Dienstag, 22. November 2011

selbstbild neu definieren...

... aber wie? Irgendwie merke ich immer mehr, dass ich von mir selbst mehr erwarte oder mehr verlage, als nötig ist. Und dass ich mich anscheinend doch nicht so verändert habe, wie es sich für mich anfühlt.

Natürlich spielt mein Körper da eine wichtige Rolle. Er hat sich in den letzten zwei Jahren verändert. Vielleicht hat er mich schon vor zwei Jahren gestört, nur hatte ich andere Wege und Möglichkeiten, diese zu umgehen. Ich hatte Essstörungen. Hatte ein extremes Einkaufsverhalten. Habe mich geritzt. Alles Aktionen, wobei ich nie tiefer rein musste und mich mit dem eigentlichen Grund beschäftigen.

Seit gut einem Jahr hasse ich meinen Körper enorm. Meine Zähne stören mich plötzlich. Klar, die Haare sind dermatalogisch untersucht und diagnostiziert worden. Und doch habe ich das Gefühl, von meinem Körper nur bestraft zu werden. Fakt ist: wenn ich ganz ehrlich bin, war ich schon immer so, wie ich bin. Meine Zähne auch. Und doch war es vor zwei Jahren noch so, dass ich dysfunktionales Verhalten angewendet habe und gar nie Zeit und einen Blick auf das Wesentliche hatte. Ich konnte mich gar nicht ab meinem Körper und Aussehen stören, weil ich immer einkaufen oder essen war. Und ansonsten habe ich mich geritzt. Ich blieb stets an der Oberfläche. Nun habe ich das Verhalten mehr oder weniger im Griff und bin nicht mehr an der Oberfläche. Jetzt ist mein Blick nicht mehr getrübt.

Aber mein Kritiker ist weiterhin bei mir. Und dieser ist in letzter Zeit sehr stark und aktiv. Kein Wunder, arbeitslos und fast mittellos. Ich glaube, niemand in der Gesellschaft hat einen Dauerzustand wie meinen gerne. Und wenn wir ehrlich sind, hatte ich seit zwei Jahren keine Zeit mehr, aufzuatmen und mein Leben mal so zu führen, wie ich es für mich vorstelle und gewünscht habe. Kein Wunder also, sehe ich mich selbst nicht mehr so, wie ich es eigentlich sollte.

Ich schaue in den Spiegel und sehe ein Wrack. Eine unattraktive Frau. Ich finde mich nicht besonders schön, ekle mich vor mich selbst. Ich weiss nicht, ob sich das ändern wird, sobald ich etwas mit meinen Haaren gemacht habe.

So ist es auch mit meiner Persönlichkeit und meinem Charakter. Gestern hatte ich die Kursbesprechung mit der Therapeutin und meinem Berater. Sie hat mir sehr viel positives erzählt und mir Fakten und Fähigkeiten genannt, die ich ganz tief im Inneren von mir selbst weiss. Nur habe ich das Bild und die Liebe dafür verloren.

Sie hat von mir gesprochen, wie ich mich vor zwei Jahren selbst noch benannt und verkauft hätte. Als ich es gestern mithören musste, schüttelte ich innerlich immer wieder den Kopf. Dieses Bild passt nicht mit dem zusammen, das ich heute von mir sehe.

Und da muss ich mir die Frage stellen: habe ich mich so verändert oder sind es die Umstände, die meinen Blick darauf trüben und so krass entstellen?

Ich weiss es selbst nicht. Ich weiss nur, dass sie gestern gefragt hat, wie für mich der Bericht klingt. Ich habe ihr ehrlich gesagt, dass ich mich selbst nicht mehr so sehe. Es würde für mich so klingen, als würde sie von einer Person sprechen, die ich vor zwei Jahren gekannt habe. Ich kann das alles nicht mehr annehmen, weil es für mich nicht stimmt. Und doch weiss ich tief im Inneren, dass ich doch noch ich bin. Mein Verstand ist klar, aber der Kritiker ist stärker. Der will das nicht so sehen.

Schwieriger Zustand. Der ist nur zu ändern, wenn ich endlich wieder Boden unter den Füssen habe. Mich ein wenig hübsch finde, mich gerne unter Menschen bewege und einen Job habe.

Meine Ziele und Hoffnungen für das Neue Jahr.

Auf der anderen Seite finde ich es krass, wie ich mich selbst fertig mache. Ist man wegen solchen Umständen, wie die meinen, automatisch ein schlechterer Mensch? Ich selbst würde eine andere Person deswegen NIE verurteilen! Sonst hätte ich auch keinen Kontakt mit Pupa und dieser Institution. Aber mir selbst gegenüber bin ich immer hart, taff und grenzenlos unverzeihbar. Und doch zähle ich mich nicht zu den typisch psychisch kranken, die sich gehen lassen und sich damit abfinden. Ich bin nicht so. Ich weiss, dass ich mehr kann, tue alles dafür und kämpfe, kämfe kämpfe und weiss im Grunde, dass es die Umstände sind, die mich bremsen. Und doch hänge ich mich darauf auf und mache mich selbst für alles verantwortlich.

Diese ständigen Fragen: warum muss ich da durch? Was erwartet mich noch? Wird es jemals besser oder muss ich doch immer vom Schlechtesten ausgehen? Sind das alles Anzeichen, dass ich stark bin und somit beweisen kann, dass ich dieses Leben geschafft habe zu leben? Werde ich irgendwann einmal gerecht dafür entlöhnt?


2 Kommentare:

  1. Das verstehe ich, dass du dich fragst, weshalb du da durchmusst. Das kann dir wohl auch niemand beantworten, auch du dir selbst nicht. Vielleicht wird der gerechte Lohn auch nur sein, dass du danach stärker bist. Das weiss man nicht, weshalb das Leben für einen gerade diesen Weg vorgesehen hat. Man fragt sich ja auch, was alles zu der jetzigen Situation geführt hat. Ist das Leben vorgegeben? Wie viel von unserem Leben bestimmen wir wirklich selbst, wie viel werden wir geleitet oder gibt es ein Schicksal?

    Ich frage mich auch sehr oft, weshalb ich durch gewisse Situationen durchmuss, obwohl das natürlich in keinster Weise mit dir vergleichbar ist. Meine für mich grossen Hürden und Schwierigkeiten sind wohl sehr klein im Vergleich zu deinen. Dennoch sind sie natürlich für mich selber eben doch sehr gross und manchmal unüberwindbar. Gleichzeitig bin ich mir aber bewusst, dass ich wirklich selber dafür verantwortlich bin, jetzt in meinem Fall. Dass ich praktisch keine Freunde habe, liegt wohl daran, dass ich immer so viele verschiedene Wege eingeschlagen habe und auch öfters im Ausland war und definitiv nicht den geraden Weg ging. Das hat mich zum Aussenseiter gemacht und ich hatte und habe keinen Anschluss, weil ich in den wichtigsten Jahren (so um die 3. Oberstufe) vom Gymi in die Lehre gewechselt habe. Denn in dieser Zeit bauen sich sehr viele tiefe Freundschaften auf (ich hatte damals auch welche). Deshalb ist es heute so, dass niemand mich anfragt, mal was zu unternehmen oder ich an feierlichen Tagen so ziemlich allein da stehe. Zum Glück gibt es da noch meine Familie, ansonsten wüsste ich nicht, wer mir noch eine Stütze sein könnte. Dass ich kaum je eine Beziehung hatte, hat wohl ähnliche Gründe. Dass ich immer wieder an meinem Pult hocke, lernen muss, kaum Zeit habe für irgendwas Schönes im Leben, da bin ich erst recht selber schuld. Ich hätte es ja anders haben können...

    Also frage ich mich immer, ob ich wohl einfach diese Herausforderungen im Leben brauche, damit ich weiterkomme? Will ich denn überhaupt so weit kommen? Will ich überhaupt so stark werden? Bin ich überhaupt stark, nagen diese Herausforderungen nicht auch an der Stärke?

    Das Leben stellt uns täglich vor neue Fragen. Täglich sollen wir uns weiterentwickeln. Manchmal haben wir das Gefühl, wenn wir dann mal da angelangt sind (bei dir, wenn du mal einen geregelten Job hättest, der dich glücklich macht, vielleicht sogar einen Mann an deiner Seite, bei mir das zweite auch und wenn ich dann mal mit dem Studium fertig bin...), wo wir es uns vorstellen, dann wird alles ganz leicht, ganz einfach. Aber die Wahrheit ist, das wird es nicht. Es wird nicht durch andere Umstände anders. Es wird nur dadurch anders, dass wir an uns arbeiten, an unserer inneren Einstellung. Ich weiss, das ist manchmal verdammt schwierig und unter deinen Umständen noch viel schwieriger. Die Änderung kommt aber nicht von aussen, die Besserung kommt nicht von aussen. Sondern kann nur von innen kommen. Zufriedenheit und glücklich sein kann nur von innen kommen und wird gesteurt von positiven Gedanken. Die sollte man mit aller Kraft in seinen Kopf und in sein Herz lassen. Und doch kann auch von aussen ein Input kommen, um eben bei diesem Prozess zu helfen.

    Manchmal kommt man auch einen Schritt weiter, später wird man aber wieder zurückgeworfen und versumpft irgendwie in diesem Loch und kann sich selber da fast nicht mehr freibuddeln. Es ist dann wie ein Sog, wie ein Sog von negativen Gedanken, von selbstzerstörerischen Gedanken, von Grundsatzfragen und auch Traurigkeit.

    Jetzt muss ich aufhören, aber manchmal tut es auch gut, sich einfach mal was von der Seele zu schreiben.

    Halte durch, versuche dich nicht vom Sog packen zu lassen, sondern suche immer einen kleinen Ast, den du packen kannst, der dich wieder etwas rauszieht. Ganz kleine Dinge, die eben Freude machen. Aber ich glaube, das machst du auch schon ganz gut, ich freue mich immer, wenn ich was Positives von dir lese, wenn du was Schönes erlebt hast.

    Liebe Grüsse
    seastorm

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  2. Hallo seastorm

    Wow, danke dir für diesen echt tollen und aufmunternden Kommentar. Es ist toll zu wissen, dass jemand doch versteht, wie ich was meine. Dass man immerhin ein wenig das Gefühl hat, nicht ganz alleine da zu stehen.

    Das mit dem Sog stimmt. Und ich denke, dieser Blog hier hilft mir da sehr dabei. Ich kann meinen Kummer einfach mal "wegschreiben" und somit viel an Raum und Distanz gewinnen.

    Und doch hoffe ich, dass ich bald innerlich mehr Vertrauen in mir selbst habe. Da hast du schon recht, die Umstände können nicht alles leichter machen, aber doch können sie dabei helfen, sich innerlich endlich wieder ein wenig zu lockern. Ich bin überzeugt, dass wenn ich endlich eine Festanstellung habe, viel in mir selbst losgehen wird. Vor allem diese Verlust- und Versagensängste und ich werde damit konfrontiert, dass ich unter Leute treten muss. Aber innerlich wird sich doch etwas ändern. Ich werde mich wieder gebraucht fühlen und vor allem nicht mehr so wert- und nutzlos.

    Ich hoffe einfach, dass ich in zwei Jahren immer noch die Kraft habe und hier sitze, den Blog führe und doch ein wenig positiver in die Zukunft blicken kann.

    Mir war nicht bewusst, hast du so viele Wege eingeschlagen. Mir ist es wichtig, die richtigen Freunde zu haben, es sind auch nur vier bis fünf wirklich tiefe Freundschaften. Aber mehr? Ist auch bei mir nicht drin. Ich renne keinen Bekanntschaften nach. Wahrscheinlich ist es bei mir anders, weil ich Angst habe, mein Innerstes einer fremden Person zu öffnen.

    Ich wünsche dir wirklich ganz viel Kraft und ich kann mir vorstellen, ist dieses Studium hart für dich. Gib dir nicht die Schuld dafür, denn du wirst die Arbeit mit den Kindern packen, gut machen und auch deinen gerechten Erfolg damit erlangen. Ich selbst wollte auch immer Lehrerin werden :-). In der zweiten Sek habe ich mich dann umentschieden, weil ich an die Kanti gemusst hätte. Nun weiss ich nicht so recht, ob ich mir dieses Geschrei echt antun will :-).

    Lieben Gruss und Kopf hoch!
    zambrottagirlie

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