Freitag, 18. Juni 2010

gefühlsprotokoll

Des öfteren hat mir die Therapeutin in der Therapie nach Aufarbeitung einer Situation ans Herz gelegt, direkt nach dieser Situation ein Gefühlsprotokoll auszufüllen. Ich vergesse dies immer. Denn ich bin Weltmeisterin im Vermeiden. Wenn etwas Unangenehmes / Schlimmes oder eine sonstige Situation mit unangenehmen Gefühlen passiert ist, lasse ich dies auch hinter mir. Es ärgert mich und zerfrisst mich eventuell innerlich noch, aber trotzdem mache ich nichts.

Ein Gefühlsprotokoll hilft jedoch enorm. Anfangs habe ich es gehasst. Aber heute in der Nacht (nach 2 Uhr) konnte ich einfach nicht anders. Ich war so verzweifelt, so hoffnungslos. Ein Gefühl, welches nur sehr schwer zu ertragen ist. Mir sind im Bett so viele Gedanken duch den Kopf geschossen, dass ich einfach nicht mehr konnte und losheulen musste. Geschieht in letzter Zeit immer öfters. Meistens schlafe ich dann erschöpft ein. So nicht diese Nacht.

Und zum ersten Mal holte ich von alleine so ein Gefhülsprotokoll heraus. Zuerst einmal: was ist ein Gefühlsprotokoll?

--> Das Gefühlsprotokoll kann einen dabei unterstützen, aktuelle Gefühle zu erkennen und zu bennenen. Man lernt einzuschätzen,
- ob das Gefühl zur Situation passt ("angemessen" ist)
- ob es aktuell zu intensiv ist, um vernünftig handeln zu können,
- ob es langfristig für mich oder für andere von Nachteil ist, dem entsprechenden Handlungsimpuls zu folgen.

Dabei muss ich verschiedenste Fragen beantworten. Welche Anfälligkeiten vorhanden sind (besonders Stressfaktoren, die vorliegen, welche mich anfällig machen), Wie, wo, wann genau und mit wem die Situation entstanden ist und vor allem, was genau passiert ist sowie der erste Gedanken, der mir durch den Kopf geschossen ist.

In einem weiteren Schritt geht es darum, meine Wahrnehmung, meine Körperhaltung und mein Handlungsdrang zu benennen. Schon diese Punkte lassen ein bestimmtes Gefühl schnell erkennen. Umso wichtiger sind dann die Gedanken, die man aufschreiben muss. Daraus schliesse ich dann das Gefühl.

Am Schluss dieses Gefühlsprotokolls gibt es 3 Fragen, die ich mit Nein oder Ja beantworten muss (Fragen sind oben aufgelistet ("angemessen" etc.). Je nachdem, wie ich die Frage beantworte, kann ich meinem Gefühl freien Lauf lassen oder muss mein Gefühl durch genau entgegengesetztem Handeln, Denken, Wahrnehmen oder einer genau entgegen gehaltenen Körperhaltung "austricksen" bzw. dem so entgegenwirken.

Klingt kompliziert, ist es auch. Vor allem, wenn man so ein starkes Gefühl hat, es aber unterdrücken muss, weil es ansonsten jemanden schadet. Vor allem, weil wenn ich dann mal etwas fühle, meistens explodiere, weil ich nichts mit der Intensität dieses Gefühls anfangen kann, da es sonst immer so "ruhig" ist.

Zurück zum Punkt. Was ich nun mache, ist ein Skill anzuwenden. Ich muss meine Gedanken veröffentlichen. Auf Papier, im Internet. Einfach in die fremde Welt hinaus. Sie zerfressen mich.

Kein Mensch kann etwas dafür. Aber es kam alles so plötzlich. Zur Situation selbst möchte ich nicht viel sagen. Es waren viele Faktoren. In dem Gespräch ging es ein klein wenig über die Psyche eines Menschen, über die IV, über das Allgemeinwissen und vor allem über die beruflichen Werdegänge.

In jedem Punkt läuft bei mir etwas. Ich bin psychisch krank. Es fielen nicht krasse Worte mir gegenüber, aber es ging über psychische Berufe und Geschichten, die ein Gesprächspartner auf dem Weg zum Erlernen des eigentlichen Berufes durchmacht. Die IV wurde nur am Rande erwähnt, aber man hat es auf die IV-Simulanten abgewälzt. Naja, ich werde ja vielleicht auch bald IV-Unterstützung benötigen. Wie spricht man denn über mich? Im Allgemeinwissen fühle ich mich in manchen Kreisen immer dumm und minderwertig. Als hätte ich einen unheimlich niedrigen IQ. Eigentlich überall, sogar bei Kleinkindern und Teenagern.

Und dann kommen da natürlich die beruflichen Werdegänge. Alle haben einen Job, eine Perspektive. Eine Zukunft. Nur ich nicht. Nur ich stecke in einer Sackgasse. Komme nicht voran. Stehe mit nichts da. Weitere Gedanken:

- die kommen alle voran
- die haben beruflich Erfolg / Zukunft
- ich werde nie weiterkommen
- hoffentlich werde ich nicht nach meinem Beruf gefragt
- lohnt es sich überhaupt noch, zu kämpfen?
- ich will nicht mehr, habe alles so satt
- ich möchte normal sein
- die lachen mich aus
- ich fühle mich dumm
- ich werde nie einen Job finden
- ich halte diesen Zustand einfach nicht mehr aus
- überall läuft alles rund, nur bei mir nicht

Ja, so sieht ein Gedankenkreislauf bei mir etwa aus. Nicht alle Gedanken hängen zusammen, sie springen hin und her. Schnell wird aus der beruflichen Hoffnunsglosigkeit alles in Frage gestellt, das ganze Leben. Solche "Endungen" eines Gedankenkreislaufs (dass ich mein ganzes Leben anzweifle) kenne ich nur zu gut. Typisches Verhaltensmuster meinerseits.

Vor allem ist mir diese Nacht mal wieder bewusst geworden, dass ich wohl nie ganz normal sein werde und mein Leben so leben kann, wie ich möchte. Keine Probleme haben, Ruhe, nicht immer mit diesem Borderline konfrontiert werden. Es kotzt mich einfach so richtig an.

Weiss ich wie viele Milliarden Menschen auf der Welt, und ausgerechnet mich soll es treffen.

Ja, ich halte diese Arbeitssituation nicht mehr aus. Vielleicht wird mir dies erst jetzt bewusst, wo ich in der Therapie gezwungen werde, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich habe keine Chance zu vermeiden.

Meine Therapeutin ist nächste Woche fort, wollte mir einen Termin für den nächsten Mittwoch geben. Ich habe anfangs verneint. Sie meinte: "Frau Zambrottagirlie, sicher dass es kein Vermeiden ist?" Ertappt. Ich habe schlussendlich doch zugesagt.

Nun werde ich Marienhof gucken, danach Anna und die Liebe sowie GZSZ. Danach gucke ich meine DH-DVD's weiter sowie Law & Order. Und dann? Schlafen. Wenn es geht.

Und morgen besuche ich Grosdäddi. Habe das Gefühl, dass ich dies brauche. Nein, gehe nicht zu seinem Grab. Hier an einen Platz in der Nähe, den ich selbst ausgesucht habe.

Heisst es eigentlich nicht, dass man irgendwann mal keine Flüssigkeit mehr zum Heulen hat? Warum also kann ich nicht aufhören? Meine Augen schmerzen.

Ich wünsche euch einen gelungeneren Start ins Wochenende.

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