Man grübelt ständig über sein eigenes Schicksal nach, flucht
und ist verärgert darüber. Teilweise begreift man gewisse Dinge nicht oder
fühlt sich irgendwie sonst vom Leben betrogen.
Und ja, jeder hat sein Päcklein zu tragen. Und doch erscheint
dies einem so etwas von klein, wenn man erfährt, dass jemand mit nicht einmal
55 Jahren einen Kampf gegen Krebst verliert. Es ist noch nicht passiert, aber
lange dauert es auch nicht mehr.
Es geht um einen Mitarbeiter, den ich kurz kennenlernen durfte.
Und doch trifft es mich hart, weil es ihm eine Zeit lang besser zu gehen
schien. Ausserdem ist er Familienvater, hat junge Kinder und auch sonst ist das
kein Alter, um zu sterben.
Ich finde mein Schicksal immer noch hart, klar. Und doch ungerecht in diesem
Fall. So viele Menschen wollen freiwillig von hier gehen. Und die lebensfrohen
Menschen trifft es umso früher und umso härter.
Eigentlich wollte ich ihn noch spontan besuchen, obwohl wir
nicht viel miteinander gesprochen haben. Ich kam und er ging kurz darauf in
Behandlung. Aber ich glaube, ich werde es nicht tun. So schwer es mir fällt.
Aber seine Stellvertretung meint, dass er nur noch voll mit Medis ist und nicht
ansprechbar. Dass er kurz aufwache und sofort wieder schlafe. Das er einen zwar
erkennen würde, aber der Anblick verdammt hart sei.
Und um ehrlich zu sein, möchte ich ihn so in Erinnerung
behalten, wie es jetzt ist. Ich glaube, den Drang, ihn zu Besuchen, liegt in
meiner Vergangenheit.
Ein Ereignis, das mich zu dem Menschen gemacht hat, den ich
war und bin. Auslöser für Borderliner und Sehnsucht nach dem Tod. Mein
Grossvater ist früh an Krebs gestorben und ich wollte dementsprechend früh zu ihm
in den Himmel.
Lange war ich wütend darüber, dass er so plötzlich gegangen
ist. Vor den Sommerferien ging es ihm ja gut! Ich war zu klein – neun Jahre –
um zu verstehen, wie schnell Krebs einen Menschen zu Fall bringen kann.
Und doch: im Nachhinein bin ich froh, kann ich meinen
Grossvater schmerzfrei in Erinnerung behalten. An einem Tag, an dem es ihm gut
ging.
Und doch wühlt diese Situation viel in mir auf. Enorm viel (Kindheit, Todessehnsucht, Suizidgedanken, Borderline, Therapie, die letzten - und andauernden - harten Jahre, und und und...).
Und in diesen Zeiten denke ich, dass es der Familie unheimlich hilft, wenn man
an sie und den betroffenen denkt. Einfach in Gedanken bei ihnen ist. Von dieser
Kraft bin ich überzeugt!
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