Kurz bevor ich von zu Hause losfuhr, klingelte ich
bei Grosi durch. Einerseits, dass sie ihre Zeit einberechnen konnte und
natürlich auch als kleine Nebenkontrolle für mich selbst, sollte etwas
passieren.
Um ins Seetal zu gelangen, müssen wir seit eh und
je den Hirzel bewältigen. Ich mache die Strecke sehr gerne, arbeite
nur mit dem Gang, der Kupplung und dem Gas. Sei es nach Sihlbrugg oder zurück.
Teilweise zum Kopfschütteln, wie andere Fahrer
einfach nur auf der Bremse stehen, anstelle den Gang zu wechseln. Kann nämlich
genau so gefährlich sein, wie Raser.
Aber eben, wie schon oft betont: ich fahre zügig
und bin fix unterwegs, schätze jedoch jegliche Situationen ab und halte immer
Abstand. Sicherheit geht vor!
Ich mag die Strecke einfach. Herrlich! Und ich
hatte Glück. Sei es auf der Hin- wie auch auf der Rückfahrt, hehe.
So kurz vor 17 Uhr kam ich dann auch bei Grosi an.
An diesem Abend liessen wir es locker angehen. Wir assen leckeren und gesunden
Salat mit Fleischplatte, guckten TV, quatschten ein wenig und sie zeigte mir
dann ein paar Fotos.
Ich liess mich dann irgendwann müde ins Bett
fallen. Sie hat ein Bettsofa, mein Rücken jedoch hätte das kaum länger
mitgemacht.
Am Samstagmorgen wachte ich um 9 Uhr auf, Grosi
machte bereits das Frühstück. Es gab lecker Brot mit Butter, Marmelade und
Käse. Kindheitserinnerungen waren wach, als ich meine warme Ovi serviert bekam.
Mein Grossvater hat anscheinend auch so gerne Milch getrunken (ich liebe jetzt
noch ein Glas vor dem Zubettgehen…) und während meinen Ferien als kleines
Mädchen bei meinen Grosseltern gab es zum Zmorgen auch immer so viel warme
Milch…. Mmmmmhhhh!
Ich wollte an diesem Wochenende oft Grosi
unterstützen, sie jedoch weiss, was sie will. Und sie wollte, dass ich einfach
alles genoss und mir keine Umstände machte.
Ja, da kam natürlich das kleine Mädchen zum
Vorschein :-). Ich kenne Grosi und weiss, dass man einfach das tun sollte, was
sie für richtig hält. Wenn sie mich so umsorgen will, soll sie. Sie kommt dann
schon, wenn sie Hilfe braucht.
Sie sprang unter die Dusche, ich begann mit meinen
Notizen. Ich wollte einfach Gedanken und Stichpunkte für diesen Blog festhalten.
Es ging dann auch schon los. Sie hatte bei einem
Wettbewerb einen Gutschein für ein Restaurant gewonnen. Es war sehr lecker und
wir genossen die tolle Sonne. Danach gingen wir knapp über die Grenze von
Luzern und dem Aargau und genossen die tolle Aussicht auf das Seetal und
Umgebung. Es war herrliches Wetter und nach einem Glacé machten wir dann auch
einen kurzen Spaziergang.
Am frühen Abend besuchten wir noch die Messe und
dann noch Grossdäddis Grab auf den Friedhof. Sie hat den Stein, den ich ihm am Montag zurück gelassen hatte, gesehen und sich darüber gefreut.
Der Abend war eher wieder gemütlich.
Nachtessen und danach kamen dann die Fotos meiner Grosseltern in jungen Jahren
zum Vorschein.
Mei, war mein Grosi eine heisse Braut! Sie hat früh
schon Krampfadern an den Beinen gehabt und schämt sich solange ich mich an etwas
erinnern kann, aber ich finde es überhaupt nicht schlimm. Sie hat eine
Ausstrahlung und sieht für ihre 74 Jahre noch sehr jung aus. Ihre Haut ist
glatt und meiner Mutter gibt man ihr Alter auch nicht. Somit hoffe ich
natürlich, dass es auch für mich mal gut sein wird ;-).
Auf manchen Fotos staunte ich nicht schlecht. Das
war Ausstrahlung pur und meine Oma hatte sogar etwas von Marylin Monroe.
Einfach eine tolle Frau! Bei einem Foto lachten wir beide los. Meine Oma stand
nur mit Badehose neben dem Bett. Über ihrem Gesicht und ihrer Oberweite lauter
Quark verteilt. Sie hatte einen gröberen Sonnenbrand. Nach dem ersten Shock
lachten wir einfach nur noch Tränen :-).
Ich fragte sie vorsichtshalber noch, ob ich ohne
Angst weiter machen könne oder ob mich noch mehr erwarten würde.
Fakt ist:
- meine Oma war eine hübsche Frau.
- meine Grosseltern konnten ihr Leben in vollen
Zügen geniessen, auf vielen Fotos sehen sie mehr als glücklich aus. Sie waren
gerne unterwegs und unter Leuten. Schön, wenn liebe Menschen aus der Familie
trotz allem Schmerz und Problemen so ein erfülltes Leben erfahren durften / immer noch dürfen.
- mein Grossvater flirtete gerne *g*. Auf vielen
Fotos umarmt er andere Frauen und gibt ihnen Küsschen auf die Wange. Ich selbst
finde es nicht schlimm, irgendwie sieht das alles charmant und witzig aus. Mein
Grosi meinte noch, dass er zwar ein Charmeur sein konnte, die Grenzen jedoch gekannt
hätte und sich über die Konsequenzen bewusst war. Natürlich wollte ich wissen,
ob sie nie eifersüchtig gewesen war, sie verneinte. Sie hätte stets Vertrauen
in ihn gehabt, wie er auch auf sie zählen konnte. Lange hatten sie eine eigene
Käserei (mmmmmh, ich erinnere mich an das Schoggijoghurt…) und konnten
jahrelang nicht gleichzeitig Ferien machen. Da muss man einander einfach
vertrauen, wenn man unterschiedlich unterwegs war.
- mein Grossdäddi hatte einen Zwilling! Lange
wusste ich nichts davon. Ich meinte nur trocken, dass ich mein Kindheitswunsch
nun endgültig begraben würde. Grosi lachte nur und meinte, dass wir bestimmt
noch nicht an der Reihe wären. Ich entgegnete nur unsicher, dass wir wohl doch
die Generation wären (mein Bruder, meine Schwester und ich). Denn meine Mutter
hätte eigentlich auch einen Zwilling haben sollen, der jedoch irgendwie bei ihr
mitgewachsen und sich nie vollständig mitentwickelt hat.
- Ich kicherte erneut los, als ich meinen
Grossvater beim Abwasch auf einem Foto erblickte. Er hatte zwar ein Oberteil
und eine Schürze an…. Trug jedoch nur Unterhosen. Beim zweiten Bild hatte er
sich zu ihr gedreht und wedelte mit der Schürze herum. Mei, war das ein Gaudi!
Ich konnte mich nicht mehr einkriegen und war einfach so was von Leben erfüllt.
Ich fühlte mich so gut, wie schon lange nicht mehr. Uch weiss nun, woher ich
vieles an meinem Charakter und meinen Eigenschaften habe. Auch ich mag nichts
lieber, als mit einem Shirt und „Beinfreiheit“ herumlaufen. Herrlich, einfach
nur herrlich. Hach…
Es tat gut, diese Fotos zu sehen. Man lernt seine
Wurzeln kennen und weiss einfach, warum man so ist, wie man eben ist und
vergleicht sich mit anderen Familienmitgliedern. Ich fühle mich nun meinem
Grossvater noch näher und das ist sehr wichtig, wenn man sich meine
Lebensgeschichte anschaut. Er starb, als ich neun war und bereits mit elf hatte
ich meine ersten Suizidgedanken. Ich wollte einfach bei ihm sein und die einzige Lösung erschien mir dazumals nur im Tod möglich.
Auf etlichen Fotos sieht man, wie nahe ich ihm
stand. Ich war mehr oder weniger immer in seiner Nähe. Ich täusche mich also
nicht in meinem Gefühl.
Und meine Sehnsucht hatte lange einen Grund.
Es ist sehr hilfreich, habe ich diese Fotos
gesehen. Ich kann immer mehr mit diesem für mich plötzlichen und sinnlosen Tod
umgehen. Der Abschied ist erfolgt, leider fast zu spät. Aber lieber dreizehn
Jahre zu spät, als gar nie.
Auch an diesem Abend bzw. Morgen gingen wir spät /
früh ins Bett.
Der Sonntag war dann wieder gemütlich. Nach dem
Morgenessen sprang ich unter die Dusche und Grosi werkelte etwas herum. Sie
suchte angestrengt ein gutes Restaurant für uns und plötzlich kam uns die Idee,
die neu eröffnete Badi zu besuchen.
Es gab bei mir Frühlingsrollen mit gemischtem
Salat, bei ihr Riesencrevetten mit ebenfalls gemischtem Salat. Mmmmh, es war
lecker und die Stimmung ausgelassen. Danach liessen wir die Seele baumeln,
dösten vor uns hin oder liessen unsere Blicke schweifen. Ich weiss nicht, aber
ich fühle mich Richtung St. Gallen (Will) und Luzern einfach viel wohler, als
hier Richtung Zürich. Wir leben ja eigentlich in der Mitte, haben es gleich
weit nach St. Gallen, Schwyz, Zürich, Frauenfeld, Luzern und weiteren eher grösseren Städten. Nicht mitten
Ostschweiz und doch nicht im Züribiet.
Mir erscheinen die Menschen im Seetal einfach viel
offener und toleranter. In der Badi liefen Omas mit Bikinis herum, Menschen
begannen mit einem zu quatschen und es ist einfach alles freundlicher und
ungetrübter. Man hatte nicht das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich zum Beispiel hatte einen Exlibris entdeckt und guckte mit die
Mängelexemplare an. Da stellte sich ein Päärchen daneben und fragte frei von
der Lippe, was ich ihnen empfehlen könnte.
Ich bin mir das überhaupt nicht gewohnt. Mein Grosi
ist auch eine sehr kommunikative Person, jedoch nicht mit aufmüpfig oder
klammerhaft zu verwechseln. Sie drängt sich niemandem auf.
Ich war erstaunt, wie positiv Menschen das um einen
aufnehmen.
So offen und tolerant. Respektvoll und mit Anstand.
Hach, ich glaube, ich suche mir einen Luzerner ;-D!
Aber hier kommt es mir nicht so vor.
Keine Ahnung, wie andere dies sehen und erfahren…?
So offen und tolerant. Respektvoll und mit Anstand.
Hach, ich glaube, ich suche mir einen Luzerner ;-D!
Aber hier kommt es mir nicht so vor.
Keine Ahnung, wie andere dies sehen und erfahren…?
Schlussendlich ging es dann am Abend noch zu meiner
Tante zum Nachtessen. Ich blieb nicht lange, hatte noch mit Pupa abgemacht.
Es war ein sehr schönes Weekend, es tat mir einfach
gut. Distanz zu all dem hier, Erholung pur und einfach Wärme erleben. Nähe
zulassen können und bemuttert werden. Teilweise tut mir das halt schon sehr
gut. Umsorgt und glücklich habe ich mich gefühlt. Konnte loslassen und meine
Vergangenheit wie auch meine Wurzeln neu entdecken.
Natürlich bekommt sie ein Dankesgeschenk. Die
Mohrenköpfe sind bereits verpackt, das Kärtchen bereits geschrieben.
Und doch: das ganze Weekend über hat mich eine
unstillbare Sehnsucht verfolgt. Wie kann es auch anders sein.
Regelmässige Verfolger wissen, dass es sich wieder
nur um ein Thema handeln kann:
Uomini, uomini, uomini.
Mei, war das schon fast anstrengend mit Pupa an dem
Abend. Nicht wegen ihr, eher wegen all den hübschen Boys rund um uns herum.
Und die Gewissheit, dass ich wohl noch lange
brauchen werde, um jemanden zu finden und mich darauf einlassen zu können. Es wird für mich nicht leichter werden, eher schwieriger.
Grauenhaft.
Soll jetzt jedoch nicht das Thema sein.
Fakt ist: ich habe viel Kraft für die nächste Zeit
getankt.
Mein Grosi soll ja noch lange leben.
Ich will mehr solche Weekends mit ihr verbringen.
DANKE DIR FÜR ALLES, GROSI!
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