Dienstag, 18. April 2017

kämpfen, kämpfen, kämpfen

Letzte Woche war, wie bereits angetönt, eine sehr intensive Woche für mich. Viele Entscheidungen sind getroffen worden und irgendwie bin ich immer noch nicht wirklich anwesend.

Mein Plan war es eigentlich, diese Woche... ja was? Schluss zu machen? Einfach zu gehen? Einen Schlussstrich zu ziehen? Es ist schwer nachvollziehbar, ich weiss. Und solche Gedanken und Empfindungen können nur Menschen nachvollziehen, welche in etwa das Gleiche wie ich durchmachen. Ein Selbstmord oder der Gedanke daran ist für das Gehirn und die depressive Person immer eine "Lösung" und eine "Befreiung". Bei mir zumindest ist das so. Denn ich denke nicht an das Danach - und dass ein Suizid endgültig ist. Für mich war meine Auszeit in Köln in dieser Woche schon lange geplant. Und es war immer mein Anker. Meine Auszeit. Meine Erlösung. Und ich wollte es einfach darauf ankommen lassen, wie ich mich in Köln entscheide. Das Necessaire habe ich fleissig mit Medikamenten gefüllt. Und ja, wenn so gar nichts mehr ging, dachte ich an Köln. Und an meine Erlösung. Und das gab mir "Kraft", so absurd es klingt. Aber es führte dazu, dass ich alles einfach mit mir weiter zog und weiter kämpfte.

Letzten Donnerstag hatte ich frei und machte mit Schila den langen Spaziergang bis zu meinem Baum, welchen ich für Grossdäddi ausgesucht habe. Wenn ich richtig schnell laufe, habe ich gute 40 Minuten. Und das ist dann wirklich ein strammer Schritt. Ansonsten kann ich gute 50 - 60 Minuten für diese Strecke aufbringen. Ich stand da und dachte mir einfach, dass ich nun etwas machen muss. Sprach zu Grossdäddi und bat ihn darum, mir ein eindeutiges Zeichen zu schicken. Damit ich wisse, welchen Weg ich gehen solle. Ob mühsam weiterkämpfen oder in Köln einfach endlich gehen zu können / zu dürfen.

Ich hatte am Nachmittag dann Therapie. Kam schon dementsprechend angespannt an. Meine Therapeutin liess sehr schnell durchblicken, dass sie mich einweisen wolle. Ich war baff. Und merkte, dass ich das einfach nicht noch einmal durchstehe. Von Anfang an alles nochmals durchmachen - nein. Das schaffe ich einfach nicht noch einmal. Körperlich und seelisch, aber auch mit meinem Umfeld nicht. Das geht einfach nicht. Das will ich nicht.

Der Knoten platzte und ich konnte ihr einfach irgendwie erklären, dass dies nicht geht. Das ich sonst schon das Gefühl habe, eine Versagerin zu sein und dieses Gefühl habe ich ja schon sehr lange auch meiner Familie gegenüber. Ich könne einfach nicht von Vorne beginnen.

Deal war, dass ich zu Hause mein Necessaire abgeben und meiner Mutter von Köln erzählen würde. Ich wollte es zuerst niemandem sagen und einfach abhauen. Keine Ahnung, warum. Vielleicht in der Hoffnung, dass die Menschen vielleicht ein wenig "aufwachen" um mich herum. Viele sehen zwar, dass es mir nicht gut geht. Aber mir fehlt das Gefühl, dann auch wahrgenommen und ernst genommen zu werden.

In diesem Moment musste ich mich bewusst für das Leben entscheiden. Es war schwierig. Und als ich zu Hause ankam, wollte ich einfach nicht mehr darüber sprechen. Meine Mutter hat es respektiert, aber ich glaube, sie hat auch mit Schrecken realisiert. Ich habe das Necessaire abgegeben und ihr von Köln erzählt. Wir haben uns beide bei meiner Therapeutin gemeldet und...

... ja und. Wie geht es mir nun dabei? Wie habe ich mich danach gefühlt?

Es ist schwierig, zu beschreiben. Zu Beginn war da einfach eine Leere. In der Therapie selbst schien es mir, als wäre eine riesen Last von meinen Schultern gefallen. Plötzlich war der Magen leer, kein schwerer Klumpen darin. Zu Hause angekommen wollte ich nichts darüber erzählen, den weiteren Ballast einfach loswerden. Ich schnappte mir Schila und wir liefen gemeinsam los. Ich nahm unbewusst den starken Fliederduft wahr, den der Wind mir zu wehte (was ich schon lange nicht mehr bewusst wahrgenommen, eigentlich wie fast alles um mich herum nicht mehr...). Das Zirpen der Grillen. Das Zwitschern der Vögel. Es war bewusst da und ich merkte, wie der Teil, der Leben will, mir dies auch signalisierte.

Schila ist nach wie vor anhänglich und ja, es war schwierig. Auch am Freitag, als ich noch ein weiteres Mal weit mit Schila war und auch weitere Dinge bewusst wahrnahm. Es ist und bleibt da der teil, der zweifelt. Der einfach keine Kraft mehr hat. Welcher sich alles einfach anders vorgestellt hat und seit ich dreissig bin, macht dieses Hadern noch viel weniger Spass und es ist einfach teilweise nicht mehr schön. Es raubt mir jegliche Kräfte.

Vor allem ist da der Teil, der mich schon fast verhöhnt. Der sagt, wie naiv ich doch bin, dass ich mein Maul geöffnet habe. Das ich mich anvertraut habe. Das dies DIE Chance gewesen wäre, zu gehen. Dass es diesmal geklappt hätte. Vor allem, weil ich ja immer wieder bereue, dass ich mich vor genau zehn Jahren nicht schon für diesen Schritt entschlossen habe, dem ich auch so verdammt nahe war. Und dieser Teil wiegt aktuell sehr schwer.

Ich bin vielleicht spürbarer im Moment - ziehe mich aber auch extrem zurück. Vor allem bei all diesen Frühlingsgefühlen. Mir ist bewusst, muss ich in Zukunft vieles akzeptieren. Menschen gehen ihren Weg. Gehen Beziehungen ein, kriegen Kinder oder gründen einfach so ihre Familie. Ich weiss, dass dies der Gang des Lebens ist. Aber es schmerzt, da aussen vor gelassen zu werden. Und ich weiss es bzw. bin einfach tief davon überzeugt, dass ich all dies nie erleben werde. Das ist einfach irgendwo tief in mir verankert, dieses Wissen.

Akzeptieren geht. Aber dieses miese Gefühl, welches folgt... es tut einfach nur höllisch weh. Und daraus folgt ein "warum immer ich?" und diese Resignation. Ich scheine einfach überall unsichtbar zu sein. Selbst beim Karma.

Am Freitag war ich mit Laura und der blonden sowie brünetten Kollegin unterwegs. Wir waren eine reine Frauenrunde und ich habe gespürt, wie gut es mir tat. Kein Mann, welcher irgendetwas in mir aktiviert, was mich einfach nur noch schlechter fühlen lässt. Ich glaube, es ist Gift für mich, mit einem oder mehreren Männern in der Runde Zeit zu verbringen und den Vergleich zu haben, wie sie mit meinen Kolleginnen und wie sie mit mir umgehen. Das macht ein Umgang mit ihnen nur noch schwerer und mein Kritiker erhält ordentlich negative Nahrung. Mein Selbstwert sinkt und der Selbsthass steigt. Es war ein guter Abend. Keine Vergleiche. Kein "wie geht er mit ihnen um und wie mit mir?" und ja, ich glaube, es liegt halt auch hauptsächlich daran, dass Mr. Flirty anscheinend auf einen anderen Typ Frauen steht und dies offen vor mir kommuniziert. Und nicht weiss, dass sein Verhalten bei mir vielleicht Hoffnung ausgelöst hat.

Am Samstag war ich wieder nur mit der blonden und der brünetten Kollegin unterwegs und ja, es hat mir wirklich gut getan. Da waren keine Zweifel. Da war ich einfach ich und ich hatte das Gefühl, genau so angenommen und für mein Ich geschätzt und geliebt zu werden.

Es kam gestern. Und Mr. Flirty wollte wissen, wer spontan bei einem Kinoabend dabei war. Ich muss etwas ausholen. Ich ging an einem Morgen zu meinem früheren Geschäft, um noch restliche Unterlagen abzuholen. Ich besuchte sein Büro und er nahm mich sofort ein und wir gingen in die Kaffeepause. Da kamen wir auf den nächsten Gruppenevent zu sprechen und er meinte ein paar Aktionen, welche ich auch schon lange machen möchte. So kamen wir auch auf einen Kinofilm zu sprechen, den ich zwar nicht seit Beginn an verfolge, aber total im Bann bin seit dem fünften Teil. Und bevor ich überhaupt etwas organisieren konnte, hatte er bereits eine Umfrage in unserem Namen gestartet.

Irgendwie waren die Tage nicht wirklich so gut ausgewählt und ich hatte mich dann zwischenzeitlich auch extrem zurückgezogen. Dieser Tag im Kaffeeraum war vor diesen zwei Erfahrungen mit ihm im Ausgang, bei dem ich mich in der Gruppe extrem unsichtbar gefühlt hatte. Und als diese Sprüche mit der blonden Kollegin dann auch noch folgten, musste ich einfach die Notbremse ziehen und mich einfach komplett zurückziehen. Ich weiss nicht, ob es ihm aufgefallen ist. Fakt ist einfach, dass er dann vor etwa einer Woche den Gruppenevent offiziell abgesagt hatte, aber explizit erwähnt hatte, mich beim geplanten Film gerne zu begleiten. Irgendwie ging das dann unter und ich meldete mich auch bewusst nicht.

Denn ich fand, dass er sich auch persönlich bei mir melden hätte können - er hat meine Nummer und macht das bei den anderen Kolleginnen ja auch. Ich hielt mich einfach wirklich zurück. Er fragte dann letzte Woche vor Ostern noch einmal nach und wir merkten schnell, dass es nicht klappt, dass alle können. Ich meinte dann auch, dass sie ruhig ohne mich gehen könnten, dass dies kein Problem sei. Und so habe ich es auch gemeint. Denn eigentlich wollte ich noch länger auf Abstand gehen. Vor allem, nachdem ich gemerkt habe, wie gut es mir nach der Frauenrunde ging. Ich weiss, früher oder später muss ich mich wieder der Tatsache stellen, dass auch männliche Begleiter anwesend sind. Aber es tut einfach weh, mitzubekommen, dass man einfach nur eine Begleitung ist und die Aufmerksamkeit überall sonst verteilt wird.

Gestern schrieb er noch einmal spontan in den Gruppenchat und irgendwie kamen wir dann doch auf eine Anzahl von vier - blonde Kollegin einbegriffen. Ich habe das Gefühl, dass er sich bewusst ist, dass ich wohl eher sensibel bin. Denn im Gruppenchat hatte er, bevor sich noch zwei weitere angemeldet hatten, gemeint, dass er nicht "alleine ins Kino sitzen würde" und ich bezog dies sofort auf mich. Dachte mir: kein Wunder, möchte der nicht mit dir alleine ins Kino sitzen. Schau dich doch mal an. Viel wichtiger erschien mir dann jedoch die Frage, ob ich dies überhaupt wollte?

Die Situation klärte sich dann, als wir nach dem Kinofilm zum Auto liefen. Er meinte, wie cool das sei, dass wir so spontan eine Gruppe zusammengebracht hätten. Darum hätte er ja gemeint, dass er so ganz alleine nicht ins Kino sitzen würde. Das würde er niemals machen. Da merkte ich, dass er es wirklich so gemeint hatte, wie geschrieben. Ich aber Etliches dazu interpretiert hatte.

Zurück zum Kino. Ich holte die blonde Kollegin ab und dann Mr. Flirty. Und ja, es kamen zum ersten Mal keine blöden Sprüche und ich hatte auch das Gefühl, als wäre er um mein Wohl bemüht. Er sagte es nicht, zeigte es aber. Er lachte über meine Sprüche und ja, ich glaube, ich konnte einfach so sein, wie ich bin, wenn ich mich wohl in einer Runde fühle und er hat vielleicht auch wieder einmal diese Seite von mir wahrgenommen. Umso erstaunter war ich, als er meinte, ob wir wieder nebeneinander sitzen würde, wäre letztes Mal doch lustig gewesen. Innerlich kamen da sofort die Zweifel und die Grübeleien, aber ich bremste mich. Einfach nehmen, wie es ist.

Und ja, im Kino sass ich dann wirklich neben ihm. Es war nicht so, als hätte er mich total ausgefragt, aber es gab doch wieder mal einen Satz und auch sonst hatte ich einfach so das Empfinden, dass es ihm wichtig war, dass ich mich wohl fühle. Aber ich ging einfach bewusst auf körperlichen Abstand. Klar war da ein Teil, der es schön fand, wenn per Zufall der Ellbogen meinen Arm streifte oder umgekehrt. Aber ich drückte mich bewusst im Stuhl einfach ein wenig weg. Das kann und sollte ich im Moment nicht zulassen.

Auch beim Zurückfahren meinte Mr. Flirty dann im Auto, dass wir uns nun eine Weile nicht sehen würden. Ich sei ja in den Ferien ab Donnerstag und er danach im Militär. Klar, ich dachte mir dann schon, warum er dies nun so erwähnen muss. Vor allem, weil er meine Nummer hat und wenn ihm danach ist, bringt er eine Gruppe schnell zu Stande. Aber da folgt dann ja nichts. Ich finde einfach, Taten wiegen teilweise mehr wie Worte. Und auf der anderen Seite sollte ich vielleicht einfach endlich einmal akzeptieren, dass er vielleicht die Worte ehrlich meint und mich als Person an sich schätzt und gerne Zeit mit mir verbringt. Wie weibliche Kolleginnen auch. Aber mehr halt dann auch nicht. Daher habe ich ihm zum Schluss im Auto nur die Hand gegeben und mich nich zu einer Umarmung "verrenkt".

Natürlich habe ich diese Nacht nicht wirklich viel geschlafen. Es ist nicht so, dass ich verliebt bin. Nein. Ich war auch nie verguckt. Da habe ich meine Gefühle sehr gut im Griff. Und doch war da vielleicht die Hoffnung, dass ein mann doch mehr Interesse an mir haben könnte. Um dann zu merken, dass es doch eher die blonde, schlanke Kollegin ist. Es macht es nicht einfach. Wobei ich davon überzeugt bin, dass ich die ersten Schritte bei ihm wagen könnte. Ich glaube, er ist da wie ich. Es gibt Menschen, bei denen Starte ich den Körperkontakt problemlos. Bei anderen müssen zuerst die anderen "ran". Ich erwidere diesen Körperkontakt dann meist auch, die Hürde ist einfach eher gross, um diesen zu starten. Und ich schätze ihn in dieser Hinsicht auch so ein, dass ich von mir aus gerne starten darf und er sich vielleicht eher unsicher ist, ob er überhaupt einen Körperkontakt bei mir starten darf.

Fakt ist: so, wie er gestern war, habe ich ihn schon lange nicht mehr erlebt. Und es tat einfach gut, so genommen zu werden, wie ich bin. Er hat über so manchen Spruch gelacht und ja, es hat einfach gut getan, als Frau ernst und wahrgenommen zu werden. Und einfach auch das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass es ihm wichtig war, dass es mir gut geht.

Ob er einfach gestern so war, wird sich zeigen. Aber irgendetwas sagt mir, dass es ihm vielleicht nicht entgangen ist, dass ich mich zurückgezogen habe. Und das er vielleicht auch gemerkt hat, dass mein Teil in der Gruppe fehlt. Und natürlich frage ich mich, ob er sich meines Gewichtsverlusts bewusst geworden ist. Mein Grosi hat mich die letzten drei Wochen nicht gesehen. Und meinte, dass man diesen Sprung nach unten in der letzten Zeit erst jetzt extrem gut sehen würde.

Es war einerseits ein sehr schöner Abend gestern. Vor allem, weil ich mich mit der blonden Kollegin sehr gut und lange noch im Auto unterhalten habe. Und weil ich einfach das Gefühl hatte, Teil der Gruppe zu sein. Und das es wirklich so schien, als wären meine Bedürfnisse der Gruppe wichtig, vor allem Mr. Flirty. Das wir, wie abgemacht, den Film zusammen sehen. Das wir uns wieder einmal gesehen haben etc. Und doch hat es wieder viel an Selbstzweifeln ausgelöst.

Es war einfach eine sehr strenge Woche. Mit vielen Entscheidungen und Erfahrungen. Vor allem, welche den Entschluss fürs Leben eher bestärken, was meine Grundsätze sehr zum wanken bringt (dass mich niemand mag, niemand braucht und ich einfach nur unsichtbar und falsch bin). Und jetzt muss ich los Richtung Volleyball!

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