Mittwoch, 12. November 2014

wir kinder vom bahnhof zoo

Seit langem mal wieder eine Biografie und kein  Krimi von Franz, Fitzek oder Strobel. Was mir einfach sehr aufgefallen ist: unter der Woche lese ich kaum. Dabei entspannt es mich enorm. Aber meist liege ich ins Bett und schaue mir die Folgen von „Verliebt in Berlin“ an. War halt einer meiner Lieblingssoaps :-).
 
Wenn ich dann lese, dann meist an einem Sonntag nach dem Mittagessen, wenn alle ihre Siestas halten und ich nicht wirklich müde bin nach dem Ausschlafen, hehe…
 
Zum Klappentext:
 
Mit zwölf kam sie zum Haschisch, mit dreizehn zum Heroin. Sie wurde süchtig, ging morgens zur Schule und nachmittags mit ihren ebenfalls abhängigen Freunden auf den Kinderstrich am Bahnhof Zoo, um das Geld für die Droge zu beschaffen.
 
Christiane F. berichtet mit minuziösem Erinnerungsvermögen und rückhaltloser Offenheit über Schicksale von Kindern, die von der Öffentlichkeit erst als Drogentote wahrgenommen werden. Inzwischen lebt sie wieder in Berlin. Den Kampf gegen die Drogen hat sie immer wieder von Neuem geführt - vor Rückfällen ist kaum ein ehemaliger Junkie sicher.
 
Meine Meinung:
 
Ein grosser Bestandteil dieses Buches sind die Entzüge und Rückfälle von Christiane F. Schön wird geschildert, wie schleichend der Prozess zur Haschischdroge und dann zum Heroin war. Wie schnell eine Verharmlosung zu einem Teufelskreis werden kann.
 
In vielen Punkten habe ich mich selbst erkannt. Es ist und bleibt ein Suchtverhalten und vieles zeigt sich da ähnlich - wenn auch die Konsequenzen nicht überall gleich sind. Von der Kaufsucht kann ich nicht sterben. Die schlimmste Konsequenz ist der finanzielle Ruin. Beim Essen wird es schon schwieriger. Und bei Drogen… ich stelle mir eine Drogensucht als einer der schwierigsten und härtesten Gegner vor. Denn du kommst immer irgendwie da ran.
 
Bei einer Kaufsucht kannst du deine Karte ab einem Minimalbetrag im Monat sperren lassen. Du gehst nur mit einer Person einen gewissen Betrag für die Woche abheben. Du kaufst nur noch mit einer Begleitung. Beim Essen ist es teilweise schwieriger. Ich achte dann vor allem auf die Produkte, die ich kaufe. Bewusst viel Gemüse und Früchte sowie Joghurt, um den Magen richtig voll zu kriegen.
 
Was Christiane F. immer wieder so treffend berichtet hat: man macht einen Entzug und möchte nur noch einmal einen Druck. Nur noch einmal - als Belohnung und um sich zu beweisen, dass man es auch ohne kann. Einmal kann doch nicht schädlich sein, und man hat es ja im Griff, wenn ein Snief pro Tag reicht bzw. man nicht jeden Tag Heroin konsumiert.
 
Ich habe mich ertappt gefühlt, und das ordentlich. Schnell denke ich: ach, nur eine Hose heute kaufen. Und morgen die Bluse. Nur noch die. Mit der liebäugele ich doch schon so lange und ich warte ja schon lange mit dem Kauf. Die habe ich mir wirklich verdient. Nur noch die. Dann räume ich den Schrank ordentlich aus und werde eine Weile nichts mehr kaufen. Der Tag heute ist ja eh nicht so toll verlaufen, lass dem Frust also doch seinen Lauf. Obwohl… heute war ein wirklich toller Tag, ich habe vieles bewältigt, ich leiste mir mal was! So geht es auch beim Essen. So war es oft beim Ritzen.
 
Das Buch ist in den Medien oft erwähnt worden und daher habe ich doch lange suchen müssen, bis ich es gefunden hatte. Und um ehrlich zu sein: so sehr mich das Buch am Anfang gepackt hat, so sehr war ich am Schluss enttäuscht.
 
Klar, dahingestellt sei nun, ob ich zu heftig mit Menschen ins Gericht gehe, weil ich ein Kontrollfreak bin, weil es bei mir auch kontrollierter zu und her gehen muss, weil ich eine gewisse Ordnung mag. Weil ich hohe Ansprüche an mich selbst stelle.
 
Was eher der Grund ist, ist wohl, dass ich ein Happy-End erwartet hätte. Und in diesem Buch geht es einfach wirklich hauptsächlich um die Zeit in der Szene von Christiane F. Sie hat wohl ein Buch „danach“ veröffentlicht, aber das werde ich  mir nicht leisten.
 
Teilweise konnte man nur ohnmächtig während dem Lesen zuschauen, wollte Verständnis aufbringen und war doch hilflos. Es ist kein einfaches Thema und ich denke, mein Wunsch wäre es gewesen, sie wäre nach dem ersten Entzug sofort clean gewesen. Aber wie so oft: Wunschdenken.
 
Es zeigt die harte Drogenrealität. Und wie knapp Christiane F. dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Und doch kam sie von der Szene weg und landete wieder bei den „weichen Drogen“. Da bleibt die Frage, ab wann ist man wirklich clean. Dies bezeichnet jeder für sich.
 
Und ich denke, dass ist wie beim Einkaufen: komplettes Verbot bringt einen nicht weiter. Und Verlockungen in Sachen Suchtverhalten sind überall. That’s life.
 
Ich werde das Buch nicht noch einmal lesen. Wenn, dann verschenke ich es weiter. Ich persönlich war enttäuscht und wahrscheinlich war es auch zu harter Toback. Bei einem Krimi kann es auch sein, dass ich mich hilflos fühle. Aber da weiss ich, geht es um einen Krimi. Klar, es kann auch in der Realität mal vorkommen, aber schlussendlich ist und bleibt es ein Krimi und ich habe nichts damit zu tun.
 
Aber eine Biografie ist eine Lebenserzählung. Und das macht mich unheimlich traurig und ich selbst wüsste nicht, wie damit umgehen. Es zeigt einfach, wie hilflos man selbst gegenüber der Sucht steht. Wie man Hilfe möchte und doch keine Kraft hat. Und vor allem: wie es den Menschen in der Umgebung damit geht…

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