Die letzten Tage war es hier sehr ruhig um mich geworden. Einerseits hatte ich bis jetzt keine Kraft, andererseits war ich im Spital. Und das ganze 10 Tage.
Mein letzter Eintrag war ja am 13. Januar 2014. Am Tag darauf ging ich zur Arbeit, "habe ja nur einen halben Tag vor mir", hatte ich mir gedacht. Denkste. Bereits nach meiner Ankunft meckerte meine Chefin los (ihr passte mein Arbeitszeugnis nicht und ich stand einfach nur da und dachte Laberlaberlaber. Das der nicht aufgefallen ist, dass ich einfach nur Schmerzen und echt keinen Kopf für solche Sachen hatte...!!!). Danach hatten wir eine Art Personal-Info. Ich war erstaunt, als sich der launische Mitarbeiter neben mich hinstellte. Und mir fielen seine Blicke auf, die er immer wieder von der Seite schickte. Sie waren mir unangenehm. Naja, vielleicht ist ihm aufgefallen, dass es mir nicht gut ging. Ich konnte da schon nicht mehr wirklich richtig stehen und es war 8 Uhr. Eine andere Mitarbeiterin sprach mich nach der Runde an und wollte wissen, wie es mir gehen würde. Ich meinte noch tapfer, nicht wirklich gut und sie bestätigte den Eindruck, dass man es mir ansehen würde. Mir, die Frohnatur in der Runde. Klar, auch ich bin teilweise mal etwas ruhiger, aber dass ich fast vor "fremden" Menschen zu heulen beginne, dazu benötigt es wirklich viel.
Danach hatten wir Teambesprechung. Ich konnte nicht lange sitzen und stand dann auch bald auf. Als sie fertig war, blieben mein Gspänli und meine Chefin im Büro, die stellvertretende Chefin wartete im Büro auf mich und meinte, ob es mir nicht so gut gehen würde. Und da brachen schier alle Dämme bei mir. Mit Tränen in den Augen meinte ich, dass die Schmerzen einfach die Hölle seien an diesem Tag, obwohl ich schon zu viel Kortison (mehr wie erlaubt) und Schmerzmittel eingenommen hätte. Plötzlich war es im Büro meiner Chefin ruhig und ich hoffte einfach, dass sie es mitbekam und realisierte.
Ich zog den Morgen durch. Sass und stand abwechselnd, dachte mir einfach, dass es endlich halb zwölf werden solle. Es ist gegen meiner Natur, so früh das Büro zu verlassen, aber an diesem Tag war es mir egal. Ich musste ja noch irgendwie nach Hause fahren können! Ich vermied auch sonstigen Kontakt zu den Mitarbeitern und war seit dem neuen Jahr nicht in der Pause gewesen.
Ein Telefonanruf an diesem Morgen brachte mich schier zum Heulen. Er kam vom Mitarbeiter, mit dem ich ab und zu ein paar Sprüche klopfe. Von dem ich ausgehe, dass er es nicht zeigt, aber einen total weichen Kern hat. Der merkt, wenn es einem nicht gut geht, es aber nie aussprechen würde. Er zeigt es durch andere "Floskeln" (hast auch schon mal besser geschlafen zambrottagirlie, was?) oder Handlungen. Er meinte am Telefon nur: "Was ist los? Hat mal wieder jemand dein Auto getütscht?". Ich meinte ehrlich, dass es die Bandscheibe sei und er meinte dann nur, dass er einmal einen Hexenschuss gehabt hätte und er sich vorstellen könne, wie es mir gehen würde. Bei ihm hätte es ja geholfen und doch hätte er sich eine Zeit lang kaum bewegen können, was die Hölle gewesen sei. Ich legte auf und weinte erneut, weil ich einfach gerührt war.
Ich fuhr also nach Hause und weiss nicht mehr, wie ich es geschafft habe. Ich kann mich nicht mehr an die Autofahrt erinnern. Ich weiss nur noch, wie ich mich aufs Bett gelegt habe und den ganzen Nachmittag so da lag.
Dann kam der Mittwoch, 15. Januar 2014, 04.00 Uhr in der Früh. Es ging einfach nicht mehr. Zum Glück hatte Muddi ihr Handy mit ans Bett genommen und schweren Herzens klingelte ich dann durch. Sie wollte mich zu einem frühmorgendlichen Spaziergang überreden (Bewegung tut gut), aber ich konnte schon nicht mehr richtig stehen. Wir pumpten jegliches Zeug in mich rein (ich wollte eigentlich mehr, aber meine Mutter ist da teilweise Krankenschwester durch und durch (hat sie auch gelernt, zum Glück! Bin wirklich schon oft glücklich darüber gewesen in meinem Leben :-))),
Wir zogen es bis 07.00 Uhr, da öffnete die Praxis meines Hausarztes. Meine Mutter hat zum Glück gute Verbindungen zu ihm und auch ich kenne seinen Sohn. Er meinte, er würde mich sofort über den Notfall ins Spital einweisen. Ich müsse nur noch bis 09.00 ausharren.
Dann kam ein Malheur nach dem anderen. Du gehst dorthin und sie haben schon keine Liege für dich. Ob stehen und sitzen gehen würde? Da rastete ich schier aus und meinte, nein, sonst wäre ich ja wohl kaum hier. Es braucht wirklich viel bei mir und ich achte auf meinen Ton, aber da haute es mir schier den Nuggi raus. Ich konnte mich hinlegen und wartete eine Weile. Mir wurde die Infusion gelegt und anscheinend hat der so ein Massaker angestellt, dass viel Blut auf dem Boden landete. Es blutete sogar weiter, als der Verband dran war. Zum Glück war Mutti mit im Raum, ich hätte sonst alles auf Shirt abbekommen. Weiter Warten, Assistenzärztin macht den Untersuch, fragt mich aus, Oberärztin kommt, gibt sich wichtig und ich werde aufs Zimmer gebracht. Man müsse den Rückbescheid von St. Gallen erhalten, ob eine OP nötig sei oder nicht.
Da unser Spital überfüllt war, kam ich ins Wochenbett. Also auf die Frauenstation. Ihr könnt euch ja das Geschreie der Babies vorstellen und wenn ich nicht solche Schmerzen gehabt hätte, hätte ich über diese Situation gelacht. Ich, die wahrscheinlich nie Kindern haben werde / haben will, liege genau da. Hätte ich aufstehen und laufen können, hätte ich die Babies besucht, klar. Aber ich konnte - wie später es wurde - immer weniger sitzen und stehen. Im Liegen selbst wurden die Schmerzen auch immer schlimmer. Meine Mutter kam in jeder freien Minute und ich hielt es immer weniger aus. Ich weinte und heulte und das vor meiner Mutter. Und das wegen meiner Schmerzen. Und sie selbst erschrak natürlich auch, denn ich weine wirklich nie vor anderen Menschen. Und wenn ich verzweifelt bin, bin ich einfach in mich gekehrt, antworte schnippisch und mache einen "Lätsch". Aber ich würde es nie zugeben.
Es gab dann noch einen etwas heiteren Moment für mich, als eine Pflegerin zu mir meinte: "Ich bin zwar nur die Assistenzschwester hier, aber haben sie solche Schmerzen, weil sie gebärend sind?" Ich schwöre euch, wäre ich ihr schmerzfrei gegenüber gelegen, ich hätte Rotz und Wasser gelacht. Klar, ich musste kichern und war froh über diese Situation. Und bei meinem Bauch erkennt man leider nicht, ob ich nun schwanger oder halt einfach "leicht übergewichtig" bin...
Die Nacht war Horror, der Morgen danach noch schlimmer. Ich hatte das Gefühl, meine Blase würde platzen, stand immer wieder auf, konnte jedoch nicht auf Toilette. Kaum setzte ich mich, kam der Schmerz und alles krampfte sich zusammen. Ich klingelte nach der Schwester und sie versprach mir, sofort einen Arzt zu rufen. Eine Stunde später fragte sie nach. Es war niemand gekommen. Eine weitere Stunde später platzte selbst ihr der Kragen und sie brachte mich in den Notfall. Dort wollten Sie mit Ultraschall zuerst prüfen, ob meine Blase wirklich gefüllt war. Hallooooo?!!!! Das bilde ich mir doch nicht ein, ich war knappe 24 Stunden nicht mehr auf Toilette gewesen! Die Oberärztin vom Vortag meinte dann nur blöd, dass sie ja wirklich gefüllt sei und mir ein Katheter gelegt werden müsse, wenn ich in den nächsten zwei Stunden nicht Wasser lassen könne. Ich lag nur da, heulte erneut los und wäre am liebsten einfach vor den Zug gesprungen. Was einem wieder für altbekannte und doch fast vergessene Gedanken kommen, wenn man solche Schmerzen hat. Ich schwöre euch, wenn ich es gekonnt hätte in der Nacht, ich wäre aufgestanden und zu allem fähig gewesen. Nur, damit endlich diese Schmerzen aufgehört hätten.
Es gab ein Wunder und eine Faust ins Gesicht in diesem Notfallzimmer. Mein Physiotherapeut fürs Knie erschien und meinte nur, was ich auch machen würde, er hätte soeben erfahren, dass ich in den Notfall gemusst hätte. Er wünsche mir toitoitoi und ich müsse dann schnell fit werden, damit wir weiter solche tollen Fortschritte machen könnten! Ich war gerührt.
Dann bekam ich einen Spruch mit. Im November 2012 war ich ja schon einmal wegen Bandscheibenschmerzen im Spital und hatte dort sofort Morphium bekommen. Ich glaube, in der Medizinsprache lautet dies "Mo". Diesmal hatte ich keine Infusion und auch kaum etwas erhalten. Und auch die Nacht durch bzw. den Tag über wurde ich nur mit Pillen versorgt. Es setzte nicht dieser "mir ist schnell übel und dann bin ich schmerzfrei"-Effekt ein. Überhaupt nicht. Den Krankenschwestern verübelte ich es natürlich nicht, die mussten ja ständig Rücksprache mit den Nachtärzten halten und was die sagten, war dann Gesetz. Aber diese Oberärztin haute dann echt einen Scheisshaufen raus, als der Assistenzarzt meinte, dass ich frühmorgens zwei Mal "Mo" erhalten hatte. Ich habe - und ich schwöre, so wahr ich hier stehe - genau gehört, wie sie dann nur gemeint hat: "Nein, sofort einstellen! Keines mehr!". Ich lag da und hätte ihr am liebsten eine geschauert jetzt im Nachhinein. Zum Zeitpunkt da hatte ich es noch nicht wirklich realisiert und so wurde ich ins Zimmer zurück gebracht.
Unter schlimmsten Schmerzen (die Angst vor dem Katheter hat da mitgespielt) schaffte ich es dann doch, meine Blase zu leeren und war so glücklich darüber, immerhin über diese Tatsache Herrin meiner selbst zu sein. Und endlich reagierten die Ärzte. Ein schlimmes Zeichen, wenn man Blase und Darm nicht mehr selbst unter Kontrolle hat. Hängt ja mit den Nervensträngen zusammen. Der Assistenzarzt dagegen bemühte sich wirklich und meinte nur, dass er sofort und erneut bei St. Gallen nachfragen würde. Um zwei kam meine Mutter, ich heulte wieder Rotz und Wasser und quälte mich mit meinen Schmerzen. Sie meinte, ich solle mich bei ihr melden, sobald sich der Assistenzarzt melden würde. Keine fünf Minuten, nachdem sie mich wieder zurück gelassen hatte, kam er auch promt und meinte, dass in einer Stunde eine Ambulanz meinen Transfer nach St. Gallen übernehmen würde.
Mir wurde natürlich sofort unwohl. Mit diesen Schmerzen? Einen Transport? Ich wurde vorbereitet, erhielt eine orange Pille und von da an ging es aufwärts mit meinen Schmerzen. Erhielt noch eine Infusion durchgespült und ich vermute, darin war dann Morphium. Innerhalb von 15 Minuten war ich schmerzfrei und sagte es auch meiner Mutter. Wir beide waren verwirrt, fassungslos und irgendwie auch wütend zugleich. Natürlich graute mir immer noch vor dem Transport, aber die Rettungssanitäter (Frau und Mann) waren sehr lieb und erklärten mir alles. Der Mann fuhr (man merkte es ;-)) und die Frau bemühte sich darum, mich immer wieder zu fragen, ob es auch gehen würde. Es war irgendwie ein urkomisches Gefühl da hinten und gleichzeitig finde ich es im Nachhinein auch eine sehr spannende Erfahrung. Es hat mir gegen Schluss sogar gefallen. Und als wir in die Autobahn einbogen, konnte ich auch endlich schlafen nach weiss ich wie vielen Stunden. Im Notfall in St. Gallen ging die Aufnahme sehr schnell und nach nicht einmal 18.00 Uhr (als nicht einmal 30 Minuten Notfall-Eintritt) lag ich in meinem Zimmer. Ich bekam nichts mehr mit, schlief einfach durch.
Danach kam das grosse warten. Von Donnerstag bis Dienstag (mein OP-Tag). Mir wurde alles genau von meinem Arzt erklärt und ein Anästesist kam auch vorbei und erläuterte mir alles ganz genau). Das Pflegepersonal war genial und immer steht bemüht, das Beste für uns zu machen. In der Nacht musste ich nur klingeln und erhielt mein Schmerzmittel. Meine Infusion wurde neu verbunden (die Krankenschwester war entsetzt darüber, wie verblutet das war) und ich erhielt Morpihum en Masse. Immer dann, wenn es nicht mehr ging. Klar, irgendwann am Montag merke ich selbst, dass ich aufpassen musste. Dieses Gefühl von "es ist mir kurz übel und es wirkt aber sofort gegen die schmerzen" macht einen schon fast irgendwie süchtig. Man ist gleichzeitig Plemmplemm und hat doch keine Schmerzen mehr. Und vor allem die Ausstrahlungen in Gesäss und Oberschenkel waren davor die Hölle. Nicht der eigentliche Schmerz im Rücken.
Klar, mit den Mitpatientinnen war es eher schwierig. Am Samstag hatte eine ihre Tastentöne vom Natel in der Nacht auf laut und die neben mir war wahrscheinlich dement. Sie "pfnätschte" stets und ich ging schier an die Decke. Die Krankenschwestern fragte ein paar Mal, ob sie neue Zähne haben würde, die nicht halten würde, sie verneinte jedoch immer. Aber ich glaube, diese Geräusche kamen genau davon. Beide blieben nicht lange, sie gingen am Sonntagmittag. Die Pfnätsch-Tante schnarchte zudem wie meine Schwester und stand immer selbständig auf, obwohl sie es nicht durfte. Es ging sogar so weit, dass die Schwestern eine Alarmmatte neben ihr Bett legten :-). Im Nachhinein kann ich darüber lachen, aber wenn man so wenig Schlaf hatte in den letzten Tagen, wie ich, dann möchte man alles nachholen.
Klar, ich tue es mir privat oft an. Gehe spät zu Bett und habe viel um die Ohren. Aber dann ist es in meinen Augen etwas anderes. Du musst nicht solche starke Medis schlucken und hast vor allem diese Schmerzen nicht.
Am Sonntag kamen dann zwei andere Frauen gegen Abend und mit denen hatte ich es dann auch ganz gut. Eine ein paar Jahre älter wie ich, die andere war schon Richtung sechzig, aber jung geblieben. Wir hatten gute Gespräche, viel zu lachen. Nur die jüngere schob eine Panikattacke nach der anderen vor ihrer OP und hatte auch sonst eine etwas raue Ader an sich (sie meinte im vollen Ernst zu ihrer Schwester, dass diese am Tag ihrer OP auf sie im Zimmer warten und bleiben müsse, bis die Besuchszeit zu Ende sei. Fand ich mehr als unverschämt, aber nun ja... auch sonst schien ihre Art eher etwas hart und fies gegenüber den Schwestern. Klar, sie hatte ihre Vorgeschichte mit dem Spital, aber Schwestern können da in meinen Augen am wenigstens dafür. Die machen ja auch nur, was die Ärzte sagen). Die ältere Dame war da eher der ruhige Pol wie ich und mit der Zeit beruhigte sich dann auch die andere und wir hatten wirklich gute Gespräche und mir schien die Zusammensetzung gut. Nur hatte die etwas ältere Dame schon fast zu viel Besuch. Ab 14.00 Uhr ging es los und eine Familie nach der anderen kam und sogar beim Abendessen am Tisch waren wir von zehn Angehörigen ihrerseits "umzingelt". Und wenn man nach einer OP nur noch schlafen möchte, ist es sehr anstrengend.
Die Nächte waren im Allgemeinen etwas unruhig. Klar liegen da zwei bis drei andere Personen, schnarchen, rascheln, bewegen sich und man ist nicht im eigenen Zimmer. Teilweise ging es, teilweise war ich total genervt. Manchmal verlangte ich nichts für die Nacht, dann wieder wollte ich etwas. Und am letzten Abend war ich so hibbelig, weil ich nach Hause durfte, da verlangte ich ein Temesta. Kenne ich von meiner Zeit in der TK her.
Es wurde Montag und ein junger Pfleger stellte sich vor. So hatte ich auch noch etwas für die Augen und er hatte eine grosse Freude an uns Frauen. Wir machten Witze mit ihm und joa, ich hatte so eine Motivation mehr, ein paar Runden mehr auf Station zu machen, denn Bewegung ist beim Rücken das A und O.
Es kam der Dienstag, mein OP-Termin stand an. Ich lag also seit fast einer Woche im Spital. Meine OP war für den 21.01.2014, 10.00 Uhr angesetzt. Die Zeit verstrich und es wurde dann 14.00 Uhr. Im Narkoseraum wurde mir alles ganz genau erklärt, die Männer waren lustig. Sie setzten die Elektroden an, spritzen mir etwas und zählten auf drei. Als ich immer noch nicht das Gefühl hatte, gaga im Kopf zu sein, zählte der deutsche weiter und meinte nur: "Frau zambrottagirlie, sie singen immer noch nicht!" Wir lachten und dann schlug es an. Den Rest bekam ich fast nicht mehr mit. Nur ganz ekelhaft war der Schlauch bzw. die Kamera, die ich noch mitbekam, wie sie mir tief in den Rachen geschoben wurde. Davor hatte ich den Raum noch zum Lachen gebracht, als die Männer meinten, ich sei plötzlich so ruhig. Ich meinte nur, dass es mir leid täte, aber ich hätte keine Zeit zum Abnehmen gehabt und nun Angst, zu schwer für sie zu sein. Sie lachten nur und meinten, ich solle an etwas schöneres zum Einschlafen denken.
Und fort war ich. Und plötzlich hörte ich meinen Namen und war hellwach, wollte aus dem Reflex her aufstehen. Die Damen im Aufwachraum hielten mich zurück und mit der Zeit meldete sich dann leider auch wieder ein leichter Schmerz. Aber überhaupt kein Vergleich zu denen ein paar Tage davor. Ich war glücklich, als ich auf dem Rücken lag und überhaupt keine Ausstrahlungen in Gesäss und Oberschenkel vernahm. Am liebsten hätte ich den Vorhang gezogen und dem neben mir gesagt, ob wir aufstehen und uns eine Pizza reinschieben wollen. Schnell war ich jedoch wieder erschöpft und musste mit einem Luftschlauch in der Nase wieder regelmässig und tief atmen üben. Immer wieder piepste irgendwo ein Gerät, weil der Patient nicht richtig atmete. Am liebsten hätte ich geschlafen, aber die Menschen im Aufwachraum hatten ein penibles Auge drauf und so wurde ich langsam wirklich wach und war irgendwie froh über die frische Luft in der Nase durch diesen Schlauch.
Ich musste nicht lange in diesem Aufwachraum verharren und wurde schnell ins Zimmer zurück gebracht. Es war bereits knapp vor 19.00 Uhr und ich schlief sofort ein. Meine Mutter rief noch an, ich konnte gerade mal so ihre Fragen beantworten und schlief wieder ein. Die Nacht war nicht wirklich toll. Klar, ich konnte fast die gesamte Nacht auf meinem Rücken liegen, was vorhin nie vorstellbar gewesen wäre ohne leichte Schmerzen und Kissen in den Kniekehlen. Es war also doch ein Fortschritt für mich.
Leider kam dann die Schwester mit einem Nachttopf um die Ecke und ich habe da leider zu grosse Hemmungen. So musste dann doch ein Katheter dran und ich versuche, dieses Ereignis zu vergessen. Klar, es war auch bei den anderen Patientinnen so, aber bei mir ist es immer noch eine andere Sache. Es musste sein, ich wäre lieber aufgestanden, aber ich vergesse das jetzt einfach mal wieder.
Schnell war es morgen und der Pfleger hatte Dienst. Er war sehr einfühlsam und erklärte mir alles, was zu machen war. Er bestrich mir sogar mein Brot :-). Danach stellte er mich in einen Nebenraum unseres Patientenzimmers (wurde mit Vorhang getrennt) und wartete davor, damit ich mich waschen konnte. Anfangs ging es noch gut, Gesicht und Oberkörper schaffte ich. Ich merkte jedoch schon, wie mir schummrig wurde und zog mir immerhin schnell das Oberteil über. Danach musste ich um Hilfe bitten. Irgendwie schaffte er es, mir noch die Unterhose hochzuziehen, rollte mein Bett zu mir hin und ich konnte mich drauflegen. War im Nachhinein noch eine lustige und coole Aktion. Und eine Top-Reaktion! Im Bett ging es dann langsam besser und so zogen wir gemeinsam noch meine Trainerhose und Socken über.
Im Verlauf des mittwochs schlief ich vor allem und schätzte mich glücklich über meine schmerzfreie Zeit. Musste keine Medikamente nachverlangen, schluckte einfach jene, welche mir hingestellt wurden. Konnte dann endlich auch selbständig auf Toilette und musste einfach noch begleitet werden. Ansonsten schlief ich die meiste Zeit und war im tiefsten Schlaf, als meine Mutter kam. Es tat gut, war sie da und doch war ich einfach nur müde.
Der Arzt kam an diesem Tag auch noch und meinte, dass ich einfach stark geblutet hätte, der Eingriff jedoch sehr gut verlaufen sei. Es wäre ein rechtes Stück an Bandscheibe entfernt worden und eine wirklich dringende OP gewesen. Ein sehr netter Arzt. Und attraktiv war er auch ;-). Und als ich einmal wieder auf Station fleissig herumwatscheln übte, sprach er mich auch an und wechselte ein paar Worte mit mir. Fand ich wirklich sehr zuvorkommend und freundlich. Eigentlich die ganze Station zeigte vollen Einsatz und uns fehlte es wirklich an nichts. Und ich finde, es ist ein eher schwieriger Beruf. Schon nur, was ich da so von meiner Mutter mitbekomme.
Donnerstag war ich auch noch ein wenig angeschlagen. Ich habe ja die erblich bedingte Blutarmut und ich glaube, durch den eher etwas grösseren Blutverlust habe ich es länger gemerkt. Ab dem Nachmittag ging es dann und am Abend konnte ich bereits wieder mit den Damen witzeln.
Am Freitag begann der Tag auch mit grossem Gelächter. Ich musste mich per Zufall etwas hinter der Achsel kratzen und merkte auf einmal eine Knopf. Ich ging zu den Frauen und fragte, was das sei. Sie lachten los und meinten nur, da hätte jemand eine Elektrode an meinem Oberkörper vergessen. Ich entfernte sie und es tat gut, so ausgelassen mit ihnen zu lachen. Vor allem der zweiten, jüngeren ging es langsam nach ihrem Eingriff besser.
Danach nässte sich die vierte, neue Patientin leider zwei Mal am Vormittag ein und beim zweiten Mal verlor sie auch sonstige Flüssigkeit. Es stank bestialisch und ich verliess den Raum. Klar, es kann jedem einmal passieren, aber mir persönlich war es unangenehm.
Am Nachmittag kamen erneut meine Eltern vorbei, wobei ich mich über den zweiten Besuch meines Babbos sehr freute. Er ist kein wirklich gesprächiger Typ und halt einfach ein liebevoller Brummbär. Er würde nie zugeben, was er sich für Sorgen um seine Tochter macht, aber sein Besuch bewies es mir irgendwie schon auf seine eigene Art und Weise. Ich konnte schon wieder munter plappern und schätzte mich einfach glücklich über diese tolle Familie, die ich habe. Meine Mutter war fast immer an meiner Seite, ich kann immer zu ihr und auch sonst bin ich froh, läuft es so, wie es eben läuft. Und ich kann es halt auch nicht sagen, dieses "ich habe dich gern". Aber zumindest habe ich es ihr geschrieben und sie kann sich dann etwas überlegen und ich übernehme die Kosten für einen gemeinsamen Tag. Eventuell ein Wellness-Wochenende.
An diesem Freitag erfuhr ich dann, dass ich am Samstagvormittag das Spital verlassen könne. Ich war überglücklich und so überdreht, dass ich dann ein Temesta verlangte. Und seit Samstag bin ich wieder zu Hause, sollte mich schonen und mir fällt doch die Decke auf den Kopf. Klar, ich habe es gut zu Hause und bin froh, lebe ich nicht alleine. Und doch bin ich ein freiheitsliebender Mensch (umso älter ich werde, umso mehr zieht es mich von diesem Leben hier fort...) und auch oft unterwegs... Aber ich sollte viel liegen und leichte Spaziergänge an der frischen Luft machen. Sitzen geht so lange ich es schaffe, höchstens jedoch zwei Stunden. Ansonsten kaum Dinge heben, keine ruckartigen Bewegungen, kein Autofahren und auch keine Benutzung des ÖV. Alles vermeiden, was Schläge in den Rücken verursachen könnte. Klar, irgendwie bin ich froh darum, dass ich mich so schonen muss. Im Spital wird man daran erinnert, hier vergisst man schnell, dass man eigentlich erst vor einer Woche einen sehr herben Eingriff hatte. Und bald ist ja nächste Woche und wenn die Fäden draussen sind, darf ich mich auch bei der Physio anmelden und bin dann gespannt, mit welchen Übungen ich beginnen kann. Und ab nächsten Donnerstag will ich es auch wieder mit Autofahren versuchen.
Wie ich mich zu Hause fühle? Ich weiss nicht. Ich bin nicht jene, die gerne Aufmerksamkeit hat. Und es war mir natürlich unangenehm, als eine Person nach der anderen davon erfuhr. Gleichzeitig fand ich es schön, wie viele Menschen im Spital angerufen und sich über meine Gesundheit erkundigt habe, wobei ich mir genau da nicht gerne in die Karten schauen lasse. Ich hasse es ja, zugeben zu müssen, dass es mir nicht gut geht. Und gleich habe ich mich so wertvoll und geschätzt gefühlt, unglaublich. Vor allem, da sich eine Lehrtochter von sich aus gemeldet hat, dass wir uns schon lange nicht mehr im Geschäft gesehen hätten und dies sich hoffentlich ändern würde. Erst durch meine Antwort erfuhr sie, dass ich im Spital war und mir war da einfach wichtig, dass sich anscheinend Leute doch auch mal von sich aus melden können, wenn sie merken, dass man sich eine Zeit lang nicht mehr gesehen hat. Ich habe ja schnell das Gefühl, dass ich mich immer melden muss. Vielleicht braucht es da teilweise einfach seine Zeit.
In meinem Team habe ich mich im Allgemeinen sehr integriert gefühlt. Es haben sich doch einige gemeldet und auch jetzt noch fragen sie sich nach. Ich fühle mich integriert und habe keine Angst, zurückzukehren. Ich weiss, muss ich so oder so nicht haben, aber im November 2012 war ich ja frisch angestellt und wenn ich dann so lange Zeit abwesend gewesen wäre, ich weiss nicht, ob ich die Menschen genau gleich kennen gelernt hätte. Jetzt weiss ich, mit wem ich meine Zeit verbringen möchte, habe ja sogar einen Trip mit ein paar Frauen geplant und treffe mich auch privat mit ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und dieses Nachfragen und sich um mich sorgen tut schon gut. Man ist wirklich daran interessiert und ich bin von engeren Mitmenschen in meinem Umfeld schon fast enttäuscht, dass nicht mehr kommt. Kein Treffen oder so. Klar, ich kann nicht raus hier. Aber vor allem Pupa und Laura bemühen sich um den Kontakt. Und ein gewisser Teil der Familie.
Lediglich meine Chefin hat in meinen Augen den Vogel immer mal wieder abgeschossen. Am Mittwoch, an dem ich eingeliefert wurde, habe ich ihr extra mitgeteilt, dass ich notfallmässig ins Spital muss. Danach konnte ich mich nicht bei ihr melden und am Freitag rief sie an. Sie meinte nur, dass sie nach der OP einen Anruf erwarten würde. Erwarten würde!!! Ich lag da und schüttelte lediglich den Kopf. Die OP war dienstags und ich kam ja erst gegen Abend zurück ins Zimmer. Mittwoch und Donnerstag war ich wirklich geschlaucht und als ich es am Donnerstagnachmittag versuchte, hiess es, dass sie bis und mit Freitag abwesend sei. Da dachte ich mir, ich schreibe doch immerhin eine E-Mail zur Info. Am Montag war ich zu Hause und wollte mein "Büro" erledigen, öffnete zum Glück noch meinen Mail-Account. Was war da? Eine Antwort von ihr mit dem Satz, dass sie am Montag einen Anruf von mir erwarten würde.
In diesem Telefonat meinte sie nur, dass ich als Arbeitnehmerin auch Verpflichtungen hätte und ich nun in meinen 4-Wochen Krankschreibung auch mal per Telefon und nicht nur per SMS und E-Mail melden müsse. Ich dachte mir nur, kein Wunder, vergeht einem bei diesem Ton die Lust darauf. Ich erklärte ihr, dass mir ihre Abwesenheit mitgeteilt worden ist und da ruderte sie schon ein wenig zurück. Und doch kommt man sich enorm blöd vor, fast so, als würde man einem die Schmerzen und die OP nicht abkaufen... Am Dienstag erhielt ich dann einen Blumenstrauss und eine Karte (eine ganz einfache, ich habe schon andere für Mitarbeiter organisieren müssen und da war es nicht diese einfache Karte, die wir ansonsten bei Bürgern verschicken... ich war schon sehr enttäuscht... aber was will man). Diese öffnete ich für lange Zeit nicht, weil ich Angst hatte, dadurch etwas auszulösen. Schon im Spital war ich mit meinen Gedanken zu oft bei einem gewissen Herrn... Und irgendwie hat der auf der Karte enorm gross unterschrieben... Aber das schiebe ich jetzt beiseite.
Ich bin sehr herzlich empfangen worden und schätze meine Familie einmal mehr. Schön war, wie Schila an diesem Samstag nicht mehr von meiner Seite gewichen ist und sogar am Abend Chicco meine Nähe suchte. Er wollte zuerst auf meinen Bauch, aber ich darf ja noch nicht schwer heben. Und auf die Seite meines Körpers wollte ich ihn auch nicht so lassen. Also setzte er sich aufs Kissen und schlief schnell ein. Dabei legte er seinen Kopf auf meinen Hals und schon sehr rapide hörte ich ihn tief ein- und ausatmen. Ich war gerührt. Von wegen, Katzen sind objektbezogen. Da hat mich jemand doch sehr vermisst. Und wenn wir ehrlich sind, war Chicco bei meiner Arbeitssuche immer eine Art Therapiekater. Wie oft haben wir geschmust, wie oft habe ich ihn gekuschelt, wenn ich mich einsam und verlassen sowie wertlos gefühlt hatte... Es hat mir einfach gezeigt, dass wir uns doch immer noch verdammt nahe sind.
Hier noch Impressionen dieser Zeit. Nächste Woche kommen am Montag die Fäden raus. Am Dienstag gehe ich mich mal wegen der Physio informieren. Ansonsten schonen, wie diese Woche. Und ab Donnerstag möchte ich wieder ein wenig auf die Leutsch, eventuell mit Pupa eine grössere Stadt in der Region unsicher machen. Das heisst für mich vor allem in den Läden herumschauen und kaufen, was mir gefällt. Wobei mir bewusst ist, dass ich mich wieder bremsen muss. Aber die letzte Zeit war einfach zu viel. Dementsprechend war ich auch Online wieder vermehrt unterwegs. Ich weiss, viele Rechnungen stehen an, zudem London, Ferien mit meiner Mutter und Schwester im Mai am Meer, gleichzeitig Köln, danach Italia und im Herbst dann Türkei. Und dann auch noch Amerika. Aber ich lebe nur einmal. Und durch die letzten Tage ist mir dies wieder verdammt bewusst geworden.
Ich hoffe nun auf eher wieder positivere Einträge. Bin aber überzeugt, dass ich langsam wieder auf meinen Weg finden werde...
Auf dem letzten Bild sieht man die Auswirkungen der täglichen Spritze gegen die Trombose im Spital... Aber ist nichts gegen die Schmerzen, welche ich vor der OP hatte. Und diese Zeit vergesse ich nun.
liebe zambrottagirlie, was für ein horror! ich las und las und dachte immer, schlimmer gehts nicht mehr und dann kams noch schlimmer... es ist echt die hölle, was du erlebt hast und das wünscht man keinem. ich wünsche dir, dass du dich schnell von der operation und den schmerzen erholst und danach einen echten aufschwung erlebst. alles gute!!! seastorm
AntwortenLöschenLiebe Seastorm,
LöschenHerzlichen Dank für deinen lieben Kommentar. Ja, es war wirklich nicht einfach und ich wünsche es wirklich nicht mal meinem ärgsten Feind. Trotzdem konnte ich viel daraus lernen. Familie war mir immer wichtig, aber irgendwie schätzt man sie jetzt doch irgendwie auf eine andere Art und Weise.
Ausserdem habe ich meine Prioritäten anders gesetzt, vor allem meiner Chefin gegenüber. Ich werde mich in Zukunft "angemessen" wehren und einen Gang zurück schalten.
Andererseits habe ich jetzt leider viel zu viel Zeit zum Grübeln. Zudem kommt gerade einiges zusammen. Eintrag folgt noch. Aber ich bin überzeugt, dass ich mich bald wieder voll auf meine Genesung konzentrieren kann...
Auch dir weiterhin viel Kraft und alles Gute!
zambrottagirlie