In letzter Zeit haben eine Hand voll Menschen in meinem Umfeld die Grenzen
bei mir überschritten. Zwar meist bestimmt unbewusst, aber doch hat es mich
dann teilweise recht mitgenommen oder total verwirrt.
Mir ist vorhin gerade ein Gedankenblitz gekommen. Natürlich habe ich diese
Plattform immer nutzen können, um meine Dinge verarbeiten zu können. Positives,
wie auch Negatives. Wobei das Negative in letzter Zeit natürlich überwogen und
meinen Blog dementsprechend "beherrscht" hat. Was mir persönlich
natürlich gut getan hat.
Vielleicht tut es auch gut, diese Plattform wieder mit alltäglichen
Geschichten zu füllen, egal, wie nichtig sie mir scheinen. Denn es zeigt mir,
was ich sonst auch alles erlebe. Klar, die Welt ist nicht immer schwarz, wenn
es mir schlecht geht. Das ist mir auch bewusst. Die letzten Monate waren hart
und ja, ich habe viel mit Grübeleien und Unsicherheiten im Zwischenmenschlichen
zu kämpfen. Und doch gibt es auch dann kleine "Lichtblicke".
Es ist halt irgendwie doch schwierig, darüber zu berichten, wenn es einem
schlussendlich doch eher schlecht geht. Dieser schwarze Schleier, der dann
immer wieder über einen lastet, darf man einfach nicht unterschätzen. Und
natürlich ist es für mich selbst auch nicht schön, wenn ich tolle Sachen mit
meinen Bekannten und der Familie unternehme und danach doch immer mit Grübeleien,
Zweifel und einem niedrigen Selbstwert zu kämpfen habe, sobald ich dann alleine
bin. Es ist sehr kräftezehrend und meist ist es dann ja auch nicht so, dass es
die Menschen verursachen. Bestimmt nicht bewusst. Aber ich habe dann halt
schnell den Eindruck oder bin schnell verunsichert und anstatt Dinge
anzusprechen, fresse ich sie in mich hinein. Wobei ich natürlich ganz klar
weiss, dass niemand freiwillig mit mir Zeit verbringen würde, wenn dies nicht
so wäre. Aber so ist es ja oft bei mir: theoretisch weiss ich viel, theoretisch
ist mir vieles bewusst. Aber Selbsthass und Selbstzweifel, Unsicherheit und
Existenzzweifel sollte man wirklich nicht auf die einfache Schulter nehmen.
Gestern zum Beispiel war ich mit Pupa am See unterwegs. Die Sonne schien
(knallte aber nicht zu fest auf einen herab), es ging ein leichter Wind und am
See waren nicht allzu viele Leute. Wir schlemmten ein Eis und genossen die
Sonnenstrahlen. Tauschten uns aus und ja, es war einfach schön. Ich fühlte mich
wohl in meinem Shirt und meinem Tüllrock – auf Taille getragen (Outfit folgt im
nächsten Outfitpost) – und konnte irgendwie den Stress und den Druck um mich herum
vergessen.
Und doch – ich zweifle an meiner Existenz. An meiner Lebensaufgabe. Und es
ist nun mal so, dass so ein Leben einfach schwierig zu gestalten ist. Denn ein
Anzweifeln ist dann so präsent, da muss man teilweise nur aus Versehen in
Hundekot treten… ich nehme dies dann sofort persönlich und deute es als
Angriff. Oder wenn an einer Kreuzung einer Gas gibt und im letzten Moment
bremst, weil er mich doch noch sieht – ich ärgere mich schon gar nicht mehr,
ich fühle mich sofort unsichtbar und darin bestätigt, einfach nichts Wert zu
sein.
Und ja, es ist leicht gesagt, dann anders zu denken. Aber wenn man diese
Gedanken und diese Einschätzung JAHRELANG von sich kennt (und ich spreche da
nicht einfach von fünf Jahren), ist es schwierig, diese einfach so zu
durchbrechen. Denn ich hatte über fünfzehn Jahre Zeit, diese zu verinnerlichen
und mich damit „abzufinden“. Ich bin teilweise so davon überzeugt, da kann ich
nicht einfach eine Woche lang einen umgeschriebenen Satz lesen und diesen
sofort glauben. Zum Beispiel in Sachen Männer. Ich bin davon überzeugt, dass
ich nie jemanden kennen lernen werde. Das ist einfach so. Und es hat sich ja
auch immer bestätigt. Ständig haben meine Kolleginnen jemanden kennen gelernt,
ständig sind sie „umworben“ worden. Das habe ich alles nicht erlebt. Und ja,
die Überzeugung stieg damit. Und mittlerweile glaube ich dies einfach tief und
fest. Wie auch die Überzeugung, dass ich nicht alt werde.
Und ich habe ihr von meinem Handicap erzählt, und das dies eine Nähe zu
einem Mann aufbauen einfach noch zusätzlich schwerer macht. Von aussen
betrachtet ist es immer leicht zu sagen, dass dies doch kein Problem ist (mein
Handicap). Aber wenn man es selbst hat und sich in seiner Weiblichkeit
eingeschränkt fühlt, würde man vielleicht anders denken. Ich schäme mich dafür
und ich weiss, es gibt auch „normale, verständnisvolle“ Männer da draussen in
der Gesellschaft. Und doch ist es ein Thema, welches ich nicht einfach so
herausposaunen möchte. Man macht sich durch jedes Geständnis verletzbar. Und
mich hemmt dies einfach nur noch mehr.
Meine Therapeutin ging davon aus, dass sie den Satz mit mir umgeschrieben
hat. Dabei hatte ich ihr klar gesagt, dass dies nicht so ist. Sie notierten den
Satz „es wird sich nie ein Mann für mich interessieren“ um in „Bis jetzt hat
sich nie ein Mann getraut, mich anzusprechen“.
Nun mal ganz langsam – wenn jemand überzeugt ist (und dies sein Leben lang),
dass die Farbe von Gras Rot ist, wird der nicht innerhalb einer Woche glauben,
dass es grün ist, nur, weil er diesen Satz eine Woche lang liest und sich damit
auseinandersetzt. Ich habe mich mit diesem Satz auseinandergesetzt und
aufgeschrieben, was für Gedanken dabei aufkommen.
Anscheinend auch nicht zu ihrer Zufriedenheit. Ach, ich lasse dieses Thema
besser sein. Ich ärgere mich nur wieder darüber. Ich habe einfach einmal mehr
das Gefühl, dass immer übersehen wird, was man alles an Kraft investiert und an
„Gutes“ getan hat. Dies ist immer selbstverständlich. Gemotzt wird erst, wenn
man bzw. frau mal nicht funktioniert. All die Monate vor meiner dunklen Zeit
seit Januar scheinen mir einfach als „selbstverständlich“ angesehen. Nun, da es
schwieriger ist, kommen solche Ansagen. Ich würde nicht mit im Boot sitzen. Was
soll ich an meinen Gedanken ändern? Einerseits soll ich tagtäglich ein Tagebuch
ausfüllen und doch ist es nicht gut, wenn ich an fünf von sieben Tagen starke Suizidgedanken
habe. Ja, was denn jetzt? Soll ich einfach wieder das Tagebuch so ausfüllen,
wie sie es haben möchte, nur, damit es so aussieht, als würde ich mit an der
Therapie arbeiten? Ich habe die Suizidgedanken ja auch nicht einfach so zum
Spass. Es ist verschissen, ich hasse mein Schicksal und sehe es einfach nicht
ein, warum ich mich mit diesem Stuss auseinandersetzen muss. Ich kann dies
nicht einfach ausschalten. Und auf die Frage hin, ob es wirklich Menschen gibt,
die ein solches Leben akzeptieren können, konnte sie mir auch nicht wirklich
eine Antwort geben. Ich fragte mich bzw. kann es mir kaum vorstellen, dass ein
Mensch es akzeptieren kann, dass er immer wieder mit solchen Gefühlen zu
kämpfen hat. Sich tagtäglich damit auseinandersetzen muss und immer unter Strom
steht, während andere einfach so ihr Leben geniessen können. Der sich gerne
hinsetzt und sich denkt: Toll, nun fülle ich mal wieder mein Tagebuch aus, ein
Gefühlsprotokoll und die Spannungskurve. Ich mache dies gerne, weil ich dies
machen muss, während andere Menschen ihr Leben ohne bewältigen können. Und erst
recht schwierig wird es in meinen Augen, wenn man an seine Existenz zweifelt.
Und die letzten Monate waren happig, ich hatte das Gefühl, dass mir der Boden
unter den Füssen genommen wird und da müsste ja sie verstehen, dass ich nun
noch stärker verunsichert bin, wie eh schon.
Ich mache es ja auch nicht für lustig, jede Woche 45 Kilometer für einen Weg
auf mich zu nehmen, um zur Therapie zu gehen. Ich öffne mich auch nicht einfach
so und ich habe Jahre gebraucht, um ihr diese Sätze anzuvertrauen und meine
Überzeugungen zu nennen, geschweige denn, ihr mein Handicap zu nennen. Sie
fragt mich, ob es mir peinlich ist, solche Dinge zu nennen. Ich betone jedes
Mal, dass ich es bei anderen nicht peinlich finde, wenn sie mit einer Krankheit
zu kämpfen haben. Wenn sie mit dreissig so unerfahren sind wie ich. Wenn sie
eine schwere Vergangenheit hinter sich haben. Alles kein Problem. Aber es
ändert sich, wenn es um mich geht. Ich finde es peinlich, weil ich es bin. Ich
habe Erwartungen und Ansprüche an mich. Und ich hasse mich dafür, dass ich
dieses Leben bis jetzt so bewältigen musste. Und mehr, wie das immer wieder
sagen, kann ich auch nicht machen. Wie auch, dass man mich schnell verunsichern
kann und ich mich zurückziehe, sobald ich mich eingeengt und überfordert fühle.
Und ja, es ist mir peinlich, dass ich dieses Leben führe, wie ich es führe (und
geführt habe). Ja, es ist mir peinlich, ihr meine Sätze und Gefühle benennen
und aufschreiben zu müssen. Was denkt sie sich denn, dass ich es einfach so
hinnehme und es locker von der Hand aufschreibe? Wohl kaum.
Und es ist nun mal so, dass ich verdammt aufmerksam bin bei anderen. Und ich
weiss, dass ich umso enttäuschter bin, wenn ich merke, dass jemand mein
Geburtstag zum Beispiel vergisst, obwohl man diesen vor knapp sechs Wochen
gefeiert hat und ich diese Person eingeladen hatte. Ja, ich kann mir
Geburtstage sehr gut merken und weiss, dass es menschlich ist, diesen
vielleicht zu vergessen. Aber es verletzt mich halt schon, wenn ich Bekannte zu
meinem Fest einlade und keine sechs Wochen später vergessen diese mein
Geburtsdatum. Aber vielleicht liegt es da an mir, dies als menschlich
anzusehen. Wobei ich natürlich schon finde, dass es ein wenig von Desinteresse
mir gegenüber zeugt, wobei viele wahrscheinlich sagen, dass ich dies nicht
persönlich nehmen muss. Und ja, ich weiss auch, dass ich übersensibel und
überaufmerksam bin. Dass ich mir viele Aussagen merken kann und ich erhalte ja
auch oft das Feedback von Mitmenschen, dass sie erstaunt sind, dass ich solche
Dinge dann noch weiss. Aber mir ist dann auch bewusst, dass meine Erwartungen
umso weniger erreichbar sind und ich nur enttäuschter bin.
Aber von einer Therapeutin erwarte ich da doch mehr. Ich sitze 50 Minuten
bei ihr und erwarte da schon, dass die Konzentration dann auf mich als Person
und unsere Therapie liegt. Und letzte Woche hatte ich so ein Gefühlsprotokoll
mit dabei und auch gesagt, dass ich eines habe. Es aber bereut, angeschaut zu
haben. Beim Gefühlsprotokoll beachtet man auch die Umstände, welche einen
angreifbar(er) machen. Diese Frage beantwortet man fast an erster Stelle dieses
Protokolls. Ich habe dann ehrlich gemeint, dass jemand eine Verabredung
kurzfristig abgesagt hat und mich dies getroffen hätte. Weil ich nun mal jemand
bin, welcher sich früh genug damit auseinandersetzt, dass man vielleicht
gewisse Dinge dann im Voraus erledigen sollte. Wenn ich am Montag zum Beispiel
noch vieles zu packen hätte, aber am Montag eine Verabredung, dann schaue ich
doch, dass ich dies alles am Sonntag erledigen kann. Und ja, natürlich nehme
ich es dann persönlich und kann nichts dafür, dass Gedanken kommen, wie: „wenn
es bei dieser und jener Frau wäre, würde er es natürlich sofort anders
koordinieren“ oder „er möchte einfach nicht bei dir vorbeikommen“ und so
weiter. Wir wären in der Gruppe gewesen, so ist es nicht. Aber ich finde, es
hat bei mir einfach von Desinteresse mir gegenüber gezeugt und natürlich
versteht dies der Kritiker in mir auch. Der frisst das sofort gerne und für ihn
ist es ganz klar, dass man das mit mir machen kann und auch tun sollte und dass
es logisch ist, dass man sich für mich nicht interessiert. Naja. Nun habe ich
schon wieder zu weit ausgeholt. Eigentlich ging es nur darum, dass ich ihr
sagte, dass sich kurzfristig jemand abgemeldet hatte und ich dies sehr
persönlich genommen hatte. Ihre Frage lautete sofort, ob ich denn ein Date
vereinbart hatte?
Ich sass da und fiel aus allen Wolken. Ich meinte „Nein“ und in meiner
Stimme schwang ganz deutlich Unverständnis mit. Hallo, ich erzähle ihr, dass
sich noch NIE ein Mann für mich interessiert und sich um mich bemüht hat. Dass
ich noch nie von einem Mann angesprochen worden bin. Es ist nicht nur einmal
gewesen, dass sie davon Kenntnis genommen hat. Sie weiss also, dass das Thema
Männer, Daten und einfach so locker miteinander flirten nicht wirklich meine
Stärken sind und sich in meinem Leben nicht als solches abspielen. Und kommt
dann mit einer solchen Frage? Das hat mich verletzt und ich dachte mir sofort:
na super, dir hört wirklich niemand zu.
In dem Moment konnte ich schon gar nicht denken, dass es ja eigentlich ein
schöner Gedanke ist, geht sie davon aus, dass ich jemanden date (weil ich ja
das als total unwahrscheinlich ansehe). Nein, in dem Moment war ich einfach nur
verletzt darüber, dass sie mir anscheinend nicht zuhört. Es hat dann meist zur
Folge, dass ich noch einsilbiger werde und mich noch mehr zurück ziehe.
Und aktuell ist es eh nicht gut, während ich diesen Eintrag tippe. Ich bin
sowieso schon auf hundertachtzig.
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