Sonntag, 16. Dezember 2012

geburtstag der kleinen sister

Es ist zwar schon über eine Woche her, aber ich möchte den Eintrag hier doch noch festhalten. Es geht nämlich um den Geburtstag meiner Schwester vom 8. Dezember.
 
Wir hatten eine Zeit lang einander echt nichts viel zu sagen, es gab Zickereien und Stress. Eigentlich waren wir bis zu ihrem 14 Lebensjahr sehr eng befreundet, dann rutschte sie ein wenig ab. Sehr dick geschminkt - zwar sehr hübsch, aber einfach zu viel aufs Gesicht gespachtelt - und sie war einfach sehr anstrengend in ihrer Art.
 
Ich war auf dem Höhepunkt meines Borderlines und bekam es doch irgendwie nicht mit (Borderline sagte mir erst ab 2008 etwas, da war ich 21...). Ich hatte meine Freundinnen, sie immer wieder mal eine. Ich denke, dass hat sie mehr belastet, als sie jemals zugeben wird.
 
Ab ca. 2006 bis 2009 ging es fast gar nicht mehr. Sie klaute ständig meine Klamotten und irgendwie bin ich dann doch froh gewesen, hat sie ordentlich zugelegt. So konnte sie nicht mehr an meine Sachen ran. Klar war es auch doof, als sie ihre ersten drei Schanglis mit nach Hause genommen hat und ich mal wieder auf dem Trockenen sass.
 
Aber seit etwa Mitte 2009 haben wir es wieder sehr gut miteinander. Klar, zwei Wochen Italien können auch an den Nerven zehren und auch jetzt gibt es mal wieder Diskussionen und Zickereien, aber ich kann mit ihr unter die Leute, wir gehen shoppen und ihre direkte Art ist manchmal halt doch sehr hilfreich für eine so höchst verunsicherte Seele wie die meine.
 
Sie hat Ende November ihre Zehennägel operativ entfernen lassen müssen. Beide sind seit über einem Jahr eingewachsen und es ist immer schlimmer geworden. Danach sass sie zwei Wochen zu Hause rum (durfte nicht arbeiten) und ihr war so langweilig, dass sie sogar alles zu putzen begann. An ihrem Geburtstag fragte ich sie dann spontan, ob sie ein wenig unter die Leute gehen wolle und ob sie überhaupt fit genug sei, um ein wenig in Schuhen herum zu laufen.
 
Es war ihr letztes Wochenende vor Arbeitsbeginn und sie schien sich wirklich zu freuen. So waren wir ein wenig in der Region unterwegs. Es ging zwar ein wenig langsamer mit ihr wie sonst, aber uns beiden tat es gut und wir fanden unsere Sachen.
 
Aber irgendwie konnten wir über diese Jugend nur den Kopf schütteln. Ich bin ehrlich und glücklich, konnte ich vor ein paar Jahren aufwachsen. Bei mir war es noch nicht so extrem und ich lief bis zu Sekzeiten mit Rüeblihosen und weiten, verschlissenen Shirts durch die Gegend. Es war egal, ob ich mich  bereits schminkte und meine Freundinnen waren meine Freundinnen, so oder so. Es ging nicht um das Äussere.
 
An ihrem Geburtstag habe ich Mädchen mit knapp 14 Jahren gesehen, die stärker geschminkt als ich durch die Gegend liefen, die Hosen knapp über dem Po und die Shirts reichten bis zum Bauchnabel. Sie bibberten und hatten doch nichts weiter an.
 
Die Jungs genau so. Bereits mit 10 Jahren schlendern die gestylt wie erwachsene Männer durch die Läden, haben Handys und machen dreckige Witze und bringen derbe Sprüche.
 
Ist mir das bei meiner Jugend einfach nie aufgefallen oder ist es wirklich so schlimm geworden? Ich jedenfalls musste ein paar Mal leer schlucken und den Kopf innerlich schütteln.
 
Ich weiss nicht, wie die Jugendlichen in ihrer Art wirklich sind. Ob sie wert auf sich legen, aber doch tolerant sind. Oder ob die Oberflächlichkeit Überhand gewinnt. Und ob es auch auf gewisse Lebensumstände und Erziehungsmethoden ankommt.
 
Ich jedenfalls bin tolerant erzogen worden und bin auch jetzt noch der Meinung, mir kein Urteil über andere Menschen bilden zu dürfen. Klar, es gibt Dinge, die schrecken auch mich ab, aber ich finde, einen Menschen lernt man nur durch Gespräche kennen. Äusseres sagt mir nichts (klar, es gibt Vorlieben, aber ein Mensch wird durch das Kennenlernen erst recht attraktiv).
 
Meine Eltern haben uns nie das Rauche oder den Alkoholkonsum verboten und doch hat nie einer von uns Kindern gekifft oder ist besoffen nach Hause gekommen. Klar, ich habe mal eine Zeit lang ein paar Zigis probiert, jedoch nie richtig geraucht. Es waren vielleicht höchstens fünfzehn, die ich so aus Lust und Frust mal gepafft habe. Bekifft war ich nie und besoffen erst recht nicht. Auch jetzt trinke ich kaum bis nie Alkohol. Das letzte Mal vielleicht vor drei Jahren.
 
Wir waren im Manor unterwegs und meine Schwester wollte sich zur Feier des Tages ein etwas teurere Foundation gönnen. Wir liefen also durch die Läden und trafen auch zwei Mädchen und zwei Jungs, alle höchstens 15 Jahre alt.

Der einte meinte so in die Runde: "Ich mache es hier, hier und hier" und zeigte dabei mit seinem Finger in die Mitte der Augenbrauen, an den Linien unter den Augenbrauen und knapp darüber. Sein Kollege nickte und sagte: "Ich mache es auch nur...", sah uns kommen, blickte mir in die Augen, errötete, strich sich die Haare aus dem Gesicht und ergänzte schnell: "... also, eigentlich gar nicht."
 
Eine Ecke weiter konnten wir mithören, wie er doch meinte, dass er seine Augenbrauen nur zwischen den Augen zupfen würde.
 
Nichts schlimmes daran, wenn Männer sich pflegen, aber wenn es nicht gerade eine Augenbraue ist, die durchgeht, muss es in meinen Augen nicht gemacht werden.
 
Ein Mann muss für mich immer noch etwas Männliches an sich haben. Klar, Achselhaare an mir selbst finde ich störend und sie werden regelmässig entfernt, aber bei Männern ist es mir ehrlich gesagt schon fast egal. Ausserdem muss ein Mann Haare an den Beinen haben.
 
Und an den Armen.
 
Im Gesicht ist auch schön :-).
 
Und leichtes Brusthaar stört mich auch immer weniger ;-p.
 
Aber war schon amüsant, als wir unkontrolliert auflachen mussten, der Jugendliche sich umdrehte und sich dann doch ertappt fühlte und sofort wieder errötete.
 
Schlussendlich stand dann plötzlich unser Bruder neben uns. Wir hatten nicht abgemacht, er hatte einfach Lust auf ein paar DVD's und hatter per Zufall mein Baby Blue auf dem Parkplatz stehen gesehen. Ein Kasten von Mann, in den er sich langsam entwickelt. Chapeau!
 
Am Abend lud meine Schwester die ganze Familie auf ein feines Znacht ein. So sehr ich meine Lebensumstände teilweise verabscheue und mir ein anderes Leben herbeisehne, meine Familie würde ich für nichts auf der Welt hergeben. Klar, es gab auch schwierige Zeiten und ich musste früh sehr selbständig sein und hätte daher viel früher Hilfe bekommen können, aber hei, ich habe auch vieles mitnehmen können.
 
Ausserdem bin ich stolz und glücklich über meine italienischen Wurzeln und ein Haus in der Nähe des Meers. Und über die Unterstützung und den Zusammenhalt unter uns.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen