Mittwoch, 24. Mai 2017

grenzen überschritten... (teil I)

In letzter Zeit haben eine Hand voll Menschen in meinem Umfeld die Grenzen bei mir überschritten. Zwar meist bestimmt unbewusst, aber doch hat es mich dann teilweise recht mitgenommen oder total verwirrt.
 
Mir ist vorhin gerade ein Gedankenblitz gekommen. Natürlich habe ich diese Plattform immer nutzen können, um meine Dinge verarbeiten zu können. Positives, wie auch Negatives. Wobei das Negative in letzter Zeit natürlich überwogen und meinen Blog dementsprechend "beherrscht" hat. Was mir persönlich natürlich gut getan hat.
 
Vielleicht tut es auch gut, diese Plattform wieder mit alltäglichen Geschichten zu füllen, egal, wie nichtig sie mir scheinen. Denn es zeigt mir, was ich sonst auch alles erlebe. Klar, die Welt ist nicht immer schwarz, wenn es mir schlecht geht. Das ist mir auch bewusst. Die letzten Monate waren hart und ja, ich habe viel mit Grübeleien und Unsicherheiten im Zwischenmenschlichen zu kämpfen. Und doch gibt es auch dann kleine "Lichtblicke".
 
Es ist halt irgendwie doch schwierig, darüber zu berichten, wenn es einem schlussendlich doch eher schlecht geht. Dieser schwarze Schleier, der dann immer wieder über einen lastet, darf man einfach nicht unterschätzen. Und natürlich ist es für mich selbst auch nicht schön, wenn ich tolle Sachen mit meinen Bekannten und der Familie unternehme und danach doch immer mit Grübeleien, Zweifel und einem niedrigen Selbstwert zu kämpfen habe, sobald ich dann alleine bin. Es ist sehr kräftezehrend und meist ist es dann ja auch nicht so, dass es die Menschen verursachen. Bestimmt nicht bewusst. Aber ich habe dann halt schnell den Eindruck oder bin schnell verunsichert und anstatt Dinge anzusprechen, fresse ich sie in mich hinein. Wobei ich natürlich ganz klar weiss, dass niemand freiwillig mit mir Zeit verbringen würde, wenn dies nicht so wäre. Aber so ist es ja oft bei mir: theoretisch weiss ich viel, theoretisch ist mir vieles bewusst. Aber Selbsthass und Selbstzweifel, Unsicherheit und Existenzzweifel sollte man wirklich nicht auf die einfache Schulter nehmen.
 
Gestern zum Beispiel war ich mit Pupa am See unterwegs. Die Sonne schien (knallte aber nicht zu fest auf einen herab), es ging ein leichter Wind und am See waren nicht allzu viele Leute. Wir schlemmten ein Eis und genossen die Sonnenstrahlen. Tauschten uns aus und ja, es war einfach schön. Ich fühlte mich wohl in meinem Shirt und meinem Tüllrock – auf Taille getragen (Outfit folgt im nächsten Outfitpost) – und konnte irgendwie den Stress und den Druck um mich herum vergessen.
 
Und doch – ich zweifle an meiner Existenz. An meiner Lebensaufgabe. Und es ist nun mal so, dass so ein Leben einfach schwierig zu gestalten ist. Denn ein Anzweifeln ist dann so präsent, da muss man teilweise nur aus Versehen in Hundekot treten… ich nehme dies dann sofort persönlich und deute es als Angriff. Oder wenn an einer Kreuzung einer Gas gibt und im letzten Moment bremst, weil er mich doch noch sieht – ich ärgere mich schon gar nicht mehr, ich fühle mich sofort unsichtbar und darin bestätigt, einfach nichts Wert zu sein.
 
Und ja, es ist leicht gesagt, dann anders zu denken. Aber wenn man diese Gedanken und diese Einschätzung JAHRELANG von sich kennt (und ich spreche da nicht einfach von fünf Jahren), ist es schwierig, diese einfach so zu durchbrechen. Denn ich hatte über fünfzehn Jahre Zeit, diese zu verinnerlichen und mich damit „abzufinden“. Ich bin teilweise so davon überzeugt, da kann ich nicht einfach eine Woche lang einen umgeschriebenen Satz lesen und diesen sofort glauben. Zum Beispiel in Sachen Männer. Ich bin davon überzeugt, dass ich nie jemanden kennen lernen werde. Das ist einfach so. Und es hat sich ja auch immer bestätigt. Ständig haben meine Kolleginnen jemanden kennen gelernt, ständig sind sie „umworben“ worden. Das habe ich alles nicht erlebt. Und ja, die Überzeugung stieg damit. Und mittlerweile glaube ich dies einfach tief und fest. Wie auch die Überzeugung, dass ich nicht alt werde.
 
Und ich habe ihr von meinem Handicap erzählt, und das dies eine Nähe zu einem Mann aufbauen einfach noch zusätzlich schwerer macht. Von aussen betrachtet ist es immer leicht zu sagen, dass dies doch kein Problem ist (mein Handicap). Aber wenn man es selbst hat und sich in seiner Weiblichkeit eingeschränkt fühlt, würde man vielleicht anders denken. Ich schäme mich dafür und ich weiss, es gibt auch „normale, verständnisvolle“ Männer da draussen in der Gesellschaft. Und doch ist es ein Thema, welches ich nicht einfach so herausposaunen möchte. Man macht sich durch jedes Geständnis verletzbar. Und mich hemmt dies einfach nur noch mehr.
 
Meine Therapeutin ging davon aus, dass sie den Satz mit mir umgeschrieben hat. Dabei hatte ich ihr klar gesagt, dass dies nicht so ist. Sie notierten den Satz „es wird sich nie ein Mann für mich interessieren“ um in „Bis jetzt hat sich nie ein Mann getraut, mich anzusprechen“.
 
Nun mal ganz langsam – wenn jemand überzeugt ist (und dies sein Leben lang), dass die Farbe von Gras Rot ist, wird der nicht innerhalb einer Woche glauben, dass es grün ist, nur, weil er diesen Satz eine Woche lang liest und sich damit auseinandersetzt. Ich habe mich mit diesem Satz auseinandergesetzt und aufgeschrieben, was für Gedanken dabei aufkommen.
 
Anscheinend auch nicht zu ihrer Zufriedenheit. Ach, ich lasse dieses Thema besser sein. Ich ärgere mich nur wieder darüber. Ich habe einfach einmal mehr das Gefühl, dass immer übersehen wird, was man alles an Kraft investiert und an „Gutes“ getan hat. Dies ist immer selbstverständlich. Gemotzt wird erst, wenn man bzw. frau mal nicht funktioniert. All die Monate vor meiner dunklen Zeit seit Januar scheinen mir einfach als „selbstverständlich“ angesehen. Nun, da es schwieriger ist, kommen solche Ansagen. Ich würde nicht mit im Boot sitzen. Was soll ich an meinen Gedanken ändern? Einerseits soll ich tagtäglich ein Tagebuch ausfüllen und doch ist es nicht gut, wenn ich an fünf von sieben Tagen starke Suizidgedanken habe. Ja, was denn jetzt? Soll ich einfach wieder das Tagebuch so ausfüllen, wie sie es haben möchte, nur, damit es so aussieht, als würde ich mit an der Therapie arbeiten? Ich habe die Suizidgedanken ja auch nicht einfach so zum Spass. Es ist verschissen, ich hasse mein Schicksal und sehe es einfach nicht ein, warum ich mich mit diesem Stuss auseinandersetzen muss. Ich kann dies nicht einfach ausschalten. Und auf die Frage hin, ob es wirklich Menschen gibt, die ein solches Leben akzeptieren können, konnte sie mir auch nicht wirklich eine Antwort geben. Ich fragte mich bzw. kann es mir kaum vorstellen, dass ein Mensch es akzeptieren kann, dass er immer wieder mit solchen Gefühlen zu kämpfen hat. Sich tagtäglich damit auseinandersetzen muss und immer unter Strom steht, während andere einfach so ihr Leben geniessen können. Der sich gerne hinsetzt und sich denkt: Toll, nun fülle ich mal wieder mein Tagebuch aus, ein Gefühlsprotokoll und die Spannungskurve. Ich mache dies gerne, weil ich dies machen muss, während andere Menschen ihr Leben ohne bewältigen können. Und erst recht schwierig wird es in meinen Augen, wenn man an seine Existenz zweifelt. Und die letzten Monate waren happig, ich hatte das Gefühl, dass mir der Boden unter den Füssen genommen wird und da müsste ja sie verstehen, dass ich nun noch stärker verunsichert bin, wie eh schon.
 
Ich mache es ja auch nicht für lustig, jede Woche 45 Kilometer für einen Weg auf mich zu nehmen, um zur Therapie zu gehen. Ich öffne mich auch nicht einfach so und ich habe Jahre gebraucht, um ihr diese Sätze anzuvertrauen und meine Überzeugungen zu nennen, geschweige denn, ihr mein Handicap zu nennen. Sie fragt mich, ob es mir peinlich ist, solche Dinge zu nennen. Ich betone jedes Mal, dass ich es bei anderen nicht peinlich finde, wenn sie mit einer Krankheit zu kämpfen haben. Wenn sie mit dreissig so unerfahren sind wie ich. Wenn sie eine schwere Vergangenheit hinter sich haben. Alles kein Problem. Aber es ändert sich, wenn es um mich geht. Ich finde es peinlich, weil ich es bin. Ich habe Erwartungen und Ansprüche an mich. Und ich hasse mich dafür, dass ich dieses Leben bis jetzt so bewältigen musste. Und mehr, wie das immer wieder sagen, kann ich auch nicht machen. Wie auch, dass man mich schnell verunsichern kann und ich mich zurückziehe, sobald ich mich eingeengt und überfordert fühle. Und ja, es ist mir peinlich, dass ich dieses Leben führe, wie ich es führe (und geführt habe). Ja, es ist mir peinlich, ihr meine Sätze und Gefühle benennen und aufschreiben zu müssen. Was denkt sie sich denn, dass ich es einfach so hinnehme und es locker von der Hand aufschreibe? Wohl kaum.
 
Und es ist nun mal so, dass ich verdammt aufmerksam bin bei anderen. Und ich weiss, dass ich umso enttäuschter bin, wenn ich merke, dass jemand mein Geburtstag zum Beispiel vergisst, obwohl man diesen vor knapp sechs Wochen gefeiert hat und ich diese Person eingeladen hatte. Ja, ich kann mir Geburtstage sehr gut merken und weiss, dass es menschlich ist, diesen vielleicht zu vergessen. Aber es verletzt mich halt schon, wenn ich Bekannte zu meinem Fest einlade und keine sechs Wochen später vergessen diese mein Geburtsdatum. Aber vielleicht liegt es da an mir, dies als menschlich anzusehen. Wobei ich natürlich schon finde, dass es ein wenig von Desinteresse mir gegenüber zeugt, wobei viele wahrscheinlich sagen, dass ich dies nicht persönlich nehmen muss. Und ja, ich weiss auch, dass ich übersensibel und überaufmerksam bin. Dass ich mir viele Aussagen merken kann und ich erhalte ja auch oft das Feedback von Mitmenschen, dass sie erstaunt sind, dass ich solche Dinge dann noch weiss. Aber mir ist dann auch bewusst, dass meine Erwartungen umso weniger erreichbar sind und ich nur enttäuschter bin.
 
Aber von einer Therapeutin erwarte ich da doch mehr. Ich sitze 50 Minuten bei ihr und erwarte da schon, dass die Konzentration dann auf mich als Person und unsere Therapie liegt. Und letzte Woche hatte ich so ein Gefühlsprotokoll mit dabei und auch gesagt, dass ich eines habe. Es aber bereut, angeschaut zu haben. Beim Gefühlsprotokoll beachtet man auch die Umstände, welche einen angreifbar(er) machen. Diese Frage beantwortet man fast an erster Stelle dieses Protokolls. Ich habe dann ehrlich gemeint, dass jemand eine Verabredung kurzfristig abgesagt hat und mich dies getroffen hätte. Weil ich nun mal jemand bin, welcher sich früh genug damit auseinandersetzt, dass man vielleicht gewisse Dinge dann im Voraus erledigen sollte. Wenn ich am Montag zum Beispiel noch vieles zu packen hätte, aber am Montag eine Verabredung, dann schaue ich doch, dass ich dies alles am Sonntag erledigen kann. Und ja, natürlich nehme ich es dann persönlich und kann nichts dafür, dass Gedanken kommen, wie: „wenn es bei dieser und jener Frau wäre, würde er es natürlich sofort anders koordinieren“ oder „er möchte einfach nicht bei dir vorbeikommen“ und so weiter. Wir wären in der Gruppe gewesen, so ist es nicht. Aber ich finde, es hat bei mir einfach von Desinteresse mir gegenüber gezeugt und natürlich versteht dies der Kritiker in mir auch. Der frisst das sofort gerne und für ihn ist es ganz klar, dass man das mit mir machen kann und auch tun sollte und dass es logisch ist, dass man sich für mich nicht interessiert. Naja. Nun habe ich schon wieder zu weit ausgeholt. Eigentlich ging es nur darum, dass ich ihr sagte, dass sich kurzfristig jemand abgemeldet hatte und ich dies sehr persönlich genommen hatte. Ihre Frage lautete sofort, ob ich denn ein Date vereinbart hatte?
 
Ich sass da und fiel aus allen Wolken. Ich meinte „Nein“ und in meiner Stimme schwang ganz deutlich Unverständnis mit. Hallo, ich erzähle ihr, dass sich noch NIE ein Mann für mich interessiert und sich um mich bemüht hat. Dass ich noch nie von einem Mann angesprochen worden bin. Es ist nicht nur einmal gewesen, dass sie davon Kenntnis genommen hat. Sie weiss also, dass das Thema Männer, Daten und einfach so locker miteinander flirten nicht wirklich meine Stärken sind und sich in meinem Leben nicht als solches abspielen. Und kommt dann mit einer solchen Frage? Das hat mich verletzt und ich dachte mir sofort: na super, dir hört wirklich niemand zu.
 
In dem Moment konnte ich schon gar nicht denken, dass es ja eigentlich ein schöner Gedanke ist, geht sie davon aus, dass ich jemanden date (weil ich ja das als total unwahrscheinlich ansehe). Nein, in dem Moment war ich einfach nur verletzt darüber, dass sie mir anscheinend nicht zuhört. Es hat dann meist zur Folge, dass ich noch einsilbiger werde und mich noch mehr zurück ziehe.
 
Und aktuell ist es eh nicht gut, während ich diesen Eintrag tippe. Ich bin sowieso schon auf hundertachtzig.

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