Das Gefühl, überflüssig und unsichtbar zu sein. In meinen Augen eines der schlimmsten Gefühle. Das kann man nicht aushalten. Es geht dabei um das Gefühl der Existenz und wenn man das als Mensch nicht mehr sieht... in meinen Augen eine sehr kritische Situation. Ich persönlich finde diese Gefühle und Gedanken schlimmer, wie wenn ich mich mit Suizidgedanken und Selbstverletzungsgelüsten herumschlagen muss.
So, nun muss dies einfach einmal alles raus. Im
Moment ziehe ich mich immer mehr zurück und ich weiss, dass es im Grunde an mir
liegt, Kontakt mit meinen Mitmenschen aufzunehmen. Man kann mir nicht hinter
die Stirn schauen, ich weiss.
Aber irgendwie bin auch ich ein menschliches Wesen
und weiss, wie ich mit meinen Mitmenschen umgehe. Und irgendwie erwarte ich da
fast genau das Gleiche von der Gesellschaft. Wobei mir auch da bewusst ist,
dass man da viel zu hohe Erwartungen hat und daher dann meist enttäuscht
zurückbleibt.
Es ist hart, so als Sensibelchen durch das Leben
laufen zu müssen. Es hat seine guten Seiten, aber mich persönlich belastet es
aktuell schon fast wieder extrem. Immer diese Gefühlsschwankungen wahrnehmen
müssen und dann diese Grübeleien. Gefühle, welche aufkommen und die Anspannung,
die dadurch entsteht. Manchmal wäre ich gerne ein Egoist und eher gefühlskalt.
Sensibel sein ist ein Segen, ja. Aber es kann auch ein enormer Fluch sein. Und
ich bin nun mal so, dass ich von mir aus Dinge nicht anspreche. Aber eigentlich
wissen dies ja Menschen in meinem Umfeld ja auch. Und daher finde ich auch,
dass der Ball dann bei ihnen liegt. Mehr, wie sagen, wie ich bin und wie ich
ticke, kann ich nicht. Und ich sage meinem Umfeld, dass sie mich alles fragen
dürfen und können, aber einfach nicht immer eine positive Antwort erwarten
dürfen.
Klar, ich weiss, dass ich mir somit viel an
Verantwortung wegnehme und den Ball anderen zuschiebe. Aber macht das nicht
irgendwann jeder Mensch? Jahrelang ist es anders verlaufen, ich habe nun
einfach auch mal die Schnauze voll. Und schlussendlich bin ja ich die, welche
mit Grübeleien und Gefühlen zurückbleibt. So schütze ich mich von Beginn an.
Darf mich dann aber auch nicht darüber ärgern, dass niemand Interesse zeigt.
Ich weiss. Weil ich dann da stehe und von meinen Mitmenschen erwarte, dass sie
spüren, wie es mir geht. Was natürlich schwierig ist bei dieser perfekten
Maske, welche ich mir schon jahrelang antrainiert habe und natürlich des
Öfteren aufsetze. Vor allem in den letzten Monaten.
Man merkt und liest heraus, dass ich vieles weiss.
Theoretisch gesehen. Dass es aber in der praktischen Version hadert. Ist nun
mal so, kann man nicht ändern. Was soll ich gross gegen das Gefühl ausrichten,
welches ich seit bald einem Jahr in mir trage? Dass ich nicht wirklich Teil
dieser Gesellschaft bin, mich alleine und eher unscheinbar fühle? Klar, mir
scheint es, als freuen sich Menschen, wenn sie mich sehen. Aber dann verpufft
es schnell wieder. Man spricht nicht wirklich mit mir und natürlich fühlt sich
dann mein unsicheres und unsichtbares ich bestätigt und zieht sich nur noch
mehr zurück.
Aber ich schweife schon wieder zu sehr ab.
Klar, es gibt auch schöne Momente. Vor allem Schila
scheint zu merken, dass mein Lebensplan (ganz ehrlich) in zwei Wochen eher
Richtung Abschluss geht. Ich habe etwas im Ausland vor, also eigentlich einen
Shoppingtrip. Und mein Necessaire wird auch mit dabei sein. Sie war in der
Nacht von Dienstag auf Mittwoch in meinem Bett. Eigentlich eher ungewohnt. Zum
Schlafen geht sie immer zu meinen Eltern ins Zimmer. Am Dienstag kam ich nach
dem Volleyball am Abend nach Hause und sie begrüsste mich freudig. Ich ging
duschen und als ich in mein Zimmer kam, war ich doch erstaunt, als sie sich auf
meinem Bett ausgebreitet hatte. Ich liess sie gewähren und schaute noch eine
Folge Britt auf meinem Handy. Eigentlich wissend, dass sie vielleicht
währenddessen aufsteht, an der Tür kratzt und raus möchte. Nichts dergleichen.
Als ich die Tür öffnete, um mich definitiv bettfertig zu machen, ging ich
erneut ins Zimmer und war wieder erstaunt, dass sie immer noch da lag. Ich gab
klein bei und so durfte sie bei mir schlafen. Sie blieb die ganze Nacht,
kratzte nie an der Tür oder bettelte nie bei mir, dass sie raus wolle. Es war
ein schönes Gefühl und gestern hatte ich frei. So verbrachten wir nochmals den
ganzen Tag zusammen. Ein tolles Tier, dieser Hund.
Aber auch wildfremde Menschen zaubern mir ein
Lächeln ins Gesicht. Ich weiss nicht, warum es wildfremde Menschen sind, welche
es schaffen. Klar, meine Freunde und mein Umfeld vermittelt mir auch das
Gefühl, sich über und für mich zu freuen und ja, ich spüre auch teilweise
Verbundenheit mit einigen… aber irgendwie ist da das Gefühl teilweise wieder so
schnell verpufft. Ich weiss nicht, ob es an meinem Kritiker liegt, an meiner
Unsicherheit oder an diesem Gefühl, eine Last und eher Unscheinbar für meine
Gesellschaft zu sein. Ich kann es nicht erklären. Jedenfalls fuhr ich gestern
bei einem Laden auf den Parkplatz und stellte Baby Blue ab. Ich habe aktuell
die Radzierkappen in Pink und Grün auf den Felgen. Wollte eigentlich zu Golden
und Chrom wechseln. Hatte bis dato keine Lust und keine Zeit. Ich lief zu den Einkaufswagen
und da kam schon eine ältere Dame angewackelt. Grinste mich breit lächelnd und
mit funkelnden Augen an und meinte: „Sie Fräulein, das muss ich jetzt scho ganz
ehrlich säge. Das gfind ich aber lässig! Ihri bunti Räder sind e ganz e tolli
Sach! Ich bin richtig begeisteret! Das gfind ich aber schön, dass sie so
umenandfahret! Sie hend mer jetzt e richtigi Fröid bereitet!“
Ich stand da. Baff. Bedankte mich für das
Kompliment und war natürlich danach doch ein wenig heiter. Für mich persönlich
gehört es ja zu mir, meinem Charakter und meiner Persönlichkeit. Es sieht sehr
düster in mir aus, mal mehr und mal weniger. Aber ich bin gegen aussen in
gewissen Dingen doch sehr extrovertiert. Was sich im Kleidungsstil, an meinem
Auto und meinen Haaren sehr gut abzeichnet. Wobei ich bei meinen Haaren langsam
eher wieder vom Roten weg in Richtung Schokoladenbraun möchte. Warum auch
immer, ich verstehe mich da selbst nicht.
Im Moment meide ich bestimmte Personen bewusst.
Oder habe ich mir vorgenommen, bewusster zu meiden. Weil halt doch etliche Dinge
vorgefallen sind.
Vielleicht liegt es auch an meiner Vergangenheit
oder meiner Generation. Es ist nun mal so, dass ich diesen Körperkontakt
zwischen weiblichen und männlichen Freunden nicht gewohnt bin. Klar, mit Aline
gab es das auch ab und zu und mit Laura kenne ich es ebenso. Aber ansonsten war
das eher immer weniger ein Thema bei mir. Es ist mir halt schon aufgefallen,
dass die heutige Zeit da weniger Distanzen in Sachen Körpernähe und Häufigkeit
davon kennt.
Ich als Teenie kann mich nicht daran erinnern, dass
ich gross Körperkontakt mit Freundinnen und Kollegen ausgetauscht habe. Es war
eher so, dass Mädels mit Mädels und Jungs mit Jungs unterwegs waren. Es gab
kaum Berührungspunkte. Ich persönlich habe dieses Thema erst seit etwa fünf
Jahren kennen lernen dürfen. Manchmal waren es schöne Erfahrungen, dann wieder
verwirrende bis eher für mich belastende. Aber ich kenne mich und ich weiss,
dass mein Handeln viel an Gegenhandeln heraufbeschwört und umgekehrt geht es
weiter so. Ist mir alles bekannt. In der Theorie bestehen bei mir keine
Probleme. Ich weiss mehr bzw. mir ist mehr bewusst, wie es den Anschein macht.
In Sachen Theorie war ich schon überall gut. Sei es in Sachen Sex,
Depressoinen, Borderline und weiteren Themenbereichen in meinem Leben. Da
bestand bzw. besteht nie ein Problem.
Aber eben. Die Umsetzung. Die Rückschläge. Die
Steine, welche im Weg stehen. Ob es nun Fremde sind oder ich selbst. Ich
schinde Zeit, um nicht berichten zu müssen, ich merke es schon wieder.
Es war vor zwei oder drei Wochen. Ich weiss es
nicht mehr. Alles hat mit dem Kompliment von Puma begonnen, dass ich schön
geschminkt sei. Komplimente von einem Mann. Kenne ich so nicht und irgendwie
hat es mich dann doch ein wenig aus der Bahn geworfen. Wie auch ein weiterer
Kommentar seinerseits, dass er meinen Bruder gesehen hätte. Diesen Spruch warf
er mitten in einem Spiel ein und ich schaute ihn irritiert an. Bevor ich fragen
konnte, wo dies denn gewesen sei, ergänzte er lachend: „uf dim profiilbild!“
Ich spürte, dass auch Laura etwas verwirrt auflachte, als sie diesen Spruch
mitbekam. Okay, ich lachte mit und befahl mir innerlich, diesen Spruch einfach
schnell zu vergessen. Dass es halt einfach mal wieder typisch ist, dass dies
mir passiert und dass dies von Puma kommt. Und doch war ich dann am Wochenende
darauf mit dieser Aktion im Rücken unterwegs und eher vorbelastet. Meine
aktuelle Stimmung und mein Wertgefühl halfen da auch nicht wirklich dabei, mich
besser und sicherer zu fühlen.
Es kam das erste Wochenende. Ich war mit der
hübschen, blonden, ehemaligen Mitarbeiterin und meiner hübschen, brünetten,
aktuellen (und ersten Lehrtochter in meinem Leben) Mitarbeiterin unterwegs. Wir
waren bei einem Spiel einer weiteren, ehemaligen Mitarbeiterin. Von den
Jahrgängen her sind alle jünger wie ich, aber es macht sich bei diesen eher
weniger bemerkbar. Sie sind alle sehr weit und reif für ihr Alter. Wir sassen
also da und schauten dem Spiel zu. Mr. Flirty hatte sich auch angekündigt und
ich wusste, dass es wahrscheinlich eher ein anstrengender Abend werden wird.
Mir ist auch bewusst, verletzt mich sein Verhalten,
weil ich eigentlich gedacht hatte, vielleicht etwas „Besondereres“ in seinen
Augen zu sein. Aber ein Mr. Flirty ist nun mal ein charmanter Mann und ich habe
schnell festgestellt, dass er zu allen lieb und nett ist. Und doch ist da etwas
zwischen uns, das spüre ich einfach heraus. Ich kann es einfach nicht wirklich
benennen. Es macht es nicht einfacher, dass er die blonde, hübsche Kollegin
immer wieder als „seine Traumfrau“ betitelt und immer wieder Sprüche kommen,
dass sie sich bei ihm melden solle, wenn es mit dem jetzigen Freund nicht mehr
klappe. Wann sie endlich ein Date hätten und so weiter. Ja, es sind flapsige
Sprüche und wir in dieser „Kollegenrunde“ sind uns die gewohnt. Und doch
schmerzt es, wenn man als ich daneben steht und einfach einmal mehr merkt, was
Männer anscheinend wirklich wollen. Und es ist nun mal so, dass diese blonde
Kollegin wirklich sehr hübsch ist. Eine super tolle Frau, wunderschöne Figur
und halt einfach eine Traumfrau. Das ist Fakt. Aber ständig noch die Sprüche
dazu hören zu müssen… ist für mich persönlich einfach eher schmerzhaft. Und ich
weiss nicht, ob sich die Brünette in der Gruppe da auch teilweise eher unwohl
fühlt. Ich habe sie nicht danach gefragt. Wahrscheinlich eher weniger, wenn sie
ein gesundes Selbstbewusstsein hat.
Es kam die erste Pause und ich sass bei der Tribüne
ganz aussen. Plötzlich bemerkte ich einen Klammergriff um mein Fussgelenk und
schaute erschrocken nach unten. Da stand Mr. Flirty und blickte grinsend
hinauf. Neben ihm sein Kollege und beide meinten, ob wir später auch noch weiter
in eine Bar kämen. Wir sagten zu.
Das Spiel war dann mal fertig und so fuhren wir
los. Zu dieser Bar. Es war zu Beginn okay, wir bestellten etwas zu Essen und
quatschten ein wenig. Naja, bis da wieder die eindeutigen Sprüche seitens Mr.
Flirty kamen und sich an die blonde Kollegin richteten. Später dann fragte er
die Brünette, wie es denn in ihrem Liebesleben so ablaufen würde. Diese
antwortete und fragte bei ihm nach und auch da kam seine Antwort. Es blieb
ruhig in der Runde. Es hatte sich ja irgendwie herausgestellt, dass sein
Kollege ebenfalls Single ist und alle wussten ja, dass die blonde Kollegin
vergeben ist. Nach ein paar Sekunden wurde der Vorschlag in den Raum geworfen,
Dart zu spielen. Ich sass da. Ja, ich hätte keine schlaue Antwort gehabt auf
die Frage, wie es bei mir in Sachen Liebesleben und Männer aussieht. Ja, es
wäre mir unangenehm gewesen. Aber trotzdem sass ich da und dachte mir: okay,
scheint niemanden zu interessieren. Bei zambrottagirlie läuft ja eh nie etwas.
Da muss man schon gar nicht mehr nachfragen! Ich habe mich wirklich in meinem
Gefühl der Unsichtbarkeit bestätigt gefühlt.
Naja, wir spielten dann Dart. Sofort suchte Mr.
Flirty da den Körperkontakt mit der blonden Kollegin (also, wenn ich einen
Freund hätte, würde ich schon längstens mal etwas sagen), aber es scheint halt
in der aktuellen Zeit unter Kollegen so zu sein. Schnell hatte ich das Gefühl,
dass sich das Vierergespann immer mehr fand und ich einfach übrig blieb. Und
ich bin nun mal so: wenn ich das merke, ziehe ich mich zurück. Dann geht einfach
gar nichts mehr.
Ja, ich bin eine eigenständige Frau. Und ja, mir
muss man in Sachen Dart, Bowling und Billiard als Mann nicht mehr wirklich viel
mehr beibringen. Ich glaube, vielleicht lag es auch daran, dass ich da halt
sehr gut darin bin und nicht „Hilfe“ benötige. Wie auch im Volleyball. Ich bin
eine Frau mit harten Aufschlägen und ich liebe es, wenn scharfe Bälle auf meine
Hände prallen oder ich meine Abnahme bei einem harten Smash beweisen muss. Ich
kenne da keine Scheu. Vielleicht denkt sich da ein Mann halt schnell, dass ich
keine Unterstützung (also keinen Helferinstinkt) benötigte.
Es kam der Vorschlag nach Bowling. Ich sagte etwas
wiederwillig zu. Im Wissen, dass mein Gefühl der Unsichtbarkeit wahrscheinlich
eher verstärkt werden würde. Betonte aber, dass ich früh ins Bett müsse, viel
Programm am Sonntag. Die brünette Kollegin meinte ebenfalls, einfach nicht zu
lange. Wir fuhren in der Region zur Bowlingbahn und mussten etwas warten. Wir
spielten also zuerst am Kickerkasten. Wie es der Zufall wollte, hatte ich
gerade einen guten Lauf und Mr. Flirty war begeistert über mein Können. Wir
gewannen haushoch. Die blonde Kollegin und ich wechselten uns dann ab und waren
mit ihm in einem Team. Wir gewannen bestimmt vier Mal haushoch gegen seinen
Kollegen und meine brünette Kollegin. Es machte Spass und ich blühte ein wenig
auf.
Wir machten eine Trinkpause und der Kollege wollte
der blonden Kollegin unbedingt ein Bier ausgeben. Und ja, ich verstehe da die
Männer: sie ist wirklich eine natürliche Schönheit und sie kann ja nichts
dafür. Und doch merkt man halt da ihr junges Alter – ich hätte als vergebene
Frau vielleicht schon eher einmal die Handbremse gezogen. Weil man sendet halt
doch gewisse Signale aus und wenn man zu jedem nett ist… ich weiss ja nicht. Aber
auch da hat jeder Mensch seine eigenen Ansichten und seine eigene Einstellung
zum Thema. Mr. Flirty hatte einen anderen Kollegen erblickt und plauderte ein
wenig mit dem und die brünette Kollegin stand dann auch bei einer Gruppe. Mr.
Flirty’s Kollege, die blonde Kollegin und ich standen dann an einem
Billardtisch gelehnt. Ich war eher der Part, welcher zuhörte und kramte ein
wenig in meinem Portemonnaie herum. Erblickte noch einmal zwei 1-Fränkler und
meinte freudig in die Runde, dass man ja noch einmal Kickern könne.
Meine blonde Kollegin stimmte begeistert zu, der
Kollege meinte nur flapsig: „Klar wotsch du das. Würd ich au welle, wenni immer
gwünne würd. Nei, ohni mich.“ Es hatte keinen wirklich scherzhaften Unterton
mit dabei und wenn es als Scherz gemeint war, kam es für mich nicht so rüber.
Es fühlte isch wahrhaftig wie eine Ohrfeige an. Ich glaube, die blonde Kollegin
merkte an meiner Reaktion, dass mir seine Antwort so gar nicht gefallen hatte.
Ich zuckte einfach mit meinen Schultern, murmelte ein: „denn halt nöd“ und
vergrub meine Münzsammlung wieder in mein Portemonnaie. Sie meinte noch, dass
wir bestimmt noch zu einem Spiel kommen würden. Keine zehn Sekunden später
waren wir zum Glück wieder komplett, meine Stimmung solala und als Mr. Flirty
zum Kickerkasten wollte, war dieser besetzt. So gingen wir zum Zeitvertreib zu
den anderen Flipperkasten und Tataaaaaa: es stellten sich zwei Gruppen aus je
einem Mann und einer Frau zusammen und zambrottagirlie stand da und schaute zu.
Super. Danke auch. Am liebsten wäre ich da schon gegangen.
Es ging zum Bowling. Naja, dort lieferte eine
zambrottagirlie ordentlich ab. Wenn ich spiele, dann richtig. Und ja, auch da
merkte man, dass ich in diesen Dingen selbstständig bin. Mr. Flirty meinte, ich
hätte einen ordentlichen Schuss drauf und ich bedanke mich einfach unsicher
lächelnd. Was sollte ich auch sagen? Dass ich nun mal nicht die hilflose,
zierliche Frau bin, welche bei Männern den Helferinstinkt weckt?
Ich merkte, wie Mr. Flirty mit beiden Ladies
blödelte. Mal hie und mal da einen Körperkontakt startete. Gespräche geführt
wurden. Sein Kollege wollte wissen, ob die blonde Kollegin Geschwister habe.
Wie es bei der brünetten Kollegin aussehe. Ich sass daneben und wartete auf die
Frage. Kam keine. Ich schüttelte innerlich den Kopf und dachte mir einfach gar
nichts mehr dabei. Für mich war es einfach schon gelaufen. Ich lachte bei
gewissen Sprüchen natürlich mit und doch war ich eher ruhig. Komisch ist
einfach, dass, sobald ich mal bei Mr. Flirty einen Annäherungsversuch starte,
dieser auch erwidert wird. Es ist nicht so, dass er dann auf Abstand geht. Es
scheint mir nicht so, als würde er diesen abblocken, nein, sondern gerne
erwidern. Und er hat nach einem Strike auch nach meiner Hand verlangt und diese
so komisch in seine Hand gelegt und dann so getan, als würde er sie „auspeitschen“,
weil sie so gut unterwegs sei. Und ich kenne das halt doch auch von mir. Auch
ich traue mich bei gewissen Menschen nicht, die Initiative in Sachen
Körperkontakt zu starten. Dann lasse ich es lieber sein. Aber sobald diese von
den Menschen kommt, erwidere ich sie umso lieber. Ich bin nun mal schüchtern,
was man gegen aussen im ersten Moment vielleicht so gar nicht denkt.
Mr. Flirty hat eben auch schon gemeint, dass er
eher schüchtern ist. Wenn ihm jemand gefällt. Und irgendwie war er dann mit
seinen Sprüchen halt doch eher als der Charmbolzen in der Gruppe bekannt. Und
auch ich bin gegen aussen kommunikativ und man würde mich nie als schüchtern
einordnen. Aber sobald es um Männer geht, bei denen ich doch anders wirken
möchte, geht gar nichts mehr. Daher kann es schon ganz gut sein, dass auch er
da ein wenig wie ich tickt.
Und doch, in erster Linie habe ich an diesem Abend
nur erkannt, dass er meine beiden Kolleginnen eher mag, wie mich und das ein
Abend ohne mich so gar keinen Unterschied gemacht hätte.
Die beiden Jungs wollten in eine weitere Bar. Mr.
Flirty fragte zuerst die brünette Kollegin, ob sie mitkommen würde. Sie
verneinte. Dann die blonde. Diese war noch unsicher. Wollte wahrscheinlich
meine Antwort abwarten. Es war schon wieder ruhig und innerlich brodelte ich.
Dachte mir, dass ich natürlich wieder als letzte gefragt werden würde und das
bestimmt niemand Bock auf meine Anwesenheit hätte. Und wenn man fragen würde,
wäre es nur aus reiner Höflichkeit. Wir liefen ein paar Schritte und da meinte
Mr. Flirty: „Aber du chunnsch, zambrottagirlie?“ Wie aus der Pistole geschossen
kam von mir: „Nei. Ich muess wükki au langsam hei.“ Am liebsten hätte ich
gefragt, ob meine Anwesenheit einen Unterschied machen würde. Und als letzte
Wahl keinen Bock darauf hätte. Okay, vielleicht übertreibe ich es, aber kann
man sich das nach einem solchen Abend nicht denken, dass ich einfach wirklich
davon ausgegangen bin, das fünfte Rad am Wagen zu sein? Der Kollege meinte
noch, dass er nur kommen würde, wenn meine blonde Kollegin auch mit von der
Partie sei. Innerlich schüttelte ich auch da den Kopf und dachte mir: na klar,
die blonde, hübsche Kollegin. Es ist nicht ihr gegenüber böse gemeint. Ich bin
froh, kenne ich sie und sie ist ein herzensguter Mensch. Ich mag es, Zeit mit
den beiden Frauen zu verbringen. Aber es fühlt sich irgendwie auch nicht schön
an, als Frau immer abgewiesen zu werden. Und dies so offenbar kommuniziert zu
bekommen.
Während die blonde Kollegin noch überlegte,
begannen die brünette Kollegin und ich uns zu verabschieden. Was sollte ich da
noch lang mithören. Als ich wegfuhr, sah ich, dass die Gruppe sich ebenfalls
getrennt hatte. Ich schrieb den Abend einfach ab. Es tat aber meinen Gefühlen
nicht wirklich gut.
An diesem Wochenende war sowieso noch ein Vorfall,
in dem ich mich von meinen Eltern in meiner Entscheidung übergangen gefühlt
hatte. Es hat sich also einiges angestaut. In Sachen Therapie hatte ich über
eine Aussage meiner Therapeutin auch noch die Schnauze voll und ja, es ist dann
schwierig, sich von all diesem Scheiss abgrenzen zu können.
Ich wusste, dass ich der Gruppe am Freitag wieder
begegnen würde. Eine Mitarbeiterin hatte ihren letzten und uns alle in eine Bar
eingeladen. Ich überlegte also schon zu Beginn der Woche, ob ich daran
teilnehmen wollte, oder nicht. Genau mit dem Wissen, was es wieder alles in mir
auslösen würde. Ich wollte ganz klar auf Distanz. Ja, ein Abend hätte mir auch
das Gegenteil beweisen können. Aber ich fühle mich ja sonst schon so unsichtbar
und wenn ich an einem Abend Bestätigung (in meinen Augen durch welche Art auch
immer) erhalten hätte, würde es nur schwieriger werden. Ich weiss, es ist
wirklich schwer nachvollziehbar. Aber es ist ja nicht seit gestern so, dass ich
mich unscheinbar fühle. Und ich hatte monatelang Zeit, Bestätigungen
einzusammeln. Und dieser Selbsthass und dieser Kritiker sind extrem stark und
gut darin, mich immer schlechter fühlen zu lassen. Und irgendwann einmal habe selbst
ich nicht mehr die Lust, dagegen anzukämpfen. Da sind dunkle Gedanken einfach
der leichtere Weg. Ich habe einfach keine Kraft mehr für und keinen Bock mehr
auf weitere 30 Jahre in diesem Zustand.
Einzig das Hungern ist im Moment stabil und gibt
mir „Kraft“. Ich spüre, wie mein Körper sich verändert und ich übertreibe es
mit Schwimmen und Volleyball. Da funktioniere ich einfach. Keine Gedanken,
keine Gefühle. Da klappt es. Und das benötige ich. Einfache Dinge die so
laufen, wie ich will. Lange hatte ich das Gefühl, dass sich durch das Hungern nicht viel ändert. Viele Menschen
erzählen immer von neuen Hosen und Blusen, sobald sie ein paar Kilo zu- oder
abnehmen. War bei mir nie der Fall.
Nun das erste Mal bewusst geworden ist es mir beim
Hosenkauf in der letzten Woche. Dass ich da wirklich 1 (bis mittlerweile fast
knapp 2) Kleidergrössen verloren habe. Vor allem der Bauch ist extrem
zurückgegangen.
Es kam der letzte Freitag. Ich war wirklich lange
unschlüssig, ob ich gehen würde. Es fragten einige nach, aber ich dachte mir
einfach, dass sie dies einfach so machen würden. Ich weiss auch nicht, warum
ich dann doch Vorbereitungen traf und schlussendlich spätabends doch noch dort
eintraf. Und auch da hatte ich das Gefühl, dass sich Menschen freuen, mich zu
sehen. Dass ich auch mit dabei war. Ich begrüsste einen nach den anderen und
als ich mit der brünetten Kollegin kurz etwas besprechen wollte, zog mir
plötzlich jemand an den Haaren. Mr. Flirty stand da und schien etwas vor mir zu
verstecken. Ich gab ihm die drei obligatorischen Küsschen und irgendetwas
zeigte er mir dann. Ich kam nicht wirklich nach, was genau. Ich gab mich eher
etwas reserviert und beobachtete die Runde. Begrüsste noch ein paar andere und
hörte der Musik zu. Hatte ständig das Gefühl, die blonde Kollegin wollte mich
ansprechen, traute sich aber nicht. Und auch an diesem Abend merkte man
einfach, wie die Männerwelt „Freude“ an ihr hat. Und ich kann es verstehen. Sie
ist wirklich eine natürliche Schönheit und doch ist es als Danebenstehende
nicht immer einfach. Ich glaube, es wäre einfacher, wenn ich nicht so
vorbelastet wäre in Sachen Männer. Wenn ich das Flirten bzw. das Anmachen auch
vermehrt erleben würde. Wenn es „ausgeglichener“ wäre. So hat man einfach jedes
Mal die Bestätigung, dass man wirklich unsichtbar ist und halt einfach nicht
wirklich der Typ, auf den Männer stehen.
Es kam, wie es kommen musste. Plötzlich standen Mr.
Flirty, die blonde und die brünette Kollegin sowie ich in einer Runde. Es war
wirklich eher eng und irgendwie stand ich Mr. Flirty direkt gegenüber. Ich habe
keine Platzangst, aber fühlte mich nicht wirklich wohl und als ich wieder
bemerkte, wie er mit der brünetten sowie blonden Kollegin herumwitzelte und
tänzelte (nur ich aussen vor blieb), ging der Laden schon runter. Ist ja klar,
dachte ich mir. Warum auch sollte er sich die Blösse geben. Aussen vor belasse
ich dabei immer, ob ich überhaupt mitgemacht hätte oder nicht. Aber ich hatte
einfach eine Bestätigung mehr. Irgendwie ergab es sich dann, dass die blonde
Kollegin etwas bei der Bar abladen wollte und ich neben Mr. Flirty stand und
irgendwie lief es ganz komisch ab, dass sich plötzlich die blonde Kollegin
neben mir befand und sich ein Kreis schloss. Einzige aussen vor war ich.
Und ja, jeder andere Mensch hätte vielleicht
darüber gelächelt. Aber für mich war es einfach ein Schlag ins Gesicht. Es ging
einfach gar nichts mehr und ich wollte einfach nur weg. Ich ging Richtung
Toilette und atmete da einfach ein paar Mal tief durch. Und als ich wieder von
der Toilette hoch kam, wollte ich nicht zur Gruppe zurück. Ich benötigte
einfach ein paar Minuten für mich. Ich, ein Getränk und meine Ruhe.
Ich weiss nicht mehr, ob es lange dauerte oder
nicht. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Aber plötzlich standen die zwei
Kolleginnen neben mir und meinte, sie hätten mich gesucht. Ich lächelte etwas
verschämt entschuldigend, sagte aber nichts weiter. Sie wollten sich dann
hinsetzen und ich schloss mich ihnen an. Mr. Flirty war schon wieder in der Bar
unterwegs, er war sowieso eher weniger bei uns. Aber wenn, dann hatte ich jedes
Mal das Gefühl, dass ich einfach anders behandelt werde. Und ich kann es
einfach nicht zuordnen und solche Dinge sind einfach nicht wirklich einfach für
mich. Ich kann damit nicht umgehen. So bin ich nun mal gemacht.
In der Zwischenzeit hatten sich zwei weitere Herren
dazugesellt. Ganz nette, junge Männer. Beide hatten Freude an der blonden
Kollegin (was auch sonst ;-)) und ja, ich war erstaunt, wie ich doch ein paar
Sprüche auf Lager hatte. Meine Blonde Kollegin meinte, dass der einte Typ keine
Distanz kennen würde beim Reden – „de chunnt mer extrem nöch, zambrottagirlie!“
Naja, ich erwiderte ihr lachend, dass die junge Generation in meinen Augen
Körperdistanz an sich nicht wirklich kennen würde. Es war alles okay, bis der einte
– wenn auch wirklich ungewollt – sein Bier über meinen Unterarm und etwas auf
die Hose schüttete. Er entschuldigte sich sofort und was sollte ich gross
anderes sagen, wie, dass es schon okay sei. Innerlich aber dachte ich mir nur,
dass es ja wieder typisch ist, dass genau ich übersehen werde. Es musste ja so
kommen! War ja klar, dass man über mich das Bier schüttet. Ich hatte keinen
Bock mehr. Und als der Typ meine beiden Kolleginnen immer mehr vereinnahmte und
ich einfach da sass, stand ich auf, holte meine Jacke und begab mich wieder zur
Gruppe. Meine Kolleginnen meinten sofort, sie hätten mich schon wieder vermisst
und was ich mit der Jacke wolle? Ich meinte, es sei Zeit zum Gehen.
Ich begann mit der Runde, die meisten meinten „ach,
wie schade!“ und innerlich dachte ich mir nur: „Jaja, wie schade. Aber keinen
ganzen Satz habe ich mich euch gewechselt“. Naja, das Beste an diesem Abend war
dann ja der gewisse Mitarbeiter. Der hatte ordentlich gebechert und als ich am
Abend gekommen war, hatte der solche Freude daran gehabt. Beim Abschied meinte
er nur, wie schade es doch sei und anstatt mir die Küsschen auf die Wange zu
geben, liess der sich richtig auf mich sinken! Ich stand da, total perplex und
er lehnte sich mit seinem Kopf so richtig an meiner Schulter und umarmte mich.
Es würde sich alles drehen, meinte er. Ich klopfte ihm auf die Schulter und
meinte nur: „Denn trüll dich mit!“, schob ihn von mir und verabschiedete mich
auch vom Rest.
Ich weiss, im Nachhinein und auch während dem
Tippen ist mir vieles aufgefallen. Vor allem in Sachen Ursache und Handlung und
der daraus wieder entstehenden Handlung. Ich hatte sowieso schon das Gefühl,
unsichtbar zu sein. Mein Kritiker hatte in seinen Augen viele Bestätigungen und
da konnte man mir ja schon fast nicht mehr das Gegenteil beweisen. Für mich war
dann alles eine Bestätigung. Ich weiss. Ich weiss es ganz genau. Und auch
während dem Tippen ist es mir wieder bewusst geworden.
Wie gesagt. Theoretisch ist mir vieles bewusst.
Aber ich habe einfach keine Kraft mehr auf diesen ganzen emotionalen Stress und
diesen Stuss. Auf diesen ständigen Kampf und uäch. Ich will einfach nur
funktionieren. Einfach nur das.
Heute Abend ist Abschied von der Sportkollegin
angesagt. Die brünette Kollegin hat mich schon angefragt, ob ich auch komme.
Aber ich werde bewusst nicht dorthin gehen. Es tut mir leid, aber ich brauche
von gewissen Menschen einfach Abstand. Und das zählt aktuell Mr. Flirty. Klar,
ich überlege, ob ich sie morgen doch nach der Arbeit kurz noch umarmen gehen
soll – sie geht drei Monate ins Ausland. Aber auch da arbeitet sie mit Mr.
Flirty in einem Büro. Und ich muss mir einfach immer wieder selbst sagen: was
würden diese Menschen im Gegenzug für mich tun? Und ich entscheide mich heute für
mich. Und mein Seelenwohl. Wie das auch immer aussieht. Aber es ist einfach so,
wie sich danach wieder mit Gefühlen und Grübeleien auseinandersetzen zu müssen.
So,
das musste dringend raus. Und ich werde mich dafür nicht entschuldigen, weil es
meine Plattform ist und es danach aussieht, als wäre dies schon lange dringend
nötig gewesen. Anvertrauen kann ich es kaum jemandem. Schon gar nicht meiner
Therapeutin. Weil ich mich in diesem Bereich (vor allem Männer) von ihr nicht
verstanden fühle. Eher in die Ecke gedrängt.
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