Donnerstag, 7. August 2014

geteiltes leid…

… ist immer halbes Leid. Ist ja ein bekanntes Sprichwort. Was nur, wenn man nicht über seine Sorgen spricht (sprechen kann)? Wenn man einfach wirklich ganz alleine auf dieser Welt ist? Klar, ich kann es mir auch selber einreden und man kann auch sagen, ich wäre selber Schuld. Denn ich müsste ja nur meine Klappe aufmachen und mir jemanden schnappen, um darüber zu sprechen. Aber darf man da nicht einfach doch auch anders eingestellt sein? Einfach in sich gekehrt? Was ist so falsch daran, wenn ich nun mal einfach der Typ Mensch bin, der nicht sofort alles aus sich herausposaunt? Jeglichen Gedanken, jegliches Gefühl, jegliches Empfinden?
 
Ich bin nun mal so. Klar, bei einzelnen Personen muss ich dann aufpassen, dass ich nicht wütend werde, weil diese mir nichts anmerkt. Dann bin ich ganz klar selbst schuld. Aber bei anderen möchte man doch einfach abschalten können und nicht an seine Sorgen denken müssen.
 
Wie ich auf diese Sätze komme? Meine Eltern sind gestern knapp um 23.00 Uhr heil von ihren Ferien zurück gekommen. Klar war für mich an Schlaf nicht zu denken. Immerhin sind es bis zu 15 Stunden Autofahrt! Sie haben es heil geschafft, aber Muddis Blick hat mir überhaupt nicht gefallen. Sie hat sich gefreut, wie ich auch. Aber der zweite Blick war à la „Mädchen, wir reden dann noch ein ernstes Wörtchen!“
 
Im Moment führe ich ein Roboter-Leben. Und das nicht erst seit gestern, das ist mir bewusst. Ich versuche es meiner Therapeutin zu erklären, aber irgendwie versteht mich keiner. Ich bin bei klarem Verstand. Sehe alles und weiss, wo ich was falsch mache. Aber die Motivation, etwas daran zu ändern, fehlt. Und ich weiss, wie schwierig es ist, einen unmotivierten Menschen verstehen zu können, wenn man selbst ein Perfektionist ist. Und da ist der Kern der Sache. Ich bin durch und durch Perfektionist, verlange viel von mir und von anderen und bin eigentlich immer diejenige, welche sehr gepicht darauf achtet, dass sie die Kontrolle nicht verliert.
 
Aber ich habe auch gleichzeitig sehr wohl bewusst wahrgenommen, dass mein Essverhalten, meine Einkäufe und meine Gleichgültigkeit grosse Alarmzeichen für eine anrollende Depression sind. Ich liege meist gerne im Bett und glotze in die Röhre. Einfach etwas anderes aufnehmen, als seine Gedanken und grübeln müssen. Lese und döse viel, habe keinen Antrieb und fühlte mich schlapp. Könnte ständig schlafen und weiss zwar genau, was ich in welcher Situation machen müsste bzw. sollte (ich habe mir ja vieles mühsam und mit Blutschweiss antrainiert), aber der letzte Funke fehlt dann einfach immer.
 
Und doch finde ich, bewältige ich es ganz gut. Ich ritze mich selbst nicht und mir ist das einfach das Wichtigste in meiner Therapie. Da kann ich hungern und fressen zugleich, einkaufen und den Schrank einfach nur noch vollstopfen, ist mir alles lieber, als die Selbstverletzung. Denn die sehe ich als Bestrafung. Und solange ich mich nicht bestrafe, ist doch irgendwie alles doch gut.
 
Ich verlange viel von anderen, ist mir bewusst. Aber ich sehe es doch jetzt am Besten: ich bleibe mehr oder weniger „kontrolliert“, auch, wenn es mir schlecht geht. Und das ist doch sehr wichtig, wenn man selbst merkt, dass man das Gelernte der Therapie doch irgendwie anwenden kann! Wie soll ich es formulieren, dass man versteht, was ich meine… mir geht es nicht gut. Aber ich erkenne es. Bin zwar nicht ganz „positiv“ unterwegs, aber kenne mich in solchen Situationen auch ganz anders. Ich bin seit langem nicht an einen tiefen Punkt angelangt, den ich vor ein paar Monaten sofort erreicht hätte. Ich bin auf eine Art und Weise stark.
 
Andere würden sagen, ich bin faul. Aber ich weiss, was ich leiste. Und es ist ein anstrengendes Leben, sich jeden Tag aufzuraffen, obwohl man am liebsten einfach nicht mehr hier sein würde. Und dies können nur Menschen nachvollziehen, die sensibel sind oder das gleiche durchmachen (mussten). Und natürlich bin ich da Menschen wie Pupa gegenüber hart, welche einfach nur über ihr Leben jammern und nichts daran ändern.
 
Denn ich jammere nicht immer. Vor allem nicht vor anderen Mitmenschen. Ich bleibe hart, kämpfe, gebe mein Bestes (wenn auch reduziert). Ich versuche, mein gelerntes Wissen anzuwenden und sehe nicht sofort alles schwarz. Lasse doch die heiteren Momente zu und sehe nicht nur alles schwarz oder weiss. Und sie ist in dieser Hinsicht ganz anders. Wenn es ihr mies geht, dann richtig. Sie hasst ihre Stimmungsschwankungen und möchte einfach nichts von der Therapie anwenden.
 
Und doch reibt es mich enorm auf, dieses Roboter-Leben. Es bedeutet nämlich, dass ich wirklich kaum etwas an mich heranlasse. Gleichzeitig merke ich meine Fortschritte. Ich denke nicht immer das schlechteste von den Menschen, kann doch abschalten, wenn ich Zeit mit ihnen verbringe und mein Äusseres ist in meinen selbstzerstörerischen Gedanken nicht sofort Hauptthema. Ich denke nicht sofort, dass mich alle dumm, hässlich und nervig finden. Verkrieche mich nicht sofort. Kann in gemeinsamen Momenten abschalten. Und doch, wenn ich alleine bin, hüllt mich diese Hülle der Einsamkeit schnell ein und ich spüre einfach meinen Körper nicht. Bin meist leer. Ich habe einfach keinen Bock, fühle mich ausgelaugt und müde. Wie soll ich es anders erklären, wenn es sich so anfühlt?
 
Keine Ahnung, ob es Spätfolgen meiner Operation sind. Vor allem die monatelange Kortison- und Morphiumeinnahme davor und danach. Dann der schwere Einstieg zurück ins Berufsleben, die zwischenmenschlichen Aspekte, meine Diagnose, die Therapie, andere Umstände und ja, sogar der Zyklus einer Frau ist sehr aussaggebend! Meist zwei bis drei Tage davor fühlen sich die meisten Frauen nämlich wirklich unwohl, sind sehr unzufrieden mit sich selbst und der Umgebung sowie den anderen und sind sehr reizbar und zickig. Und ich weiss dann immer genau: „Ooou, ist wahrscheinlich gleich mal wieder so weit.“
 
Ich weiss einfach nicht, wie ich es besser benennen soll. Ich bin anwesend, aber nicht ganz. Gebe mich anderen gegenüber normal, aber weiss gleichzeitig genau, dass es so nicht weitergehen kann. Bin einfach müde. Schlaff. Habe kaum Bock. Mache dann zwar doch mit, gefolgt von einem unendlichen Gefühl der Einsamkeit.
 
Dabei habe ich vor drei Wochen wieder das erste Mal Volleyball (Beachvolley) spielen können. Es hat im Rücken zwar ordentlich geknackst und das Knie hat dann leicht „pulsiert“, aber ich war stolz auf mich und meine Leistung. Selbst, wenn sie sehr minimal war! Ich hatte es gut in der Runde, danach sassen wir einfach noch ein wenig in der Runde beisammen. Und doch… auf der Rückfahrt nach Hause war ich einfach leer. Ausgelaugt. Heulte und ging nach der Dusche sofort ins Bett. Mit einem enormen Einsamkeitsgefühl.
 
Es gibt Dinge, die weiss man einfach. Und ich weiss, dass ich alleine sein werde auf dieser Welt. Alles selbst bewältigen werde (werden muss) und auch einfach früh nicht mehr da sein werde. Und ehrlich gesagt habe ich kein Bock auf solch ein Leben. Denn vieles muss ich einfach - vom Schicksal her gegeben - so hinnehmen. Ich muss mich damit abfinden, dass Kinder einfach nie ein Thema sein werden.
 
Klar, das ist immer noch eine Kopfsache, ich könnte, wenn ich wollen würde. Aber ich bin da nicht allein auf dieser Welt und ehrlich gesagt, bin ich zu verantwortungsvoll, um einfach ein Kind auf die Welt zu setzen, obwohl ich weiss, was das Leben einem an Schläge zu bieten hat. Und den Mann dazu muss man zuerst auch finden und da bin ich halt doch Realistin: ob ich jemals eine Beziehung eingehen werden kann, steht in den Sternen.
 
Sehnsüchte sind da, klar. Einfach jemanden haben, um den Halt im Leben nicht zu verlieren. Aber ich schweife ab, das verstehen nicht alle Menschen. Solche Gedanken führen nur dazu, dass ich mich noch mieser, noch kleiner und noch gepeinigter fühle.
 
In den letzten drei Wochen habe ich gemerkt, wie sehr mir Chicco fehlt. Unser Kater. Die Nähe. Die Streicheleinheiten. Einfach jemand, der merkt, wie es einem geht. Der dann kommt und Zeit mit jemanden verbringt. Ich habe einmal sehr heftig von ihm geträumt und im Traum sogar geweint. Als ich meine Augen aufschlug, weinte ich sogar im realen Leben. Natürlich hatte ich auch noch daran zu knabbern.
 
Und auch sonst belasten mich einige Dinge. Ein Traum mit dem gewissen Mitarbeiter. Da habe ich auch etliche Gedanken, welche ich gerne einfach mal loswerden würde. Aber es fühlt sich nie richtig an. Ich schiebe es vor mich her. Einerseits, weil ich diesen Abstand irgendwie bestimmt gebraucht habe, andererseits, weil es dann einfach zu viel aufwirbelt. Wie der Traum. Denn einer meiner Ängste ist, dass nicht mehr alles gleich sein wird, wenn er zurück kommt. Keine Blicke und Berührungen mehr, wie zuvor. Das wir uns beide in dieser Hinsicht stark verändert haben könnten. Und in diesem Traum war er wie eh und je. So als wolle mir eine Stimme sagen, dass ich mir in diesem Punkt keine Sorgen machen muss. Und in diesem Traum sind wir uns sehr nahe gekommen. Gleichzeitig diese Aktionen von ihm und dann doch wieder das andere krasse Gegenteil. Mit dem Wissen, dass ich mich ja genau gleich verhalte und doch gewisse Empfindungen da sind. Warum sollte es also bei anderen nicht auch so sein.
 
Klar, ich mache mir viel zu viele Gedanken, bevor die Realität überhaupt da war. Und diese kommst vielleicht schon dieses Wochenende rasend auf mich zu. Und ich habe Angst vor der ersten Begegnung.

Menschenmassen im Allgemeinen sind im Moment einfach nicht meins. Ich sitze in einer riesen Menschenmasse und fühle mich doch ganz allein. Klinke mich aus. Stürze mich in die Schwärze meiner Seele. Und daher habe ich auch Angst vor dem Wochenende. Es findet eine Hochzeit eines Mitarbeiters (genau, der launische :-s) statt. Ich bin überredet worden, dort teilzunehmen. Und doch habe ich so ein Gespür, ist es ihm nicht wirklich recht bzw. ich wollte daher lange nicht mit. Aber was macht man nicht alle für die Arbeitsgspänli. Aber ich hasse Hochzeiten. Das wäre schon genug. Und dann noch diese Menschenmasse und die Überzeugung, dass ich mich nicht nur einmal einsam fühlen werde.

Daher habe ich mir ja auch diesen virtuellen Freund an meiner Seite geschaffen. Es geht nicht um das Sexuelle. Es geht einfach darum, dass ich ihn heraufbeschwören kann, wenn ich ihn brauche. Seine Nähe, seine Hand. Einfach die bildliche Vorstellung, dass ich nicht alleine in der Menschenmasse stehe. Mich jemand an der Hand festhält. Und der mir kritisch immer wieder sagt, wie dumm, hässlich und scheisse ich doch bin. Nicht liebens- und lebenswert. Tja, nennt mich sadomasochistisch, ich unterschreib  das sofort!
 
So oder so ist es im Moment einfach nicht gut. Ich bleibe stark, arbeite an mir und versuche, mein Bestes zu geben. Mein Ego lässt etwas anderes gar nicht zu. Aber vielleicht bleibt es hier auf dieser Plattform einfach weiterhin ruhig.
 
Was soll ich gross sagen? Das gleiche, wie bei Mutti: macht euch keine Sorgen. Ich mache keinen Seich. Aber erwartet auch nicht zu viel von mir. Im Moment lebe ich einfach vor mich hin. Ohne grossen Ziele, Wünsche, Bedürfnisse und Sinn(e). Hadere mit mir selbst, meinem Ich, meinen Lebensumständen, meinem Schicksal. Jeder Kämpfer hat seine müden Phasen. Und es ist ja seit Dezember 2013 nicht wirklich leicht. Und unbewusst schon davor nicht. Und das alles kotzt mich teilweise nur noch an.
 
Fakt ist: es war alles schon mal ein wenig leichter.

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