmer. Vor allem, weil ich mir wirklich denken kann, dass es privat bestimmt an engere Vertraute weitererzählt wird. So auch zum Beispiel, wenn ich einen Freund einer Freundin einfach nicht sofort kennen lernen möchte. Und das Wissen, dass über einen gesprochen wird (und bestimmt auch nicht immer nett und positiv), macht ein mögliches Treffen nicht leichter. Vor allem nicht, wenn mir die Chance genommen wird, mich in meinem Tempo langsam darauf vorbereiten zu können. Es erhöht lediglich die Angst.

Auch ich habe Sehnsüchte, Wünsche und Vorstellungen. Und ja, ich bin nicht die Diagnose - ich weiss. Aber ich habe mein Päcklein zu tragen. Und das vergessen wirklich viele. Vor allem, wenn man sich lange kennt, sich viele Dinge gemeinsam vorgestellt hat und jetzt einfach weiss, dass es nie so sein wird und es nie so weit kommen wird. Ich habe vieles ernst genommen und stehe vor vollendeten Tatsachen und weiss, dass es nie passieren wird. Und das tut weh. Ich kann damit nicht umgehen. Weil ich dazumal an diese Träumereien wirklich geglaubt habe.

Und schon wieder mittendrin :-). Wie gesagt - ich kämpfe weiter. Nehme mein Leben mit seinen Facetten hin. Bin ja meistens vorbereitet und ja, mittlerweile stehe ich zu mir. Bin da wirklich auch "egoistischer" geworden. Erzwinge nichts von mir.

Heute war ich spontan mit Pupa unterwegs. Und es war die richtige Entscheidung. Sich wortlos verstehen können. Sie zum Beispiel ist auch in der Situation, dass sie eine Kollegin hat, welche einen neuen Partner hat - diese möchte, dass sie ihn kennen lernt. Pupa fühlt sich einfach nicht bereit dazu und auch sonst verstehen wir uns schnell ohne grosse Erklärungen - weil wir wissen, wie sich das Leben anfühlen kann. Welche Abgründe da sind. Was Rückschläge sind und wie sich diese anfühlen können.

Mamma mia, schon wieder viel mehr getippt, wie gewollt :-p. Vom gewissen Mitarbeiter habe ich diese Nacht prompt geträumt. Ich denke, es liegt daran, dass ich gestern ein paar Dinge verarbeitet habe. Und ja, in letzter Zeit ist es mir ein wenig zu viel an seinen Gesten und Blicken. Vor allem scheint er immer so desinteressiert, wenn ich etwas erzähle und doch saugt er alles wie ein Schwamm auf. So auch diese Geschichte mit M.. Er war in seinem Spiel konzentriert, schien mir so etwas von distanziert und desinteressiert. Und es ist nicht das erste Mal, in dem ich über einen Spruch seinerseits hellhörig werde. Und ich denke, er hat auch seine sehr sensiblen Momente. Es war an einem Mittag. Ich sass draussen mit zwei Mitarbeiterinnen und wir hatten es von diesen Dauerwerbesendungen. In der Zwischenzeit kamen dann auch er und eine weitere Mitarbeiterin dazu. Alles schlanke Menschen - abgesehen von mir. Und ich finde es ja immer so lustig, wenn sich Frauen in meinem Beisein über ihre Figur jammern. Am liebsten würde ich dann jeweils in die Runde rufen: "Hallo? Ich sitze auch noch hier?!". Eine Mitarbeiterin meinte, dass sie dieses Powerplate aufgrund einer Werbung ausprobiert hätte. Das würde ja vibrieren und der Muskelkater sei ja schlimm am nächsten Tag! Naja, ich hatte natürlich einen Spruch auf den Lippen, liess ihn aber nicht aus. Weil ich als Moppel nicht in die Runde werfen kann, wie lustig es aussieht, wenn eine dicke Frau auf das Teil steigt und welche Wellen (Körperbewegungen) die Vibration starten. Prompt meinte die schlanke Mitarbeiterin neben mir: "Man steigt da drauf, stellt die Vibration an und alles beginnt zu schwabbeln, haha!". Natürlich lachte auch ich auf - und fühlte mich nicht direkt betroffen. Ich meine, ich hatte ja das gleiche gedacht. Und doch war es lediglich ein kurzer Lacher. Sofort wandte ich den Blick nach links und tat so, als würde ich die Kinder auf "meiner Schaukel" beobachten. Da mache ich ab und zu noch ein Schläfchen. Es war wirklich nicht lange ruhig, man kann also nicht sagen, dass alle ihren Gedanken nachhingen. Kurz nach dem Auflachen, wandte ich meinen Blick nach links und schon kam auch sofort die Schwingung meinerseits, dass es ihm unangenehm war. Er hatte den Spruch nicht gebracht und doch hatte ich das Gefühl, dass es ihm nicht recht gewesen war. Und sofort kam von seiner Seite aus der Themenwechsel. Er meinte, es waren wirklich nicht mehr wie zwei oder drei Sekunden, zu mir: "Ohoh, zambrottagirlie! Musst ganz genau schauen, was sie mit deiner Schaukel anstellen, gell?!"

Und doch war es mir unangenehm. Wahrscheinlich, weil er da mitsass. Weil ich mit anderen Menschen Witze darüber gerissen hätte, wahrscheinlich auch den Schwabbel-Spruch gebracht hätte. Aber nicht in seinem Beisein. Ich stehe zu mir, ja. Aber doch hätte es in meinen Augen nicht sein müssen.

Vor allem ist mir bewusst geworden - sollte er wieder ein paar Sprüche und Annäherungsversuche starten, ich wäre die erste, welche wieder auf diesen Zug aufspringen würde. Und genau das stresst mich. Ein Mann schnippt mit den Fingern und zambrottagirlie springt - geht gar nicht! Aber dieser Typ ist einfach eine Ausnahme, in allen Dingen.

Ja, und jetzt finde ich es doof, nimmt der Mann wieder so viel Platz bei mir ein.

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