Samstag, 7. September 2013

einfach in den tag leben…

PS: ein riesen Eintrag, ich weiss :-). Die ersten Zeilen handeln um das Leben im Allgemeinen hier, gegen Ende geht es um Familie und Männern. Für diejenigen, welche es einfach nur zu einem Thema „hinzieht“, lach!
 
Ich geniesse meine restlichen Ferientage und grüsse euch herzlich! Und ja, es geht mir im Grunde enorm gut… ich lade meine Lebensgeister auf und lasse mich gleichzeitig auch einfach nur gehen… Geniesse, mache nichts und doch alles, wonach mir ist…
 
Die Zeit hier vergeht enorm schnell und dann doch wieder zum Glück langsam. Schnell, weil ich irgendwie trotz Ferien immer „bessere“ Gründe finde, als mich an den PC zu setzen und meine Gedanken zu notieren, zusammenzufassen oder zu verarbeiten. Daher verschiebe ich diese Aufgabe von einem Tag zum anderen. Langsam daher, dass ich das Gefühl habe, schon ewig hier zu sein. Mittlerweile fühle ich mich wieder wie „daheim“ und ich bin so etwas von tiefenentspannt. Nehme jeden Tag, wie er kommt. Schere mich nicht gross um den Haushalt (bin zu Hause ja eher „penibel“, nicht schlimm, aber mein Zimmer und meine Dusche sind halt einfach immer ordentlich…) und ich stehe morgens auf und gehe bis mittags um 13, 14 Uhr an den Strand, wenn mir danach ist. Wenn nicht, gehe ich ein paar Familienmitglieder besuchen oder hole dies dann am Nachmittag nach bzw. düse ein wenig in der Gegend herum, gucke, kaufe, grüble… oder gehe doch noch einmal an einen anderen Strand. Nachmittag döse ich oft zwei bis drei Stunden und es „reut“ mit nicht, wie in der Schweiz. Denn hier habe ich ja Zeit, ich habe keine Verpflichtungen.
 
Es ist wirklich ungewohnt für einen Kontrollfreak wie mich. Ich bin kein schlimmer Fall, aber doch eher organisiert, ordentlich und joa… einfach halt zambrottagirlie. Vielleicht hat sich auch alles ein wenig geändert seit dem letzten Besuch hier vor zwei Jahren. Auch, dass ich auch ohne Internet hier auskomme. Nicht falsch verstehen, ich bin allgemein eher die „Leserratte“ und komme gut ohne PC und Handy aus. Ich muss nicht immer erreichbar sein, und doch gehört das Bloggen mittlerweile einfach zu meinem Leben und ich teile mich in gewissen Phasen doch enorm gerne mit. Und solange es mir guttut ist es okay, ich schade ja niemandem.
 
Daher wird dies jetzt eher eine lange Zusammenfassung :-).
 
Es handelt sich dabei um den Zeitraum von der letzten August- und dieser ersten Septemberwoche… genaue Daten habe ich leider nicht mehr überall zur Hand. Ich tippe einfach mal frei von der Leber… ich habe mir da einfach ein paar Gedanken notiert.
 
In der ersten Woche sah es abends vom Wetter her nicht wirklich gut aus. Nicht in unserer Region hier, aber überall sah man Blitze und man hörte es gröber donnern. Dafür hatten wir tagsüber unheimlich schöne Quellwolken überall. Ich nenne es dann immer Zuckerwatte… und so erscheint diese wunderschöne Natur einfach noch imposanter. Ich bin verliebt, wie vor zwei Jahren. Von den Blitzen habe ich ein Video gemacht, welches ich hier wahrscheinlich kaum hochladen kann. Sei es von der Kapazität und von der Internetverbindung her. Ist hier so schwach, man könnte fast meinen, man lebt nicht in Italien sondern am Ende der Welt ;-D. Ich selbst mag ja Gewitter. Aber hier unten geht es dann wirklich heiss zu und her. Da muss man schnell den Strom sowie den Brunnen abstellen. Es ist wirklich cool, Wasser vom eigenen Brunnen schöpfen gehen zu können, aber sie sind auch üble Blitzableiter. Und hier kostet es dann schnell dreitausend Euro, um einen neuen einrichten zu können. Vor zwei Jahren hat es unseren Nachbarn erwischt und dies war so ein Knall… ich höre ihn jetzt noch… unser ganzes Haus hat gezittert… mitsamt Schila auf meinem Bett :-D! Am ersten Montag im September hat es dann nachmittags auch prompt geregnet. Zuerst dachte ich, es wäre ein Traum in meinem Dämmerschlaf, denn als ich die Augen öffnete, war es ruhig um mich herum. Als ich dann ans Meer wollte, schüttete es auch sofort los. Zum Glück, denn so war ich noch nicht auf dem Weg dahin. Es ist nicht weit, fünf Minuten (fünfzehn, wenn ich jeweils morgens für längere Zeit einen Strand weiter weg besuche…). Ich mag ja Donner und das Plätschern des Regens… aber es wollte einfach für zwei Stunden lang nicht mehr aufhören. Es klang ab und kam dann wieder mit voller Wucht. Und das Auto war auch nicht wirklich gewaschen danach, es schien mir eher noch brauner als royalblau :-D!
 
Womit soll ich weitermachen? Naja, das Spannendste halte ich mir für den Schluss auf ;-). Von dem her bleibe ich doch bei meinen „Strandgeschichten“ ;-).
 
Anfangs ging ich lediglich am Nachmittag ab 16.30 Uhr an den Strand. Es ist keine fünf Minuten von hier entfernt, ich kenne die versteckten Parkplätze und die Sonne reicht bis 18.30 Uhr, um dann gut trocknen zu können. Ausserdem hat es um diese Zeit weniger Menschen und ich muss mich dann nicht eincremen. Ausserdem war es so heiss, die Sonne so stark und meine Haut noch so „unberührt“ für dieses Jahr, sodass ich mich einfach langsam akklimatisieren wollte. Mittlerweile gehe ich fast lieber morgens ein paar Kilometer weiter weg. Bis halb elf bin ich fast ganz alleine am Strand, lese viel (ein Buch sogar in zwei Vormittagen) und geniesse das Meer. Es ist frühmorgens noch richtig frisch und kühl und ich laufe dann immer ganz langsam ins kühle Nass, bis meine Schultern bedeckt sind. Ich liebe dieses Gefühl und ich mache es wirklich gerne. Schritt für Schritt. Körper wahrnehmen. Den Sand unter den Füssen… hach… Bilder folgen dann, sobald ich mich wieder in der Schweiz befinde :-D.
 
Na klar, es gib gewisse Menschen… da kann man nur den Kopf schütteln. Der Strand, welchen ich frühmorgens (ab ca. 8.30 Uhr – Schlaf kann ich ja nachmittags nachholen ;-)) besuche, ist eher ein Touristenort. Daher gibt es auch viele Verkäufer. Vor allem schwarze Mitmenschen sowie heimische Bauern, welche ihre Kokosnüsse, Mandeln und Nektarinen verkaufen wollen. Im Minutentakt hört man sie rufen, immer wieder laufen sie bei einem vorbei. Was mich persönlich nicht gross stört, weil ich lese. Und doch wird man immer wieder abgelenkt, weil sie einfach irgendjemanden ansprechen. Und heute hat es dann einem Familienvater doch den Nuggi aus dem Mund gehauen und er hat den einten Verkäufer angebrüllt, welcher lautstark seine Früchte anpries. Ich kann es verstehen. Weil sie wirklich überall sind und irgendwie ist es dann doch gut, sind sie nicht allzu penetrant. Und ein Buch bzw. eine Sonnenbrille auf der Nase hilft. Man stellt sich schlafend oder beschäftigt.
 
Und es sind wirklich um die 60 Verkäufer in der Minute, welche den Strand immer wieder auf und ab laufen…
 
Lustig ist es auch, wenn man Gespräche zwischen den Päärchen mitbekommt. Wie die streiten können bzw. wie die miteinander teilweise umgehen… einfach unglaublich. Zudem sind die meisten Italiener ohne Schirm unterwegs und dass zu den heissesten Tageszeiten. Ich kann da nur den Kopf schütteln. Klar, zu Beginn kam ich mir so kalkweiss vor, aber meine Gesundheit ist mir viel wichtiger. Zudem weiss ich ja, dass ich die italienische Haut meines Vaters nicht wirklich geerbt habe. Die Beine muss ich nie eincremen und mittlerweile habe ich eine sehr schöne Bräune „erreicht“. Und dies ganz ohne Sonnenbrand und doch mit dem Schirm! Und knuddeln tun die auch die ganze Zeit… bei dieser Hitze, uäch. Und na klar, es gibt immer wieder die schönsten Aussichten, aber eben, die meisten hier sind eh vergeben bzw. sind Paare im Urlaub.
 
In der ersten Woche drückte ein Partner seiner Freundin einen Pickel am Rücken aus. Naja… ich finde, dass muss ich nicht wirklich mitbekommen, igitt. Und ihre Töne klangen eher so, als würden sie sich im Bett befinden und ich meine, auf dieses Kopfkino hätte ich gerne verzichtet… aber eben, auf der anderen Seite fand ich es irgendwie wieder schon fast lustig.
 
Nur Gaffen die Italiener wirklich unheimlich gerne. Nicht nur Männer, auch Frauen und ich kann das wirklich überhaupt nicht ab… Es gibt Tage, da geht es besser und dann wieder… grauenhaft! Vor allem ist es dann schwieriger, wenn ich mich eher unwohl fühle. Und ich habe hier eher ein paar „schlechtere“ Tage. Es geht gut, ich kann mich abgrenzen und ich denke mir auch, dass diese Tage vorbeigehen. Ich kann wirklich sehr gut damit umgehen. Und ich denke, es liegt halt auch daran, dass ich hier alleine im Haus bin und nicht immer viel Zeit mit Familien und Freunde verbringe. Ich bin da eher die Alleingängerin, nehme mir gerne Zeit für mich, geniesse diese Ruhe… und merke doch, dass mir die Rückmeldung des Umfeldes fehlt.
 
Vor zwei Jahren war es anders. Das merke ich natürlich auch. Da war ich immer wieder arbeitslos und Italien war mein Rettungsanker. Ich hatte meine Ruhe, konnte abschalten, hatte Zeit für mich und musste mich nicht dem Leben in der Schweiz stellen. Ich hatte da die schlechten Gedanken und konnte hier, 1365 Kilometer weit entfernt, abschalten.
 
Nun ist es umgekehrt. Was ich nie zu glauben gewagt hätte, aber ich habe einen Job gefunden, in dem es mir wirklich gut geht. Viele hier unten sagen mir, dass man mir diese Freude ansehen und aus spüren würde, wenn ich darüber erzähle. Dass ist eine ganz andere Person bin. Und ich bekomme ja auch so tolles Feedback von meinen Mitarbeitern. Klar, es ist nicht immer gleich einfach, aber im Grossen und Ganzen muss ich ganz ehrlich zugeben, dass ich das Feedback erhalte, was ich mir lange gewünscht habe. Es sind versteckte Komplimente, aber man nimmt mich, wie ich bin und man berührt mich. Es ist so viel, was sich in der zwischenmenschlichen Ebene verändert hat. Teilweise immer noch schwierig und hart für mich, aber es hat sich etwas verändert.
 
All dies fällt hier unten weg. Klar, ich verbringe Zeit mit Mitmenschen, aber eben, es sind nicht so „Vertraute“, wie in der Schweiz. Auch, wenn es sich dabei um die Familie handelt, ich habe kaum Kontakt mit dieser. Man weiss, man gehört zusammen, aber tiefere Gespräche finden nicht wirklich statt… Total okay und ich selbst merke, wie ich mich in den letzten Monaten verändert habe. Ich renne nicht mehr für jedermann und finde einfach, man soll mir Dinge direkt sagen. Ich habe kein schlechte Gewissen, wenn ich etwas nicht sofort erledige und joa… meine Lieblingstante ist da so ein Fall. Sie war ja jahrelang in der Schweiz und ich weiss, sie arbeitet hier unten sehr hart. Letztens hatte sie an einem Morgen frei. Sie fragte, ob sie mit an den Strand könne. Mir war das natürlich recht und am Abend davor wollte ich sie fragen, um welche Zeit sie los wollte. Sie meinte nur, dass wir dies doch noch am nächsten Tag besprechen könnten. Vor zwei Jahren hätte ich am nächsten Tag natürlich gewartet, bis ich sie gesehen hätte, aber jetzt dachte ich mir: ihre Sache. Sie wusste meine Abfahrtzeiten, ich stand auf, machte mich fertig, ging zum Haus, guckte kurz rein und fuhr dann ab. Ohne schlechten Nachgedanken. Es ist nicht meine Sache. Und teilweise reagieren Menschen hier doch leicht irritiert, aber eben, ich denke einfach vermehrt an mich. Und die meisten nehmen es so entgegen.
 
Klar, die Italiener sind kontaktfreudiger. Letztens haben mich drei junge Mädels ausgefragt und waren begeistert über meinen schönen Namen -.-. Ich selbst mag diesen ja überhaupt nicht :-(. Naja, mich hat es natürlich gefreut und es scheint wirklich so, als würde man gerne Zeit mit mir verbringen und doch war ich auf der anderen Seite ein wenig erschrocken über den Zustand, dass die mich einfach so angesprochen hatten. Denn ich bin und bleibe eine fremde Frau und hätte mit ihnen weiss Gott was anstellen können…
 
Joa, kautechnisch bin ich hier unten auch eher „böse“ unterwegs. Ich fahre so gerne durch die Gegend, betrete einen Laden nach dem anderen und ich gebe auch ordentlich Geld aus… aber eben, dafür habe ich Dinge, welche man in der Schweiz nicht überall findet. Es ist etwas Eigenes, eine Erinnerung und nicht alle laufen mit der gleichen Sache durch die Gegend.
 
Das Fahren mit Baby Blue macht mir natürlich am meisten Spass. Ich kann einfach nach „Gefühl“ fahren, einfach nicht auf das Tacho achten und ab geht’s! Natürlich toll für eine fahrfreudige zambrottagirlie ;-D. Aber bei der Rückreise muss ich mich – spätestens nach Ancona – zusammenreissen und mit gemässigter Geschwindigkeit Richtung Norden düsen. Innerorts sind die Strassen dagegen Horror. Hier wird immer mal wieder irgendwo etwas erneuert und der Belag dann einfach wieder provisorisch betoniert, da eine Leitung geöffnet und auch einfach wieder so zugedeckt. Daher haben die Federn meines Autos einiges auszuhalten… Und natürlich brettere ich dann auch nur mit 20 bis 30 Kilometer die Stunde durch die Gegend.
 
Gefunden habe ich mittlerweile einiges. Eine coole, dunkelblaue Jacke aus Wildleder für den Herbst, Schmuck und eine richtig coole „Baggy-Jeans“. Richtig schön „low“ und sieht so aus, als wäre ich ein Mann und hätte etwas im Schritt, aber mir gefällt sie enorm gut. Nun fehlt mir nur noch eine „Boyfriend“-Jeans. Schuhe kann ich nicht mehr zählen, vor allem nach meinem ersten Besuch beim Wochenmarkt letzten Samstag. Da gab es auch eine sehr coole und lehrreiche Situation für mich. Die Verkäufer da können auch sehr penetrant sein und ich bin da eher diejenige, welche selbst gucken möchte. Naja, bei Schuhen für zehn Euro konnte auch ich mich nicht mehr halten und schmiss mich in die Frauenrunde. Ein junge Herr half (knapp zweiundzwanzig, mein Beuteschema!) mir dann beim Tragen und ich merkte, dass er selbst total ruhig sprach, weil er mich wohl etwas schüchtern einschätzte bzw. als eher ruhige Person. Er war total schrill, seine Frisur auf der einen Seite rasiert und die langen Haare auf die andere Seite „gescheitelt und frisiert“ bis zum Ohr, die Brille auf seiner Nase bunt… aber total sympathisch und nett. Einfach ruhig, liess mir Zeit und joa, schlussendlich lief ich mit sechs Schuhen (nicht alle da gekauft ;-)) und zwei Taschen zurück zu Baby Blue.
 
Viele scheinen hier nur oberflächlich, wie der oben genannte Typ. Aber im Grunde sind sie ganz okay und wirklich nett. Vor allem die Männer haben sehr grossen Respekt vor dir als Frau. So ist es mir auch bei diesem jungen Herrn ergangen. Ich persönlich fand es sehr rücksichtsvoll.
 
Hier laufen sehr viele vollbärtige Männer durch die Gegend. Vor allem junge Schnitzel. Und so sehr ich für eine lange Zeit Dreitagebart und Bart im Allgemeinen eher doof fand, so sehr mag ich es jetzt an Männern :-). Ein richtig urchiger Italiener mit Vollbart. Schön gepflegt, gebräunte Haut, gute Polstur… zambrottagirlie ist mit dabei :-D! So richtig kratzig… die sanftere Variante ist da der Dreitagebart… und der wird bei Italienern (zum Glück ;-)) grossgeschrieben.
 
Heute habe ich zudem coole Sneakers in grau und blau gekauft. Halber Preis. Konnte ich nicht nein sagen. Beim Markt findet man günstige Ware, Kleidung finde ich eher weniger, da ich ja eher molliger bin. Zudem sind die Grössen hier anders und mich ständig an- und ausziehen… darauf habe ich echt keine Lust. Nun steht noch dieser Samstag an, dann ist fertig lustig :-D!
 
Auf dem Rückweg nach dem Markt traf mich dann fast der Schock. Mitten auf der Strasse – ja, ich war eher schnell unterwegs ;-) – standen die Carabinieri. Der einte winkte mit der Kelle und als ich abbremste und doch irgendwie weiterfuhr, war ich total irritiert. Ich wusste nicht, ob die mich nun heraus gewunken oder mich einfach an das „Tempo erinnern“ wollten. Und als ich den einten mit Handy am Ohr im Rückspiegel sah, düste ich einfach nur noch schnell nach Hause. Mein Cousin hat dann gemeint, dass die das dort regelmässig machen, weil eben so viele diese Strasse zum Markt benutzen und weil dort eben gerne schnell gefahren wird. Es hätte einfach zur Tempodrosselung beitragen sollen. Ich war natürlich erleichtert :-). Auch sonst sind dieses Jahr sehr viele Carabinieri unterwegs. Ganz hübsche Exemplare, lach!
 
Was habe ich noch… ach ja: Italiener und Anstand. Ist so eine Sache. Vor allem hier im Süden. Der 4. September war einer der schlimmsten Tage für mich. Nachmittag war ich in einem Einkaufszentrum unterwegs, wollte mein Handy „neu“ kaufen. Weil es hier günstiger ist und weil meines einfach ein paar Probleme macht. Man könnte darüber hinwegsehen, aber eben. Zuerst stand ich einfach mal fast 30 Minuten an der Kasse und alle Mitarbeiter schienen ausgeflogen bzw. halfen Menschen, welche sonst irgendwo deren Namen riefen. Es waren 3 Angestellte für ca. 100 Menschen anwesend und als sich dann ein Herr und eine Frau einfach vorgedrängelt hatten (der Mann hatte mich zuvor noch gefragt, ob ich anstünde!!!), platzte mir der Kragen. Ich selbst hatte den Menschen nichts gesagt, aber ich liess meine Dinge einfach da liegen und ging. Die Frau, welche sich vorgedrängelt hatte, war dann doch ein Glücksgriff. Sie wollte nämlich „mein“ Handy und sie hatten nur noch das Ausstellungsmodell zur Hand. Und dies zum vollen Preis. Hätte ich nie gemacht. Nie ab Ausstellung und dann auch nie zum vollen Preis.
 
Und auch heute wieder… Kaum beim Parkplatz, wollten zwei Schwarze die Autoscheibe waschen. Ich natürlich meinte vehement nein und lief einfach weiter. Im Laden wieder Riesenschlange und überall Gedrängele. Italiener kennen keinen Höflichkeitsabstand, die stehen dicht hinter dir. Man könnte ihnen den Platz wegnehmen! Aber diesmal verteidigte ich meinen Platz.
 
Teilweise echt anstrengend. Ich hasse es, wenn man mir so auf die Pelle rückt…
 
Joa, und jetzt zum zweitletzen Thema, bis ich dann zu den Männern komme ;-). Ich finde es nämlich eine schon wichtige Sache für mich.
 
Ich bin die einzige bei meinen Geschwistern, welche eine Taufgotte und einen Taufonkel besitzt, welche aus Italien kommen. Daher gab es auch nie wirklichen Kontakt. Ich hatte schon lange daran zu knabbern und irgendwie hat es mich auch immer als Kind ein wenig traurig gestimmt, weil meine Geschwister eben ganz andere Geschenke bekamen (was natürlich nicht das wichtigste war) und Zeit mit ihren verbrachten… In der Zwischenzeit kann ich meinen Vater verstehen, warum er eben genau diese beiden ausgewählt hat.
 
Sie haben ihn ein paar Monate grossgezogen, als meine Nonna mit dem nächsten Kind schwanger war und sich um andere Dinge kümmern musste. Sie sahen ihn fast als Sohn und ich glaube, sie hatten lange Zeit sehr engen Kontakt. Und sie sind ein paar Tage nach mir ebenfalls angekommen.
 
Ich verbringe sehr viel Zeit mit ihnen und geniesse sie. Sie sind ganz anders, als ich sie in Erinnerung habe. Vor allem spricht meine Zia nicht so viel wie Nonna bzw. erzählt nicht so ausgedehnt und mit meinem Onkel schlage ich mir einen Witz um den anderen um die Ohren. Wir geben uns gegenseitig Paroli und haben beide den gleichen, sarkastischen Humor. Und letztens ist ihm die Luft aus Versehen hinten raus entwichen (okay, anders gesagt: er hat gefurzt :-)), was mich so überrascht hat, sodass ich einfach zehn Minuten nur gelacht habe. Der andere Zio (mein Lieblingsonkel aus der Schweiz, welcher ausgewandert ist) erhielt einen Anruf und ich musste raus, wo ich weiter Tränen lachte. Und als ich ihn am nächsten Tag gesehen hatte, war das erste, was ich tat: losprusten und mich einem erneuten Lachflash hingeben.
 
Meine Taufgotte ich bekannt für ihre Calzoni. Mmhhhh, ich habe letztens über zehn Stück runter geschlungen… Sie hatte mal ein Restaurant hier unten und ich habe eine Situation, an die ich mich erinnern kann als ganz kleines Mädchen von sechs Jahren. Ansonsten ist da nicht mehr viel.
 
Ich jedenfalls bin froh, verstehen wir uns für diese Zeit so gut. Und ich selbst bin ja halbe Schweizerin und sage nichts gegen unser wirklich tolles Land und Völkchen... aber mit Italienern an einem Tisch sitzen ist ganz anders. Viel offener, viel lebendiger, viel lauter und viel versauter ;-).
 
Joa, und nun zu den Männern. Es läuft eher ruhig ab. Ich bin ja eher der schüchterne Typ Frau und sich auf ein Abenteuer einlassen, nicht mein Ding. Und die Männer, welche ich kenne, sind angeheiratete Typen, Familienangehörige oder einfach Bekannte von früheren Zeiten. Nicht viele, aber eben, ich kann das eh nicht, ich bin da viel zu schüchtern.
 
Klar, ich bin schon erschrocken, als mir aufgefallen ist, dass mir ein gewisser Herr aus der Schweiz einfach mehr fehlt, als andere (sogar Pupa oder Alina und der Familie). Es hat mich enorm zum Grübeln gebracht und ich weiss einfach nicht, wie ich es einordnen soll. Und wie es Zufälle wollen, ist bei einem Geburtstag meiner kleinen Cou-Cousine genau sein Name gefallen. Es ging nicht um ihn, aber die eine Schwester des Ehemannes meiner Cousine (kompliziert, was ;-D)) lebt in der Schweiz. Sie spricht kein Wort Deutsch und mehr weiss ich auch nicht (ob sie Arbeit hat und so weiter… keine Ahnung, wie die das schafft, interessiert mich aber auch nicht). Ihren Freund kenne ich auch nicht näher, aber sie nannten den Namen des gewissen Mitarbeiters, welcher kein Italienischer ist, sondern ein Deutscher Name. Und doch kommt er nicht so oft vor. Und ich stand da und dachte mir einfach: Zufall oder wie soll ich das jetzt interpretieren? Es gibt einfach Situationen, welche uns auf eine falsche Fährte schicken und ich tat es einfach als sehr blöder Zufall ab. Aber natürlich waren meine Gedanken dann sofort wieder bei diesem gewissen Mitarbeiter.
 
Ja, er fehlt mir irgendwie. Auf eine Art und Weise. Mir fehlen die flüchtigen Berührungen und ich merke einfach, dass die anderen Menschen sich nicht so anfühlen, wie er sich anfühlt. Auch die Berührungen wirken anders auf meiner Haut und meinem Körper. Ich möchte die nicht, sie sind mir eher unangenehm. Selbst, wenn sie von Familienmitgliedern sind. Ich weiss nicht… Ich mochte Berührungen ja noch nie gerne, aber dass es dann so ausartet, dass ich nur noch die seinen erleben möchte…
 
Phuuuu, harter Tobak. Naja, dieser gewisse Mitarbeiter hatte im Verlauf der letzten Woche auch noch Geburtstag und ich rang lange mit mir, ob gratulieren oder nicht. Schlussendlich wusste ich es ja eh und ich hatte seine Nummer und ich weiss nicht, wovor ich Angst hatte… eventuell, dass keine Rückmeldung kommt, was auch schon vorgekommen ist. Ich habe mir eine lustige Aktion überlegt und ihm ein Bild mit Geburtstagsgrüssen im Sand geschickt und prompt auch Antwort erhalten, was mich total erstaunt hat. Es brennt mir jetzt natürlich enorm in den Fingern, aber ich werde eventuell nicht antworten. Auch einfach mal „unnahbar“ erscheinen, wobei ich solche Spielchen natürlich überhaupt nicht mag. Aber er schien sich wirklich gefreut zu haben.
 
Matteo bin ich ebenfalls begegnet. Am Geburtstag dieser Cou-Cousine. Er ist ja mittlerweile verheiratet bzw. etwa ein Monat. Natürlich habe ich nicht gratuliert, erschien mir nicht wirklich angebracht, erst recht nicht nach der Aktion dieser blöden Trulla. Seine Ehefrau hat mich im vollen Ernst nicht erkannt. Er begrüsste mich mit einer riesen Freude (richtig überschwänglich, war mir überhaupt nicht recht) und sie lief einfach an mir vorbei. Ich meine, auch, wenn ich die Dame, welche mein Freund bzw. Ehemann gerade begrüsst, nicht kenne, grüsse ich sie trotzdem bzw. liegt es doch in der Natur der Frau, interessiert an dieser anderen Frau zu sein. Nö, die wollte einfach an mir vorbeihuschen. Er meinte natürlich sofort, was das solle und sie meinte total erschrocken: „Oooooh, das tut mir aber leid! Ich habe die überhaupt nicht wiedererkannt!“ Zambrottagirlie natürlich winkte alles ab. „Liegt es eventuell an deiner neuen Haarfarbe?“, flötete sie weiter und ich hätte ihr am liebsten eine geklatscht. Also bitte, an der Haarfarbe? Noch nie so einen Schwachsinn gehört. Ausserdem weiss ich echt nicht, wie er sich diese Frau antun kann. Die flötet die ganze Zeit und diese piepsige Stimme… Uach, immer wieder konnte man sie aus der Menschenmasse heraushören. Und sie musste ja immer schön betonen, dass sie seit der Hochzeit vor einem Monat drei Kilo zugelegt hätte und jetzt - ach du Schreck (augenroll, ich hätte am liebsten laut losgeprustet -.-) - schwere 46 Kilo wiegen würde.
 
Es ist seine Sache und er muss mit ihr leben. Und ich trauere wirklich keiner Sache nach und doch war er sofort wieder auf Kuschelkurs. Er begrüsste den Rest, kam heraus und umarmte mich überschwänglich (legte dabei seinen ganzen Arm um meine Schulter) und meinte: „Meeeeine zambrottagirlie!“ Auch sonst stellte er sich nach dem Getränkefassen neben mich, so nah, sodass sich unsere Oberarme und Hüften berührten, was ich einfach zuliess. Aber an Gefühl kam dabei nicht bei mir rüber. Es fühlte sich nicht so an, wie bei diesem gewissen Mitarbeiter. Ich liess es zu, aber es fühlte sich nicht wirklich gut an. Und ich weiss nicht, ob es ihm aufgefallen ist. Er hielt dann zum Glück eher wieder Abstand und es war gut für mich. Vielleicht spürt man eine Distanziertheit doch bzw. gewisse Menschen fühlen dies, auch, wenn die Person gegenüber sich ganz normal gibt (also ich in diesem Fall).
 
Der Ehemann meiner Cousine war auch eher auf „Tatschkurs“ und ich nutzte es als Übung und boxte auch mal spielerisch. So hart bzw. skurril es klingen mag: für mich ist es eine gute Übung bzw. sind es gute Lernobjekte. Denn so lerne auch ich, meine „Zuneigung“ auszudrücken, wobei ich natürlich eher der Mensch bin, welcher es nur bei den wirklich wichtigen Menschen machen möchte. Auch bei der Familie, klar. Aber ich denke da eher an einen Lebenspartner.
 
Mir hat es einfach gezeigt, dass man keine Berührungsängste vor mir hat. Sei mal dahingestellt, ob der Italiener im Allgemeinen so ist. Mir hat es einfach geholfen, weil mein Gedanke, dass sich Menschen vor meinen Berührungen ekeln bzw. sich ekeln, wenn sie mich berühren (müssen) sich mal wieder nicht bewahrheiten konnte. Denn dann würde man diese Nähe ja nicht suchen.
 
Auf der anderen Seite kam mir natürlich sofort der gewisse Mitarbeiter in den Sinn und dass er dies doch bei mehreren Menschen macht, als nur bei mir. Wie eben die Menschen an diesem Geburtstag auch. Aber ich fange nicht mit erneuten Grübeleien an. Ich lasse es einfach mal so sein, wie es ist. Und ich weiss ja, was meine Augen sehen und ich traue diesen. Und ich achte auf mein Gefühl, welches mir sagt, dass es eben bei diesem gewissen Mitarbeiter andere Frauen gegenüber anders abläuft, als mir gegenüber.
 
Ein kleiner Nachtrag zu Sache „Mitarbeiter“: der hat sich wahrhaftig für meine Geburtstagsgrüsse bedankt und sogar erneut schöne Ferien gewünscht (hatte ja bei der Abreise diese Zweifel). Hat mich natürlich gefreut. Aber ich habe mich dazu entschlossen, nicht zu antworten. Ein wenig geheimnisvoll bleiben. Oder werde ich es doch tun? Ich weiss es nicht, lautes Seufzen!
 
Und doch… verliebt bin ich nicht. Oder doch? Ich weiss nicht. Er fehlt mir irgendwie, öfters denke ich in gewissen Situationen an ihn bzw. werde durch etwas an ihn erinnert. Nennt mir ein Nomen für diese Situation.
 
Gestern sind mir schier die Tränen gekommen. Konnte ein Päärchen am Strand beobachten. Und wie die in das Wasser raus gelaufen sind… hat mich an „uns“ erinnert. Die liefen Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte. Genau, wie er es vor dem Kinobesuch gemacht hatte. Und mir ist eindeutig bewusst geworden, dass man dies nicht einfach so macht. Ausser, man ist in der gleichen Familie sehr eng oder auch sehr eng befreundet. Aber sind wir "ja nicht". Kennen uns nicht wirklich eng. Meiner Meinung nach sind das alles Gründe (wobei mir diese Nähe natürlich überhaupt nicht unwohl ist, nicht bei ihm! Und genau das ist ja unter anderem der ausschlaggebende Punkt. Bei ihm ist es alles anders, fühlt sich alles anders an... oder habe nur ich mich geändert? Nein, gewiss nicht. Da war zuerst er. Danach kamen meine Veränderungen, welche immer noch laufen und es wird auch noch ein Weilchen dauern. Ach, langsam werde ich wieder kompliziert! Liegt nur an den Grübeleien, menno...). Aber wer kann schon in seinen Kopf gucken? Es hat mich einfach erneut zum Grübeln und (ver)zweifeln gebracht. Ich stand wieder da, mir selbst überlassen.
 
Ich würde dies gerne alles lockerer angehen (können). Aber wer meine Geschichte zu Männern kennt *seufz*. Ich bin nun mal ein Grübelmensch und auch leicht zu verunsichern. Und er ist halt das erste Exemplar, welches auf dieser Art und Weise mit mir umgeht. Klar wühlt dies viel auf. Auf einer Seite geniesse ich es. Auf der anderen Seite wachsen mein Selbsthass und meine Selbstzweifel. Ich finde mich immer unattraktiver und kann mir eine Beziehung immer weniger vorstellen. Kritisiere immer mehr an mir herum und seien wir mal ehrlich: ich kann mir keinen Mann an meiner Seite vorstellen.
 
Man muss ehrlich und offen zu sich sein. Wünsche äussern können. Sich fallen lassen können. Zu sich stehen. Und ich meine, mit meiner Diagnose finde ich es schon, dass der Partner es wissen sollte. Zumindest einen Teil.
 
Aber was, wenn man sich eine Beziehung nicht einmal vorstellen kann? Keine Nähe, keine Berührungen, keine Intimität? Selbst, wenn mir die Berührungen gefallen und ich mir dies auch wünsche (was mich total erschreckt hat?!).
 
Aber ständig ist da der Hauptgedanke: ich will niemandem weh tun. Und dies tue ich, indem sich ein Mann bzw. eine Frau mit mir einlässt. Ich mache andere Menschen kaputt (ich weiss, es ist nicht so, mein Verstand kapiert es auch. Ich bin kein schlimmes Borderline-Exemplar). Und doch: warum sollte sich ausgerechnet jemand mit mir einlassen? War ja bis jetzt auch nicht so.
 
Ich kann dieses Gefühl nicht besser beschreiben. Es ist eine Gewissheit, welche ich tief in mir trage. Wie das Gefühl, dass ich jung gehen werde. Ich werde nicht alt, das weiss ich irgendwie.
 
Es fühlt sich beschissen an, alleine Ferien verbringen zu müssen. Aber wie sagt man so schön? Der Mensch gewöhnt sich an alles. Und irgendwann werde auch ich damit klar kommen, die alleinstehende Taufgotte, Freundin oder sonst noch was zu sein.
 
Klar, auch ich habe meine Fantasien. Sehne mir weitere Berührungen von diesem gewissen Mitarbeiter herbei. Und doch, in der Fantasie schaltet plötzlich mein Verstand ein und ich schimpfe mich selbst eine blöde Gans aus. Wie ich mir überhaupt so etwas vorstellen kann. Es ist nicht möglich, der macht dies nur aus Nettigkeit und und und.
 
Auf mich zukommen lassen. Leichter gesagt, wie getan.
 
So, Schreibmarathon beendet.
 
Ich geniesse weiterhin das tolle Wetter, das Essen (ich bin süchtig nach Calzoni, mei, ich könnte mich jeden Abend vollfressen ;-)), das Meer und die Ruhe. Und eben, wenn alle Stricke reissen würden, weiss ich jetzt, wohin ich gehöre. Und wenn ich dann mal eventuell Mitte fünfzig immer noch alleinstehen und kinderlos bin, gut genug verdient habe und mir die Schweiz aus allen Löchern hängt… wer weiss, vielleicht zieht es mich für immer hierher.
 
Klar, Ferien sind nie gleich wie hier unten Leben. Und eventuell findet sich ja eine Stelle, bei der ich neun Monate zu höherem Pensum arbeiten kann, welche ich dann in drei Monaten oder vier Monaten Sommer kompensiere oder so…
 
Aber eben… die Zeit wird es zeigen.
 
Ciaociao…

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