Freitag, 13. März 2015

aufgehende sonne im seitenspiegel

Huch, gestern bin ich beim Verfassen meines letzten Posts intensiv vom Gefühl überrollt worden - war es bereits da, fühlte sich mein Körper plötzlich nur noch wie diese Emotion an, ich war diese Empfindung.
 
Ich weiss ja, was mir in solchen Momenten hilft - mich auf das Schöne im Leben konzentrieren. Und ich bin ja eine, welche beim Autofahren total gut abschalten kann. Diese laute Musik, welche in meinen Ohren dröhnt. Mein Auto, meine Leidenschaft. Und diese tolle Landschaft und die Geschenke der Natur, welche man gratis zu Gesicht bekommt. Diese Sonnenuntergänge, wenn es vom Feierabend nach Hause geht. Und in letzter Zeit hat es am morgen einen Teil der Strecke, in dem ich die aufgehende Sonne im Rückspiegel scheinen habe. Und es ist jedesmal so schön, so einzigartig und ich könnte dann einfach genüsslich die Augen schliessen und den Moment noch intensiver geniessen. Herrlich!
 
Mir ist dabei (eigentlich bereits gestern während dem Tippen des Eintrages) bewusst geworden, dass ich mir zu helfen weiss - theoretisch. Das ich vieles richtig mache, aber irgendwann auch diese Ressourcen ausgeschöpft sind. Und nach diesem Eintrag war ich ordentlich shoppen, mit dem Wissen, dass ich eigentlich genau das falsche tue. Aber wäre ich nicht einkaufen gewesen, hätte ich tausende von Kalorien in mich reingestopft oder hätte doch zur Schere gegriffen.  Denn die schlechten Gedanken waren ja da und als ich schlussendlich im Auto sass und die Tüten im Kofferraum verstaut hatte, kamen die ganz bösen Gedanken dazu.
 
Als ich nach Hause gekommen bin, wäre der richtige Weg eigentlich gewesen, die Tüten mit ins Haus zu schleppen. Um offen zu zeigen, dass ich einkaufen war. Denn Suchtkranke spielen herunter und verstecken. Und nein, es ist keine Entschuldigung für mein Verhalten, denn ich weiss ja ganz genau, dass ich ganz bewusst einkaufen war. Und ich weiss ganz genau, dass ich alleine für mich verantwortlich bin und eigentlich die Sachen an der Kasse sofort hätte wieder abgeben bzw. die Tüten vor der Nachhausfahrt wieder ins Geschäft zurückbringen müssen.
 
Mit der Verheimlichung vor Freunden, Bekannten und Familie rechtfertige ich innerlich meinen Kauf. Ich stelle mich nicht der Scham, ich überspiele es. Gestern ist jedoch ein Päckli angekommen und mein Mami meinte, wann ich denn bestellt hätte und warum. Sie würde es gerne verstehen und vielleicht würde es mir ja helfen, darüber zu reden. Und vielleicht würden wir es irgendwann einmal schaffen, dass ich wieder vor einem Bestelldrang zu ihr kommen und mich ihr anvertrauen würde. Was eine riesen Hilfe für mich ist.
 
Sie kam von selbst darauf, dass die Online-Bestellungen am Montag nach meiner Therapie und meinem verschissenen Tag gewesen waren. Und das ich schon schlimmere Tage ohne Bestellung überstanden hatte. Ich erwähnte dabei nicht - sondern dachte es nur bitter innerlich - dass da auch noch keine Suizidgedanken und Ritzgelüste mit im Spiel gewesen waren und es vielleicht dadurch leichter gefallen sei, auf eine Bestellung zu verzichten.
 
Immerhin konnte ich ihr anvertrauen, dass mein Gedanke bei der Bestellung vom Montag der war, dass ich ja anscheinend sowieso nicht anders kann, als zu bestellen. Nach der Therapie hatte ich wirklich das Gefühl und den Gedanken, ein schlechter Mensch zu sein, der eh nie anders in seinem Leben können wird, als sich selbst zu schaden und warum also weiter wehren. Und dass ich es satt habe, zu kämpfen und es mir zu viel wird, ständig an mir arbeiten zu müssen.
 
In meinen Augen hat sie super reagiert und mich einfach in den Arm genommen und versichert, mit mir die Packete wieder versandfertig zu machen und das wir wieder einen neuen Countdown starten (habe ich eigentlich als Ansporn auf meinem Handy (wie lange ich nichts bestellt und suchtmässig eingekauft habe)). Aber als sie mich fragte, ob ich denn gestern nach der Arbeit einkaufen gewesen war, verneinte ich und tischte ihr stattdessen die Lügengeschichte von einem Apéro mit Mitarbeitern nach der Arbeit auf.
 
Natürlich fühle ich mich nun schlecht. Lüge mein Mami an, obwohl sie mir helfen möchte. Weil ich ganz genau weiss, dass ich die Dinge eigentlich zurückbringen müsste.
 
Aber kein Mensch versteht meine Beweggründe. Kann diese Glaubenssätze, die tief verankert sind, nicht nachvollziehen (Ich bin schlecht, ich kann sowieso nicht anders, heute darf ich mich belohnen, ich war heute scheisse, ich muss mich also bestrafen, ich brauche das Kleid, um gut auszusehen, ich muss mehr leisten, wie andere, ohne diese Bluse bekomme ich keine Komplimente mehr, ich möchte mich hübsch fühlen, ich habe keine schlauen Sachen zu Hause und so weiter). Und ich bin jemand, der noch nie privat mit Suizid- oder Selbstverletzungstaten gedroht hat. Ich habe vieles mit mir selbst ausgemacht, weil ich niemanden belasten, verletzten oder überfordern wollte / will. Und daher war dieser Blog eine riesen Unterstützung für mich. Und daher ist gestern wieder alles aus mir herausgesprudelt. Weil ich nicht lüge, wenn ich meine, dass ich ganz alleine mit diesem Thema auf dieser Welt bin und mich niemandem anvertraue.
 
Einerseits, weil es die Gesellschaft eh in der Luft zerreissen würde. Weil jeder weiss, was für mich das Beste ist. Weil ich Menschen verletze und weil es kaum jemand versteht. Weil ich nicht wüsste, wem diesen ganzen Stuss zu erzählen und weil in diesem Moment sowieso niemand Zeit für mich hat. Weil es jetzt raus muss und dann wieder vorbei ist. Und weil Pupa mich zwar in vielen Dingen versteht, aber einfach nicht genug Aufmerksamkeit und Konzentration dafür besitzt. Und das ist nicht böse gemeint, weil sie selbst das von sich behauptet und es sich in den letzten Jahren leider bewahrheitet hat. Aber sie versteht immerhin vieles. Vor allem, dass man zwar kämpft und sich doch vieles nicht selbst ausgesucht hat. Sie kann diese Hilflosigkeit und Schwäche nachvollziehen und nachempfinden.
 
Und doch - ich behalte vieles einfach für mich. Fresse es in mich rein, lasse es beim Einkauf heraus. Und kann es so nicht mehr kompensieren - daher diese Traurigkeit, diese Einsamkeit und nun auch wieder diese düsteren Gedanken.
 
In solchen Momenten wünsche ich mir einen Seelenverwandten. Und stelle mir meist einen Menschen in Gedanken vor, der einfach neben mir sitzt und mit mir meinen Alltag bewältigt. Und, vor allem nachts, in die Arme nimmt und einfach da ist.

2 Kommentare:

  1. Hallo Zambrottagirlie

    ich musste meinen Blog leider auf privat setzen, wenn du trotzdem weiterlesen melde dich doch einfach. Dann setze ich dich auf die Leserliste.

    Liebe Gruess
    Serendipity

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  2. Hallo liebe Serendipity

    Phu, dann bin ich ja erleichtert! Hatte es letztens mit Schrecken festgestellt und war mir nicht sicher, ob ich nun eine falsche Blogadresse habe.

    Bei Seastorm melde ich mich nämlich auch noch. Muss gucken, ob ich dich noch auf meinem Privaten Mail habe. Und sonst komme ich dann über Seastorm auf dich ;-).

    ... ich bibbere nämlich doch fleissig mit und frage mich ganz gespannt in letzter Zeit, ob ihr nun zu dritt seit :-)!

    Lieben Gruss zurück und von ♥ alles Gute für die kommende Zeit!
    zambrottagirlie

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