Dienstag, 22. September 2015

dieses ewige gerede

Eigentlich sollte ich es beim Namen nennen: dieses ständige Geschwätz ist mir teilweise echt leid. Und vor allem im Betrieb. Mit Schrecken musste ich nämlich in meiner Auszeit einen Gedanken fassen und dem nachgehen, der sich letzte Woche teilweise bewahrheitet hat. Und ich habe da echt ein wenig zu kämpfen mit unserer Menschheit. Klatsch und Tratsch ist ja gut. Ich nehme mich da nicht heraus. Aber das geht mir echt zu weit. Vor allem, weil ich mich in meinem Handeln nun total ausgebremst und bevormundet fühle.

Aber alles der Reihe nach.

Es gibt da ja einen Mitarbeiter in meinem Alter. Der bereits eine eigene Abteilung leitet und auch sonst seit eh und jeh hier tätig ist. Anfangs hatte ich doch Mühe damit, weil wir im gleichen Alter sind und er im Vergleich zu mir so viel geschafft hat. Ich konnte ihn auch lange nicht wirklich einschätzen und hatte das Gefühl, alles sein ein wenig „knorzig“ und ich selbst empfand mich mit meinen Aussagen als dumm und nicht gerade sehr intelligent. Zudem ist da noch meine Männer-Vorgeschichte und joa, irgendwie wurde ich einfach nicht so warm mit ihm.

Bis vor ca. 18 Monaten. Da hatte ich ja meine Rückensache und er auch einen sehr dummen Zwischenfall. Es hat ihn auch recht weit nach hinten geworfen und ich weiss nur, dass er einmal bei mir im Büro sass und ich den ersten Schritt wagte, indem ich sagte, wie beschissen diese Sache mit der Genesung doch sei. Das man einen langen Atem brauche und blablabla. Wir waren in der gleichen Situation. Musste nicht viel aussprechen, vieles war einfach so klar und gegenseitig nachfühlbar. Ausserdem war er in vielen Nächten einfach ein Anker für mich. Ich empfinde keine tieferen Gefühle für diesen Mann. Aber in den Nächten im Bett, in denen ich einfach nur heulte und mich nirgends sah, verzweifelte und mich wertlos fühlte, stellte ich mir einfach vor, wie wir uns gegenseitig Trost spenden. Nichts Sexuelles, überhaupt nicht. Einfach einander halten. Wärme abgeben. Wärme spüren. Nähe zulassen. Wir waren in der gleichen Situation bzw. sind es teilweise immer noch und mir half zu dieser Zeit einfach der Gedanke, nicht allein zu sein und vor allem jemanden helfen zu können. Ich weiss, absurd.

Mir ist natürlich auch aufgefallen, dass wir eigentlich seit dem immer mehr witzeln und auch gute Gespräche miteinander haben. Er hat mir etliche Tipps für Amerika gegeben und auch körperlichen Kontakt hat er vor meiner Abreise gestartet. Mal einen Stupser hier oder einen Witz da. Es ist wirklich vertrauter. Und natürlich habe ich mich darüber gefreut. Vor allem, wegen meiner Geschichte mit Männern im Allgemeinen. Es ist nun mal mein Manko.

Meine Alarmglocken schrillten schon, als ich bei einer mittlerweile ehemaligen Mitarbeiterin war. Wir sassen in den Liegestühlen in ihrem Garten und ich genoss den Feierabend bei ihr mit plaudern und einfach Zeit zusammen geniessen. Leckeren Saft, feinen Kuchen. Wespen um uns herum :-p. Nächsten Dienstag bin ich zum Beispiel bei ihr zum Mittagessen eingeladen. Und da muss ich sie einfach fragen.

Sie meinte zu mir: „Du häsch de X no gern, gell?“ Sie merkte wohl mein Zögern. Einerseits gefiel mir ihr Laut nicht und andererseits fand ich es eine schwierige Frage. Gern haben. Ab wann spricht man davon? Vor allem bei Männern? Meinen Bruder habe ich gern, ja. Aber einen „einfachen“ Mitarbeiter? Wie bereits erwähnt, merkte sie mein Zögern und meinte schnell: „Nöd, das mer öppis ufgfalle isch!!! Also, fu dinere Siite us!“ Oder so etwas in der Art. In diesem Moment realisierte ich es nicht bzw. machte mir keine grösseren Gedanken dazu. Denn für mich war klar, dass wir in der gleichen Situation sind und es vieles leichter macht (und so sagte ich es ihr auch). Und ich es auch schätzen würde, dass es lockerer mit ihm sei, weil es lange eher knorzig war.

Ich weiss nicht, wie ich darauf gekommen bin. Aber in Amerika hatte ich plötzlich einen Blitzgedanken. Ich kenne ja mittlerweile die Mittagsrunde meines Geschäftes sehr gut. Und die Sprüche, die da teilweise fallen. Das Hochnehmen etc. Dem gewissen Mitarbeiter haben sie auch schon die hübsche Blondine „zugesprochen“ bzw. es fallen immer wieder Sätze, wer von den Singles noch ein hübsches Paar wäre bzw. einfach sonst vom Äusseren perfekt zueinander passen würde.

Ich habe dann teilweise mitgelacht. Und in Amerika kam die eventuelle, schreckliche Gewissheit: was, wenn über mich solche Sprüche fielen, wenn ich nicht anwesend war? Und in der Mittagsrunde gibt es einige, die ich mir sofort dabei vorstellen kann. Wir sind im gleichen Alter, beide Singles. Verstehen uns langsam echt gut.

Und dann dieser Satz von ihr.

X hatte mir auch nach Amerika geschrieben. Nicht viel und oft, aber seine Rückfrage hat mich natürlich enorm gefreut! Und auch letzten Dienstag an meinem ersten Arbeitstag hatten wir Personal-Info und er blieb länger und wir quatschten dann noch eine gute Weile miteinander allein. Er schien sich wirklich zu interessieren und mich freute das natürlich! Ich fand es cool, sich austauschen zu können. Normal und ungezwungen. Vor allem von meiner Seite aus. Er war einer der wenigen, der mich wirklich zur Seite genommen und ausgefragt hat. Fand ich irgendwie lieb!

Wir hatten ja noch den Jass-Abend. Da war es ganz normal. Vielleicht noch mehr Sprüche und mal einen Ellbogen, aber nicht mehr, wie sonst. Ich fühle mich einfach immer freier und wohler. Bin immer mehr ich.

Bis Freitag. Anwesend: ich und ein weiterer Mitarbeiter. Mit dem leiste ich mir so manchen Schlagabtausch. Er provoziert gerne- unter anderem auch mich (die Geschichte mit diesem M.). Bei mir macht er es extra, weil ich ihm zurückgebe. Und manchmal komme ich gut damit klar, manchmal nervt er mich nur. Am Freitagnachmittag war er per Zufall bei mir. Er wird bald zum zweiten Mal Papi und natürlich fand ich das spannend. Bis mein Telefon ging. Er meinte genervt, ob es eine Mitarbeiterin (mit der ich es gut habe!) sei. Ich nahm sie in Schutz und meinte: „Weiss nicht.“ Er: „Ist es sie?“ Ich: „Geht dich doch nichts an. Vielleicht ist es mein Schatz?“ Er wusste, dass es ein interner Anruf war. Lächelte mir zu, lief aus dem Büro (weil ich mit dem Telefon danach eh besetzt war) und warf mir nur noch ein „X?!“ zu. Ich war baff. Wusste nichts was sagen.

Und muss der Sache nun nachgehen. Auf dieses Geschwätz habe ich keine Lust. Vor allem, weil es mich in meinem Handeln ausbremst. Und ich sonst schon so gar nichts mit dem Thema Männer anfangen kann. Da kann man mich so schnell verunsichern... Ich werde mich natürlich nun ganz anders gegenüber X verhalten. Weil ich nicht weiss, was da alles von sich geht. Ob blödes Geschwätz oder ob es offensichtliche Anzeichen gibt. Nicht von mir, davon bin ich überzeugt.

Ich tendiere auf Klatsch und Tratsch. So, wie ich unsere Mittagsrunde mittlerweile kennen gelernt habe…

Aber ich finde es echt doof! Unglaublich… Zum Kopfschütteln. In welchem Jahrhundert leben wir noch mal ganz genau?

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