Am Donnerstag wurde die Gruppentherapie aufgrund Krankheit beider Leiter abgesagt. Natürlich war ich ein klein wenig enttäuscht, aber auf der anderen Seite konnte ich mich so auf andere Pendenzen konzentrieren.
Trotz Absage machte ich meine Hausaufgaben. Harter Toback sage ich euch. Ich werde nächste Woche nochmals rein gucken. Am Freitag fand dann ganz normal meine Einzeltherapie statt.
Ich berichtete nicht ganz ohne Stolz meine Stärke in den letzten 3 Wochen ohne Muddi und Babbo. Dass ich es schaffe, doch mehr Verantwortung zu übernehmen, als mir bewusst und klar ist. Dass ich keine Einkäufe getätigt habe. Keinen Fressanfall hätte. Keine Selbstverletzung angewandt habe. Es eigentlich sehr gut läuft.
Und ja, ich bin selber davon überzeugt, dass ich mir auf die Schulter klopfen kann.
Momentan stehen die menschlichen Beziehungen und die Selbstwert im Mittelpunkt unserer Therapie. Und auf einmal musste ich eine Schublade in meinem Innersten hervorholen, die eigentlich vergessen irgendwo zuhinterst von mir selbst gelagert worden ist. Kennt ihr sicher auch.
Es geht um das Thema Liebe. Es war schon krass, ich habe gemerkt, wie ich die schützende Mauer automatisch hochgefahren und auf einmal total verkrampft dagesessen habe. Aber auf der anderen Seite konnte ich nach der Therapie diese Schublade wieder verpacken und verstauen. Es war gut für mich so, wie es gelaufen war.
Es geht darum, dass ich eigentlich mit meiner Fülle zufrieden bin. Meine wichtigsten Mitmenschen nehmen mich so an, wie ich bin. Klar, es gibt Tage, da mag ich mich überhaupt nicht im Spiegel anschauen, aber wer kennt dies nicht?!
Es geht mehr darum, dass ich der festen Überzeugung bin, Mitmenschen müssen diesen Ekel vor mir empfinden, sobald sie mich berühren. Sei es bei einer Umarmung, bei einer Begrüssung oder sonst was. Egal, sogar bei Mon Amour oder der Familie, ich habe immer Gedanken alla: "Die ekeln sich, die wollen mich gar nicht berühren, sie zwingen sich dazu, ...". Vielleicht habe ich auch Angst davor, mich fallen zu lassen. Denn wer sich in den Arm nehmen lässt, ist in diesem Moment "ungeschützt" und verletzbar.
Es ist kompliziert ja. Jeder würde sagen, ich nehme mich selbst nicht so, wie ich bin. Dass ich mich doch nicht so okay finde, wie ich bin, weil ich ja genau oben genannte Zweifel habe.
So komisch es klingt, ich bin zufrieden so, wie ich bin. Meistens :). Und genau dieses Komplizierte macht den einten oder anderen Borderliner aus.
Was die Therapeutin ebenfalls erstaunt hat, war, dass ich mir eigentlich sehr im klaren bin, nie eine Beziehung zu führen. Ich kann mir einfach keinen Mann vorstellen, der mit mir freiwillig zusammen sein möchte. Diese Entscheidung ist natürlich von früheren Sachen geprägt. Egal für welchen Jungen ich mich interessiert habe (und den ersten Schritt gemacht hatte), es war da immer eine Abweisung. Auch hier ist es komisch, dass ich mich selbst okay finde, aber felsenfest davon überzeugt bin, dass Menschen mich doch total hässlich und unansehnlich bewerten. Da kann kommen, wer will und versuchen, mich zu überzeugen. Es geht bei mir beim linken Ohr rein und mein rechten wieder raus.
Es war anstrengend, ja. Und es wird schwierig werden, meine Gedankensprünge zu verstehen. Aber in Sachen Männer bin ich nun mal so.
Vor allem, wer möchte schon mit einem Borderliner zusammen sein? Klar, es gibt viele Gleichgesinnte, die eine Partnerschaft führen. Aber für mich selbst ist meine Krankheit schon eine riesen Belastung und ich kann mich teilweise selbst nicht verstehen und mit mir auskommen, geschweige denn meine Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Keiner engeren Person möchte ich diesen Schaden zufügen. Darum bin ich immer noch sehr verschlossen und erzähle kaum etwas von mir, meinen Gedanken, Gefühlen und Süchten.
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