Donnerstag, 14. August 2014

die dunkle macht

PS: der wirklich überflüssige (und dann noch anonyme) Kommentar zu meinem letzten Eintrag war mir vor dem Tippen dieser Zeilen noch nicht bekannt. Genau dies meine ich mit meiner Gesellschaft. Niemand darf sich selbst zu Themen äussern, wie er es für richtig hält.
 
Und wie wenig Menschen jemanden kennen lernen zu versuchen. Denn würde mich Anonym kennen, wüsste er, dass ich kein Egoist bin. Und das dies immer noch schlussendlich MEINE Plattform ist, welche ich so verwende, wie ich es für richtig halte. Was ich meinen Mitmenschen nicht mitteile, schreibe ich hier.
 
Und wenn man damit nicht klarkommt, wie jeder Mensch auf seine eigene Art und Weise trauert (ich lasse mir doch nicht einreden, wie ich das zu machen habe), sollte man doch Analysen ins Blaue sein lassen.

Und von Shitstorms auf diese Art und Weise halte ich nichts. Bin a) kein Promi und b) bin ich mir für so ein Niveau dann doch zu schade. 
 
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Schon eindrücklich, wie viele Menschen von Robin Williams Abschied nehmen. Ich bin überzeugt, er hätte anders gehandelt, wenn er all diese Bilder sehen könnte.
 
Auf der anderen Seite muss man realistisch bleiben und erkennen, dass ihm die Wärme und Geborgenheit, die er eigentlich gesucht hat, nicht lange gereicht hätte. Man kann sich trotz Menschen um sich herum (sogar der eigenen Familie) so unendlich einsam und allein fühlen.
 
Ich weiss, mir steht eine Analyse nicht zu. Ich habe ihn nicht gekannt. Und ja, einerseits regt es mich auf, versuchen Menschen ihn zu verstehen und treten es im Fernsehen breit. Aber das sind fast ausschliesslich solche, die Depressionen und Süchte auch nur (natürlich auf einer anderen Seite zum Glück!) aus der Theorie kennen.
 
Klar, es würde mich auch ein wenig verärgern, würde man dieses Thema wieder einfach stillschweigend hinnehmen.
 
Ich hoffe einfach, Menschen in der Gesellschaft, welche mehr oder weniger „leichtfüssig“ durchs Leben gehen können, wird damit ein wenig die Augen geöffnet. Klar, es gibt natürlich auch andere Krankheiten und Süchte, von denen ich nichts weiss. Aber ich würde mich als einfühlsamen Menschen einstufen, der sich zumindest versuchen würde, in eine solche Lage hineinzuversetzen. Es gibt leider - und das ist die harte Realität! - immer noch Mitmenschen unter uns, die da überhaupt kein Verständnis dafür haben bzw. es einfach nicht nachvollziehen können, dass es halt auch Menschen unter uns gibt, die es nicht leicht haben und das Leben ein ständiger Kampf ist.
 
Daher kann ich nur von mir und meinen „Krankheiten“ sprechen. Und ich finde, ich kann hier sitzen und beurteilen, wie hart das Leben sein kann. Klar, kein Vergleich zu den hungernden Menschen in den Drittweltländern, aber ich bin jetzt hier nicht an diesem Eintrag tippen, um mich rechtfertigen zu müssen. Menschen, welche mich kennen und welche hier meine Zeilen schon ein paar Monate verfolgen, wissen, wie ich bin. Und das dies natürlich nicht spurlos an mir vorbei geht. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, werden wir an solche Umstände meistens nur erinnert, wenn wir Berichte darüber im TV oder in den Nachrichten sehen bzw. darüber in der Zeitung lesen.
 
Bei jedem Menschen zeigen sich Depressionen anders. Und doch kann ich einschätzen, wie sich der Mensch im Grunde so fühlt. Mit welchen Gedanken er sich herumschlagen muss.
 
Und vor allem ist jeder, jeder, jeder Tag eine Herausforderung!
 
An jedem - gottverschissenen (entschuldigt den Ausdruck, aber es ist die harte Realität!) - Tag stehst du auf und weisst nicht, wie hart der Kampf nun wird. Teilweise hast du ein paar Tage „deine Ruhe“, manchmal sogar ein paar Monate.
 
Aber diese dunklen Dämonen, dieses schwarze Loch, wartet einfach immer und überall. Und manchmal bekommst du es nicht bewusst mit, weil es dir gerade gut geht. Es gibt Dinge, die kannst du dir aneignen. Aber schlussendlich musst immer du selbst die Kraft haben und aufbringen, dieses Gelernte auch anzuwenden. Und es gibt halt einfach diese Tage, an denen du es nicht packst. An denen du dich in dieser Schwärze suhlst, Verlust-, Versagens- und Existenzängste hast, an allem zweifelst und einfach nicht mehr kannst. Dich müde und ausgelaugt fühlst und trotz Liebe und Zuneigung deiner engsten Mitmenschen einfach nichts davon fühlen kannst und dich so einsam fühlst.
 
Es reibt dich auf. Und es gibt Menschen, die kommen damit zurecht. Einige akzeptieren es einfach und leben ihren Trott. Andere finden ihren Ausweg. Und wiederum andere lassen sich nichts anmerken und nutzen die positiven Stunden.
 
Über den Freitod wählt schlussendlich jeder allein. Und so hart es klingen mag: akzeptieren kann ich den Entschluss von Williams nicht. Aber nachempfinden. Weil man selbst vielleicht an diesem Punkt schon stand. Und irgendetwas wird mich dazumal zurück gehalten haben. Bei mir ist es die Angst, wenn es schiefgeht und das Leben nach dem Suizidversuch noch schlimmer ist. Denn ich finde, mein Schicksal hat mich schon genug gebeutelt.
 
Ich denke, der Kern der Sache liegt darin, dass die Welt geschockt ist, dass ein solcher Komiker sich zu einem solchen Entschluss gerungen hat. Denn es gibt kein Zurück. Und da sind wir wieder bei einer wichtigen Sache in der Depression: Stimmungsschwankungen gehören dazu. Einige lassen sich davon treiben, andere nerven sich darüber und wiederum andere versuchen ein Hoch einfach zu geniessen, um die Tiefen wieder besser durchleben zu können.
 
Wenn man dann noch mit Süchten zu kämpfen hat, wird es nur noch schwieriger.
 
Mich persönlich erschüttert Robins Entscheid. Ich war jetzt kein Fan, welcher alles von ihm gesammelt und gebunkert hat. Und doch habe ich Filme, in denen er mitgespielt hat, sehr gerne geschaut. Und auch ihn fand ich sympathisch. Und vor allem liebe ich seine Grimassen. Und auch seine ernste Seite, welche ich zugegebenermassen kaum mitbekommen habe, berührt mich im Nachhinein extrem (ältere Interviews etc.).
 
Mich berührt dieses Thema schon enorm. Einerseits, weil ich hoffe, dass die Menschheit sensibilisiert wird bzw. das einfach bewusst wird, dass wir alle doch viel offener und verständnisvoller sind gegenüber psychischen Problemen, als wir bisher geglaubt haben. Nicht jeder „Psycho“ ist gleich. Es gibt verschiedene Arten und es äussert sich in verschiedenen Weisen. Nur, weil man es uns nicht ansieht, heisst es nicht, dass wir nichts haben. Es klingt nun vielleicht hart, aber die Realität war bei mir so: weil man mir mein Handicap nicht ansieht, muss ich im Alltag viel mehr kämpfen. Klar, ich bin froh, bin ich körperlich bis auf Rücken und Knie gesund und sitze ich nicht im Rollstuhl! Und ich will auch nicht behaupten, geht es Menschen mit „offensichtlichen“ Behinderungen leichter, überhaupt nicht. Denn auch da habe ich schon sehr krasse und traurige Berichte gesehen. Es geht mir einfach darum, dass man es diesen Menschen ansieht, und mir nicht. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wie ich bei gewissen Behörden um etliches mehr für mein Recht kämpfen musste.
 
Auf der anderen Seite betone ich immer, wie froh ich darüber bin, sieht man mir meine psychische Krankheit nicht sofort an. Denn es wäre mir auch nicht recht. Vor allem gehen ja nicht alle Menschen gleich damit um und auf Rechtfertigungen habe ich keinen Bock. Und zudem bin ich ja der Typ Mensch, welche gerne verdrängen und vergessen möchte. Und wenn ich nicht darüber rede, ist es nicht real. Aber doch gibt es dann die Momente voller Einsamkeit, in der man einfach jemanden an der Seite haben möchte, welcher einen wortlos verstehen und trösten kann.
 
Ich weiss nicht, worauf hinaus ich mit diesen Worten möchte. Ich denke, einfach meine Trauer und meine Ängste verarbeiten. Denn Williams führt mir vor Augen, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe. Und um ehrlich zu sein, habe ich persönlich keinen Bock, noch so lange kämpfen zu müssen. Denn die Hoffnung, dass ich irgendwann doch „mein normales“ Leben führen kann, stirbt zuletzt.
 
Und doch wird mir bewusst, dass mich noch vieles erwarten könnte. Klar, ich habe auch gewisse Suchtansätze (mit dem Essen schwankt es zwischen heftigen Fress- und Hungerattacken und ich habe mein Einkaufverhalten nicht immer im Griff), aber ich persönlich hoffe einfach, dass ich nie zur Flasche oder zu anderen Drogen greifen werde. Denn das finde ich dann noch eine Stufe härter.
 
Aber auch ich setzte mich mit meinen Gedanken auseinander. Im Moment ritze ich mich nicht und ich habe auch keine Suizidgedanken. Für mich persönlich ein Segen, egal, wie verschissen es mir von Tag zu Tag geht! Denn auch ich muss morgens aufstehen und mich durch den Tag kämpfen. Manchmal geht es leichter, manchmal ist es schwieriger. Aber ich habe diese düsteren Gedanken nicht noch zusätzlich!
 
Und doch… will ich ein Leben bis 63, welches so verläuft, wie im Moment? In dem man immer das Gefühl hat, kämpfen zu müssen? Kann man da die Resignation nicht ein wenig nachempfinden?
 
Will man ein Leben gehen müssen, welches durch ein Schicksal und Umständen, für die man nichts kann, auserkoren wird? Ich meine, ich habe mir bestimmt nicht meine Diagnose ausgesucht. Es hat mit 9 begonnen. Und da müsste man echt andere Dinge im Kopf haben dürfen!
 
Ja, ich kämpfe. Obwohl ich mich vom Schicksal gebeutelt fühle. Ich weiss, es gibt auch andere Geschichte, wo Menschen einen Partner finden und sich dann alles ändert. Aber ich bin da wirklich zu realistisch. Ich selbst weiss nicht, ob ich mich jemals ernsthaft auf einen Mann einlassen kann. Klar, ich könnte auch einfach einen Freund für gewisse Stunden haben. Aber ich persönlich bin nicht der Typ dafür. Ich kann keine Nähe zulassen und bei mir schwirrt ständig der Gedanke mit, dass Menschen sich ekeln, mich zu berühren bzw. sich vor meinen Berührungen ekeln.
 
Will ich überhaupt Kinder und Ehe? Oder ist dies die Gesellschaft, die mir das vorschreibt? Fühle ich mich vom Schicksal gebeutelt oder habe ich einfach das Gefühl, in eine Norm passen zu müssen? Bin ich selbst Schuld, ein Leben allein führen zu müssen oder einfach zu sensibel und unsicher? Bin ich so wenig liebenswert oder sollte ich da einfach egoistischer werden und mir einreden, dass ich einen Freund und eventuell auch Familie verdient habe?
 
Williams Suizid macht mir Angst. Weil auch er gekämpft hat. Weil auch er eine Maske hatte. Weil auch ihn die Menschen anders eingeschätzt haben. Weil auch er der Optimist war. Weil auch er Menschen zum Lachen gebracht hat. Weil ich mich halt einfach in vielen Punkten in ihm sehe.
 
Und weil auch er selbst gespürt hat, dass er nicht alt werden wird.
 
So oder so kann ich nur immer wieder betonen, dass ich wirklich hoffe, dass er dort, wo er jetzt ist, seinen Seelenfrieden gefunden hat. Das er loslassen konnte. Und das es ihm gut geht, wo er jetzt ist.
 
R.I.P. Robin Williams!

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