Mittwoch, 7. Oktober 2015

cool down & daumen drücken

Gestern war wohl mein verschissener Tag der Woche. Ich hoffe, dass es nur der gestrige bleibt und sich der heute nicht auch so entwickelt. Es war einfach nur doof.

Zuerst aber noch mein heutiger Tag. Ich habe mein Mitarbeitergespräch in ein paar Stunden und ja, es graut mir davor. Dementsprechend hatte ich wenig Schlaf diese Nacht und so einen dummen Traum, an den ich mich eh nicht erinnern kann. Ich möchte nämlich ehrlich sein und meine Vorgesetzte damit konfrontieren, was ihr persönliches Problem mit mir ist. Natürlich alles auf respektvoller Ebene. Aber das ist nicht alles.

Bei uns in einer speziellen Abteilung hat eine Mitarbeiterin gekündigt. Ich arbeite ja drei Tage in der Woche und mein Maximum ist vier Tage. Sie arbeitet jedoch zwei Tage, was dann ja Vollzeit für mich bedeuten würde. Ich hatte es eh schon im Gefühl, dass man auf mich zukommen würde. Und prompt sprach mich meine Vorgesetzte letzte Woche darauf an. Ob ich mir auch 90% vorstellen könne, weniger läge in der betreffenden Abteilung nicht drin.

Ich erhielt Bedenkzeit. Wusste aber schnell, dass ich es ausschlagen werde. Klar, ich schätze es, denkt man dabei an eine interne Lösung und an mich. Ich erwähne ja immer wieder, dass ich auf vier Tage aufstocken möchte. Aber da gibt es ein grosses Aber: es ist nicht meine Abteilung. Ich habe meine persönlichen Probleme mit der Vorgesetzten dort und ich habe intern schon so vieles mitbekommen. Und ich bin mittlerweile stark und weit genug, dass ich mein Wohlsein und meine Gesundheit für niemanden mehr aufs Spiel setze. Ich habe es einmal gemacht und durfte mich die letzten sieben Jahre ins Leben zurück kämpfen. Es war ein harter, langatmiger und steiniger Weg. Und die Vorgesetzte ist in etwa von der Art her wie meine aktuelle Vorgesetzte. Und doppelten Stress halte ich einfach nicht aus. Wäre es auf persönlicher Eben einfacher mit der anderen bzw. meiner jetzigen Vorgesetzten, könnte ich es irgendwie "durchziehen", es wäre ja für mich dann kein Problem, für einen Tag damit klarzukommen. Aber so, wie es aktuell läuft? Nein, da muss ich ganz klar für mich einstehen. Und da ich auch noch weiss, was so vorgefallen ist, verschliesst sich alles in mir. Mutti habe ich es erzählt. Sie steht hinter mir, was meine Entscheidung betrifft. Es wird sich ein Türchen für mich öffnen. Aber nicht dieser hier.

Ich wollte es meiner Chefin heute erklären am MAG. Sie kam jedoch bereits gestern zu mir. Und wollte wissen, was ich so überlegt hätte. Und ich wusste genau, dass sie versuchen würde, mir ein schlechtes Gewissen einzureden bzw. mir das Gefühl des schlechten Gewissens zu vermitteln. Ich meinte ehrlich zu ihr, dass ich es schätzen würde und prinzipiell ja auch aufstocken wolle. Aber dass 90% für mich persönlich einfach zu viel sind.

Warum schauen einen Menschen dann immer an, als hätte man nicht alle Tassen im Schrank? Warum müssen junge Menschen immer Vollzeit arbeiten? Ich würde mit 80% ganz gut alleine über die Runden kommen und es arbeiten heutzutage so viele Menschen Teilzeit. Warum dürfen das Frauen in meinem Alter mit einem Partner, aber Singles nicht? Was machen da zwei Jahre Altersunterschied aus? Warum darf ich nicht selbst für mein Leben entscheiden? Zudem muss ich ja nicht allen meinen Werdegang unter die Nase reiben und mich dafür rechtfertigen, dass Vollzeit einfach nicht mehr drin liegt. Soll doch jeder sein Leben selbst gestalten. Ich mache auch niemandem Vorschriften.

Es folgte der Gipfel. Sie meinte, dass man meine aktuelle Stelle auf 50 reduzieren könne und ich dann mit Zusammenschluss der Abteilung auch auf vier volle Arbeitstage komme. Innerlich fluchte ich auf. Sie sagte es so bestimmend, dass ich gar nichts darauf erwidern konnte. Zudem fand ich es auch ein wenig frech, mir mein Stellenpensum einfach so zu kürzen. Sie arbeitet jetzt ja mehr, wie ihre Vorgängerin. Natürlich muss man irgendwo einsparen - nämlich bei mir.

Es gäbe noch ein Schlupfloch. Es gibt ein Projekt, welches ich eventuell übernehmen würde. Dann aber würde es nicht mehr mit einer Reduktion aufgehen, dann wären meine drei vollen Tage komplett ausgefüllt. Dann würde es darum gehen, die andere Abteilung auf einen einzigen Arbeitstag zu reduzieren.

Aber damit habe ich mein Bedürfnis noch nicht verteidigt. Ich will nicht in diese Abteilung und basta. Und es hat nichts mit Stolz zu tun. Es geht mir rein um mich, meine Gesundheit und meine Achtung zu mir selbst. Und ich weiss, was da so vorgefallen ist. Und ich habe einfach keinen Bock, von dieser Stelle zu gehen und wieder von vorne beginnen zu müssen, weil mir diese Konstellation den Rest gibt. Ich will nicht noch einmal neu starten müssen - das schaffe ich einfach nicht.

Daher werde ich es heute - nebst anderem - noch einmal ansprechen. Und es mit "persönlichen Gründen" erklären. Mehr muss ich ihr nicht sagen. Es ist meine Entscheidung.

Drückt mir doch bitte ein wenig die Daumen.

Nun zum gestrigen Tag. Ich hätte den Papi-Mitarbeiter am liebsten eine schallende Ohrfeige gegeben. Ich muss echt mal einen Spruch bringen bzw. ihn in seine Grenzen verweisen. Aber irgendwie war es gestern zu viel und ich habe erst im Nachhinein daran gedacht.

Es war in der Kaffeepause. Anwesend waren X, der gewisse Mitarbeiter, der Papi-Mitarbeiter und zwei andere junge Damen. Darunter eine, die im Alter vom gewissen Mitarbeiter liegt und auch schon Sprüche von anderen Mitarbeitern kamen (die würden doch noch zusammenpassen etc.). Der Papi-Mitarbeiter meinte zu mir: "So, und jetzt zu diär, wiä lauft's mit em M.?" Ich schüttelte lediglich den Kopf und senkte meinen Blick. Mir war das so unangenehm und peinlich vor allen. X versuchte ihn mit einem Spruch abzulenken und ich war ihm ja dankbar. Währenddessen versuchte ich dem Papi-Mitarbeiter einen bösen Blick zuzuwerfen, welchen er einfach ignorierte. Standhielt und einfach stinkfrech ignorierte. Er erwähnte es wieder und ich meinte lediglich "Ou, bin scho lang da, mini Kaffiipause isch glaub verbi". Mehr bekam ich nicht mit. Ich schaute keinen mehr an, sprach nichts mehr und bekam nur noch mit, wie der gewisse Mitarbeiter etwas von "man muss ja informiert sein" oder so etwas wie "das müend miär jetzt scho wüsse" sagte. Keine Ahnung, hatte ja total auf Durchzug geschaltet. Als ich meinen Stuhl zurechtrücken wollte (wortlos natürlich), schaute er nur zu mir hoch, starrte regelrecht (also der gewisse Mitarbeiter) und ich blieb prompt mit dem Stuhl am Tischbein irgendwie hängen, schaffte es aber dann schon irgendwie. Ich weiss nicht, ob er gemerkt hat, dass es einfach ein Spruch zu weit war. Ob es irgendjemand realisiert hat, vor allem der gewisse Mitarbeiter. Ich habe mich noch höflich verabschiedet und bin dann gegangen. Dieser Typ (eigentlich der gewisse und der Papi-Mitarbeiter) regen mich auf. Einer weiss nicht, was er will bzw. wie er mit mir umgehen will und der andere merkt nicht, wann es genug ist. Viele vergessen, dass man mit mir Witze reissen und scherzen kann. Aber im Kern steckt immer noch ein Tschinggeli und wenn es zu viel ist, ist es zu viel. Dann hast du den Salat. Ich kann richtig unangenehm und nachtragend sein. Dann hast du es dir wirklich verscherzt. Sollte ich vielleicht bei diesem Papi-Mitarbeiter mal erwähnen...

Vor allem die Reaktion vom gewissen Mitarbeiter. Letzte Woche hatte der Papi-Mitarbeiter Ferien und es kam nie ein Spruch mit diesem M. Und nun wieder dieser Scheiss. Vor allem seine Reaktion. Eifersucht? Keine Ahnung. Innerlich hatte ich einen Tagtraum (kennt ihr bestimmt auch von Filmen, wo eine Szene gezeigt wird, wie ein Mensch am liebsten reagieren würde und der dann doch einfach versteinert stehen bleibt). Ich blickte dem gewissen Mitarbeiter in die Augen und zischte: "Soso, MIÄR wend das wüsse oder DU? Was isch eigentlich dis Problem? Iifersüchtig?" Tat ich aber nicht. Aber stellte ich gestern mit Pupa so zusammen bzw. wir spielten es nach. War noch lustig und ich hatte meine Ablenkung. Eigentlich hätte ich einfach keck fragen müssen: "Iifersüchtig?" oder "Störts di?" Aber das macht eine zambrottagirlie nicht. Auch nicht, wenn es auf lustiger Ebene vor anderen wäre. Ich hätte zu grosse Angst vor einem Korb vor allen. Damit umzugehen wäre verdammt schwierig für mich.

Ich fuhr mit einer Wut nach Hause. Und begegnete da wem? Könnt ihr euch an Giovanni erinnern? Den ebenfalls gaffenden Nachbarn, aus dem ich nie schlau wurde? Den habe ich gestern per Zufall mit Schila gesehen. Er fuhr mit dem Auto vorbei und gaffte so etwas von doof aus seinem Auto die Scheibe zu mir raus hoch. Er fuhr wirklich nahe an uns vorbei. Gaffte. Wie eh und jeh. Ich schüttelte nur den Kopf und dachte mir: "jaja, schau nur, was du für ein heisses Gerät verpasst. Frisch, erschlankt und geile Haarfarbe. Selberschuld". Sorry, ich war so wütend, da musste ich einfach so denken :-p. Es ist so typisch. Der Typ hat sich einfach nicht verändert.

Montag, 5. Oktober 2015

der kindersammler

In Amerika habe ich in den neun Wochen ganze sechs oder sieben Bücher verschlungen. Etliche sind dort geblieben, weil sie nicht mein Ding waren. Da war ich teilweise wirklich enttäuscht von Kriminalautoren, welche mich bis dato eher begeistert hatten.

Ich habe mir zwei Krimis in Englisch geleistet von Lisa Jackson sowie ein weiterer englischer Roman. Den letzteren habe ich ebenfalls dort gelassen, weil er eher Schrott in meinen Augen war. Den einten Krimi von Jackson habe ich verschlungen und war stolz auf mich und begeistert davon, wie einfach gut und fliessend der zu lesen war. Den werde ich hier auch noch präsentieren. Den zweiten von Lisa Jackson lese ich hier dann noch. Vorfreude herrscht!

Ich war unsicher, ob es sich überhaupt lohnt, über Bücher zu berichten, welche ich vor bald drei Monaten gelesen habe. Aber ich erinnere mich noch erstaunlich gut an die Prachtwerke. Vor allem fand ich es natürlich toll, wie viel mehr ich in Amerika zum Lesen kam. Ich war schon immer eine Leseratte, aber die letzten Jahre waren eher so, dass in die Glotze gaffen eher entspannend ist und ich vor dem Licht löschen und die Augen schliessen nachts lieber Verliebt in Berlin oder Anna und die Liebe (längst eingestellte Serien ;-)) nachgucke. Dabei ist Lesen nun mal wirklich eine grosse Leidenschaft meinerseits. So auch das Tippen. Nach meinen zig Fotobüchern werde ich an einem zweiten Roman tippen. Darauf freue ich mich jetzt schon. Denn Berlin habe ich heute fertig erstellt (also das physische Fotoalbum, CD's mit Sicherheitskopien erstelle ich dann zum Schluss). Nun geht es weiter mit Hamburg. Mallorca und Köln sowie London mache ich wahrscheinlich am PC mit Ifolor. Oder doch auch persönlich, ich weiss nicht. Mich entspannt das Basteln halt schon und man schwelgt so schön in den Erinnerungen... Worum geht es in diesem Post noch einmal ;-p?!

Zum Klappentext:

Anne und ihr Mann Harald erleben den Alptraum aller Eltern. Während eines Toscana-Urlaubs verschwindet ihr Kind beim Spielen spurlos und sie müssen zwei Wochen später unverrichteter Dige nach Hause fahren. Zehn Jahre danach kehrt Anne an den Ort des Geschehens zurück, um herauszufinden, was damals passiert ist. In einem einsamen Tal kauft sie eine romantische Wassermühle von einem charismatischen Deutschen. Der Mann fasziniert sie, und sie vertraut ihm bereits nach kurzer Zeit blind. Sie weiss nicht, dass dieser charmante, freundliche Mann ein Massenmörder ist, der sowohl in Deutschland als auch in Italien mehrere Kinder getötet hat und sich seit Jahren unbehelligt in den toscanischen Bergen versteckt hält.

Meine Meinung:

Wie ich es von Sabine Thiesler gewohnt bin, hat mich ihr Werk in den Bann gezogen. Da war die Spannung, die Trauer, die Wut und die Liebe. Es war einfach wirklich eindrücklich, wie man stiller Begleiter dieses Täters war und teilweise vergass, was dieser eigentlich im Schilde führte. Es schien teilweise so banal einfach und alltäglich, dass ich selbst erschrak, wenn es "zur Sache" kam und der Täter diese jungen Buben missbrauchte und tötete.

Man bekommt vieles aus der Vergangenheit des Täters mit. Meine Verachtung ist da eher gewachsen, ich konnte kein Verständnis aufbringen. Zwei Familien mit missbrauchten und getöteten Buben kommen auch intensiver im Buch vor - darunter eben die Familie von Anne und Harald.

Thiesler schweifte immer mal wieder in die eigenen Leben der Charaktere ab. aber es war nie zu viel. Ich fand es wirklich gut gehalten und wie sie die Landschaften beschrieb, ist und bleibt halt einfach genial. Man hat das Gefühl, als wäre man selbst in der Toscana. Schön.

Irgendwie kann man schnell eins und eins zusammenzählen und es ist ja auch irgendwie klar, wer der Täter ist, wie er heisst etc. Also, da würde ich mich langsam doch als so trainierte Krimi- und Thrillerleserin nennen, der man mittlerweile doch eher weniger etwas vormachen kann. Ich verschlinge die Bücher und meine Alarmglocken läuten schon teilweise früh. Vielleicht spielt auch oft die Fantasie mit. Und davon habe ich eine Menge. Oder ist es meine verdorbene. dunkle Seite *schluck*...? Wie auch immer ;-).

Gegen Ende fiebert man natürlich voll mit und doch scheint es einem lange, als hätte sich selbst Thiesler ein wenig verrannt. Ich fragte mich dann, wie man je auf den Täter kommen sollte (als Leser kennt man diesen ja, es geht eher darum, wie Anne zum Mörder ihres Kindes kommt und zur Leiche ihres Sohnes. Weil sie noch immer davon ausgeht, dass dieser irgendwo leben könnte). Sie hatte aber auch da perfekte Charaktere zur Hand. welche früh in der Geschichte vorkamen und dann perfekt zu ihrem Einsatz kamen.

Am Schluss passiert noch etwas, was mich zum Grübeln brachte und wo die Meinungen nun mal auseinander gehen. Einerseits kann ich es verstehen. Andererseits kommt mir der Täter zu einfach davon. Für mich müsste ein solcher Mensch eingesperrt und gefoltert werden. .Wasser und Brot. Kein Luxus. Leiden. Und nicht dann doch irgendwie so "einfach" davonkommen, weil ein Dritter Gott spielt.

Aber mehr wird nicht verraten :-). Vielleicht nicht gerade das beste Werk für sehr zarte Gemüter und sensible Magen. Es ist ein Prachtwerk und ich fand es wirklich mitreissend. Und doch wieder so grauenhaft, dass man nur trocken schlucken konnte und sich die Kehle einem zuschnürte...

Und das las ich teilweise alleine in einem Hotel- bzw. Motelzimmer. Irgendwo in der Pampa. Gruselig :-).

tragödie in oregon

Mit Schrecken habe ich die Nachricht mit dem Amoklauf in Roseburg im Bundesstaat Oregon an der Westküste von Amerika vernommen.

Es war ein Schock für mich. Vor nicht einmal zwei Monaten war ich da gewesen. Hatte in dieser Stadt in einem Hotel geschlafen. Es war in der Näher vom Crater Lake und so schlief ich zwei Nächte dort. Es ist nicht direkt an der Küste - eher gegen das Landesinnere des Bundesstaates. Tolle Gegend, keine 90 Minuten zum Crater Lake. Mehr dann in meinen Rückblicken.

Es war einfach erschütternd für mich. Weil ich dort war und das erst kürzlich. Weil ich weiss, wie schön es dort ist. Weil ich noch genau weiss, wie offen mich die Menschen dort empfangen haben. Wie freundlich die Dame an der Rezeption war und mir peinlich berührt gestanden hatte, dass sie nun ewig hier leben und es immer noch nicht zu diesem atemberaubenden Crater Lake Nationalpark geschafft hätte und ich ihr unbedingt erzählen müsse, wie es gewesen sei.

Weil ich am Abend nach dem Crater Lake in einem Subway eigentlich nur ein Sandwich zum Mitnehmen bestellen wollte und während der Bestellung mit den zwei Damen hinter dem Tresen ins Gespräch kam und sie spontan meinten, ich solle mich doch mit ihnen an einen Tisch setzen und mit ihnen plaudern, weil sie eh nicht so viel  zu tun hatten und ich ihnen so sympathisch war und ihnen mehr über das tolle Schweizerland erzählen solle. Weil sie auch studieren und ich mir nun natürlich den Kopf zerbreche, wo es noch einmal genau war und ob es ihnen gut geht.

Schrecklich. Einfach nur schrecklich teilweise, was so auf der Welt alles geschieht.

Sonntag, 4. Oktober 2015

anziehungskraft & shoppingprobe

Ich finde es schön, wenn man auf Arbeit nette Menschen kennen lernt. Daraus entstehen meistens gute Bekannte und wenn man Glück hat Freundschaften.

Ich habe meine Zeit gebraucht, um meinen Platz in meinem Geschäft zu finden. Ich war zu Beginn sehr vorsichtig und lernte eigentlich doch schnell, dass die Menschen, welche ich auf den ersten Blick sympathisch gefunden hatte, eher "Eintagsfliegen" blieben. Es gibt da ganz klar Ausnahmen, aber die meisten lernt man besser kennen und ich musste bei vielen einsehen, dass eine "kollegiale Bekanntschaft bei Arbeit" der richtige Weg ist und eine private Freundschaft eher weggelassen werden sollte.

Auf der anderen Seite habe ich tolle Frauen kennen gelernt. In jeder Altersklasse. Ich würde schon sagen, dass mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen die Zahl auf gute Bekannte bis Freundinnen zwischen 8 und 10 Frauen liegt.

Mit einer Dame (sie wird 55 und mittlerweile sehe ich sie als Arbeitsmutti) verstehe ich mich seit bald einem Jahr so richtig gut. Sie kam an einem Morgen zu mir und meinte zu mir, ob ich ihr aus dem Weg gehen würde. Ich hätte mich extrem verändert. Ich will hier nicht näher auf die Umstände eingehen. Ich war einfach kurz vor der Kündigung und es war nach der Rücken-OP. Der ganze Stress mit meiner Chefin, der psychische Druck von ihr und diese Spielchen. Die Vorwürfe und Anschuldigungen und die Tatsache, dass ich ihr wahres Gesicht gerade kennen gelernt hatte. Die Mitarbeiterin wusste von dem alles nicht. Ich fühlte mich mit den Anschuldigungen allein gelassen, welche teilweise mit einer Gruppenreise mit anderen Mitarbeiterinnen zusammenhingen - darunter auch besagte Mitarbeiterin.

Ich erschrak ab ihrer direkten Frage. Damit hatte ich nicht gerechnet. In einer ruhigen Minute suchte ich das Gespräch mit ihr und da sprudelte alles aus mir heraus. Und seitdem haben wir immer mehr Vertrauen ineinander gefunden und ich bin extrem froh über diese zusätzliche Stütze. Und ja, wir waren zwischenzeitlich auch oft unterwegs. Mir macht der Altersunterschied von 27 Jahren nichts aus. Ich verstehe mich blendend mit ihr und allgemein sind die Frauen über 50 extrem jung geblieben, finde ich. Sie ist ein toller Halt für mich. Vor allem hat sie wieder kopfschüttelnd die ganzen Geschichten mitangehört, welche meine jetzige Vorgesetzte (eben ehemalige Chefin) mit mir seit meiner Rückkehr (und das sind nicht einmal drei Wochen Arbeit) so betreibt. Ich möchte darauf nicht weiter eingehen. Weil ich nicht darüber nachdenke. Weil ich nicht möchte, dass ich sie hier auch noch erwähnen muss. Weil es für mich abgeschlossene Geschichten sind. Weil die Frau ein Problem mit sich hat und ich sie nicht zu meinen machen möchte. Sie gehören nicht hier hin. Zumindest vieles davon nicht mehr. Etwas werde ich hier noch verarbeiten und nächste Woche habe ich noch mein Mitarbeitergespräch. Ich werde kein Blatt vor den Mund nehmen und sie direkt darauf ansprechen, was ihr persönliches Problem mit mir ist. Und dann zu meinem neuen Chef gehen, wenn gar nichts mehr geht. Den Rest lasse ich schon gar nicht mehr an mich heran. Weil ich es einfach nur noch Kindergarten finde teilweise. Ich hoffe, dass ich bald etwas Neues finde. Meine Augen sind weit offen, so meine Ohren auch. Es wird schade um die tollen Bekanntschaften - aber auch da habe ich viel von Amerika mitgenommen. Wer sich wirklich für mich interessiert, wird auch die Nähe und den Kontakt zu mir suchen. Ich habe da vieles mitnehmen können. Habe eingesehen, dass ich meine Kräfte nicht für andere Menschen hergeben muss. Dass ich auch mal gesucht werden muss. Und vielleicht auch mal mehr nehmen wie geben sollte. Weil es eh kaum ein Mensch schätzt. Familie mal ausgenommen. Also meine persönliche Familie wie Papi, Mutti, Schwester, Bruder und Grosi. Meine engsten Bezugspersonen. Und eine Laura und eine Pupa zum Beispiel. Obwohl es da auch mal mehr und mal weniger ist. Aber vor allem im breiteren Umfeld muss ich einfach aufpassen, dass ich nicht "zu" verfügbar bin. Weil schlussendlich nur ich mich dann letztendlich unsichtbar fühle, wenn ich wieder das Empfinden habe, von allen "vergessen" worden zu sein. Weil nun mal nicht alle Menschen so ein Sensibelchen wie ich sind.

Nun zur besagten Mitarbeiterin. Wir waren am Freitag spontan unterwegs. Ich war mit ihr am Freitagabend Pizzaessen. Bei meinem Lieblingspizzaiolo, welchen ich durch Pupa kennen gelernt habe. Der machte wirklich die besten Pizzen in der Region. Viele Menschen kommen sogar über 70 Kilometer angebraust, um diese zu essen. Dort arbeitet auch "M.", welcher mir seit ein paar Monaten angedichtet wird.

Danach ging es ab ins Kino. Wir haben uns "man lernt nie aus" mit Robert De Niro angeschaut. Ich finde ihn einfach super. Ich mag den Schauspieler. Bis jetzt hat er mir in den meisten Rollen gefallen. Eigentlich wollte ich den Film nicht schauen gehen. Ich finde sie jetzt nicht so eine wahnsinnig tolle Schauspielerin. Aber im Film haben sie perfekt harmoniert und schlussendlich fand ich den Film doch ganz toll. Hat mir echt gut gefallen. War mal wieder ein Movie, bei dem man nicht allzu viel mitdenken musste, wo man lachen konnte und wo es dann doch wieder tränenreiche Szenen gab.

Danach gingen wir noch in eine Bar in der näheren Region und sie brachte mich nach Hause. Per Zufall kamen wir aufs Tivoli und dass ich Ende Oktober nach drei - sogar fast vier!!! - Monaten mir einen Shoppingtag dort gönnen werde. Sie murmelte nur, dass sie schon seit bestimmt sechs Jahren nicht mehr dort gewesen wäre und es vielleicht am Samstag machen würde (also gestern). Ich lachte nur auf und sie fügte hinzu, ob ich Lust hätte, mitzukommen?

Sie weiss mittlerweile von meiner Diagnose und meinen Kaufeskapaden in den letzten Monaten. Mit ihr gehe ich auch in regelmässigen Abständen nach Stuttgart. So Ende Oktober wieder, YES! Ich stimmte zu und sagte aber auch ganz ehrlich, dass ich nichts kaufen dürfe. Dass ich dies lernen müsse und das eine gute Übung sei als eine Art Beraterin. Ich mache das halt schon gerne Outfits aussuchen und mitexperimentieren und Sachen zusammenstellen. Das ist schon irgendwie meine Welt. So machten wir für den nächsten Tag ab.

Klar hatte ich ein wenig Angst vor dem Tag. Ich schätze sie so ein, dass sie mir angeboten hätte, mir ein paar Dinge vorzuschiessen. Das Geld hätte sie morgen erhalten. Aber ich hätte es abgelehnt. Ich muss das lernen. Ich muss mir immer wieder sagen, dass es eine Sucht ist. Es war ein wunderschöner Tag und obwohl es Samstag war, waren wir früh dran und somit war die Menschenmasse noch gar nicht so schlimm. Es war ein wunderschöner Tag. Wir hatten gute Gespräche, viel zu lachen und sie hat ein paar tolle Teile gefunden. Ich habe mich in einen babyblauen Mantel verliebt, welcher mir in der 48 geht. Auch sonst konnte ich auf die 48 zurückgreifen und es zeigte mir einfach, dass ich doch viel abgenommen habe. Vor Amerika war es oft etwas zwischen 50 und 52. Ein tolles Gefühl. Und der Mantel passt zu meinem Haar in Mahagonirot und meiner Brille in dunkelblau. So habe ich auch eine Lederjacke in Rostrot probiert. Beides habe ich zurücklegen können und ich werde es mir dann in Stutti leisten, wenn ich es sehe. Oder Ende Oktober im Tivoli, wenn es dies noch gibt. Ich hatte Angst, dass mir vieles Nachlaufen würde und ich Online bestellen würde - aber nein. Ich habe zwar schon ein wenig den Drang, aber ich werde es nicht tun. Weil ich es schaffen möchte und weil ich in drei Wochen nach Stutti gehen darf. Weil ich stark bleiben werde. Weil ich stolz auf mich bin. Und nach meinem Countdown her "schon wieder" seit 28 Tagen shoppingfrei bin. Keine unnötigen Einkäufe. Für eine Sucht eine starke Leistung. Und ja, es war eine spannende Erfahrung für mich. Einerseits, wie viele Dinge noch dort hingen, die ich vor meiner Abreise bereits gesehen hatte und gleichzeitig doch die krasse Tatsache, wie wöchentlich neue Dinge reingehängt werden, eben damit immer wieder wöchentlich kurz in den Laden nachgeschaut wird. Es ist nun mal so, dass die Mode schnelllebiger ist und man wirklich spätestens alle zwei Wochen wieder ganz neue Teile in den Läden findet. Und wenn ich nichts verpassen möchte, ist der Drang umso grösser, jede Woche mal bei C&A oder H&M vorbeizuschauen.

Aber wie gesagt: es geht mir eigentlich seit dem Shoppingtag sehr gut mit dem "Glüsteln". Ich bin ruhig und kann getrost drei Wochen auf meinen Einkauf warten. In Gedanken bin ich oft in Onlineshops unterwegs, aber getan habe ich bis dato nichts in dieser Art. Ich habe mir dafür gestern zwei Nagellacke in Zartrosa und einen Lipgloss gegönnt. Damit mir die Männerwelt auf die Lippen starren kann :-p. Denn die finde ich beinahe perfekt. Ich liebe meine vollen Lippen. Da habe ich echt Glück gehabt.

Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie gefährlich mein Essverhalten wieder ist. Ich stand in der Kabine und freute mich wie ein Honigkuchenpferd darüber, wie alles einfach doch irgendwie besser aussah. Ich weiss, eine 48 scheint für viele noch extrem viel und doch darf man nicht vergessen, dass ich nie schlank war und bereits mit sechzehn eine 42 oder 44 trug. Ich bin sehr gross und meine Beine und Arme sind eher schlank im Vergleich dazu. Meine Schultern sind etwas breiter und von hinten und vorne sehe ich auch nicht so wuchtig aus. Bei mir ist halt wirklich eher der Bauch das Problem. Aber auch jetzt werde ich wieder auf eine Kleidergrösse von 44 geschätzt. Ich denke, das liegt zum Glück wirklich an meiner Grösse. Und ich blicke in den Spiegel und fühle mich wohl. Ich liebe meine Kurven und ohne die kann ich mich gar nicht vorstellen. Ich weiss einfach, dass ich nie schlank sein werde. Und es hat sich toll angefühlt, eine Nummer kleiner greifen zu können.

Gleichzeitig merkte ich die Gefahr. Mein Magen knurrte vor Hunger und ich genoss es. Und es sind Alarmglocken, die ganz klar in meinem Kopf schrillen und doch ziehe ich es weiterhin durch. Seit dem Grillieren gestern Abend habe ich lediglich zwei Stück Zopf mit Butter und Honig gegessen sowie einen Kaffee getrunken. Zum Abendessen gab es einen Apfel und eine Banane. Mein Magen krampft sich zusammen und doch fühlt sich die Macht darüber herrlich an. Ich habe doppelt Angst. Angst, dass ich es so weiter durchziehe oder ins andere Extrem falle und Hungerattacken über mich kommen werden. Aber kann man es mir verübeln? Es ist einfach wieder so viel um mich herum. Innerlich denke ich oft an meine Auszeit und lasse alles nicht an mich heran. Habe das Kaufen und Ritzen im Griff.

Dafür bin ich wieder mit meine Essverhalten konfrontiert. Ich schaue dem ganzen noch ein wenig zu. Sage es vielleicht der Therapeutin noch einmal und was dann...? Es ist schwierig, etwas aufzugeben, welches einem das Gefühl von Kontrolle und Macht vermittelt. Obwohl es total absurd ist. Das ist mir bewusst. Wenn ich es schreibe und denke. Es ist mir ganz klar bewusst. Es klingt absurd und grotesk. Aber so ist es nun mal. Ich fühle mich so, wie ich mein Leben aktuell führe (von den Umständen bei der Arbeit mal abgesehen -.-), wohl. Und das ist meine persönliche Hauptsache. Man muss nicht verstehen, dass ich hungere, weil ich mich vor mir selbst ekle und mit meinem Schicksal im Allgemeinen tagein, tagaus mal mehr mal weniger hadere. Und das ich mich anders halt nicht kenne. Ich habe immer mit einem dysfunktionalem Verhalten zu kämpfen. Vor Amerika war es Fressen. Nun ist es halt Hungern. Und ja, es erschreckt mich schon, fühlt es sich für mich "geil" an, wenn der Magen schreit und knurrt.

Aber so ist es nun mal. Auch dieser Ekel mit Männern ist wieder eher aktuell. Den hatte ich die letzten Monate nicht. Es ist eher wieder so, seit ich zurück bin. Ich distanziere mich enorm von ihnen und halte auch kaum Blickkontakt. Eigentlich das genaue Gegenteil, wie ich eigentlich nach meiner direkten Rückkehr von Amerika gefühlt hatte. Dort hatte ich eher gemerkt, dass ich Männern gegenüber offen war. Nun ist es wieder das andere Extrem. Am Besten gar keinen Gedanken daran verschwenden. Auch da habe ich meine Schlüsse gezogen und werde mich daran halten. Vor allem im Bezug auf einen aktuell bestimmten Mann. Ich muss vielleicht zu meinem eigenen Schutz auf Distanz gehen. Grenzen aufzeigen. Und damit leben, dass ich halt gedanklich weiterhin nach Körperkontakt lechze, der mir aber nicht gut tut. Weil nur ich weiss, mit welchen Grübeleien ich zurückbleibe. Grml, eigentlich wollte ich über diesen Typen nicht mehr nachdenken. Und bestimmt nicht in diesem Post erwähnen, hach.

Gleichzeitig ist mir etwas Interessantes widerfahren. Ich war im H&M mit besagter Mitarbeiterin und ein Typ begleitete seine Freundin. Ich meine, gucken darf man ja immer. Egal, ob der Typ vergeben ist oder nicht. Ich möchte ja schlussendlich nichts von dem Typen und gehe ja eh davon aus, dass mich keiner interessant und attraktiv findet. Sozusagen bin ich gar keine Gefahr. Der lief so extrem nahe an mir vorbei und per Zufall scannte ich seinen Körper einfach mal genauer. Er roch zudem noch extrem gut. Sofort kribbelte es in meinem ganzen Körper und ich musste einfach aufseufzen. Und ja, es war für mich auch eine neue Erfahrung. Dass ich einfach einen Mann attraktiv finden kann. Diese kurze Sekunde hat meinen Tag versüsst. Es war okay so. Und es war ein hübscher Mann. Punkt. War schon spannend, zu merken, dass man einfach jemand wildfremden so anziehend finden kann. War wirklich eine Schokolade von Mann. Mmhhhh.... der Gedanke an die Situation hat nun auch meinen Abend versüsst :-). Gibt bestimmt einen schönen Traum heute, hihi.

Die Mitarbeiterin kam noch einen Kaffee zu mir trinken und danach gingen wir noch lecker zusammen Abendessen. Es war einfach ein wunderschöner Tag und ich habe ihn genossen. Mit guten Gedanken bis gar keine störenden Gedanken. Mit einem durchwegs positiven Gefühl und mit der Hoffnung, dass nun einfach alles so kommt, wie es kommen sollte und wie ich es nun langsam echt mal verdient hätte.

Freitag, 2. Oktober 2015

vielleicht liegt es wirklich an mir

Vielleicht liegt es wirklich an mir, etwas zu ändern. Vielleicht liegt es NUN wirklich an mir, etwas zu ändern. Vielleicht sollte ich etwas ändern.
 
Ich lasse es schlussendlich zu. Und ich kann niemandem verübeln, dass er es vielleicht anders empfindet oder sich gar keine Gedanken zu seinem Handeln / seinen Äusserungen macht, wenn ich keine Grenzen aufstelle, sondern am Schluss fast eher noch nach Aufmerksamkeit lechze und gleichzeitig doch nie gesagt habe, was eben diese Nähe und dieses Hin und Her bei mir bewirkt. Vielleicht (be)merkt es diese Person wirklich nicht. Denkt gar nicht so weit.
 
Vielleicht bin ich wirklich selber Schuld. Ich weiss mal wieder nicht, wie einen Eintrag beginnen. Es geht um den gewissen Mitarbeiter. Um wen sonst. Und für den obigen Absatz gibt es auch eine ganz klare Situation, in der ich einfach „nein, lieber nicht…“ sagen hätte können. Aber eine zambrottagirlie macht das natürlich nicht. Sie lechzt ja nach Nähe und Körperkontakt. Wobei man es mir nicht verübeln kann. Mehr aber weiter unten.
 
Alles begann bereits in Amerika. Oder davor. Ich hatte ihn ja bei der Verabschiedung ja eher stürmisch umarmt, seinen Chef (X) ja auch und von dem her war alles halb so schlimm. Ich ging mit einem guten Gefühl. In diesem Moment hat es für mich einfach gestimmt und ich denke, für die Jungs auch. Ich meine, bis jetzt hat es mir niemand verübelt.
 
Der gewisse Mitarbeiter war nie gross der Typ Mann, der von sich aus schreibt. Kommt eher sehr selten vor, ganz ehrlich. Und in meiner Auszeit hatte ich dann auch den Abstand. Wie bereits erwähnt, hatte mir ja X geschrieben. Von sich aus. Die Nummer bei einer Mitarbeiterin erfragt. Was mich total gefreut hat. Ich hatte ihm dann auch postumwendend geantwortet und auch erwähnt, dass ich mich über seine Nachricht gefreut hatte.
 
Die Zeit verstrich und ich schrieb X dann einmal von mir aus. Er hatte mich nämlich mit den Auftrag nach Amerika geschickt, Arbeit für uns zwei zu finden (scherzhaft natürlich) und eigentlich auch lieber in Vancouver. Ich fand dann schnell der Küste entlang viel bessere Plätze und einen davon wollte ich ihm eben spasshalber auch zukommen lassen mit Foto und einem lustigen Spruch, dass es nun schwierig werden würde mit einer Entscheidung.
 
Am gleichen Abend hatte ich plötzlich eine Nachricht vom gewissen Mitarbeiter auf dem Handy. Ich war total erstaunt. Klar, es ging um den Jassabend und die Planung und ich hatte gebeten, mich frühzeitig zu informieren. Mich hat aber der Zeitpunkt ein wenig erstaunt. Hatte X etwas von meiner Nachricht im Geschäft erzählt? Bin ich erst dann dem gewissen Mitarbeiter in den Sinn gekommen (na danke auch, bin so unscheinbar?) oder ihn hat es gegurkt, dass ich mich von selbst bei X gemeldet habe, bei ihm aber über einen Monat lang nicht. Ich kann noch so spekulieren, genau wissen werde ich es nie. Natürlich ging das Gegrübel dann erst recht los. Ich begann, die Nachricht vom gewissen Mitarbeiter (irgendwie bleibt er der gewisse Mitarbeiter für mich, ich kann ihm keinen erfundenen Namen geben wie sonst auch schon Männern oder eben X. Ich weiss nicht, warum….) penibel zu analysieren. Einerseits die Zeit. Es war nicht irgendwann am Tag. Dann die vielen Emoticons, welche ich nicht von ihm gewohnt bin (aber mich ziehen viele damit auf, weil ich sie eben so gerne verwende ;-)). Und seinen Namen. Wie er unterschrieben hat. Genau so, wie ich ihn noch oft neckisch genannt habe. Er hat diesen kaum bis nie bis anhin verwendet. Aber da stand es. Schwarz auf gelbem Hintergrund.
 
Ich überlegte noch lange, ob ich antworten soll oder nicht. Pupa war stinkwütend (über sein Verhalten im Allgemeinen) und ich wollte auch nicht wieder die sein, welche schreibt und dann eh keine Antwort bekommt. Die „gearschte“ sozusagen. Denn ich kenne es ja bereits. Es war verdammt schwierig, aber ich schrieb ihm also nicht. Es kam keine Antwort meinerseits. Natürlich dachte ich an „unsere Vergangenheit“, was alles so war. Das er zwei Freundinnen (von denen ich offiziell weiss) in dieser Zeit hatte und und und.
 
So ging die Zeit ins Land. Und ich kam irgendwann einmal zurück. Ich hatte eigentlich mit ihm „abgeschlossen“. Mit den Grübeleien. Ich nahm mir vor, stark zu bleiben. Ihn gern zu haben. Ich denke, das werde ich eh nie ganz ablegen können. Er spielt nun halt in meiner „Männergeschichte“ einen eher wichtigen Part. Und da sind wir beim Thema Abgrenzung meinerseits und das man es mir nicht verübeln kann. Ich möchte nicht mehr auf dieser alten Geschichte rumreiten, daher die Kurzfassung: Ich hatte auch schon männliche Kollegen (Freunde kann man das nicht nennen, abgesehen von Roberto dazumal), aber das war irgendwie anders. Vielleicht liegt es auch an der Generation vom gewissen Mitarbeiter. Er ist nun mal sechs Jahre jünger. Wobei mein Bruder auch in diesem Alter ist. Von dem her kann ich es schon noch vergleichen. Und doch: in Sachen Männer und Beziehung konnte die zambrottagirlie vor drei Jahren noch weniger mitreden und plötzlich war da dieser Mitarbeiter, welcher immer wieder die Körpernähe (stupsen, anhauen, näher heransitzen) suchte und dessen Augen einfach glänzten, wenn er mich sah. Diese Neckereien ab und zu. Logischerweise ist er etwas Besonderes für mich. Weil ich es bis dato nicht kannte, sogar eher den Ekel vor Männern verspürte und allgemein bei Männern sofort auf Distanz ging. Egal, welche Altersklasse, Zivilstand etc. Und auch jetzt noch kann ich mit Männern und Nähe nicht wirklich anfangen - es ist einfach mein Manko. Es war noch nie leicht und die Zeit hat es nicht einfacher gemacht. Ich bin einfach unsicher, fühle mich schnell unwohl in der Nähe von Männer und auch Witze reissen und einfach nur mal flirten ist eher schwierig. Klar, in der Zwischenzeit geht es viel besser und einfacher und beim gewissen Mitarbeiter starte auch ich einmal den Körperkontakt. Aber im Allgemeinen ist das Thema Männer einfach verdammt schwierig für mich, es weckt viel an Selbsthass und Selbstzweifeln und mit meinem Handicap habe ich vor ein paar Jahren ganz damit abgeschlossen. Dann noch meine Diagnose und mein Werdegang. Klar, menschlich bin ich wahrscheinlich eine verdammt tolle Frau und ich denke auch, das Optische für eine kurvige Frau stimmt. Aber die inneren Kämpfe, welche ich mit mir selbst so mache, hemmen mich einfach, sobald es um das Thema Männer geht.
 
Es ist unbekanntes und gefährliches Gebiet. Ich hatte kaum Kontakt mit Männern bis heute und auch so hat sie nie einer offensichtlich für mich interessiert. Er ist halt wahrhaftig der erste Mann mit Körperkontakt etc. Das war bei keinem anderen männlichen Kollegen bis jetzt so. Nicht einmal mein Bruder macht das so oft. Aber eben, was ich eigentlich zusammenfassen wollte, ist, dass er mir da viele Türen geöffnet und Hemmungen genommen hat. Wahrscheinlich habe ich dann zu heftig gebremst oder zu sehr distanziert und er meinte es nur freundschaftlich oder doch mehr - eben, wie schon gesagt. Ich glaube ja auch privat daran, was jemals sein hätte sollen, wird auch noch passieren.
 
Ich glaube einfach, dass da eine Verbindung ist. Ich glaube einfach, dass er mich von der Art her mag und sich auch freut, mich zu sehen. Wie genau er sich freut bzw. auf welcher Ebene, das weiss ich nicht. Und vielleicht bin auch ich da das Problem. Dass ich nicht sehe, dass Männer Frauen auch einfach gern haben können. Wie die ältere Schwester zum Beispiel.
 
Seit ich zurück bin, sind wieder ein paar Dinge vorgefallen und heute sitze ich wieder hier und bin oft am Grübeln. Was ich eigentlich nicht möchte. Denn im Moment ist es schön so und ich möchte es einfach geniessen. Und doch: wenn ich diejenige bin, welche grübelnd zurückbleibt, dann liegt es wohl auch an mir, den Schlussstrich zu ziehen bzw. körperlich „nein“ zu sagen. Eben, ein bestimmtes Beispiel folgt jetzt noch.
 
Ich hatte Mitte September begonnen. Es war Kaffeepause und als ich zur Tür reinkam, riefen alle „ooooh, wer ist denn daaaa?!“ und er war auch dabei. Natürlich fühlte ich mich geehrt und joa. Gross ausgefragt worden bin ich von kaum jemandem. Von dem her verüble ich es auch nicht dem gewissen Mitarbeiter, dass es ihn bis jetzt noch nicht wirklich interessiert hat, wobei es mich eigentlich doch ein wenig gurkt und ein Teil von mir sagt, dass er sich ruhig ein wenig mehr interessieren könnte. Naja, vielleicht war bis jetzt auch nie die Zeit dafür. Wer weiss. Jedenfalls sah ich ihn dann nicht mehr gross und auch sonst hatte ich das Gefühl, war es „neutral“ zwischen uns.
 
Ich hatte Dienstag begonnen und es war dann der Donnerstag. Bereits der Abend für den Jassabend. Am Tag kam eine Mitarbeiterin aufgelöst zu unserem Chef und meinte, dass niemand den Postdienst erledigen würde, weil kein Lehrling im Haus sei. Ich übernahm dann diesen Job und ging zur Poststelle. Keine zehn Sekunden später kam der gewisse Mitarbeiter zur Tür hereingeschneit und blickte mich verdutzt an. Er übernahm dann das Tragen und wir liefen fünf Minuten zurück zum Geschäftshaus. Es war schwierig, irgendwie in ein Gespräch zu kommen. Ich war unsicher, was fragen (ich meine, irgendwie verstehe ich dann schon, fragt er mich nicht nach den Ferien aus, denn wenn es für eine kurze Zeit ist und man dann eh unterbrochen wird, ist es ja auch irgendwie doof). Er begann dann irgendetwas von einer Schwäche zu erzählen, dass er teilweise vergessen würde, was für ein Tag sei und er daher etwas später dran sei heute. Wir liefen in den besagten Raum, wo die Post verteilt wird und ich fragte ihn, ob ich ihm beim Verteilen der Post noch behilflich sein soll. Er meinte nur, dass dies sehr lieb sei, aber nur, wenn es mir auch nichts ausmachen würde. Natürlich blieb zambrottagirlie :-p.
 
Ich wollte ihn eigentlich auf den Jassabend ansprechen. Denn er hatte in seinem Einladungsmail während meiner Ferienzeit geschrieben, dass Teilnehmer, für die sich eine Fahrt nach Hause nicht lohnt und die dadurch wiederum auch nicht zu lange arbeiten möchten, gerne früher zu ihm kommen könnten. Gerade, als ich meinen ganzen Mut zusammengenommen hatte, um ihn zu fragen, kam eine dritte Mitarbeiterin in den Raum. Sie fragte ganz erstaunt, ob man neuerdings die Post zu zweit erledigen würde. Ich hörte nicht genau hin. Ich musste mich darauf konzentrieren, alles richtig zu verteilen :-). Ich weiss nur, dass ich dann mit der nicht ganz klar beschriebenen Post weitermachte und sie öffnete. Irgendwie hatte ich einen vergessen, er kam mit dem Brieföffner und ich hielt im den Brief hin. Es ging problemlos. Er öffnete ihn (hielt dabei lediglich den Brieföffner fest), während ich ihn weiterhin in den Händen hielt. Er meinte nur etwas mit „Mir sind halt es Dreamteam!“ und ich war perplex. Aus seinem Mund. Puah. Okay, es war eine weitere Mitarbeiterin da und er ist einfach doch auch anders, wenn andere anwesend sind. So auch ich. Wird im Verlauf dieses Tages/Abends dann auch noch deutlicher. Daher mache ich ganz schnell weiter.
 
Per E-Mail traute ich mich dann doch und er antwortete so locker und machte aus einem O in seinem Namen ein Smiley (J) und benannte sich selbst wieder mit dem neckischen Namen meinerseits, den ich ihm bereits vergeben hatte und er kaum bis nie verwendet hatte (was ich weiter oben bei der Whatsappnachricht bereits erwähnt habe). Und somit stand dann auch schnell fest, dass ich die einzige war, die früher kam. Und sofort ging das Gegrübel wieder los. Ich meine, wir hatten ja schon ein paar Jassabende und er hat auch schon mitbekommen, wie ich zur „Zeitüberbrückung“ bei einer Mitarbeiterin war. Es war also eine bewusste Frage. Nur: aus reiner Höflichkeit (mit dem Gedanken: „och, hoffentlich kommt zambrottagirlie nicht eher“) oder einfach nett und zuvorkommend gemeint? Auf der anderen Seite habe ich ihm ganz klar gesagt, dass ich auch einen anderen Zeitvertreib finden würde, wäre es zu stressig für ihn. Er winkte ab und joa, so stand es für mich fest. Innerlich schrie ich Hilfe. Was tun? Was sagen? Seine Familie ist ja auch noch da, dachte ich mir. Tja…
 
… seine Schwester war da. Aber seine Eltern hatten Ferien. Irgendwie war ich spät dran und erfuhr von seiner Schwester, dass er noch gewartet hätte und nun erst gegangen sei für den Einkauf. Toll, zambrottagirlie, dachte ich mir. Echt gut gemacht…! Kommt er noch in den Stress wegen dir. So unterhielt ich mich ein wenig mit ihr und sie schien ihre Freude daran zu haben. Was danach kam, weiss ich nicht mehr so genau. Er wollte selbst Schinkengipfeli machen und ich half ihm einfach beim Rüsten, bei den Vorbereitungen allgemein, deckte den Tisch. Einfach die helfende Hand. Ich fragte ihn noch ein wenig aus (er bezieht bald eine WG) und merkte dann schnell, dass er im Stress eher so reagiert wie ich. Ich bin dann eher sehr konzentriert auf die Sache und eher ruhig. So half ich einfach mit und ab und zu kam mal ein Satz. Es fühlte sich überhaupt nicht komisch an - zambrottagirlie, sei ehrlich. Es fühlte sich logischerweise komisch an. Klar, ich vergesse im Stress auch oft das Zwischenmenschliche und daher kam auch überhaupt keine Frage zu meinem Auslandaufenthalt. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen. Aber eben, ich kenne mich im Stress auch. Es war wirklich okay, es war einfach das komische Gefühl, dass wir zu zweit alleine waren. Es ist dann irgendwie immer so angespannt habe ich das Gefühl. Oder ist das Schüchternheit? Ich war ganz klar schüchtern, nichts von der zambrottagirlie, welche immer einen Spruch auf Lager hat, witzelt und sich hochnehmen lässt. Auch er war nie so, wie sonst unter den Mitarbeitern. Es wäre ja nicht so, dass wir nichts zu sprechen hätten. Ich glaube wirklich, dass er vielleicht einfach schüchtern war. Ein Teil von mir möchte das glauben. Der andere sagt einfach: Mädchen, mach die Augen auf und guck gnadenlos in die harte Realität. Aber es fühlte sich wirklich eher nach Schüchternheit an.
 
Mit der Zeit wusste ich natürlich, wo das meiste in der Küche war. Ich ging kurz eine Mitarbeiterin abholen und so füllte sich dann die Wohnung nach und nach. Er war auch da eher introvertiert und so schob ich es wirklich auf den Stress. Die Mitarbeiter zogen mich immer mehr und mehr (auf den ganzen Abend über verteilt) damit auf, dass ich mich ja seeeehr gut in der Küche auskennen würde. Zum Glück kam kein weiterer Spruch.
 
Es gab eine sehr komische Situation. Eine Mitarbeiterin meinte zu mir, dass ich unbedingt auch ein Gläschen Sekt mittrinken müsse. Ich meinte nur, dass ich dann im Auto übernachten müsse, ich würde sonst schon nie Alkohol trinken und beim Fahren würde die Nulltoleranz bei mir gelten. Da meinte X: „Kannst ja auf dem Sofa schlafen! Oder der gewisse Mitarbeiter überlasst dir sein Bett und geht aufs Sofa!“ Zeitgleich (und das bin nun halt auch teilweise ich ;-p) gab ich zurück, was denn sei, wenn ich in der Nacht aufwachen und mich in der Wohnung in ein anderes Bett verirren würde. Das Gelächter war gross und X meinte dann nur: „Ohoh, de Blick fum gwüsse Mitarbeiter…!“ Ich hatte ihn nicht gesehen, den Blick. Und ich weiss auch nicht, ob der Blick dem Spruch mit dem Bett überlassen oder meinem Spruch galt, denn es folgte ein Satz auf den anderen. Ich meine, ich würde mein Bett ja auch nie hergeben ;-p. Nun ja, es wurde zum Glück einfach als Witz gesehen
 
Gab es eine weitere, peinliche Situation? Nein. Mir viel nur auf, dass das Wort M. kein einziges Mal viel. Keine blöde Rückfragen durch einen anderen Mitarbeiter, welcher erst Papi geworden ist. Der kommt dann auch nochmal ins Spiel in diesem Post. Mir ist einfach aufgefallen, spricht der gewisse Mitarbeiter häufig von diesem M., sobald dieser Papi-Mitarbeiter (haha, auch ein lustiger Name ;-p) anwesend ist. Aber weiter in der Geschichte.
 
Das Essen war lecker. Haben wir wirklich gut hingekriegt. Es kam kein Danke im Herkömmlichen Sinne von ihm. Ich glaube, da ist er einfach so. Er meinte einfach etwas von „Mir sind halt doch es guets Team“ und blickte in meine Richtung. Ich nahm es nur nebenbei wahr und sah seinen Blick im Blickwinkel. Und daher konnte ich auch nicht wirklich darauf reagieren. Es kam zum Spiel und ich verlor natürlich wieder haushoch. War aber diesmal nicht mit ihm im Team. Eine andere Mitarbeiterin verschaffte ihm zum Sieg. Tja, klappt dann halt doch nicht überall mit dem „Team“ ;-). Der Abend war irgendwie zweigeteilt. Teilweise brachte er wieder Sprüche vor allen mit „Es gibt dann eine Foto-Show bei zambrottagirlie von ihrem Trip“ und auch Interesse, wenn mich sonst jemand fragte. Mit X verstand ich mich super. Der machte mal wieder hier ein Witz und dort einen Spruch. War ganz locker (da hatte dieser Papi-Mitarbeiter noch keine Zweifel mit seinem Spruch geweckt). Wir waren vier in einer Tischreihe. Ganz links sass der gewisse Mitarbeiter, neben ihm sein Chef (also X) und neben X meine Wenigkeit. Neben mir - ganz rechts aussen - sass eine weitere Mitarbeiterin. In der zweiten Runde musste ich gegen X spielen. Er hätte den Platz nicht wechseln müssen, machte es aber doch. So sass nun er ganz links aussen, daneben meine Wenigkeit und rechts von mir der gewisse Mitarbeiter. Und da ging es los. Ich weiss nicht, was ich für eine Begrüssung nach der Verabschiedung erwartet hatte. Aber klar, hoffte ich auf einen Körperkontakt, welcher in dieser Woche noch nicht zu Stande gekommen war. Zuvor hatte ja X links von mir gesessen. Klar, hatte er auch zwei oder dreimal seinen Ellbogen in meinen Oberarm gerammt, um mir lustige Karten oder ein gutes Blatt zu zeigen. Fand ich auch cool. Und doch: wir waren Schulter an Schulter und hatten uns keineswegs berührt. Die Stühle standen zueinander. Das war’s. Somit dachte ich mir auch nichts dabei, als ich nun in der Mitte links vom gewissen Mitarbeiter sass und den Stuhl mit dem Rücken zu ihm postierte. Plötzlich machte er neben mir einfach: „Ich lehne mich hier mal an!“. Punkt, aus. Keine Bitte, keine Frage. Er hätte die Stuhllehne haben können. Nein. Er lehnte sich mit seinem Schulterblatt an mein Schulterblatt. Ich spürte teilweise seine gesamte Schulterpartie an meiner eigenen Schulterpartie. Und es waren nicht nur zehn Sekunden oder einmal zum Spass oder zum irgendwie die Situation auflockern. Es war danach die ganze Partie über. Immer wieder lehnte er sich volle Kanne gegen meinen Körper. Ausser, er musste mal Karten ausgeben oder einsammeln. Immer wieder dachte ich mir, dass er nächstens damit aufhört. Nein. Immer wieder lehnte er sich gegen mich. Ich hatte nur ein Top und eine leichte Bluse darüber an. Sollte ich ihm also unangenehm sein, würde er nicht so lang andauernden und intensiven Kontakt suchen.
 
Er meinte dann auch nach wenigen Sekunden, nachdem er sich an mich gelehnt hat: „Ui, du bisch aber warm!“ Innerlich wurde mir noch wärmer. Ich bin im Alltag sonst eher eine hitzige und ein Warmblüter. Aber ein Mann. So nahe. So langanhaltend und so intensiv. Aber es ging. Ich hatte keinen Fluchtgedanken. Dachte nicht daran, dass er die kleine Rolle zwischen Schulterblatt und BH bemerken könnte. Und ihm schien es demnach auch nichts auszumachen. Er hatte einen langärmligen Pulli an und somit spürte ich eher den Stoff, wie seine Haut. Ja. Ich gebe es zu. Ich genoss es. Und hoffe, das Spiel würde so schnell nicht enden. Ich war total unkonzentriert und ich verlor natürlich haushoch.
 
Es wäre genau an diesem Punkt an mir gelegen, den Schlussstrich zu ziehen. Das habe ich am Anfang von meinem Eintrag damit gemeint. Ich hätte nach einer Zeit den Abstand suchen können. Mich anders hinsetzen. Ihm scherzhaft sagen, ich sei keine Bank zum Anlehen oder so. Aber nein. Ich genoss es. Und wer meine Vorgeschichte kennt, kann vielleicht auch nachvollziehen, dass ich diesen Moment genoss. Es eigentlich genoss, dass ich diesen Moment geniessen konnte. Ohne Fluchtgedanken. Ohne negative Gedanken mir selbst gegenüber. Die Berührung hat keinen Selbsthass ausgelöst. Keine vernichtenden Gedanken mir selbst gegenüber.
 
Das Beste kommt aber noch. Es war, so glaube ich, bereits einmal während dem Spiel passiert. Ich hatte es aber nicht realisiert. Oder war zu geschockt, um es zu realisieren. Anscheinend haben am Schluss ihre Gegner noch einen „Matsch“ gemacht und sein Team daher verloren. Ich weiss nicht, was mich geritten hat. Oder ob es einfach ein natürlicher Reflex war. Er kugelte seine Schulter ein wenig an meiner ab und legte seinen Kopf mit der linken Gesichtshälfte KOMPLETT auf meine Schulterpartie (also vom Hals über das Schlüsselbein über die Schulter und meinen rechten Oberarm. So wie sich ein Kind an die Brust seiner Mutter schmiegt, nur sass er nicht auf meinem Schoss, sondern direkt neben mir. Und was macht zambrottagirlie? Lehnt ihren Kopf an seinen Kopf. Seine Haare kitzelten meine rechte Wange. Ich spürte seinen gesamten Haarschopf an meiner rechten Gesichtshälfte. Instinktiv kam aus meinem Mund ein tröstendes „oooh…“. Ich kam ihm mit meinem Handicap verdammt nahe und doch war es einfach okay. Es waren nicht nur ein, zwei Sekunden, in denen ich ihn so an mir spürte. Es kitzelte doch eher drei bis fünf Sekunden an meiner Wange. Es schien so normal. Obwohl doch ein etwas irritierter Blick von der gegenüberliegenden Tischseite kam. Schnell kam dann das Aufräumen und verabschieden. Wir standen uns da eher wieder nahe und joa, für mich war der Abend danach vorbei. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt noch ohne Grübeleien nach Hause. Es einfach so geniessen, wie es nun mal gewesen war. Keine Gedanken. Nichts.
 
Nun ja, wie es mit der Zeit so ist, hat sich dann doch einiges angesammelt. Am Freitag darauf war er total normal, was mich glücklich schätzte. Er erschreckte mich sogar, als ich zu einer Tür reinwollte und er sie gerade zu diesem Zeitpunkt mit heftigem Schwung aufmachte. Wir konnten darüber lachen und ich brachte ein scherzhaftes „Duuuuhuuuu“ über die Lippen und boxte ihm sanft gegen seinen Oberarm. Startete also von mir aus den Körperkontakt.
 
Eine weitere Woche ging ins Land. Es passierten einige komische Dinge. Ich schrieb ihm mal von mir aus und es kam - oh Wunder - eine Antwort. Am Donnerstag vor eine Woche bestellten wir Pizza bzw. er und ich war gerade zufällig kurz vor elf Uhr Vormittags in seinem Büro. Ich witzelte gerade mit X (seinem Chef) und daher weiss ich nicht, ob eine Erinnerung an seinem PC hatte, welche aufploppte oder er sich vielleicht doch ein wenig daran störte, dass wir ein wenig Spass hatten. Er meinte nur zu mir, ob ich die Pizzabestellung auf Italienisch übernehmen wolle. Er übernahm es dann doch.
 
Es war Mittagszeit. Zum Glück war der gewisse Mitarbeiter noch nicht anwesend, als der Papi-Mitarbeiter mich vor versammelter Mannschaft wieder mit diesem M.-Thema belästigte. Ich wurde knallrot (ich meine, vor so vielen Mitarbeitern argh!) und er natürlich sofort: „Warum wirsch au plötzlich so rot, zambrottagirlie? Nur, wills um de M. goht?“. Zum Glück war das Thema vorbei, als der gewisse Mitarbeiter mit der Bestellung kam. Naja, fast. Er hatte ein Getränk für mich. Coca Cola macht ja Sprüche mit „Share a Kiss with…“ Ich gebe zu, ich lese diesen ja auch ab und kaufe daher teilweise einen genauen Namen. Er kam auf mich zugelaufen, brummelte den Satz und meinte „Nathan“. Übergab ihn mir und meinte dann „… oder M.!“ Der Papi-Mitarbeiter bekam es natürlich sofort mit und beide lachten los. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Ging es wirklich noch ums mich Hochnehmen oder war das Eifersucht? Pupa meint, er macht das nur ständig, weil es ihn stört.
 
Naja. Es ging weiter. Die Mitarbeiterin neben mir stand auf und er schaute sie etwas länger an. Ich dachte mir nichts grosses dabei. Ausser, das auch schon Sprüche gefallen sind, sie würde gut zu ihm passen. Wir waren dann nur noch zu viert. Der Papi-Mitarbeiter und ich wollten den Karton entsorgen. Dieser sperrte mich dann sofort in den Keller. Von draussen her hörte ich ihn lachen. Ich hatte aber zum Glück den Schlüssel dabei. Öffnete die Tür und grinste siegessicher. Der gewisse Mitarbeiter ging an mir vorbei und meinte nur, dass er sich spurten müsse, bevor ich die Tür erneut zuschliessen würde…! Ich entgegnete nur, dass dies nicht mein Stil sei - ich sei doch so ein Engel. Während er die Tür abschloss, lief ich mit einer Mitarbeiterin die Treppen hoch. Sie wollte unbedingt wissen, was ich am Abend denn nun machen würde. Es klang von ihr aus so, als ginge es um einen Mann. Ich habe genau gesehen, wie er zu mir hochgestarrt hat. Er blickte zu mir nach hinten hoch, obwohl die Tür, welche er verschloss, vor ihm war. Natürlich klärte ich die Situation sofort auf. Meinte ganz sachlich, was mein Abendprogramm sei.
 
In dieser Woche war es auch eher viel zum Verarbeiten, was so vorgefallen ist. Und ich hasse es ganz ehrlich, dass ich wieder herumgrüble. Pupa hat es mal wieder auf den Punkt gebracht: der Typ sollte Klartext sprechen. Klar, es würde auch an mir liegen, es zu tun. Aber nicht verhalte mich so zweideutig. Aber ich bin diejenige, welche immer grübelt und ich kann nicht erwarten, dass er sein (vielleicht für ihn ganz alltägliches Verhalten) wegen mir ändert. Dann liegt es wirklich an mir, Grenzen zu ziehen und meinen Standpunkt zu benennen. Und doch finde ich, sind wir alle genug alt, um uns zu denken, was unser Handeln so mit sich bringt. Und dass sich Männer und Frauen halt schnell ineinander vergucken und es nicht einfach ist, einfach nur befreundet zu sein. Eben. Ich denke, es liegt da an beiden Seiten. ich für meinen Teil warte von nun an auf einen weiteren Schritt seinerseits. Ich habe mich geöffnet, gewitzelt, von mir aus geschrieben. Aber warum überlege ich soweit. Ich werde mich so oder so nie einem Mann öffnen können. Da muss echt ein hartnäckiger Typ kommen. Aber habe ich das nicht genau auch vor fast vier Jahren gedacht? Dass ich mich vor Männer ekle bzw. mir nicht vorstellen kann, dass mich Männer gerne freiwillig berühren? Dass ich nie ein normales Gespräch mit Männern im Allgemeinen führen kann? Keine Witze mache? Und wo stehe ich jetzt? Es ist alles eingetreten. Mal besser, mal weniger gut. Teilweise ohne böse Nachgedanken, dann wieder eher harzig. Aber ich bin an einem Ort, den ich mir vor nicht allzu langer Zeit so gar nicht vorstellen konnte. Warum also kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mich einem Mann eben doch öffnen könnte. Wenn einfach der wirklich gute „Pezzo di Pane“ (wie Pupa es immer so lieb nennt (ist einfach ein unheimlich lieber Typ damit gemeint - böse Zungen würden es mit Weichei vergleichen) für mich kommt, dann klappt vielleicht doch alles. Who knows.
 
Aber aktuell kann ich es mir nicht vorstellen. Mein Handicap verscheucht jeglichen Gedanken der Möglichkeit. Es geht einfach nicht in meinen Kopf rein und ich habe dann teilweise echt böse und vernichtende Gedanken mir selbst gegenüber, welche mich nicht wirklich besser fühlen lassen. Und dann ist da auch immer noch der klare Verstand, der mir immer wieder sagt: „zambrottagirlie, AUFWACHEN! Da ist nix. Er ist einfach so und er überlegt nicht weiter, was er damit auslöst.“
 
Und schon wieder: wer hat Schuld, wer muss sich ändern. Ich weiss, ich beginne schon gar nicht mit der Diskussion betreffend Liebe am Arbeitsplatz. Und doch kenne ich meinen Menschenkenntnis und meinen sechsten Sinn. Ich bin eine Sensible Person und sollte es daran scheitern, dann weiss ich auch nicht (ich meine, wir arbeiten nicht im gleichen Bereich und sehen uns vielleicht drei Mal am Tag, wenn’s hoch kommt…).
 
Diese Woche war wieder sehr intensiv. Vielleicht zu intensiv. Ich muss wirklich bremsen. Aber vielleicht versteht man mich auch ein wenig, wenn ich es hier verarbeite. Und noch einmal: ich bin eher kritisch. Ich gebe nichts wieder, was nicht so war. Ich vertraue da wirklich darauf, dass es so war. So habe ich es Wahrgenommen. Teilweise vergesse ich Gespräche, aber nie dichte ich mir etwas schön bzw. dazu.
 
Es war am Dienstag. Kaffeepause. Er setzte sich neben mich und begann das Gespräch damit, dass ich bald Ferien haben würde. Ich war erstaunt. Seit wann fragt er mich nach meinen Ferien? Ich meinte, dass es doch noch ein Weilchen gehen würde bis dahin. Dann kam er irgendwie ohne Zusammenhang dazu, dass ich auch einmal zu einem Unihockeyspiel mitkommen könnte (oder waren wir da doch schon im Gespräch, das weiss ich eben nicht…). Ich denke eher, nicht. Denn ich war so verblüfft und fragte bei einer Mitarbeiterin, welche auch da sass und auch bei den Unihockeyspielen mitspielt nach, wie die Termine seien. Oder fragte ich erst nach den Terminen (aus Interesse) und er kam dann mit dem Spruch? Nein. Denke ich eher nicht. Denn er meinte es explizit zu mir, obwohl die hübsche Blondine auch dasass. Ausserdem war er plötzlich so rot und während dem Gespräch schaute er mir kaum in die Augen - eher eine Etage tiefer auf die Lippen. Das habe ich ganz genau mitbekommen. Ich wusste nicht, ob er rot wegen dieser hübschen Blondine war oder wegen mir. Whatever. Jedenfalls hörte er dann am Mittag ganz genau meine Verabschiedung von der Mitarbeiterin (sie ist nun in den Ferien) und das wir noch ein wenig plauderten. Ich kam die Treppe runter und wer kam gerade aus seinem Büro? Er. Okay, ich dachte mir auch da kaum etwas bzw. gab mir Mühe. Auch verdrängte ich sein Schnippsen nach dem Volleyballspiel am Mittwoch, welches ich seit Amerika immer mache. Auch da sind wir ein perfektes Team, das muss ich zugeben. Meine Pässe und seine Schläge, das passt einfach. Blind wissen wir, wohin. Es hat wirklich Spass gemacht.
 
Am Mittwochnachmittag bekam er zudem mit, wie ich einer Mitarbeiterin sagte: „Schönä Abig.“ Er und der Papi-Mitarbeiter nehmen mich teilweise wegen meinem Dialekt hoch. Dass ich aus einem A gerne ein O mache und daher achte ich in letzter Zeit verstärkt auf meine Aussprache. Daher auch das „Abig“. Ich lief die Treppe hoch und aus seinem Büro kam ein „en schönä OOOOObig!“ Ich lachte nur auf und meinte zu ihm, dass ich für ihn das sehr gerne so sagen würde.
 
Ja und so auch heute in der Kaffeepause. Ich muss meine Röte in den Griff kriegen. Keine Ahnung, warum es bei ihm wieder so schwierig ist damit. Und auch, als er mich etwas fragte, kam er mir mit seinem Oberkörper so nahe und berührte mit seinem rechten Arm meinen linken Oberarm. zambrottagirlie natürlich wieder knallrot und hitzig.
 
Ich muss das in den Griff bekommen. Vielleicht liegt es wirklich nur an mir.

Sonntag, 27. September 2015

kraftquelle anzapfen

Leider kommt es mir gedanklich oft so vor, als läge meine Auszeit schon Jahre hinter mir. Und doch kann ich zum Glück noch oft Energie aus ihr schöpfen.

Es ist zweigeteilt. Ich sehe mich wie vor der Auszeit in der Zukunft nicht wirklich irgendwo. Existenz- und Geldsorgen sind allgegenwärtig. Und ich habe Angst, dass ich irgendwann einmal meine Auszeit nur noch mit der Geldausgabe verknüpfe und sie bereue. Wobei ich mir dann ganz klar mache, dass es nicht lange gut gegangen wäre und ich a) frühzeitig gekündigt, b) mir etwas schlimmes angetan oder c) mich einweisen lassen hätte. Und das ist nicht einfach so dahin gesagt. Nur ich weiss. wie ich die schwierige Zeit vor Amerika erlebt und verdrängt habe. Und es wäre wirklich nicht mehr lange gut gegangen. Und dadurch, dass ich ein totales Burnout und ein Neuanfang bereits hinter mich gebracht habe und weiss, wie langwierig und intensiv das alles ist (ich spreche von sechs, sieben Jahren - nicht nur ein paar Monate!), habe ich nicht wirklich mehr Kraft für einen weiteren Neuanfang. Nicht umsonst sage ich mir immer, dass ich, sollte ich jemals eine schwere Krankheit diagnostiziert bekommen, nie dagegen ankämpfen werde. Für mich reicht es dann und ich schliesse mit meiner Zeit hier ab. Und ich habe mit diesem Gedanken meinen Frieden gefunden. Liegt wahrscheinlich auch unter anderem daran, dass ich sowieso im Gefühl habe, nicht alt zu werden.

Manchmal schaffe ich es aus der Gedankenspirale. Wie gesagt, oft lebe ich ja meinen Alltag irgendwie doch und meist ist der letzte Gedanke und mein Kampfwille positiv. Und doch: jeden Tag von neuem dagegen ankämpfen, Gedanken runterschlucken, mich meinem Leben stellen, wieder diese sozialen Kontakte und alles, was damit entsteht und der zwischenmenschliche Umgang. Es ist viel im Moment. Ich schaffe es ja irgendwie, aber dem Selbstwert hilft es nicht wirklich. Schnell folgen dann Kaufgelüste und die letzten Tage musste ich wirklich ein paar Mal hart gegen eine Onlinebestellung kämpfen. Klar, viele denken sich: ist doch nichts schlimmes dabei. Doch. Denn auch ein Alkoholiker, welches sich das Trinken abgewöhnen möchte, trinkt nicht einfach "nur noch zum letzten Mal einen Schluck". Denn die Konsequenzen sind immer kontraproduktiv. Es wird nur noch schwieriger. Und ich möchte es schaffen, stark bleiben und mein Leben wieder in die geregelte Bahn bekommen.

Körperlich fühle ich mich zunehmend wohler. Fühle mich leichter und die Physio geht mir auch leichter von der Hand. Aber ich bin sehr "hart" mit mir unterwegs, esse meist nur etwas zum Frühstück und einen Apfel und eine Banane zu Abend. Ich weiss ganz genau, das ich es falsch mache. Aber irgendwie fühlt sich dieser knurrende Magen einfach richtig und gut als Bestrafung an. Als hätte ich es nicht anders verdient. Vom Äusseren her mag ich mich aber gar nicht im Spiegel betrachten.

Männer lösen seit ein paar Tagen Ekel in mir aus. Klingt jetzt hart - eher der Gedanke an mich und der Kontakt mit Männern jeglicher Art. Ich werde hier noch etwas verarbeiten. Und auch dort einen Entschluss fassen und mich daran halten. Konsequent. Zu meinem eigenen Wohl.

Wichtig ist mir aktuell meine Familie. Das ich meine Mutter im Haushalt entlaste. Ich übernehme aktuell fast alle Arbeiten und ich weiss, dass ich mir Zeit mit dem Zurückstottern lassen kann. Aber trotzdem bleiben da noch die Ängste und Gedanken zu einem Lohn mit kleinem Stellenprozent und meine alltägliche Ausgaben bzw. die gebundenen Ausgaben Ende Monat. Es wird bestimmt die nächsten zwei Jahre andauern, bis ich alles zurückzahlen konnte. Reicht sonst schon nicht das Schuldgefühl meinen Eltern gegenüber. Und vor allem dieses Gefühl, als Tochter versagt zu haben. Und dieses Gefühl habe ich nun seit bald zehn Jahren. Seit der ganze Scheiss losgegangen ist. Denn ich hätte alles anders gemacht, wäre es so nicht verlaufen. Tja, so bleibe ich halt noch ein Weilchen zu Hause und muss selbst schauen, wie ich mit meinen Gefühlen in diesem Zusammenhang klar komme.

Existenz- und Geldängste. Hadern mit dem Schicksal. Gedankenspiralen, welche einen Alltag nicht einfach machen. Akzeptieren, dass sie zu meinem Leben gehören. Dazu noch weitere Geschichten wie die Sache mit den Männern, das Alleinsein und auch weitere Zukunftsfragen (dessen Entscheidungen ich mich oft durch meinen Werdegang beraubt fühle und es alles noch schwieriger macht), die alle miteinander verknüpft sind.

Klar, ich könnte sagen: scheiss drauf. Scheiss auf meine Eltern. Auf ihren Kredit. Auf meinen Job. Auf meine Rente. Ich ziehe aus, such mir einen Typen, lass mich schwängern und gehe nicht mehr arbeiten die nächsten Jahre. Der Staat wird schon für mich gucken.

So bin ich aber nicht. Ich habe Verantwortung. Gegenüber allem in meinem Leben. Es wäre so einfach, die Kontrolle und Selbstverantwortung fallen zu lassen. Aber es passt nicht zu mir. Egal, wie verschissen es mir geht. Ich stehe immer wieder auf, klopfe mir den Staub von den Knien und laufe weiter. Durchlebe tagein, tagaus diesen Stuss. Klar, schlussendlich ist es das, was zählt. Und würde ich meinen Alltag nicht irgendwie schaffen, würde ich mich noch mehr hassen und es wäre noch schwieriger für mich.

Aber kann man meine Gedanken und den Anschiss nicht verstehen? Das ich es satt habe? Einfach immer weniger den Sinn dahinter verstehe? Und Angst habe, wo ich in zwei Jahren bin? Angst, vor dem ganz sozialen Abstieg? Ich fühle mich vielem beraubt. Und das frisst mich innerlich auf. Heute mal wieder sehr intensiv. Daher hilft mir diese Plattform auch oft. Denn ich kann es mir von der Seele schreiben, weil ich mit niemandem sonst darüber spreche.

Ich versuche, mich mit meinen Fotoalben abzulenken. Es Schritt für Schritt zu nehmen. Das es mit dem Geld nach Amerika knapp ist, wusste ich bereits vor meiner Abreise. Ich habe es mir hart zusammengespart. Mit meinen Eltern habe ich eine gewisse Summe ab einem gewissen Monat ausgemacht. Ich muss mir also keine Sorgen machen, ich bin zu Hause sicher, habe ein Dach über den Kopf und helfe tatkräftig mit. Und irgendwann geht auch für mich wieder eine Tür auf und wer weiss, in zehn Jahren bin ich vielleicht die, welche meine Eltern unterstützen und ihnen unter die Arme greifen kann.

Ich bleibe dran, klar. Aber es ist nun mal immer schwer, damit klar zu kommen, wenn man sich sein Leben immer anders für sich vorgestellt und ausgemalt hat. Und daher werde ich die nächsten Wochen und Monate Tag für Tag mit diesen Scheissgedanken konfrontiert werden. Gegen aussen die muntere, lockere zambrottagirlie. Welche innerlich so etwas von anders mit sich selbst umgeht. Wenn ich könnte, würde ich mich selbst vernichten. Und ich denke, mein Hungern ist unter anderem eine Härte mir selbst gegenüber. Wenn ich meine Familie nicht hätte...

Sorry, ist grad ein wenig viel. Die Fotoalben helfen mir. Werde die nächsten sechs Monate bestimmt damit beschäftigt sein. Berlin, Köln, Hamburg und Mallorca stehen noch an. Dann meine allgemeinen Fotos der letzten fünf Jahre - gefolgt von meiner traumhaften Auszeit.

Klar, in vielem merke ich, wie es mir am Arsch vorbeigeht. Sorry für den Ausdruck, ist aber so. So auch meine Chefin wieder am Freitag. Ich habe innerlich einfach nur die Augen verdreht und abgewunken. Es gar nicht an mich rangelassen. Soll sie zetern und motzen - egal, wie ich es mache, ich mache es ihr nicht recht. Und verschwende keine weitere Energie für so eine Person.

Und genau so gehe ich mit Mitmenschen um, die meinen, mich und mein Leben besser zu kennen. Welche nicht diese Vergangenheit haben und daher gar nicht mitreden können. Ich musste alleine da durch und nur ich weiss, wie es genau verlaufen ist. Ich bleibe auf meinem Weg. In der Hoffnung, in ein paar Jahren einfach dort zu sein, wo ich mich jetzt schon gerne sehen würde. Leider ist unsere Gesellschaft so, dass wir immer das Gefühl haben, es anderen Recht machen zu wollen. Warum eigentlich? Übernehmen sie dafür auch unsere Schicksalsschläge, Lebensumstände etc.? Nein. Also, wozu? Man kann es schlussendlich niemandem recht machen. Niemandem. Meist wird man zudem nur enttäuscht und links liegen gelassen, sobald man nicht mehr von Nöten ist.

Mir graut vor Morgen. Da befasse ich mich mit meiner Post und meinen Rechnungen. Muss zur Bank und mich mit meinem aktuellen Guthaben befassen und auseinandersetzen. Und davor graut mir. Klar, das muss jeder auf dieser Welt, nicht nur ich. Und kaum jemand macht das gerne. Aber eben, wie soll das jemand nachvollziehen, der nie wirklich an Geld- und Existenzängste gelitten bzw. sehr nahe an den sozialen Abgrund gestanden hat. Ich habe jetzt schon Angst davor, was es morgen alles in mir auslöst...